Kapitel 20
Das Shopping-Center war riesig. Selbst um diese frühe Uhrzeit wimmelte es nur so von Menschen.
"Was möchten Sie denn eigentlich kaufen?", fragte ich, irritiert bei all diesen Produkten.
"Keine Ahnung. Alles mögliche." Sie lächelte mich an und zerrte mich an der Hand in die Umkleidekabine und drückte mir einen Haufen von Klamotten in die Arme. "Probier die mal aus. Ich warte draußen auf dich.", sagte sie noch schnell, wonach sie den Vorhang zumachte.
"Das ist wirklich nicht meine Welt.", murmelte ich, als ich in den Spiegel sah. "Ich gehöre nicht hierher, so wenig, wie Aqua in meine Welt gehört."
Meine Gedanken huschten an gestern Nacht zurück. Ich runzelte die Stirn und ballte die Hände zu Fäusten. "Verdammt."
Ich blickte meine Reflektion an. Meine blonden Haare lagen mal wieder in alle Richtungen gerichtet, sie waren so zerzaust, als wäre ich erst neu aufgewacht, was auch stimmte.
Das ist nicht nur meine Reflektion, sondern auch die von Louis. Wir sind eins. Er ist...
"Louis hat das nicht verdient... Mein Bruder hat es nicht verdient in solch ein Monster zu mutieren! Ich... Ich hätte an seiner Stelle vom Virus...", ich stoppte.
Dann hätte ich Aqua niemals kennengelernt und falls doch, hätte ich sie ermordet, vielleicht sogar noch Schlimmeres getan.
Ob Louis im Inneren noch der Alte ist? Ob in seiner dunklen Schale noch Leben ist?
"Bruder...", hauchte ich. Tränen rollten mir die Wangen hinunter. "Tu uns das nicht an. Töte unsere Mutter nicht. Du liebst sie... Tief im Inneren, bist du noch immer mein Bruder."
"Lloyd? Hast du dich schon umgezogen?", rief mir Aqua's Mutter zu. Panisch wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht und zog mir zufällig was über.
"Ja." Ich ging aus der Kabine. Aqua's Mutter zog die Augenbrauen einander. "Die Umkleidekabine ist dafür da dass du dich ausziehen kannst, mein Lieber. Man zieht sich das Shirt doch nicht einfach so über die Klamotten."
"Ich mag es nicht Kleidungsstücke auszuprobieren, daher...", sie unterbrach mich, "Nichts da. Rein mit dir und zieh dich ordentlich um.", sagte sie und drückte mich in die Kabine rein.
* * *
"Das ist das letzte Stück.", motzte ich, als ich mich vor ihr stellte.
Sie strahlte nur so vor Freude. "Ich weiß nicht welches ich dir kaufen soll. Dir steht einfach alles!", quiekte sie erfreut und schmiss die Sachen in den Einkaufswagen.
"Sie sollen mir nichts--", weiter kam ich nicht. "Na, na, na! Ich kauf meinem Schwiegersohn was auch immer ich will."
Ich seufzte resigniert und betrat die Umkleidekabine ein letztes Mal um mir endgültig meine eigenen Sachen anzuziehen. Als ich raus kam, war Aqua's Mutter nicht alleine.
"Oh, wer ist denn dieser hübsche Junge?", fragte die Frau neben ihr.
Aqua's Mutter legte ihre Hand über meine Schulter und grinste breit. "Mein zukünftiger Schwiegersohn."
"Was? Es ist lange her dass ich Aqua gesehen habe, aber ist sie wirklich schon so gewachsen, dass sie heiraten will?", wollte die Frau wissen, die mich verwirrt musterte.
"Nein ist sie nicht. Wir wollen auch nicht heiraten.", erklärte ich ihr und räusperte mich. Mein Blick traf die Augen von Aqua's Mutter. "Ihre Tochter wird ausrasten, wenn solche Gerüchte ihre Runden machen.", gab ich ihr zu bedenken.
"Uff, lass sie doch."
"Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?" Die Frau zog die Mundwinkel zu einem Lächeln hoch. "Ich bin Aqua's Tante und das..." Sie sah zu ihren Füßen hinab und deutete auf den kleinen Jungen, der vor ihr stand. "...ist mein fünf-jähriger Sohn, Julien."
"Hi.", grüßte er mich. Er wirkte ziemlich gelangweilt und genervt.
Ich kniete mich zu ihm nieder und legte die Hände über seine Schultern. "Was würdest du davon halten wenn wir diesen Ort hier erobern während deine Mom und Tante zusammen ein wenig Spaß haben?"
Eine Art von Leuchten fackelte in seinen Augen auf und ein breites Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit. "Auf geht's!", schrie er erfreut und kletterte auf meinen Rücken.
"Lloyd... Sicher dass du babysitten willst?", fragte Aqua's Mutter unsicher.
"Ich liebe Kleinkinder und dieser Bursche scheint ein toller Krieger zu sein, was?", verkündete ich, wobei ich zu dem Kleinen hinauf sah. "So ist es!", quiekte er.
"Na gut. Aber seid vorsichtig, klar?"
"Versprochen!", riefen wir noch, bevor wir mit Vollgas durch den Shopping-Center sausten.
"Ergebt euch! Dieser Platz gehört uns, ganz allein.", schrie Julien und hob die Faust hoch.
Manche Leute lachten, doch die Meisten ignorierten ihn einfach nur. Ich ließ ihn von meinem Rücken absteigen und schlug ihm vor diesesmal verstecken zu spielen.
"Okay. Heißt das, wir haben diesen Ort jetzt erobert?" Er schaute mich mit großen Augen an und strahlte förmlich.
"Natürlich haben wir das.", vergewisserte ich ihn. Seine Miene änderte sich abrupt. Sein Gesicht umhüllte Furcht.
"Was ist denn los, Julien?", fragte ich verwirrt, doch eine Antwort brauchte ich nicht, denn die Präsenz von Louis, war deutlich zu spüren.
"Wo ist sie...", dröhnte Louis und packte mich von hinten.
"Julien, geh sofort zurück zu deiner Mutter. Beeil dich!", brüllte ich, so laut ich nur konnte.
Louis holte aus und schmiss mich hart auf den Boden. Als ich die Augen öffnete und mich umsah, merkte ich, dass hier gar keine Menschen waren. Direkt neben mir stand der Aufzug. Ich machte Anstalten aufzustehen, doch da stand er wieder; mein Zwillingsbruder.
Er hielt mich am Kragen fest und presste mich fest gegen die Wand. "Sag, wo ist sie."
"Ich habe sie noch nicht gefunden. Ich weiß nicht wo die Hauptwächterin ist."
"Erst bringst du den Gestaltenwandler um den ich dir als Bote schicke und dann..." Er verstärkte den Griff. "...lässt du Lina entkommen."
"Was? Unsere Mutter ist..." Ich kam nicht weiter, denn nun drückte er mit seiner Hand gegen meinen Hals, sodass ich keine Luft mehr bekam. "Diese Frau soll eine Mutter sein? Nur wegen ihr ist unser Vater gestorben. Sie..." Louis lockerte seinen Griff.
"Sie war zu schwach. So wie wir auch, Louis. Dafür konnte sie nichts. Wir müssen froh sein, dass der Mörder unseres Vaters uns drei am Leben gelassen hat.", erklärte ich schwer atmend. Mein Kopf pochte wie wild. Die Wand presste sich noch döller gegen meinen Rücken.
"Ach halt doch den Rand. Du bist ein Feigling, der ins Zimmer geflohen ist, wobei ich bei meiner Mutter geblieben bin. Ich habe alles gesehen." Tränen füllten seine Augen. "Ich habe gesehen wie sie..." Er drückte die Lider zusammen und schlug die Augen auf, welche jeden Hauch von Weiß verloren und nun in ein reines Schwarz getränkt waren.
"Stirb! Sterbt alle! Ihr verdient dieses Leben nicht. Fahrt doch alle zur Hölle!", krächzte er.
"Lloyd...", hörte ich die Stimme von Julien. "Lass... Lass Lloyd los!" Das Kind stand zitternd auf den Beinen und kam nur mühsam vorwärts.
Louis drehte seinen Kopf zu ihm. "Wie liebenswert. Möchtest du diesem Idioten ins Grab folgen?"
"Lauf!", schrie ich mit all meiner verbliebenen Kraft und Luft in den Lungen, was ich ausstoß.
"Witzfiguren...", hauchte Louis. Ein schwarzer Feuerball formte sich in seiner linken Hand, die er auf das Kind richtete. "Stirb du auch, Menschenkind."
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