Kapitel 12
Mein Kopf und alles andere an meinem Körper bebte. Der zuckende Schmerz an meinen Handgelenken ließ für eine kurze Zeit nach, woraufhin ich die Augen öffnete.
"Bist du endlich wach, Irdische?", fragte die Gestalt mit dem exakten Aussehen von mir selbst.
"Was willst du..?", kam es schwach von mir. Das Ding musterte mich amüsiert. "Rache.", knurrte es und verstärkte den Griff um meinen Handgelenken.
"Ich habe dir nichts getan. Ich weiß nicht einmal was du bist!", schrie ich völlig außer mich.
Die Gestalt legte den Kopf schief. "Was dieser Weltenbrecher wohl nur an dir findet... Du bist schwach, nutzlos und dazu auch noch stur wie ein Esel."
Ich runzelte die Stirn. Im schwachen Mondlicht war es nicht leicht die Umgebung zu studieren. "Von wem redest du da?", zischte ich genervt.
Die Gestalt gab ein lautes Lachen von sich. "Der Junge, der meinen Verbündeten gestern Nacht ermordet hat, weil du nicht schlafen konntest."
Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Das war keine Einbildung. Ich wusste es.
"Er wird dafür büßen in dem ich dich ein für alle mal beseitige.", fuhr die Gestalt fort und grinste breit. "Wie schade dass er nicht einmal einen Grab für seine Liebste haben wird. Was für ein Jammer."
"Lass mich los!", kreischte ich und versuchte die Hände von ihrem festen Griff zu befreien. Als ich merkte dass es keinen Ausweg gab, begann ich verzweifelt zu schreien. "Lloyd!"
Die Gestalt presste mich noch döller gegen den steinigen Boden. "So heißt er also. Lloyd..." Sie nahm plötzlich die Form von Lloyd an. "Es wäre doch viel amüsanter, dich in der Gestalt der Person zu töten, die du am meisten liebst, Aqua."
Nun verstand ich das Spiel der Gestalt. Ich lächelte schief. "Falsche Person, Monsterchen."
"Wer ist es dann?"
Mit viel Schwung rollte ich die Beine an mich und schlug kräftig gegen den Körper der Gestalt, die laut aufschrie. Ich rappelte mich schnell auf und rannte los, wurde jedoch erneut zu Boden verankert. "Wie kannst du es wagen...", dröhnte es, nicht weiter in der Gestalt von Lloyd, sondern in dem Aussehen von einem Menschen, der statt Augen bloß Höhlen hatte und einen lippenlosen Mund, von dem Schaum raus sprudelte.
"Ich habe keine Angst vor dir. Du kannst mir nichts tun.", sagte ich mit einem ruhigen Ton in der Stimme.
"Oh doch das hast du Menschenkind. Mein Meister wird dich und diesen Weltenbrecher eliminieren. Jedes einzelne Mitglied eurer Familie. Ihr werdet dafür bezahlen. Keiner von euch wird den Zorn von--" Die Worte der Gestalt wurden mit dem Spritzen einer dunklen Flüssigkeit abgeschnitten. Der Kopf der Gestalt flog nach rechts und rollte direkt neben mir auf den Boden.
Kreischend richtete ich mich auf und sah wie das Blut in Strömen aus der komischen Form hinaus floss. Ich erkannte die Umrisse eines Mädchens, die das Schwert in ihrer Hand ins Heft zurück steckte. "Blume..?", kam es heiser von mir.
Sie näherte sich mir und musterte mich fast schon mit einem erschrockenen Ausdruck im Gesicht. "Aqua? Was machst du denn hier!?" Sie blickte auf meine Blut beschmierten Sachen. "Das... Das ist doch nicht etwa dein Blut, oder?"
"Nein, ist es nicht... Ich..." Weiter kam ich nicht. Mein Magen hatte sich in einen festen Klumpen zusammen gezogen. Mir wurde so schlecht, dass ich ins Fallen geriet; doch Blume umfasste mich schnell an den Armen. "Ich bring dich zu Kordelia. Sie wird wissen, was zu tun ist."
* * *
Tausende Gedanken schwirrten mir durch den Schädel als sich die großen Tore des Schlosses vor unseren Augen öffneten. "Wohnst du hier?", fragte ich matt.
Sie lächelte leicht und zerrte mich durch den riesigen Eingang. "Nein, das ist eine Art Trainingsort."
"Training für was?" Meine Schuhe rutschten auf den breiten Marmorböden. Sie reflektierten das scharfe Sonnenlicht perfekt, welches durch die überdimensionalen Fenster hinein schien.
"Fürs Kämpfen", entgegnete sie mit einer kalten Tonlage, was mich ins Schaudern brachte. "Kordelia, ich bin zurück."
Eine Frau in einem schneeweißen Kleid marschierte langsam auf uns zu. Ihre langen, weißen Haare ragten ihr bis zur Taille. "Willkommen zurück.", begrüßte sie Blume. "Dürfte ich fragen was eine Irdische hier in unserer Dimension zusuchen hat?"
Blume's Brust hob und senkte sich völlig unregelmäßig. Als sie ihren Mund zum Antworten öffnete, rutschte mein Blick auf ihre zitternden Hände. "Ich glaube, dass sie die Hauptwächterin der Elemente ist."
Die eisblauen Augen der Frau weiteten sich auf. "Bist du dir da aber auch ganz sicher?"
"Haben wir überhaupt eine andere Wahl als all unsere Hoffnung in sie zu stecken?", antwortete Blume mit einer Gegenfrage. "Wir suchen schon seit Jahren nach ihr. Wenn sie es nicht ist, dann bedeutet das, dass der Meister der dunklen Magie die Hauptwächterin schon längst ermordet hat."
Meister...
"Warum sollte er dann Gestaltenwandler auf eine Irdische losschicken?" Kordelia verschränkte die Arme unter der Brust.
"Mein Meister wird dich und diesen Weltenbrecher eliminieren."
"Genau das ist es ja. Sie ist unsere letzte Hoffnung.", erklärte Blume den Tränen nahe.
Louis...
Kordelia legte ihre Hand auf meine Schulter. Ihre druchdringlichen Blicke schauten förmlich in mich hindurch. "Uns bleibt wohl nichts weiter übrig als zu testen ob du wirklich..."
Falls der Meister der dunklen Magie tatsächlich Louis ist... Warum sollte er seinen Bruder umbringen wollen? Mich verstehe ich ja, aber sein eigenes Fleisch und Blut... Das ergibt alles einfach keinen Sinn. Weltenbrecher, eine seit langem gesuchte Hauptwächterin, Gestaltenwandler... Worauf führt das alles hinaus?
"Hast du verstanden, Aqua?"
Ich blinzelte völlig überrascht. "Hm?"
"Du hast mir nicht zugehört, oder?", wollte Kordelia wissen, die mich noch immer gefährlich ansah.
"Doch, doch... Ich konnte am Ende nur keinen Zusammenhang bilden.", räumte ich hastig ein und biss mir aus Versehen auf die Zunge.
Sie seufzte. "Kurz ausgedrückt: Wir brauchen dein Blut."
"Wofür?"
Ich spürte ihre dünnen Finger oberhalb meiner Kleidung. Sie stachen sich unangenehm in meine Haut. "Für die Tests, Kleines."
Meine Gedanken huschten ruckartig an gestern Nacht zurück; wie Louis sich das getrocknete Blut auf dem Boden angesehen hatte und daraufhin Lloyd Fragen über irgendwelche Experimente stellte.
Ich machte einen Satz nach hinten. "Ich will mein Blut aber nicht abgeben."
Gestaltenwandler...
Blume wollte gerade was sagen, doch Kordelia ließ es nicht zu. Ihre Stimme klang eiserner als wie die meines Vaters, wenn er vor Wut nur so platzte.
"Du musst aber.", zischte sie und krallte die Nägel an meine Bluse. "Schlaf jetzt, Menschenkind.", befahl sie und stach etwas in meinen Hals.
Alles um mich herum verblasste, meine Sicht tauchte sich in ein undurchdringliches Schwarz. Im Hintergrund ein Kreischen. Der Rest blieb mir fremd, nur spürte ich meinen Körper ins Nichts stürzen, bevor jeder Hauch von Vertand mich zurückließ.
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