Eins
Es war vier Uhr.
Knapp zwei Stunden noch und mein Wecker würde klingeln. Dieser nutzlose Wecker, den ich eigentlich nie brauchte. Ich wachte immer von alleine auf und wenn es nach mir gehen würde, wäre dieses Schrottteil schon längst in den Müll geflogen.
Mich hielt nur die Sache zurück, dass meine Tante aus Australien mir ihn mal geschenkt hatte. Zum fünften Geburtstag oder so. Da mochte ich noch My Little Pony.
Oder wie auch immer diese Dinger hießen.
Jetzt regten mich diese hässlichen Gestalten, die auf dem Hintergrundblatt von Ziffern umgeben waren, nur noch auf. Dann auch noch diese grellen Farben in diesen Zottelmähnen und diese komischen geformten Gesichter, die einem Pferd nicht so wirklich ähnelten.
Aber Kinder angesprochen hatten.
Ich weiß nicht, wahrscheinlich wegen diesem Niedlichkeitsfaktor durch diese Glubschaugen, keine Ahnung.
Jedenfalls stand das nette Teil immer noch auf meinem Nachttisch. Zwar hatte ich schon einmal männlichen Besuch gehabt, bei dem es mir wichtig gewesen wäre, dass ihm dieser grottenhässliche Wecker nicht auffällt - aber wahrscheinlich war mein Exfreund an dem Abend zu zugekifft gewesen.
Oder er hatte schon überall viele kleine hässliche Ponys gesehen und die auf dem Ziffernblatt sind ihm dadurch nicht mehr aufgefallen.
Ach ja und dann wäre da noch Valdin, mein bester Freund.
Wenn ihm das Teil ins Auge gefallen wäre, würde er mich noch mit neunzig damit aufziehen. Vorausgesetzt, wir waren da noch befreundet oder hatten da noch Kontakt - oder lebten zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch.
Jedenfalls war ich vor dieser Blamage noch etwas in Sicherheit, da er jetzt ein Auslandsjahr in London machte.
Und ich vermisste ihn jetzt schon unglaublich.
Frustriert fiel mein Blick auf meine Bettwäsche, auf der seit einer Woche Eulen prangten, davor waren es die Köpfe von den Bandmitgliedern von One Direction und davor ganz viele kleine Hundetatzen.
Generell besaß ich so ziemlich viele Sachen, die mir selber nicht direkt peinlich waren. Wenn andere mich darauf ansprechen würden, schon etwas Gesichtsröte bewirken könnten.
Zum Beispiel mein pinker flauschiger Pullover, der so bequem war, dass ich ihn am liebsten immer anziehen würde. Leider Gottes prangte aber auf der Vorderseite ein riesiger Schriftzug mit dem Wort Barbie.
Das Geschenk war, Überraschung, auch von meiner Tante.
Allerdings nicht zum fünften, sondern zum fünfzehnten Geburtstag. Was auch immer sie dazu bewegt hatte, mir einen Barbiepullover zu kaufen. Mein Geschenk zum achtzehnten Geburstag, der ein paar Wochen her ist, können die anderen Utensilien, die sie mir immer zugeschickt hatte, nicht übertreffen.
Ich dachte, es würde endlich mal bei ihr fruchten, dass man mit achtzehn ganz andere Wünsche hatte.
Aber nein.
Ein pinker, weicher Hund, der so groß war wie ich, also mindestens eine Körperlänge von ein Meter fünfundsechzig hat.
Den hatte sie mir diesmal hier gekauft, weil sie mich in den Sommerferien besucht hatte. Das Paket wäre für dieses Monster riesig gewesen. Obwohl dieses Vieh ziemlich hässlich war, noch hässlicher als das Bild mit den Ponys, ist der Bauch eine tolle Nackenstütze.
Ich weiß nur nicht wohin mit dem Plüschtier. Mein Zimmer lag zwar nicht im Dachgeschoss, aber an jeder Wand stand etwas und deshalb musste ich das Ding mitten im Zimmer hinsetzen. Jeder, der die Tür aufmachte und nicht von mir vorgewarnt wurde, würde sich wegen diesem aufgesetzten Hund zu Tode erschrecken.
Gerade, weil der auch diese Glubschaugen hatte. Diese Sorte gruselige Glubschaugen.
Seufzend griff ich nach meinem Handy und merkte zu spät, dass das noch am Ladekabel angeschlossen gewesen ist. Demzufolge schabte das Kabelding zu sehr an meiner Bettkante und bekam einen ziemlich komischen Knick zu den schon anderen komischen Knicken hinzugefügt. Fluchend stellte ich fest, dass der nun tatsächlich wieder hin war.
Das dritte in den Ferien.
Na gut, mehr können jetzt nun nicht mehr dazukommen. Ab heute waren die Ferien vorbei...
Verdammt, nein, das war nicht gut. Versautes Ladekabel hin oder her, die Ferien waren um. Die tollste Zeit im Jahr war um.
Oh Gott.
Immer wieder passierte es mir, dass ich manche Dinge zu spät realisierte. Oder Wochen später erst verarbeitete.
Das schlimmste Beispiel war, dass wir mal mit der Klasse eine Doku über Massentierhaltung geschaut hatten und ich zwei Monate später im Traum von einem Osterhasen mit einem Fleischermesser gejagt wurde. Zwei Tage davor war nämlich Ostern, deshalb wahrscheinlich der Osterhase.
Aber das war nicht damit zu vergleichen, dass die wunderschönen Ferien um waren.
Wenn jemand durch mein Fenster hereingucken würde, würde diese Person den Lachanfall des Jahrhunderts haben.
Mein Gesicht, das wie drei Tage Regenwetter ausschauen würde. Meine Haare, die wie eine Löwenmähne aufgepufft sein müssten und garantiert eine Art Heiligenschein bildeten. Dann wäre da noch mein Outfit, ein riesiges Shirt mit dem Aufdruck It's Me. Mein kaputtes Ladekabel, das ich nun über ein Ohr vom Plüschhund aufgebaumelt hatte, meine Eulenbettdecke, die nicht mehr auf dem Bett, sondern unten lag, weil ich sie mir im Laufe der Nacht immer wegstrampelte. Komischerweise blieben die fast zwanzig kleinen Kissen immer auf meinem Bett.
Ein ungelöstes Rätsel.
Zum Glück sah man mich nicht so und hielt mich nicht für so verrückt, wie ich es eigentlich bin. Nur in der Schule ließ ich es nicht so heraushängen.
Für mich bestand Schule daraus, hinzugehen, körperlich anwesend sein, Pluspunkte nur durch Hausaufgaben zu verdienen, etwas dort essen, vielleicht etwas zu lernen und wieder nach Hause zu wandern.
Ins Bett und zu meinem Laptop.
Oder zu Valdin, was nun erstmal leider ausfallen würde.
Oder zu meiner besten Freundin Ruby aus Kindertagszeiten, die leider nicht an meiner Schule war. Es war nicht so, dass ich an meiner Schule gar keine Freunde hatte, es waren eben nur diese Schulfreundschaften.
Man erzählte in den Pausen, machte Partnerarbeiten zusammen und dieses ganze restliche Zeug.
Privat ging dann jeder seine eigenen Wege.
Mein Ziel war es eher nicht so, an unserer Schule viele soziale Kontakte zu pflegen, wie andere Mädchen, die sich dann größere Chancen bei diesen beliebten Stereotypen unserer Boysclique ausrechneten.
Belustigt verdrehte ich die Augen und schaute aus dem Fenster.
Dahinter führte nur ein schmaler Weg lang, der nachhinten in den Garten führte. Und das Nachbarhaus grenzte ein Hecke ab, die ich vergötterte. Evans arrogantes Lächeln jeden Morgen zu ertragen, wenn ich das Haus zeitgleich mit ihm verließ und er mit seinem komischen schwarzen Monster SUV losdonnerte, konnte mir erspart bleiben.
Das brauchte ich morgens nicht. Und mittags und nachmittags und abends auch nicht.
Nur, an manchen Zeitpunkten musste ich diese Grimasse ertragen, weil er auf die gleiche Schule und in den gleichen Jahrgang wie ich ging.
Yay.
Evan gehörte auch zu dieser Jungsclique. Ein weiterer Grund, warum ich mit denen nichts zutun haben wollte. Wenn die alle so wie Evan waren, na dann, hallejuja.
Ich hatte mit ihm mal so etwas wie eine Sandkastenfreundschaft geführt, nur ging die irgendwann irgendwie in die Brüche. Und seit dem ist er mir irgendwie unsympathisch und in seinen Augen musste ich wohl die Witzfigur schlechthin sein.
Die mit den wenigen sozialen Kontakten und der Jogginghose.
Ich lenkte meine Konzentration wieder auf mein Handy, ignorierte meine Sorge, wie ich den Akku nachher wieder aufladen wollte und checkte meine Nachrichten. Ruby hatte mich gestern Abend mal wieder zugespamt, Valdin heulte wegen Heimweh und weil er meine Kekse vermisste und Hannah, eine dieser gewissen Schulfreunde, hatte mich mal nicht angeschrieben, um zu fragen, was für Hausaufgaben wir aufbekamen.
Wäre auch komisch, der erste Schultag hatte ja noch nichtmal angefangen.
Der erste Schultag und gleichzeitig wird es für mich das letzte Mal sein, dass es einen nächsten ersten Schultag nach den Sommerferien geben würde.
Zwölfte Klasse und mental war ich jetzt gerade mal für den Stoff der neunten Klasse bereit.
Verdammt.
Hannah: Und? Bist du auch schon gespannt, wer dieses Jahr ausgewählt wurde?
Echt, das waren abends um halb zwölf ihre Sorgen? Eine Challenge, die seit fünf Jahren immer im Abschlussjahrgang durchgeführt wurde, um das letzte Schuljahr noch chaotischer zu gestalten?
Meine Sorge war größer um diesen Monsterhund und wer ihn adoptierte.
Hierbleiben wird er ganz gewiss nicht.
Ich ging aus den Chat heraus und bemerkte, dass Hope die gleichen Sorgen wie Hannah pflegte. Nur nicht um halb Zwölf abends, sondern um dreiviertel Elf abends.
Kopfschüttelnd legte ich mein Handy neben mir ab und lehnte mich wieder gegen die Wand.
Wenn man es so sah, dann war das schon ein ziemliche unterhaltsame Challenge - wenn man nicht unter den Auserwählten war. Doch darüber und über diesen ganzen Hype wollte ich mir noch später meine Gedanken machen.
Schließlich blieb mir ja noch genug Zeit, bis ich überhaupt dazu gezwungen war, ein Bein aus meinem heißgeliebten Bett zu schwingen.
Oder auch beide...wie man es eben nimmt.
Hiii und ich freue mich, dass offenbar noch so viele hier Lust auf dieses Buch haben :) Ich versuche euch nicht zu enttäuschen und vielleicht habt ihr hier und da bereits schon Abänderungen festgestellt - wie findet ihr diese?
Vielleicht schaffe ich es in Zukunft für alle meine Bücher feste Updatetage zu machen, jedenfalls habe ich das vor. Nur kommt bei mir oft etwas dazwischen, weshalb ich da erstmal schauen muss...
Habt einen schönen Abend und ich hoffe, das erste Kapitel hat euch gefallen.
💖✌
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro