Verwirrung im Kerker
- Hermines Sicht, Samstagmorgens im Raum der Wünsche -
Mit einem Schrecken erwachte ich aus dem Tiefschlaf. Hektisch sah ich mich um und konnte mit Erleichterung feststellen, dass ich mich im Raum der Wünsche befand. Wenn ich aus einem Albtraum aufschreckte, fand ich mich meist vollkommen orientierungslos wieder. Was nach solchen Träumen, wie dem eben, auch nicht weiter verwunderlich war. Ich befand mich im Malfoy Manor, unten im Kerker und hatte seine Krallen auf meiner Haut gespürt ... zum Glück ist es nur ein Traum gewesen. Doch diese Träume waren oftmals so erschreckend echt, dass ich wirklich dachte, ich sei wieder dort. Aber ... aber wo war Harry? Ist er nicht gestern Abend noch hier bei mir gewesen? Ich war mir sicher, dass dem so war.
„Harry?", rief ich durch den Raum, doch bekam keine Antwort. Ich fasste neben mich, wo er vor ein paar Stunden noch gelegen hatte und stellte fest, dass der Platz noch warm war. Lange konnte er also nicht weg sein. Was war das dort drüben auf dem Laken? „Ein Zettel ...", murmelte ich zu mir selbst. Harry musste ihn hier liegen gelassen haben, wahrscheinlich um mir Bescheid zugeben, wo er hin ist.
Morgen Mine,
bin bei McGonagall, sie wollte mit mir über irgendwas sprechen. Wahrscheinlich wegen gestern Abend. Du hast mich wirklich erschreckt. Wir werden nachher reden, warte einfach hier auf mich. Wird sicher nicht lange dauern.
Harry
Reden ... über was wollte McGonagall mit Harry reden? Doch nicht etwa über meine Panikattacke, oder etwa doch? Harry würde ihr sicher nichts erzählen, ohne mich vorher zu fragen, so würde er mein Vertrauen keinesfalls missbrauchen. Nicht Harry. Ich würde es einfach so machen, wie er geschrieben hatte und hier auf ihn warten. Dann würde er mir bestimmt sagen, was er mit Professor McGonagall besprochen hatte.
Ohnehin konnte ich in meiner Aufmachung nicht durch das Schloss laufen. Eine Dusche wäre jetzt wirklich gut, zu frischer Kleidung würde ich auch nicht nein sagen. Zurück in den Turm konnte ich jetzt nicht, da würde ich bestimmt nicht rechtzeitig wiederkommen, bis Harry wieder hier war. „Nein, so wird das nicht gehen ...", murmelte ich. Plötzlich drehte sich alles um mich herum und aus dem gemütlichen Zimmer wurde ein großes Bad. „Oh ... ähm, danke?", sagte ich, auch wenn es sich eher wie eine Frage anhörte. Hogwarts war schon manchmal ein komischer Ort.
********************
Der ganze Raum der Wünsche war in Dampf gehüllt und erinnerte mich sehr an das Bad der Vertrauensschüler. Ich trocknete meine Haare ab und wickelte mich in ein großes, weiches Handtuch ein. Sicher würde Hogwarts Harry nicht einfach reinlassen bevor ich fertig war, aber ich wollte lieber kein Risiko eingehen. Es war schlimm genug, dass Harry sich damals nach unserer Flucht aus Gringotts um meine Wunden gekümmert hat, er musste nicht auch noch die Narben auf meinem Rücken und meiner Hüfte sehen.
„Du hast nicht zufällig noch etwas zum Anziehen für mich?", fragte ich in den Raum hinein und schon stand ein kleiner Hocker vor mir, auf dem eine meiner Hosen lag, sowie eine graue Bluse und eine Strickjacke. Außerdem befand sich unter dem Hocker ein Paar Schuhe. „Danke", sagte ich laut und zog mich schnell an. Sogar Unterwäsche fand ich auf dem Hocker. Der Raum der Wünsche dachte wirklich an alles.
Ich war gerade fertig geworden mich anzuziehen, da drehte sich der ganze Raum erneut. Diesmal verwandelte er sich in eine große Küche. Ein heller Holzboden dominierte den Raum, eine einzelne Küchenzeile in sanftem Gelb lehnte an einer Wand und ein großer Holztisch stand in der Mitte, bedeckt mit allerlei Leckereien. Anscheinend würden Harry und ich heute hier essen.
„Du bist also doch schon wach", hörte ich seine Stimme in eben jenem Moment. „Harry, da bist du ja!", lächelte ich ihn an. „Hast du Hunger, Mine, oder was wird das hier?" „Hogwarts wusste wohl, dass du kommst", neckte ich ihn und setzte mich an den Tisch. Ich goss mir etwas von dem heißen Kaffee ein und nahm einen kräftigen Schluck. Meine Sinne waren direkt geschärft und ich fühlte mich schon viel besser.
Harry setzte sich zu mir und ich schenkte ihm ebenfalls eine Tasse Kaffee ein. „Hast du gut geschlafen?", fragte er mich, während er sich ein Brötchen nahm und es mit Butter beschmierte. Es war wirklich kein typisches Zauberer Frühstück, eher eines, wie ich es mit meinen Eltern oft verbracht hatte. „Nur ein Albtraum, bevor ich vorhin wach wurde", informierte ich ihn. „Sehr schlimm?" „Es geht, es ist immer der gleiche, Harry. Egal was ich mache, ich bin immer wieder dort", erklärte ich ihm und zwang mich meine Angst zu unterdrücken. „Irgendwann wird es besser und den ersten Schritt hast du ja schon gemacht ..." „Du meinst mit Professor McGonagall zu reden? Sicher, dass das ein Fortschritt war, Harry? So eine Panikattacke hatte ich schon sehr lange nicht mehr", ließ ich ihn wissen.
Er kaute zu Ende, bevor er den Mund öffnete, um mir zu antworten. Jedoch tauchte in diesem Moment eine kleine Hauselfe vor uns auf. „Mr. Potter, Miss Weasley sucht nach Ihnen", meinte der Elf mit piepsiger Stimme und verschwand wieder. „Oh", machte Harry und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Harry?" „Ich hab ganz vergessen, dass ich Ginny gestern Abend einfach im Gemeinschaftsraum habe stehen lassen. Meinst du, sie wird sehr sauer sein?", fragte er mich und ich könnte mir innerlich vor die Stirn schlagen. „Ja, ja Harry. Ich wette Ginny wird sauer sein." „Aber du brauchtest mich, du bist meine beste Freundin, dass muss sie doch ..." „Nein, muss sie nicht, Harry." „Aber ...", begann er erneut, doch ein weiteres Mal unterbrach ich ihn: „Sie ist deine Freundin, du liebst sie. Sie sollte an erster Stelle stehen, nicht jemand anderes."
Harry setzte an etwas zu erwidern, blieb jedoch stumm. Seine Lippen öffneten und schlossen sich, aber er brachte keinen Ton heraus. „Sie ist deine Zukunft, Harry." „Du bist genauso wichtig, ich werde nicht wählen, Mine. Du brauchst mich genauso sehr, wie sie mich braucht, wahrscheinlich sogar mehr. Ich mag nicht immer der Hellste sein, wenn es um Mädchenkram geht, aber eins weiß ich: Diese Eifersucht von Ginny hat keinen Grund. Du bist Familie, mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Wenn ich in deiner Lage wäre, würdest du für mich das Gleiche tun", erklärte er mir ernst. Wie Harry so lieb sein konnte, war mir wirklich ein Rätsel. Wenn man bedenkt, was man ihm alles angetan hatte, was er durch gemacht hat ... die Dursleys waren nie nett zu ihm gewesen. Vor Hogwarts hatte er nicht einmal eine richtige Umarmung bekommen! Ich erinnere mich daran, wie unangenehm ihm das jedes Mal war. Doch er hatte sich verändert, war erwachsen geworden und trotz all der Verluste, hatte er noch immer so ein großes Herz.
„Was ist, willst du Ginny weiterhin warten lassen?", wollte ich wissen, während ich begann den Tisch abzuräumen und abzuspülen. Diese simple Aktion hatte ich total vermisst. Im Grimmauld Place machte Kreacher immer all die Arbeit. Dabei gefiel es mir, das selbst zu tun. „Ich werde später mit ihr reden. Erst will ich wissen, was gestern Abend los war", meinte er ernst.
„Nichts, also ... du hast Recht und ich sollte mit jemanden reden. McGonagall ist das Nächste zu dem, das ich hier als ... als eine Art Mutter habe. Sie hat mich damals von zu Hause abgeholt und mir gesagt hat, dass ich eine Hexe bin. Ich bewundere sie, Harry und ich vertraue ihr ..." „Das weiß ich und verstehe ich, weil es mir da genau so geht. Doch ich würde gerne wissen was passiert ist, dass du so eine Panikattacke hattest, Mine. Es ist Monate her, dass es so schlimm war!", unterbrach er mich und erinnerte mich so an diese Nacht. Ron hatte Wache gehalten, während Harry und ich geschlafen hatten. Ron war so müde, dass er sich ins falsche Bett legte, direkt zu mir und ich war total panisch aus meinem eh schon unruhigen Schlaf geschreckt. „Ich weiß", murmelte ich nur.
„Dann rede mit mir!", forderte er und mir war klar, dass Harry diesmal nicht locker lassen würde. „Ich habe ihr alles gesagt, okay?! Wie alles begonnen hat, was wir gemacht haben und dann ... dann wollte ich, ich meine ich habe angefangen über diese ... über ... naja, eben darüber zu sprechen und dann war es wieder so, als ob ich ... als ob ich da unten war, Harry", flüsterte ich und schlang meine Arme um mich selbst. Ich hielt mich zusammen, so konnte nichts zerbrechen, alles würde so zusammenhalten. „Mine, hey", holte er mich aus meiner Starre. Harry stand jetzt direkt vor mir und hatte mir seine Hände auf die Oberarme gelegt und rieb diese leicht, wodurch eine angenehme Wärme entstand.
Wenn man uns so sehen würde ... ich verstand schon, warum Ginny eifersüchtig war. Das Band zwischen Harry und mir war eben stark, ich liebte ihn und er liebte mich, aber eben nur auf einer geschwisterlichen Ebene. Jedoch verstanden das viele nicht, es gab wirklich eine Vielzahl an Schülern und auch andere außerhalb der Schule, die dachten dass zwischen uns mehr sei. Aber das war ... das war einfach absurd. Natürlich stritt ich nicht ab, dass Harry sich gemacht hatte und auch gut aussehend ist, doch ... doch sprach er mich nicht so an, wie zum Beispiel Snape, oder Malfoy Senior ... oh ... ähm ...
„Alles gut? Du wirst ganz rot, Hermine", stellte Harry fest und ich drehte mich von ihm weg. „Alles gut, ja, alles gut", sagte ich schnell und atmete tief durch. Wie ich nur wieder auf diese beiden gekommen bin? „Wir ... wir sollten jetzt gehen. Reden wir ein anderes Mal weiter, okay? Ich muss nachher noch Professor Snape beim Brauen helfen und davor wollte ich noch in die Bibliothek und ich muss noch einmal zu McGonagall wegen dem Schülersprecherzimmer", informierte ich ihn und versuchte nicht allzu gezwungen zu lächeln. „Okay, wenn du das so willst." „Will ich." „Okay, dann sehen wir uns später", sagte er und gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Ich hab dich lieb, Mine", flüsterte er gegen mein Haar und verließ den Raum der Wünsche, der längst wieder aussah, wie ein ganz normaler Klassenraum.
- Nachmittags kurz vor 15 Uhr -
Mist! Ich hatte überhaupt nichts in der Bibliothek gefunden und jetzt würde ich mich doch mit Draco treffen müssen, wenn ich wissen wollte, was er wusste. Urg ... es war noch nicht einmal eine Woche vergangen und nichts war so gelaufen, wie ich es mir vorgestellt hatte.
Ich hatte eine heftige Panikattacke gehabt, mehrere Zusammenstöße mir Draco – die erstaunlicher Weise nicht ganz so schlimm waren – und dann erst diese komischen Gefühle! Mit denen kam ich am aller wenigsten klar, weil ich einfach nicht wusste woher sie kamen. Gut, es mag wirklich sein, dass ich sowohl Lucius Malfoy als auch Severus Snape als anziehend beschreiben würde und beide waren sehr intelligent, was sie für mich nur noch attraktiver machte. Dennoch ... ich wollte diese Gefühle nicht, ich wollte nicht, dass mir irgendwelche Dinge an ihnen positiv auffallen.
Die einzige gute Sache, die diese Woche passiert ist, ist dass ich McGonagall dazu überreden konnte, mir doch noch das Zimmer der Schülersprecherin zu geben. Morgen nach dem Frühstück würde ich umziehen können, die Elfen würden mir dabei helfen, aber das war nicht weiter schlimm. Ich hatte nach Dobbys Tod eingesehen, dass die Elfen nicht frei sein wollten, sie wollten zu einem Zauberer oder einer Hexe gehören, aber sie wollten vor allem auch gut behandelt werden. Daher sah ich das alles nicht mehr ganz so streng und hatte die Idee, alle Hauselfen zu befreien, verworfen.
McGonagall war ich sehr dankbar, dass sie mir diesen Wunsch doch noch erfüllt hat, obwohl ich explizit zu Beginn des Schuljahres gesagt hatte, dass ich kein eigenes Zimmer wolle. Allerdings hatte ich da auch noch nicht gedacht, dass mich die erste Woche direkt so aus der Bahn werfen würde. Ich hatte all die Monate daran gearbeitet, wieder zu mir zu finden, zu meinem alten Ich. Vielleicht war es an der Zeit, ein neues Ich zu finden, ein stärkeres Ich! Doch zuallererst musste ich den Nachmittag mit Snape überleben ...
„Wollen Sie den ganzen Nachmittag vor der Tür stehen, Miss Granger?", erschreckte mich Professor Snape, der die Tür zu seinem Labor aufriss. Wie lange hatte ich hier in Gedanken versunken gestanden? „Nein, Sir, natürlich nicht." „Dann kommen Sie herein, wir haben eine Menge zu tun", ließ er mich wissen und bedeutete mir mit einer Handbewegung, an ihm vorbei einzutreten. „Danke, Sir", murmelte ich beim Vorbeigehen und stellte schnell die Bücher, die ich eben noch aus der Bibliothek geholt hatte, auf einen herumstehenden Hocker.
„Nächstes Mal lassen Sie ihre Bücher in ihrem Schlafsaal!", wies er mich an und ich nickte zustimmend. Ich hatte wirklich nicht geplant, direkt von der Bibliothek hier hinzukommen, aber wieder einmal hatte ich die Zeit vergessen. Zuspätkommen war keine Option, das hätte er mir nicht durchgehen lassen, da war ich mir sicher.
Es war angenehm ruhig, der Duft von herben Kräutern lag in der Luft und genau wie das letzte Mal, als ich hier war, überkam mich eine tiefe Ruhe. Eine innere Ruhe, die es mir erlaubte alles viel klarer wahrzunehmen und dennoch verwirrte mich was ich sah. Snape!
Wie konnte jemand nur so verwirrend sein, wie er? Auf der einen Seite war er der unerbittliche Professor, der nichts durchgehen lässt, streng über seine Klassen regiert und oftmals zynische Kommentare von sich gibt. Dann gibt es den Tränkemeister, dem man deutlich ansieht, wie ihm das Brauen zusagt, wie er in dieser Tätigkeit aufgeht. Jeder Griff ist perfekt, jede Zutat wird genau zur richtigen Sekunde in den Trank gegeben und nie, wirklich nie passiert ihm ein Fehler. Wenn er braut, dann sieht er glücklich aus, beinahe wie ein kleiner Junge, der endlich raus darf, um zu spielen. Man merkt sofort, dass das Brauen von Tränken eine seiner großen Leidenschaften ist.
Zuletzt gibt es da aber noch den Mann! Diesen erblickte ich erst dieses Schuljahr wirklich. Bereits zuvor gab es den ein oder anderen Moment, in dem ich erstaunt war, doch schob ich es immer auf meine pubertären Hormone. Mit 20 Jahren konnte ich es nicht länger auf die Pubertät schieben. Ich sah einen Mann, der groß gebaut war, viel erlebt hatte und doch immer noch an seinem Leben festhält. Wieso? Wieso war er so? Woher nahm er den Willen weiter zu leben, weiter zu machen und jeden Morgen aufzustehen?
„Sie sind zum Arbeiten hier, nicht um mich anzustarren!", riss er mich unangenehm aus meinen Gedanken. Oh ... ich spürte direkt, wie mir die Hitze ins Gesicht stieg. Eine Tatsache, die mir immer öfters in seiner Gegenwart passierte. „Miss Granger", mahnte er mich und schnell drehte ich mein Gesicht von ihm weg. „Gibt es ein Problem?", fragte er dann und überrascht drehte ich mich wieder zu ihm, doch leider blieb ich dabei am Kessel hängen, denn ich mit Wucht mit mir riss.
Alles ging so wahnsinnig schnell. Die eine Sekunde stand ich noch neben dem Tisch und sehe, wie die grünliche Masse auf mich zukommt und im nächsten Augenblick liege ich auf den Boden, sehe nur noch Schwarz und spüre ein schweres Gewicht auf mir. Ich versuchte mich an die Dunkelheit zu gewöhnen, aber ... aber das ging nicht, ich sah einfach nichts mehr und das Gewicht drückte mich immer weiter runter, immer ... immer weiter. „Ruhig atmen, Hermine. Ganz ruhig", hörte ich eine tiefe und sanfte Stimme sagen. „Professor?", fragte ich unsicher. Nein, das konnte nicht sein, er würde mich nie beim Vornamen nennen! „Alles ist gut, wir müssen nur einen Augenblick warten, bis die Masse abgekühlt ist. Atmen Sie einfach ruhig weiter", wies er mich an und ich begann lange und tiefe Atemzüge machen.
Mit jedem Atemzug den ich machte, nahm ich einen äußerst herben Geruch von Kräutern und Zimt war. Bei Merlin ... es erinnerte mich an die schönsten Tage meines Lebens ... als noch alles gut war. Wie konnte er nur so gut riechen? „Hermine, können Sie mich hören?", fragte er und ich nickte nur. „Sie müssen mir schon antworten, ich kann ebenso wenig sehen, wie sie." „Ja ... ja ich kann Sie hören, Sir", antwortete ich darauf. „Sind Sie verletzt?" „Nein, ich denke nicht." „Gut, nur noch ein paar Minuten und wir können aus der Blase raus", informierte er mich.
Blase? Was meinte er damit? Er war ein rätselhafter Typ und um ehrlich zu sein, war das eine äußerst attraktive Eigen ... NEIN! SCHLUSS JETZT! Ich kann ja denken was ich will, aber nicht wenn ich hier gerade unter ihm begraben liege und ... unter ihm? Begraben? „Können Sie vielleicht ... können Sie ... können Sie von mir runter gehen?", wollte ich wissen, dabei glaubte ich meine Stimme fast selbst nicht zu erkennen. Ich stand wieder einmal kurz vor einem Zusammenbruch! Einer Panikattacke. „Das ist mir gerade nicht möglich, verzeihen Sie, Hermine." „Hermine", murmelte ich ebenfalls. „Das ist ihr Name, nicht wahr?" „Sie haben mich noch nie so genannt ... wieso jetzt?" Mir kam gar nicht in den Sinn, wie absurd dieses Gespräch hier gerade war.
Wie erstarrt war er auf einmal, ich spürte es deutlich, wie sich jeder Muskel in seinem Körper anspannte. „Sir?", versuchte ich ihn zum Antworten zu bewegen. „Es ist ein schöner Name", hörte ich ihn sagen und urplötzlich war der Druck auf meinem Körper verschwunden und ich blickte an die Decke des Labors. Ich setzte mich langsam auf und sah wie er die grüne Masse verschwinden ließ.
„Stehen Sie schon auf", wies er mich nun wieder härter an und verwirrte mich damit nur noch mehr. Erst war er ganz der Lehrer, dann warf er mich zu Boden, nannte mich bei meinem Vornamen und war ... ja, einfach nett und irgendwie auch fürsorglich. Doch jetzt war er wieder kühl und ... und wie sonst eben. „Miss Granger", knurrte er schon fast. „Jetzt ist es wieder Miss Granger ...", murmelte ich. Natürlich hörte er mich. „Wie war das?", fuhr er zu mir herum, sodass ich in meiner Bewegung erstarrte. Gerade war ich noch dabei aufzustehen und jetzt hockte ich, kniete ich praktisch vor ihm. Außerdem konnte ich jetzt wirklich nicht das nervöse Schlucken unterdrücken. „Wollen Sie das noch einmal sagen, Miss Granger?", betonte er meinen Namen spitz. Langsam erhob ich mich und trat einen Schritt zurück. „Na?" „Ich ... nein, ich möchte nichts sagen, Professor", verneinte ich und senkte meinen Kopf. Es war einfach komisch, wie er so von der einen Persönlichkeit zu der anderen sprang. Obwohl man Persönlichkeit nicht direkt sagen konnte, es war mehr ... eine andere Seite an ihm. „Verschwinden Sie!", sagte er gereizt und drehte sich weg von mir. Allerdings hatte ich das Gefühl, als wollte er nicht wirklich, dass ich ging. Es schien mir, als würde ihm der Zauberstab quer im Magen liegen.
„Professor Snape, geht es Ihnen gut?", erkundigte ich mich vorsichtig und trat einen Schritt an ihn heran. Sein Rücken war mir zugedreht, doch er schien angespannt zu sein. „Gehen Sie einfach", knurrte er wieder und stützte sich mit seinen Armen auf dem Tisch vor ihm ab. „Ich ... soll ich Madam Pomfrey rufen?", wollte ich wissen. Vielleicht war er verletzt, oder seine Wunden vom Krieg machten ihm zu schaffen. Ich wusste, dass die Schlange seinen Hals schlimm verletzt hatte und das Gift auch seine Lungen angegriffen hatte, daher viel ihm das Atem von Zeit zu Zeit schwer. „Nein", zischte er, doch ich merkte, wie seine Arme zitterten. „Professor ..." „Gehen Sie, Hermine. Gehen Sie einfach", unterbrach er mich, jeder Spott, jedes Knurren und jedes Zischen war aus seiner Stimme verschwunden. Jetzt klang er müde und ... und erledigt.
Ich war hin und her gerissen. Sollte ich wirklich gehen? Oder sollte ich vielleicht doch Hilfe holen? Snape war ein sehr stolzer Mann und würde nicht wollen, dass jemand ihn so sah, da war ich mir sicher. „Setzen Sie sich!", wies ich ihn an und duldete keine Widerrede. „Setzten Sie sich, Professor!", wiederholte ich noch einmal und griff dann mit getäuschter Selbstsicherheit nach seinem Arm, zog ihn auf den dastehenden Stuhl und drückte ihn nieder. „Lassen Sie mich sehen!", forderte ich weiter und blickte ihm in die Augen. „Was erlauben Sie ..." „Ich helfe Ihnen! Wenn es Ihnen nicht passt, dann werde ich Madam Pomfrey und Professor McGonagall informieren. Sie können sich aussuchen, was Ihnen lieber ist", warnte ich und wusste, dass ich mich auf extrem dünnem Eis befand.
Nie hatte ich mit einer Lehrperson so gesprochen, doch ich hatte ihm schon einmal das Leben gerettet und irgendwas, tief in mir wehrte sich vehement dagegen, ihn einfach alleine zu lassen. Mir war in diesem Moment egal was es war, es war mir schlicht und einfach egal. Ich würde ihm helfen und später, in einem ruhigen Moment, würde ich mir über dieses Bedürfnis, für ihn zu sorgen und ihm zu helfen Gedanken machen.
„Zeigen Sie schon! Ich werde auch niemanden etwas erzählen, wirklich", versuchte ich ihm zu versichern. Nicht einmal Ron und Harry würde ich davon erzählen. Er schaute mich lange an und dann begann er die ersten Knöpfe seines Hemdes aufzuknöpfen. Diese Geste lies mich nervös schlucken und mein Hals wurde ganz trocken. „Wenn sie jemanden davon erzählen ...", warnte er mich, doch ich unterbrach ihn fast schön rüde und mit leicht kratziger Stimme: „Das werde ich nicht, Sir. Versprochen". „Das hoffe ich für Sie", brummte er und machte seinen Hals, sowie die rechte Schulter frei.
Es sah schlimm aus, sehr schlimm sogar ... eine lange rote Linie zog sich von der rechten Seite seines Halses hinunter zu seiner Schulter. Nagini hatte wirklich heftig zugebissen. Man konnte es nur als Wunder bezeichnen, dass er überlebt hatte. „Salbe?", hakte ich simpel nach, woraufhin er auf ein Regel hinter sich zeigte. „Nicht bewegen", mahnte ich ihn mit einem sachten Lächeln, was ihn nur eine Augenbraue heben ließ. „Würde mir nicht im Traum einfallen", zischte er, ließ mich aber nicht aus den Augen.
- später, in der Bibliothek -
Die Bibliothek war verlassen, nicht einmal Madam Pince war hier. Ehrlich gesagt behagte es mir nicht, dass ich alleine war. „Granger", zuckte ich bei meinem Namen zusammen und zog aus einem Reflex heraus meinen Zauberstab. „Hey, ganz locker. Ich bin's", machte Draco sich erkennbar und nahm den Unsichtbarkeitszauber von sich. Er grinste mich schief an und schritt dann arrogant, wie eh und je an mir vorbei. Ich jedoch konnte ihm nur ungläubig hinter her blicken. Was sollte das? „Komm schon, Granger, wir haben nicht die ganze Nacht Zeit", rief er, oder flüsterte er rufend. Flüsternd rufen? Jetzt geht es schon mit mir durch, das war doch keine vernünftige ... ach egal.
Dennoch folgte ich ihm, hatte dabei aber immer noch meinem Zauberstab fest in der Hand und schaute mich aufmerksam um. Draco stand schon längst vor dem Tor, das die restliche Bibliothek von der Verbotenen Abteilung trennte. „Was ist los? Zu schwach auf den Beinen?", grinste er mich an. „Halt die Klappe!", motzte ich zurück. „Was genau wollen wir hier?"
Ohne mir zu antworten holte er seinen Zauberstab hervor und schwang ihn über das Tor, dieses öffnete sich problemlos. „Woher hast du diesen Zauber?", wollte ich wissen. Diese Bewegungen hatte ich schon einmal gesehen, Madam Pince öffnete so immer das große Tor, wenn jemand eine Genehmigung für die Verbotene Abteilung hat. „Mein Patenonkel hat es mir gezeigt." „Snape?" „Ja, einen anderen Patenonkel habe ich nicht", ließ er mich wissen. „Witzig, wirklich sehr witzig, Malfoy." „Draco, du kannst ruhig Draco sagen, Granger." „Wirst du dann auch Hermine sagen?", hakte ich nach. „Vielleicht, wenn du mich nett darum bittest", grinste er frech. „Du kannst mich mal", knurrte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. Das ließ ihn aber nur grinsend den Kopf schütteln. Urg ... er war sowas von arrogant!
„Hopp, hopp, Hermine", hörte ich ihn sagen, als er in der Dunkelheit der Regale verschwand. „Arschloch", murmelte ich leise vor mich hin. „Lumos", flüsterte ich und schon konnte ich den Weg vor mir besser erkennen. So lebensmüde war ja auch nicht, dass ich einfach so in eine dunkle Ecke gehe, egal ob wir hier in Hogwarts waren, oder nicht. Merlin bewahre, dass das hier kein Fehler war. Ich hatte schon genug Mühe Harry und Ron zu erklären, dass ich noch etwas erledigen musste, immerhin war es schon nach 21 Uhr und Harry ließ mich ungern alleine durch das Schloss wandern. Außerdem hatte ich mich rausreden müssen, warum ich zum Abendessen nicht aufgetaucht war. Das wiederum war eine ganz andere Geschichte.
„Hier sind wir", sagte er, holte mich aus meiner Erinnerungen und zeigte auf ein kleines schwarzes Regal. „Das sind die verbotenen Runen, sie werden nicht mehr benutzt." „Ich weiß, aber denkst du nicht, dass man dort etwas über diese mysteriöse Rune herausfinden wird?", konterte er und traf dabei mitten ins Schwarze. Klar, wenn die Rune in den normalen Büchern nicht zu finden war, dann sicher in diesen.
Wir schnappten uns zwei der Bücher und setzten uns an einen kleinen Tisch am Fenster, in der hintersten Ecke der Verbotenen Abteilung. „Hast du schon was?", fragte er nach einigen Minuten und schaute auf. „Nein, nichts ... die meisten Runen hier drin sind für Blutmagie ... und sehr, sehr dunkle Magie. Das Meiste möchte ich nicht einmal durchlesen", gestand ich ihm und beobachtete, wie er seinen Kopf leicht schief legte. „Der Krieg hat dich wirklich kaputt gemacht, oder?", entkam es ihm und er schien genauso überrascht zu sein, wie ich. „Wie bitte?" „Ich ... ich meine nur ..." „Dass ich kaputt bin? Verrückt?" „Nein! Nein, ganz und gar nicht. Es ist nur dass ..." „Dass was?", hakte ich nach, als er wieder ins Stocken kam. „Wenn man dir in die Augen sieht, sieht man wie gebrochen du innerlich bist", flüsterte er.
Was?! „Dann schau nicht hin!", knurrte ich und wandte mich wieder dem Buch zu. Auf so etwas hatte ich nun wirklich keine Lust. Das Gespräch mit Professor McGonagall gestern hatte mir gereicht und ich würde sicher nicht mit Draco Malfoy darüber reden, was mich so zerstört hat, oder „kaputt" wie er es ausdrückte. „Tut mir leid, ich ... ich wollte dich nicht verletzen", gestand er und fing meinen Blick ein. „Hast du nicht", meinte ich und damit war das Thema für mich beendet.
********************
„Granger! Granger steh auf, wir müssen weg! Gran ... Hermine!", sagte jemand und rüttelte mich an der Schulter. „Lass mich in Ruhe", murmelte ich und vergrub mein Gesicht in meinen Armen. Ich hörte mein Gegenüber etwas flüstern und auf einmal spürte ich wie kleine Spritzer Wasser in meinem Gesicht landeten. „Was bei Merlin ... Draco! Geht's noch? Du hättest das Buch verschmutzen können", schimpfte ich und er legte mir sofort eine Hand auf den Mund. „Schhh ... da kommt jemand. Schnell, nimm das Buch und lass uns verschwinden", ließ er mich wissen und steckte seine Bücher in eine kleine Tasche und reichte sie mir anschließend.
Wir bannten uns einen Weg durch die einzelnen Regale und waren gerade dabei die Verbotene Abteilung zu verlassen, als uns das Licht eines Zauberstabes direkt ins Gesicht schien. „Miss Granger was ... Draco? Was tun Sie Beide um diese Uhrzeit hier?" „Sir wir ...", wollte ich zur Erklärung ansetzen, doch Draco kam mir zuvor: „Sorry, Onkel Sev. Wir haben nur was nachgeschaut". Snapes Augen verkniffen sich und im Gegensatz zu vorhin, als ich noch bei ihm war, sah er schon viel besser aus. Meine Heilzauber haben also doch Wirkung gezeigt. „Dir ist bewusst, dass ich weiß, wenn du lügst, Draco?", hakte Snape nach und ich sah Draco wieder nur grinsen. „Ja, das weiß ich. Wir gehen jetzt." „10 Punkte Abzug für jeden von euch. Jetzt machen Sie, dass sie verschwinden. Professor Cane ist ebenfalls unterwegs und sie wird sicher nicht so gnädig sein, wie ich!" „Ja, Sir", sagte ich schnell und ehe ich mich versah hatte ich Draco am Ärmel gepackt und aus der Bibliothek gezogen.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro