Flurgeflüster
Rückblick Kapitel 111. Riskante Aktion (Teil 1) – Severus' Sicht
Sie hatte geweint, ihre Augen waren ganz rot unterlaufen. „Was..." „Es ist Lucius, irgendwas stimmt nicht. Bitte, ich... wir müssen zu ihm, Severus. Ich weiß, dass es mitten in der Woche ist, aber... bitte... bitte", flehte sie und auch ich wusste, dass etwas nicht stimme. Lucius' Gefühle spielten verrückt. Schon die ganze letzte Woche waren sie vollkommen durcheinander. Er hatte nicht verstanden, wieso Hermine diese Entscheidung getroffen hatte, anders als ich hatte er es nicht gesehen. Allerdings war es jetzt anders, seine Gefühle waren chaotisch, noch chaotischer als in der vergangenen Woche.
„Ich werde gehen!", sagte ich Hermine bestimmt und würde nicht zulassen, dass sie mitkommt. Es war besser, wenn sie Lucius nicht so sah und wenn er wieder in der gleichen Stimmung wie letztens war, dann war es einfach besser, wenn sie hierblieb. „Was?", entkam ihr verdutzt, „Nein!" „Hermine, glaub mir, du willst ihn nicht so sehen", sagte ich ihr, versucht, meinen neuen Vorsätzen ehrlicher und offener zu sein, nachzukommen. „Severus, bitte... ich weiß, dass ich... was ich gesagt habe, dass ich nicht mehr kann und Zeit brauche... das war, ich habe mich geirrt." „Nein, hast du nicht. Du hattest Recht, Hermine. Mit allem. Und es war gut, dass du den Mut hattest, uns das zu sagen", versicherte ich ihr, löste ihre Hand vorsichtig und hielt sie in den meinen fest. „Wir brauchten das, ich brauchte das, diesen Stoß und deswegen sage ich dir, dass du Lucius nicht so sehen willst und er würde es sich nie verzeihen, wenn du ihn so siehst. Es würde ihn ewig verfolgen. Ich rede mit ihm und dann komme ich wieder. Vielleicht mit Lucius, vielleicht alleine. Aber du bleibst hier."
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Flurgeflüster
- Hermines Sicht, Severus' Schlafzimmer -
Was war passiert? Es war eins der ersten Dinge, die mir durch den Kopf schossen, als ich wieder zu mir kam. War ich einfach ohnmächtig geworden? Das sah mir nicht ähnlich. Doch irgendwas musste passiert sein. Wo war ich überhaupt? Ich setzte mich langsam auf und strich meine Haare nach hinten. Oh, das war Severus' Schlafzimmer. Also lag ich in seinem Bett. Hatte er mich hier abgelegt? „Severus?", rief ich, jedoch wartete ich auf eine Antwort vergeblich. Anscheinend war er nicht hier, doch wo könnte er hin sein...
Aber du bleibst hier.
Die Worte drängten sich an die Oberfläche meines Bewusstseins und die Bilder dazu ebenfalls. Wie ich in seine Gemächer stürmte, ihn bat mich mitzunehmen, weil irgendetwas mit Lucius nicht stimmte. Wie er mich festhielt und wie er... Oh... „Dieser Mistkerl!", stieß ich mit zusammengebissenen Zähnen aus. Das hatte er nicht wirklich getan, er hatte mich mit einem Stupor außer Gefecht gesetzt. Wie konnte er nur? Davor sagte er mir noch, dass es richtig war, dass ich mir die Auszeit nahm und dass er es verstand und dann tat er das?! Welchen Sinn hatte es?
Egal was es war, es... es machte mich diesmal nicht nur sauer, wütend, nein... diesmal war ich wirklich, wirklich verletzt. Und wenn ich Severus darauf ansprechen würde, würde mit Sicherheit wieder eine Erklärung kommen, dass es für meine eigene Sicherheit war und dass ich es doch verstehen sollte. Doch ich wollte es nicht verstehen, ich wollte nicht immer aus allem rausgehalten werden. Da hatte ich eben noch gedacht, es sei ein Fehler gewesen, diese Pause einzufordern, als ich Lucius' Emotionen gespürt hatte, sie mich beinahe überwältigt hatten und jetzt war genau das passiert, was mich dazu veranlasst hatte, diese Pause einzufordern.
Am liebsten würde ich direkt aufspringen und mich auf die Suche nach den Beiden machen. Allerdings unterdrückte ich diesen Gedanken. Jetzt in diesem Augenblick war ich viel zu aufgebracht und wahrscheinlich würde ich etwas sagen, was ich nachher bereuen würde. Ich ließ mich zurück auf die Kissen fallen und schloss die Augen. „Wie soll es nur weitergehen?", flüsterte ich leise zu mir selbst. Es waren gut zwei Wochen vergangen, seitdem ich mich entschieden hatte auf Abstand zu gehen und ich fühlte mich in dieser Zeit bestärkt und hoffte, Lucius und Severus würden es verstehen. Natürlich war es schwer gewesen, Severus jeden Tag zu sehen, ohne ihm wirklich nah zu sein und es war noch viel schwerer Lucius nicht zu sehen, überhaupt nichts von ihm zu hören. Doch es war richtig gewesen.
„War es das wirklich?", murmelte ich wieder und drehte mich zur Seite. Ich versuchte nicht daran zu denken, wie einsam ich mich in den vergangenen Nächten gefühlt hatte, wie allein ich mir vorgekommen war und wie kalt mir immer war, egal ob ich unter der heißen Dusche stand oder vor dem brennenden Kamin saß. Mir war immer kalt. „Ich vermisse euch." Ich kniff meine Augen zusammen, versuchte die Gefühle nicht Überhand gewinnen zu lassen. Aber ich konnte nicht verhindern, dass Träne um Träne meine Wangen hinablief. Ich wollte nur wieder in deren Armen liegen, mit Severus zusammen ein gutes Buch lesen, ihm zusehen wie er sich aufregt, wenn er die Aufsätze korrigiert. Ich wollte das Beben von Lucius' Körper spüren, wenn er lachte, sein charmantes Lächeln wiedersehen. Hatte ich es zerstört? War es das gewesen?
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„Hallo?" „Hallo, ist da jemand? Hermine?", hörte ich jemanden rufen und öffnete meine Augen. War ich etwa eingeschlafen? „Hermine, bist du hier? Ich bin es, Draco. Hermine?", rief er noch einmal und die Schritte wurden lauter, näherten sich der Schlafzimmertür. Langsam stand ich auf, versuchte meine Kleidung glatt zu streichen und öffnete dann die Tür. „Ah, da bist du. Merlin sei Dank", stieß er erleichtert aus und lächelte. „Was ist los, Draco?", wollte ich von ihm wissen. „Ähm, ich weiß nicht wie ich es sagen soll... aber Vater und Onkel Sev, sie...", begann er, brach dann aber ab und suchte nach den richtigen Worten.
In meinem Inneren jedoch spürte ich nicht nur die Kälte der vergangenen Wochen, sondern eine richtige Eisfront, die sich in mir aufbaute. „Was? Ist ihnen was passiert?", fragte ich flüsternd und jegliche Wut auf die Beiden, auf Severus, weil er mich zurückgelassen hatte, war verflogen. Ich hatte einfach nur große Angst, dass ihnen etwas passiert war. „Draco? Was ist mit ihnen?", wiederholte ich noch einmal und packte ihn an den Schultern, schüttelte ihn. Ich hielt nicht einmal meine Tränen zurück. Die Wand, die meine Gefühle zurückhielt, zersprang und ich schluchzte laut auf. „Hey, nein, ihnen geht es gut. Ich meine, sie sind im St. Mungos, aber es geht ihnen gut. Deswegen bin ich hier, damit wir zu ihnen gehen können. McGonagall weiß Bescheid, sie wartet in ihrem Büro auf uns, damit wir direkt dahin flohen können", erklärte er mir eilig und hielt mich an den Oberarmen fest, als meine Beine fast unter mir nachgaben.
Es ging ihnen also gut? Aber was hatten die beiden wieder getan? Wieso landeten die zwei immer im St. Mungos? Manchmal glaubte ich wirklich, die beiden taten das mit Absicht, damit ich den Verstand verliere und mir Sorgen mache. „Hermine?" „Es geht schon, mir... die beiden machen wahnsinnig", murmelte ich entschuldigend und lächelte leicht, wenn auch gezwungen, zu Draco. „Ich weiß was du meinst, ich hab das Gefühl, dass ich immer nur zu hören bekomme, wie die beiden im St. Mungos sind oder in Askaban", lachte Draco, auch wenn mir letzteres bitter aufschlug. St. Mungos war eine Sache, aber Askaban? Ich mochte mir gar nicht vorstellen, wenn irgendwas wieder dazu führen würde, dass einer der beiden wieder dort landet. Die Vorstellung war grauenhaft, einfach erschreckend.
„Sicher wirst du ihnen eine Standpauke halten, oder?", grinste Draco, dieses typische Malfoy-Grinsen, mit dem auch Lucius mich oft anblickte. „Wenn ich sicher weiß, dass es ihnen gut geht. Dann ja", nickte und grinste ich auch, die beiden würden schon sehen was sie davon hatten, was auch immer sie getan hatten. Und Severus, er würde erst recht sehen, was er von seiner Aktion hatte „Wollen wir dann?", hakte ich nach, auch etwas ungeduldig. Ich musste wissen, ob es ihnen auch wirklich gut geht. Diese Angst die ich eben gespürt hatte, als ich schon dachte... die Panik war erdrückend gewesen und ich wollte das nicht wieder spüren. Aber wie ich die zwei kannte, würden sie mir noch den einen oder anderen Schock bescheren.
- kurze Zeit später, St. Mungos -
Leicht nervös stand ich neben Draco. Wir waren im Wartebereich des St. Mungos durch den Kamin getreten und standen jetzt vor der Rezeption. Die ältere Hexe lächelte uns freundlich an. Ihre Augen funkelten jedoch leicht als sie hörte zu wem wir wollten und als sie unsere Namen, oder eher gesagt meinen Namen, notierte. Mittlerweile wussten die meisten schon, dass Lucius und ich ein Paar waren, schließlich standen einige Artikel über uns in den Zeitungen, aber anscheinend kümmerte es die Leute noch immer.
„Den Gang entlang. Das letzte Zimmer auf der linken Seite", ließ sie uns wissen und deutete auf den rechten Flur hinter ihr. „Danke", sagte ich und ging an Draco vorbei direkt auf das Zimmer zu. Schon von Weitem konnte ich eine Gruppe Auroren sehen, die ungeduldig auf- und abliefen. „Was machen Auroren hier?", flüsterte ich fragend zu Draco und verlangsamte mein Tempo. „Keine Ahnung, hoffen wir mal, dass es nichts Schlimmes ist." „Ja, hoffen wir mal", entkam mir leicht skeptisch.
In dem letzten halben Jahr war mir klar geworden, dass wenn Lucius oder Severus mit Auroren zu tun haben, das nie etwas Gutes bedeutet. „Mr. Malfoy, Miss Granger", wurden wir von einem der Auroren begrüßt. Die anderen blickten uns nur stumm an. „Haben Sie einen Moment, Mr. Malfoy?" „Wofür?", wollte Draco wissen und schaute leicht skeptisch zu dem Auror, der uns angesprochen hatte. „Es geht um den heutigen Vorfall, wir würden gerne Ihre Sicht der Dinge..." „Ich habe keine Sicht auf die Dinge, weil ich überhaupt nicht weiß worüber Sie sprechen. Die Schulleiterin informierte mich, dass mein Vater und Patenonkel hier sind, nur deshalb bin ich hier. Wenn Sie uns jetzt entschuldigen würden, wir haben nur eine Stunde, bis wir wieder in Hogwarts sein müssen und die würde ich ungern mit Ihnen verbringen", machte Draco dem Auror klar, legte seine Hand auf meinen Rücken und drückte mich leicht nach vorne, direkt auf die Tür zu.
Von ihm sah ich auch immer wieder neue Seiten. In dem Augenblick eben, wirkte er wirklich wie eine Miniausgabe von Lucius. Ob den beiden klar war, wie ähnlich sie sich wirklich waren? Abgesehen vom Äußeren natürlich. „Nach dir", holte Draco mich aus meinen Gedanken und öffnete für mich die Tür.
Helles Licht kam mir entgegen. Das Zimmer war groß, großzügig für nur zwei Betten. Sehr hell und freundlicher als alle anderen Zimmer die ich jemals gesehen hatte hier. Das letzte Mal als Lucius hier war oder Severus im Koma, war das Zimmer nur halb so schön. Hinter mir hörte ich Draco eintreten, der die Tür zuzog und erst dann richtete ich meinen Blick auf die zwei Personen, die mir schlaflose Nächte bereiteten.
Einen Schritt nach dem anderen ging ich auf die Betten zu, sagte nichts, überlegte was ich sagen sollte. Anschreien? Oder lieber so tun, als wäre nichts gewesen? Würde ich Letzteres tun, würden die beiden ungeduldig und nervös warten, bis ich es ihnen irgendwie heimzahle. Wenn ich sie anschrie, würde ich mir aber Luft machen und sicherlich würde es mir danach besser gehen. Es ging mir immer besser, wenn ich meinem Ärger Luft machen konnte. „Geht es euch gut?", fragte ich dann mit ruhiger Stimme, blickte erst zu Lucius und dann zu Severus. Oberflächlich betrachtet schienen beide keine Verletzungen zu haben, doch man konnte nie sicher sein. „Uns geht es gut. Nichts, was ein Trank und etwas Schlaf nicht beheben können", sprach Severus und mein Blick ruhte dabei auf ihm.
Ich gab keine Antwort, keine Erwiderung, sondern schaute ihn einfach an. Meine Augen verengten sich leicht, als ich daran zurückdachte, wie er mich mit einem Stupor belegt hatte. Severus schien genau zu wissen an was ich dachte, denn er schluckte nervös und sein Blick huschte zu Lucius und dann wieder zu mir. Welch Glück er doch hatte, dass Draco hier war und die beiden erst einmal vor meiner Standpauke rettete: „Was ist passiert? McGonagall sagte nur, dass im Manor was vorgefallen ist und ihr beide hierher gebracht wurdet." Draco stand direkt vor Lucius' Bett und kurz schaute ich zu ihm, er sah wirklich besorgt aus. Bei meiner ganzen Sorge hatte ich vollkommen vergessen, dass es für Draco genauso beängstigend gewesen sein musste. Immerhin waren das sein Vater und Onkel.
Laut räusperte Lucius sich und setzte sich in dem Krankenbett auf. „Das Manor...", begann er, brach dann aber ab, schien nach den passenden Worten zu suchen. „Was ist damit?", hakte Draco nach und auch mich interessierte es. Selbst wenn ich keine schönen oder erfreulichen Erinnerungen an dieses Höllenschloss hatte. „Es ist... nun, abgebrannt." „Was?" „Mit Dämonsfeuer." „Was?", entkam es Draco noch einmal und er schien noch blasser geworden zu sein, als er ohnehin schon war. Auch ich war überrascht, aber auch irgendwie erleichtert, dass dieser Ort nicht mehr existierte. Für Draco mussten es aber andere Gefühle sein, immerhin war er in dem Haus aufgewachsen.
„Wie... wie konnte das passieren?", wollte Draco wissen und ging wie in Trance um das Bett herum, setzte sich und blieb still. Lucius wechselte einen Blick mit Severus, der etwas leise flüsterte und dann Lucius zunickte. Was... wieso zerbrach ich mir überhaupt den Kopf? Das würde keinen Sinn machen. Hier würde ich mich zurückhalten, aber sobald die beiden entlassen wurden, würde ich mit ihnen ein ernstes Wörtchen reden. „Ich war es!", sagte Lucius plötzlich, aber deutlich. Dennoch glaubte ich, mich verhört zu haben! Hatte er wirklich gesagt, er habe das Manor angezündet? Und hatte er eben nicht auch gesagt, dass es Dämonsfeuer war? Aber das war doch... „Was hast du nur getan?", entkam es mir leise, wie ein Wispern. „Hermine... ich..." „Wieso?", unterbrach Draco ihn und schaute ihn an. Von der Seite konnte ich sehen, wie sich einige Tränen in seinen Augen ansammelten.
In Draco musste jetzt wirklich viel los sein. Ich wusste, dass er kein großer Fan vom Manor war, vor allem nicht nachdem Voldemort es praktisch zu seinem Zuhause gemacht hat. Aber... für Draco gab es sicher auch ganz viele schöne Erinnerungen. Wieso hatte Lucius das getan? Dann auch noch mit diesem Dunklen Fluch? Das würde nur wieder Probleme verursachen. Deswegen waren die Auroren hier... wegen des Dämonsfeuers... sie waren hier, weil Lucius es heraufbeschworen hatte. „Hermine?", sagte Severus fragend, als ich mich zur Tür bewegte. „Ich brauche frische Luft", gab ich nur wieder und verließ das Krankenzimmer.
Mit schnellen Schritten ging ich an den Auroren vorbei, die sich nach mir umdrehten und mich aufforderten stehen zu bleiben, doch ich brauchte jetzt mindestens fünf Minuten für mich. Ich wusste, dass es hier einen kleinen Balkon gab, diesen steuerte ich jetzt auch an. Die kühle Luft schlug mir peitschend ins Gesicht, doch ich ignorierte es. Ich ging bis zum Geländer, meine Finger krallten sich um dieses, ich schloss die Augen und ließ den Wind gegen mein Gesicht peitschen.
Ich wusste wirklich nicht, warum ich so heftig reagierte. Das Manor lag mir nicht am Herzen, kein bisschen. Und doch... doch war in mir so ein merkwürdiges Gefühl. Ein Gefühl, das ich nicht einschätzen konnte. Bei all dem was mir im Manor passiert ist, war ich irgendwie froh darüber, dass es nicht mehr da war. Aber was war das für ein Gefühl? Vielleicht kam es gar nicht von mir? War das wieder so ein Triaden Ding? Sicher waren es nicht Severus' Gefühle, dann müssten es die von Lucius sein. Dieser Zwiespalt... Oh, natürlich. Er fühlte sich schuldig.
Lucius fühlte sich schuldig. Schuldig, weil er das Manor niedergebrannt hatte. Aber... wieso auf einmal? Vorher hatte ich nichts dergleichen gespürt. Erst als... Ohje, es war wegen Draco. Lucius fühlte sich schuldig, weil Draco sein Elternhaus verloren hatte. Er hatte Draco gesehen und war mit Schuldgefühlen überflutet worden. Es war sein Gefühlschaos, das ich in mir spürte und das mir jetzt zu schaffen machte. Das musste ich unter Kontrolle bringen, ich wollte nicht ewig so extrem von den Gefühlen der Beiden überrannt werden.
Ich atmete tief ein und aus. Versuchte mich zu beruhigen, drückte die Gefühle nicht runter, denn das würde nichts bringen. Wenn ich es verdrängte, würde es wieder hochkommen, meist in einem unpassenden Moment. Deswegen ließ ich die Gefühle auf mich wirken, versuchte mich zu fassen und sie als Teil von mir annehmen. Geräuschvoll stieß ich die Luft aus und eine innere Ruhe überkam mich.
Doch genau in diesem Augenblick trat jemand anderes zu mir auf den Balkon. Reflexartig spannte ich mich an. Keine Ahnung wieso, mein Körper tat es von ganz alleine. „Ich habe nicht erwartet Sie hier zu treffen, Miss Granger." Oh Merlin, das konnte ich jetzt nicht gebrauchen. „Minister", sagte ich und drehte mich um. Er stand nur wenige Meter hinter mir oder eher gesagt vor mir. „Ich hörte was passiert ist", sagte er nur, blieb stehen, blickte mich an. Als würde er versuchen mich zu lesen. „Und der Minister kümmert sich jetzt persönlich um so etwas?", entkam mir leicht zynisch, bevor ich es verhindern konnte. Urg... wieso konnte ich nicht meinen Mund halten?
„Nun, wenn es um ein Mitglied des Zaubergamot geht und wenn ein sehr altes, als historisch angesehenes Objekt zu Asche zerfällt, dann ja, dann kümmert sich der Minister persönlich darum", erklärte er emotionslos. „Wieso sind Sie dann hier draußen und nicht bei Lucius?", wollte ich wissen. „Interessante Frage", kommentierte er und trat auf mich zu. Wie von selbst trat ich einen Schritt zurück und stieß mit meinem Rücken gegen das Geländer. „Sie haben Angst vor mir", stellte er fest. „Sagen wir einfach das letzte Mal als ich alleine mit einem Minister war, war nicht sonderlich erfreulich." Oh Merlin, schon wieder plapperte ich einfach drauf los, ohne richtig über die Konsequenzen nachzudenken. „Ja, ich hörte davon. Mein Vorgänger hatte besondere Ideen was die Zukunft der magischen Bevölkerung angeht, Miss Granger. Ganz besonders was Ihre Zukunft angeht", lächelte er leicht, als würde er über das Wetter reden.
Meine Zukunft? Er schien mehr zu wissen, als ich gedacht habe. Jedoch kam es mir nicht so vor, als würde er auf der gleichen Schiene fahren wie McLaggen. Trotzdem gefiel es mir nicht, hier mit alleine zu sein, vor allem wenn ich gerade Schwierigkeiten hatte, mich nicht von Lucius' und Severus' Gefühlen überrennen zu lassen. „Sie haben Angst", stellte er fest und darauf konnte ich wirklich nicht antworten. Natürlich hatte ich Angst, aber ich versuchte es nicht zu zeigen. Vor allem hoffte ich, dass Lucius und Severus nichts davon mitbekamen. Wenn einer der beiden oder gar beide hier raus stürmten, würde das nicht gut enden. Außerdem glaubte ich fest daran, dass ich mit dem Minister auch alleine fertig wurde.
„Es gibt keinen Grund Angst vor mir zu haben, Miss Granger." Als würde mich das beruhigen. „Dann kann ich jetzt gehen? Sicherlich wartet Lucius schon auf mich, ich wollte nur kurz etwas Luft holen", erklärte ich und war drauf und dran an ihm vorbei zu gehen. Doch blitzschnell, schneller als das ich hätte reagieren können, packte er mich an meinem Arm. Mein Körper spannte sich augenblicklich an und verkrampfte sich. Ich konnte diese Reaktion nicht verhindern und hoffte nur, er würde es nicht merken. „Ich bedaure, dass ich das Gesetz weiterverfolgen musste, Miss Granger. Glauben Sie mir, es war nicht meine Absicht, doch es lag nicht mehr in meiner Hand. Sagen Sie ihren Zauberern, vor allem Lord Malfoy", begann er zu sagen, beugte sich dann zu leicht zu mir. Seine Lippen berührten fast mein Ohr, als er flüsternd weitersprach: „Sagen Sie ihm, dass es in diesem Jahr schon vier geheime Treffen des Zaubergamot gab, in denen weder er, noch seine Unterstützer zu Gängen waren."
Was? Was hatte er gerade gesagt? „Es hat mich gefreut, erneut Ihre Bekanntschaft zu machen, Miss Granger. Richten Sie Lord Malfoy und Mr. Snape meine Bekundungen aus, darauf dass Sie schnell wieder genesen", sagte er lauter und nickte mir einmal zu, ehe er auf dem Absatz kehrt machte und mich erstaunt auf dem Balkon zurückließ.
***************
Wie in Trance ging ich über die Flure im St. Mungos. Die Worte des Ministers noch immer im Ohr. Geheime Treffen des Zaubergamot. Und Lucius war nicht da gewesen? Ebenso wie seine Unterstützer. Ich nehme an, damit waren Daphnes und Blaise' Väter gemeint. Wahrscheinlich noch ein paar andere. Aber wieso? Was wurde da besprochen? Und was meinte er damit, dass es nicht mehr in seiner Hand lag, mit dem Gesetz? Lagen wir vielleicht falsch und er war gar nicht so wie McLaggen? Oder war das alles nur ein Trick? Ein Spiel? Meine Standpauke für die beiden, würde wohl noch warten müssen. Das war jetzt wichtiger.
„Miss Granger, da sind sie wieder", hörte ich jemanden sagen und schaute auf. Die Auroren waren noch immer da. „Haben Sie Zeit für ein paar Fragen?" „Nein", sagte ich entschieden, drängte mich an ihnen vorbei, während sie mich mit offenen Mündern anblickten. Ich ließ alle so stehen. Wieso wollten die auch mich fragen? Immerhin war ich nicht einmal da gewesen, als Lucius das Manor angezündet hatte. Auroren... die würde ich auch nicht verstehen.
„Hermine", entkam es Severus und Lucius gleichzeitig, als ich die Tür hinter mir schloss. Draco saß noch immer bei Lucius auf dem Bett, jedoch hatten sich beide, Lucius und Severus, weiter aufgesetzt und saßen jetzt aufrecht auf den Betten. „Ist alles in Ordnung? Wir haben einen Moment gespürt, dass du..." „Mir geht es gut", unterbrach ich Severus direkt. Sie hatten es also doch gespürt und doch war keiner von den beiden angelaufen gekommen, um mich zu retten. Mmm... was für eine Wendung. Noch vor zwei Wochen wären sie mit erhobenen Zauberstäben und einen Fluch auf den Lippen zu meiner Rettung gekommen. Dass sie es diesmal nicht taten, war... war irgendwie gut, aber irgendwie auch wieder nicht. Ich mochte es, wenn sie sich um mich sorgten, aber es war gut zu wissen, dass sie mir scheinbar vertrauten, alleine zurecht zu kommen. Das war alles was ich wollte, ich wollte, dass sie das erkennen und offenbar schien meine Entscheidung so langsam Früchte zu tragen.
Doch um darüber zu sprechen, war jetzt nicht der richtige Augenblick. Ich musste den beiden von meinem Gespräch mit dem Minister erzählen. „Können wir hier über etwas Privates reden?", fragte ich, denn ich wollte wirklich nicht, dass die Auroren vor der Tür etwas davon mitbekamen. „Sicher. Die Auroren können nicht hören, was wir hier sagen. Dafür haben wir gesorgt", nickte Severus zuversichtlich, während Lucius mich mit einem kritischen und auch leicht besorgten Blick beobachtete. Wahrscheinlich warteten beide auf meinen Ausbruch, doch noch hatte ich diesen gut unter Kontrolle und die beiden noch ein bisschen zappeln zu lassen, war auch kein schlechtes Gefühl.
„Ich hatte ein Gespräch mit dem Minister", ließ ich beide wissen und Lucius war schon direkt dabei sich aus dem Bett zu schwingen, doch Draco legte ihm eine Hand auf die Schulter und schüttelte den Kopf. Lucius atmete einmal tief ein und dann wieder aus. Seine grauen Augen tobten wie ein Sturm, blickten mich an, fingen meine Augen ein und ich sah wie besorgt er war. Ein bisschen, ein wenig, wirklich nur ein bisschen, merkte ich wie ich dahin schmolz und wie ich mich am liebsten in seine Arme werfen würde oder in die von Severus. Noch besser, in beide gleichzeitig.
„Er weiß über uns Bescheid", informierte ich beide, ließ ihnen aber keine Zeit darauf zu antworten oder etwas zu fragen. „Er bedauert, dass er mit dem Gesetz weitermachen musste und..." „Das glaubst du?", kam es rau von Severus. „Und er wollte, dass ich euch oder eher gesagt, dir, Lucius, etwas mitteilte", sprach ich weiter, ohne auf Severus' Zwischenfrage einzugehen. Denn ja, ich glaubte ihm. Es mag irrational sein und kein bisschen logisch und gegen alles sprechen was wir bis jetzt wussten, doch ich glaubte ihm. Ich war überzeugt, dass er die Wahrheit gesagt hatte. „Es gab vier geheime Treffen des Zaubergamot, Lucius. Ohne dich und das nur in diesem Jahr. Wie er es sagte, hörte es sich an, als wären es nicht die ersten gewesen und auch nicht die letzten."
Lucius sackte zurück ins Bett und stöhnte leise auf. „Ich habe so etwas schon vermutet", murmelte er und ich war auch kein bisschen überrascht, dass er es nicht für nötig gehalten hat, uns seine Vermutung früher mitzuteilen. „Ich hatte angenommen, dass ich nicht eingeladen wurde, weil ich in Askaban war, aber jetzt... das ergibt alles keinen Sinn. Wieso sollte LeMarcur wollen, dass wir davon wissen? Ist er vielleicht doch auf unserer Seite?" „Wie kommst du darauf? Selbst wenn er wollte, dass wir es wissen, weshalb auch immer, hat er das Gesetz weiter gefördert, Lucius", brachte Severus mit ein und die beiden schienen wieder ganz vergessen zu haben, dass sie nicht alleine waren. „Wenn er Druck vom Gamot bekommt, ist es durchaus verständlich warum er weitermacht, wo McLaggen aufgehört hat." „Er ist der Minister!" „Steht aber nicht über dem Gamot, mein Freund. Wenn Sie beschlossen haben, weiterhin an McLaggens Idee festzuhalten, dann können sie ihn auch zwingen, gute Miene zum bösen Spiel zu machen."
Urg! Sie merkten echt nicht, oder vergaßen viel mehr, dass Draco und ich noch im Raum waren. „Da wir das geklärt haben und euch auch nichts fehlt", begann ich und drehte mich zu Draco, „können wir ja gehen." Die Blicke der beiden waren direkt auf mich gerichtet. „Gehen?" „Jetzt?", fragten beide leicht sprachlos, woraufhin ich nur nickte. „Aber... willst du nicht wissen..." „Nein. Ihr mögt doch eure Geheimnisse. Lassen wir das heute doch auch ein Geheimnis bleiben", konterte ich und wandte mich erneut Draco zu, der mit großen Augen den kurzen Wortaustausch verfolgt hatte. „Ich warte unten auf dich, Draco."
Schweigen wurde mir entgegen gebracht, bis Draco kaum merklich nickte, was ich als ein deutliches Ja wahrnahm und den Raum verließ. Sicherlich würden die beiden darüber reden, allerdings war es mir ganz recht. Sie wussten, dass ich nicht so einfach aufgeben würde, selbst wenn ich es sagte und sie würden warten, vielleicht auch ein bisschen Angst davor haben, wenn ich sie wirklich konfrontierte. Genau das wollte ich auch. Ich hatte schon einen genauen Plan, wie ich diesmal die Zügel in der Hand halten würde. Die beiden würden sich danach vorsehen noch einmal so einen Mist zu veranstalten, sich in Gefahr zu bringen, egal ob physisch oder mit dem Gesetz. Dieses Mal ließ ich nicht locker, ließ sie zappeln und bangen, bis ich zu schlug. Wie eine Schlange auf der Lauer, denn was die beiden konnten, konnte ich auch und es war vorbei mit der kleinen Löwin, mit dem Kätzchen, jetzt würde meine innere Slytherin rauskommen.
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