Die neuen Professoren
- Hermines Sicht -
Dass es nicht mein Tag war, spürte ich ganz deutlich. Schon als ich aufstand und mich für kurze Zeit unter die Dusche stellte, kam in mir das Gefühl von panischer Angst hoch. Der Tag gefiel mir bereits nach wenigen Minuten nicht und ich konnte nicht sagen weshalb. Woher kam dieses schlechte Gefühl? Heute würde sicher nichts Ungewöhnliches passieren! Gut, es stand mir meine erste Stunde mit Lucius Malfoy bevor, aber ... er ist auch ein Spion Dumbledores gewesen. Ich sollte keine Angst haben. Naja, die hatte ich eigentlich auch nicht. Nicht wirklich zumindest. Nicht vor ihm! Es war einfach, was ich mit diesem Namen assoziierte, es war das Haus in dem er lebte, das Haus in dem diese schrecklichen Dinge passiert sind...
„Hey, das wird schon Mine. Du machst dir viel zu viele Gedanken, denk einfach nicht dran", versuchte Harry mich aus meiner Starre am Tisch zu holen und griff nach meiner Hand. Er drückte sie leicht und wandte sich ebenfalls mit seinem Oberkörper zu mir. Ginny ignorierter er dabei vollkommen. Dies schien sie jedoch nicht zu kümmern, da sie zusammen mit Parvati über etwas diskutierte. „Ich weiß, dass es für dich nicht leicht ist", begann er mir leise zu zuflüstern, sodass niemand unser Gespräch belauschen konnte. „Aber weder Draco, noch sein Vater können etwas dafür, Hermine. Außerdem weiß außer uns niemand davon." „Du meinst außer Luna, Mr. Ollivander, Ron, Remus und Madam Pomfrey?", unterbrach ich ihn leicht gereizt. Jetzt wollte ich wirklich nicht darüber reden, vor allem nicht, wenn wir in der Großen Halle waren.
Seufzend schüttelte Harry jedoch nur den Kopf, blickte mich dann mit seinen grünen Augen liebevoll an: „Du weißt, was ich meine, Mine. Ich bin immer für dich da, das weißt du, aber du musst zurückfinden. Mir ist klar, dass nichts mehr so sein wird wie früher, aber das bist nicht du! Die Hermine Granger, die ich kenne, lässt sich nicht so einfach unterkriegen." Noch einmal drückte er meine Hand und wandte sich dann wieder zu den anderen.
Er hatte Recht! Harry hatte wirklich Recht! Ich hatte mich nie von etwas unterkriegen lassen und ich sollte jetzt nicht damit anfangen. Außerdem stimmte, dass weder Draco, noch sein Vater, etwas dafür konnten, was mir in ihrem Haus passiert ist. Sie wussten es nicht einmal, wie konnte ich ihnen daraus einen Strick ziehen?
Ich würde mich zusammenreißen! Ich würde Lucius Malfoy immerhin nur zweimal pro Woche sehen, wenn ich mich nicht täuschte. Das würde ich schaffen und Draco war netter geworden, zumindest zu mir. „Kommst du zurecht? Wir wollten noch eben was erledigen", sagte Harry, als er und Ginny händchenhaltend aufstanden. „Klar, wir sehen uns später", lächelte ich und schlürfte weiter an meinem Tee. „Du, Mine?", fragte Ron dann und zwang mich aufzusehen. Seine blauen Augen lagen auf mir und schauten mich fragend an. Lavender saß direkt neben ihm und strich ihm immer wieder durch sein zotteliges, rotes Haar. Am liebsten würde ich genervt die Augen verdrehen, aber Ron war noch immer einer meiner zwei besten Freunde und er schien glücklich mit ihr zu sein. „Ja, Ron", sagte ich dann und wartete bis er wieder etwas sagte.
Er schaute mich leicht unsicher an und ich ahnte bereits, was er mich fragen würde. Nichts desto trotz versuchte ich ihn aufmunternd an zulächeln. „Hast du den Aufsatz für Zaubertränke fertig?", fragte er mich dann. Ich schloss daraufhin kurz die Augen und atmete tief durch. „Habe ich, wieso?" „Kann ich vielleicht mal einen Blick hinein werfen?", hakte er nach. Ich fragte mich wirklich, ob ihm bewusst war, dass er nur noch gute 15 Minuten haben würde, falls er von mir abschreiben wollte. Er musste es wissen, Ron war keineswegs so dumm, wie viele glaubten. Sein Problem war einfach, dass er so ein Hitzkopf war und keinen Wert auf einige Dinge legte. „Falls du von mir abschreiben willst Ronald, dann lautete meine Antwort nein. Außerdem hast du nicht mehr genug Zeit, selbst wenn ich dir meinen Aufsatz geben würde", erklärte ich ihm.
„Was hast du gestern die ganze Zeit gemacht?" „Ich ...", stotterte er und wurde rot, als er einen Blick zu Lavender warf, die noch immer an seinem Arm hing. „Ah", machte ich nur und senkte meinen Blick auf meine Tasse Tee. „Mine ..." „Ronald", entkam es mir direkt nach ihm. „Bitte", flehte er. „Ach komm schon, Hermine. Es gibt wichtigeres im Leben als nur zu lernen, leb mal ein bisschen", mischte sich Lavender ein und drückte Ron demonstrativ einen Kuss auf die Wange. Eindeutig markierte sie hier gerade ihr Revier, wie man bei Hunden sagen würde. So langsam sollte sie wirklich wissen, dass ich über Ron hinweg war, auch wenn es manchmal weh tat, doch auch das wurde immer weniger. Schließlich waren schon mehrere Monate vergangen, seitdem die Beiden dieses Verhalten an den Tag legten.
„Schon klar, dass du das sagst, Lavender", ließ ich sie wissen. „Wenn ihr mich entschuldigt", gab ich den Beiden zu verstehen, dass ich gehen würde und erhob mich von der alten Holzbank, auf der wir immer saßen. Eine kleine Polsterung wäre wirklich nicht schlecht, vielleicht konnte ich mit Professor McGonagall darüber reden. „Mine! Der Aufsatz!", rief Ron noch. „Bis nachher, Ron", sagte ich und ging durch die Mitte der Großen Halle.
Bei meinem kleinen Gang hinaus merkte ich jedoch die Blicke, die auf mir lagen. Die Meisten waren von den jüngeren Schülern, vor allem einige Erstklässler und so störte ich mich nicht weiter daran. Doch da war noch ein andere Blick ... einer der sehr viel Intensiver war, als die Blicke der anderen. So kam es, dass ich am Eingang der Großen Halle noch einmal stehen blieb und mich leicht nach Hinten wandte, um zu erhaschen wer mich da so intensiv anblickte.
Schnell wanderte mein Blick über die einzelnen Tische, aber die Meisten hatten mittlerweile ihren Blick wieder abgewandt. Ich wollte mich gerade wieder umdrehen und zum Zaubertränkunterricht gehen, als mich die dunklen Augen von Professor Snape einfingen. Er war es! Er schaute mich so intensiv an, dass mir jetzt, wo unsere Augen sich trafen, die Röte ins Gesicht stieg. Oh Merlin ... das war wirklich nicht normal! Wieso reagierte ich so auf seine Blicke? Ich musste das aus der Welt schaffen!
Ich sandte ihm, zumindest versuchte ich es, einen fragenden Blick zu, schüttelte leicht meinen Kopf, um mich zu fassen und marschierte förmlich aus der Großen Halle raus. Wie ich schon beim Aufstehen wusste, würde heute einfach nicht mein Tag werden.
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Ich hatte meinen Platz neben Ron eingenommen und hörte Professor Slughorn aufmerksam zu. Allerdings musste ich zugeben, dass es nicht wirklich interessant war, immerhin hatte Professor Snape die Hälfte von dem schon ab dem dritten Schuljahr gelehrt. „Gut, bevor wir dann weitermachen und ein bisschen was brauen, geben Sie mir doch bitte ihre Aufsätze ab", hörte ich Slughorn sagen. Gleichzeitig spürte ich die giftigen Blicke von Ron auf mir. Immerhin hatte er von mir keine Hilfe bekommen, aber was erwartete er auch immer von mir? Ich war nicht seine persönliche Assistentin, die ihm die Hausaufgaben macht!
„Miss Granger, wären Sie so nett", schaute Professor Slughorn mich an und mit einem Nicken erhob ich mich und begann die Aufsätze einzusammeln. Überraschenderweise war Ron der Einzige, der keinen Aufsatz hatte. Naja, er hatte schon einen, aber da war nicht wirklich etwas Sinnvolles auf die Schnelle zu erkennen. „Vielen Dank, Miss Granger", bedankte sich Slughorn bei mir, als ich ihm die eingesammelten Pergamente auf den Schreibtisch legte.
Zurück an meinem Platz schaute Ron mich noch immer giftig an und ich konnte es mir nicht nehmen, mich zu ihm zu drehen und ihm tief in die Augen zu blicken. Kurz erstarrte er, anscheinend hatte er nicht damit gerechnet, dass ich dies tun würde. Aber mir war das ganz recht! Er musste endlich lernen die Dinge für sich alleine zu machen und nicht immer auf die Hilfe von anderen zu hoffen. „Schau nach vorne, Ronald!", wies ich ihn schlicht an und wandte mich wieder zur kleinen Tafel, die Slughorn aufgestellt hatte und eilig auf dieser schrieb.
Am Ende der Stunde rauschte Ron an mir vorbei, Harry jedoch blieb zurück und schaute mich fragend und vor allem verwundert an. „Was?", fragte ich nach. „Was hast du zu ihm gesagt?", wollte er wissen, als wir das Zaubertranklabor verließen. „Dass er nach vorne schauen soll, mehr nicht", antwortete ich und bog um die nächste Ecke. „Mine ... in letzter Zeit streitet ihr euch nur noch. Das muss aufhören, wir haben so viel durchgemacht ... wir sollten uns nicht streiten." „Ich will mich ja auch gar nicht mir ihm streiten, Harry. Aber ..." „Aber er ist einfach, wie er ist, Mine. Daran können wir nichts ändern und sollten es auch nicht. Ron ist unser Freund und ich weiß, dass er dich sehr verletzt hat und dass du viel durchmachst, noch nicht alles richtig verarbeitet hast, aber er ist und bleibt unser bester Freund Mine", ließ er mich wissen.
Wieso nur musste Harry so überzeugend sein? „Ich habe dich überzeugt, oder?", wollte er dann mit seinem berühmten Lächeln wissen. „Ja", lachte ich und stieß ihm leicht in die Seite, mit meinem Ellenbogen. „Es ist nur manchmal so schwer ... ich möchte nicht immer die beste Freundin sein, die ihm Aufsätze und andere Arbeiten hinterherjagt. Das möchte ich einfach nicht mehr sein, Harry", erklärte ich ihm.
Fragend schaute mein bester Freund mich an, kratzte sich überlegend am Hinterkopf und blickte mich dann mit seinen grünen Augen an. Sein Blick durchbohrte mich förmlich und er schien zu versuchen irgendetwas herauszufinden, was jedoch, ahnte ich nicht. Dann jedoch fragte er mich einfach: „Was willst du dann Hermine? Wie soll er dich sehen?" Oh nein! Jetzt denkt er, dass ich noch nicht über Ron hinweg bin! Das sollte er nun auch nicht denken. Aber Harry musste doch verstehen, dass ich nicht nur die sein will, die einem die Hausaufgaben gibt, die immer meckert, weil niemand seine Hausaufgaben macht oder lernt. Ich wollte ... ich wollte einfach nur eine beste Freundin sein. „Ich bin über Ron hinweg", ließ ich ihn als erstes wissen. Jedes Missverständnis musste ich direkt aus der Welt schaffen. „Aber?" „Aber ich möchte einfach nur eine Freundin sein, ohne dass ich immer von ihm oder dir nach Hausaufgaben gefragt werde. Ich liebe euch Beide Harry, ihr seid meine besten Freunde und ich möchte das nicht verlieren, aber manchmal da frage ich mich ... ich frage mich ob ihr noch immer mit mir befreundet wärt, wenn ich euch nicht immer die Hausaufgaben gegeben hätte und euch bei euren nächtlichen Ausflügen geholfen hätte". „Wow ... wieso hast du nie gesagt, dass du so denkst Mine? Ich kann nicht für Ron sprechen, aber ich, ich liebe dich, wie die Schwester die ich nie hatte. Meist bist du wie eine große Schwester, die immer auf einen aufpasst und dafür sorgt, dass man nichts vergisst, die auch mal nörgelt und einen dazu bringt die Dinge zu tun, die man eigentlich nicht machen will, aber muss. Und dann bist du manchmal die kleine Schwester, auf die man aufpassen will, die man vor allem beschützen möchte. Die man am liebsten in einem Turm einsperrt, damit ihr nichts passiert. Es ist mir egal, ob du mir deine Hausaufgaben gibst, oder nicht. Für mich wirst du immer meine Schwester bleiben", erklärte er und ich erwische mich dabei, wie mir einige Tränen über die Wangen liefen.
Er war einfach unglaublich! „Harry ...", flüsterte ich und vermutlich, weil er sah wie ich weinte, zog er mich mit einem breiten Lächeln in seine Arme. „Vergiss das nicht, Mine. Ohne dich wäre ich nicht mehr. Du bist meine beste Freundin", flüsterte er gegen mein Haar und gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Ich sehe dich genauso, Harry. Ich hatte nie viele Freunde, eigentlich hatte ich gar keine Freunde, bis du gekommen bist. Wenn du mit Ron nicht gekommen wärst, damals um mich vor dem Troll zu warnen, dann ...", brach ich ab, denn wir wussten Beide ganz genau, was ich meinte.
Wir waren ganz vertieft gewesen und deswegen hatte ich gar nicht bekommen, wie wir vor dem Klassenzimmer für Arithmantik angekommen waren. Harry hatte diesen Kurs nicht, aber irgendwie war auch er hier hergekommen. „Wollen Sie auch reinkommen, Miss Granger, oder brauchen Sie noch einen Augenblick?", sprach mich dann eine kühle Stimme an, die mich erstarren ließ. Harrys Augen weiteten sich und ich wusste ganz genau, wer hinter mir stand - Lucius Malfoy. Er stand hinter mir, hinter uns und hatte alles mit angesehen, vielleicht sogar gehört. „Sir", sagte Harry nur und entließ mich dann aus seiner warmen Umarmung. „Du schaffst das, du bist Hermine Granger die schlauste Hexe die ich kenne", gab er mir Mut und lächelte aufmunternd. „Okay", ließ ich ihn wissen und wandte mich dann, nachdem ich noch einmal tief durchgeatmet hatte um. „Professor", begrüßte ich Lucius Malfoy, der in seiner Ausstrahlung noch imposanter war, als ich es in Erinnerung hatte.
Seine markanten Gesichtszüge, die elegante Nase die den Blick direkt auf die blassrosa, leicht geschwungenen Lippen lenkte und diese eisigen Augen. Damit war nicht gemeint, dass der Ausdruck in ihnen eisig war, ganz im Gegenteil, ich hatte ich noch nie so ... nett ... daher blicken gesehen. Es war schlicht die Farbe seiner Augen, wie ein Eissturm sahen sie aus. Eine Mischung aus eisigem hellen Blau und einem intensiven Grau. „Wollen Sie dann eintreten? Oder wollten Sie die Stunde noch länger hinauszögern?", fragte er mich dann und überrumpelte mich mit dieser Frage.
Ich hatte ihn angestarrt! Ich hatte ihn angestarrt, wie ich auch Snape gestern angestarrt hatte und er hatte es bemerkt! Natürlich hatte er es gemerkt, er war es wahrscheinlich gewöhnt, dass Frauen ihn anstarrten. Ich meine, er war auch ein Bild eines Mannes. Man müsste schon blind sehen, um nicht zu sehen wie attraktiv er war. Selbst ich musste das zugeben, egal wie ungern ich das tat. „Ich ...", begann ich stotternd und versuchte mich wieder zu fassen: „Tut mir leid, Sir. Es wird nicht noch einmal vorkommen." „Da bin ich mir sicher", ließ er mich wissen und mir lief ein heißer Schauer über den Rücken. Seine Stimme ... bei Merlin, was war die Tage nur mit mir los? Erst Snape und jetzt auch Malfoy ... irgendwas stimmte mit mir nicht!
Lucius Malfoy wartete bis ich den Klassenraum betreten hatte, ehe er selbst hineinging und die Tür hinter ihm ins Schloss fiel. Schnell schaute ich mich nach einem freien Platz um und sah Luna mir zuwinken, die ganz vorne saß. Es war schon komisch, dass gerade Luna in diesem Kurs mit mir war, immerhin war es ein ziemlich schwieriges Fach und man musste immer hochkonzentriert sein und das war Luna nun mal nicht immer. Trotzdem war sie, soweit ich wusste, immer eine der besten Schülerinnen in Arithmantik gewesen.
Auf den Weg zu Luna sah ich mich auch direkt in dem offen gestaltenden Zimmer um. Große Fenster durchfluteten den Raum mit viel Licht und alles wirkte sehr freundlich. Ich war erleichtert, dass es hier nicht aussah wie im Kerker. Doch ich war überrascht darüber, dass auch einige jüngere Schüler hier waren, bis mir einfiel, dass Professor McGonagall es bereits am ersten Tag erwähnt hatte. Nicht viele hatten das Fach gewählt und deshalb hatte sie alle Jahrgangsstufen zusammen getan. Ziemlich ungewöhnlich ... wie sollte das funktionieren?
„Da nun alle da sind, werde ich mich vorstellen, auch wenn es kaum notwendig ist", begann Malfoy mit dem Unterricht. Er stand aufrecht und durch das Sonnenlicht, dass durch die Fenster fiel, erschienen seine blonden Haare wie ... ja fast wie flüssiges Gold. Nein, eher wie ... flüssige weiße Schokolade würde es wohl eher treffen. Ich musste bei diesem Gedanken innerlich kichern, konnte aber verhindern, dass ich es auch laut tat. Aber auch mein kleiner persönlicher Witz änderte nichts daran, dass ich nicht den Blick abwenden konnte. Er war ziemlich groß, hatte breite Schultern und große Hände. Die Malfoys mussten Gene haben ...
„ ... dann fangen Sie an", hörte ich ihn auf einmal sagen und schüttelte meinen Kopf. Mist! Ich hatte die Aufgabe nicht mitbekommen! Wie konnte mir das nur passieren? Ach ja! Ich hatte innerlich über das gute Aussehen von Malfoy geschwärmt. Urg ... ich könnte mir gegen den Kopf schlagen, warum bekam ich auf einmal solche Gedanken? Ich hatte ihn schon mehr als einmal gesehen und nie so ... okay, das wäre auch gelogen. Mir war immer klar gewesen, wie attraktiv er war. Schließlich konnte er nicht wirklich hässliche sein, wenn selbst Draco rein äußerlich wirklich gut aussehend war. Aber so viel Zeit hatte ich noch nie damit verschwendet darüber nachzudenken und schon gar nicht hatte mich so etwas jemals vom Unterricht abgelenkt.
„Wollen Sie nicht beginnen, Miss Granger?", fragte Malfoy mich, als er urplötzlich vor meinem Tisch stand. Ungewollt spürte ich die Röte in meine Wangen schießen, was einige jüngere Schülerinnen zum Kichern brachte. Eine seiner blonden Augenbrauen hob sich daraufhin. Vielleicht aber auch, weil ich einfach nicht antwortete. Diese Mimik erinnerte mich an Snape... Die Beiden waren sich wirklich ähnlich, wenn man das rein Äußerliche wegließ. „Seite 12, Miss Granger!", gab er mir dann zu verstehen und wandte sich von mir ab. Direkt stieß ich die Luft aus, die sich während dieser Zeit in meinen Lungen gesammelt hatte und die ich vergessen hatte, auszustoßen. „Er sieht wirklich gut aus, nicht?", entkam es Luna mit einem verträumen Lächeln, ohne von dem Buch aufzusehen. Ich betete einfach nur, dass die Stunde schnell vorbei war.
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Noch nie hatte ich so schnell meine Tasche gepackt und das Klassenzimmer verlassen. Es waren zwar nur 60 Minuten gewesen, aber ... aber diese 60 Minuten hatten mir vollkommen gereicht. Die Stunde mit Malfoy Senior war anders verlaufen, als ich erwartet hatte. Zum einen, war er ein wirklich guter Lehrer und hatte ein beeindruckendes Wissen über Arithmantik und zum anderen hatte ich kein Gefühl von Panik gehabt. Es war erstaunlich gewesen, ich hatte damit gerechnet, dass ich mich diese Stunde nicht zurückhalten könnte und eine Panikattacke bekommen würde. Doch das ist nicht passiert, allerdings heißt das nicht, dass ich mich gut konzentrieren konnte.
Es ist die Art gewesen, mit der er einfach vorne stand, wie er ruhig und mit tiefer Stimme sprach, wie er mich manchmal ansah. Wobei ich glaubte, dass ich mir letzteres nur eingebildet hatte. Wieso auch sollte jemand wie Lucius Malfoy mich beobachten?
Irgendwie war es komisch, ich hatte doch keine Angst vor ihm gehabt, nachdem der erste Schock überwunden war. Ganz im Gegenteil, ich hatte eine tiefe Entspannung gespürt, wenn er während der stillen Einzelarbeit durch die Reihen ging und kurz hinter mir verweilte. Es war einfach nur seltsam und so sollte ich mich auch nicht fühlen. Das alles erinnerte mich an die letzte Stunde mit Professor Snape. Auf ihn hatte ich auch so merkwürdig reagiert.
Diese Gedanken sollte ich wirklich ablegen, dieses Jahr würde ich mich ganz auf meine Studien konzentrieren und es war schließlich auch kein Dunkler Lord in Sicht, der meinen Plan hätte verhindern können. Also würde hoffentlich und mit sehr großer Wahrscheinlichkeit alles nach Plan laufen und ich würde ein normales und ruhiges Jahr verbringen. Ich konnte gar nicht anders als bei dem Gedanken zu Lächeln und lief mit eben diesem Lächeln in die Große Halle, um eine kleine Mittagsmahlzeit zu mir zunehmen.
Ich konnte bereits beim Betreten der Großen Halle sehen, wie Ron und Harry sich energisch über etwas unterhielten und weder von Ginny, noch von Lavender war irgendwas zu sehen. Ich hatte nichts gegen Ginny, sie war meine Freundin, doch seit dem Voldemort vernichtet war, klammerte sie sehr an Harry. Er hatte damit auch gewisse Probleme, jedoch sprach er nicht viel darüber.
Doch davon würde ich mich jetzt nicht beirren lassen, ich hatte gute Laune, nachdem ich nun den Entschluss gefasst hatte, dass ich ein ruhiges und normales Schuljahr haben würde. Nichts würde diesmal passieren und ich war sehr, sehr froh darüber.
„Komm schon, Harry! Ich bin der Beste!", sagte Ron laut und schaute Harry mit seinen blauen Augen herausfordernd an. Meine Wenigkeit jedoch ließ sich neben Harry nieder und schon begann ich mir etwas von der Kürbissuppe zu schöpfen. „Ron, du musst wie alle anderen auch erst einmal zum Auswahltraining", erklärte Harry und schon wusste ich, um was es ging. „Aber da hab ich doch letztes Mal schon mitgemacht und den Platz bekommen. Ich versteh nicht, warum ich das nun wieder machen muss!" „Das ganze Team wird neu gebildet, Ron. Du hast McGonagall vorhin gehört", meinte Harry nur dazu. Wenn es um Quidditch ging, hielt ich mich raus. Damit konnte ich einfach nichts anfangen!
Ein Schnauben entkam Ron, als er Harrys Worte vernahm, aber auch dies hielt ihn nicht davon ab noch mehr Keulen auf seinem Teller zu laden. „Außerdem hast du letztes Mal nur den Platz bekommen, weil Hermine einen Verwirrungszauber auf Cormac gelegt hatte", ließ Harry unseren rothaarigen Freund wissen. „Was? Das stimmt nicht!" „Aber sicher stimmt das! Ich hab es gesehen. Und jetzt reg dich nicht auf, außer dir gibt es nur noch einen anderen, der sich für die Position gemeldet hat. Soweit ich das beurteilen kann, wirst du besser sein", lächelte Harry und wollte Ron so aufmuntern. „Hoffentlich", brummte dieser und begann seine Keulen zu verschlingen.
Es fühlte sich normal an, so ein Gespräch zwischen den Beiden mitzubekommen. Mir war klar, dass auch die Freundschaft von Harry und Ron darunter gelitten hatte, als aus Ron und mir kein Paar wurde. Harry war hin und her gerissen zwischen uns beiden, immerhin waren wir seine besten Freunde. Er wollte sich weder für Ron entscheiden, noch für mich. Dennoch wusste ich, dass er sich in seinem Inneren für mich entschieden hatte. Er hatte Ron den ein oder anderen Fluch auf den Hals gehetzt, als dieser das erste Mal mit Lavender im Grimmauld Place aufgetauchte
„Wie war's?", hakte Harry dann plötzlich nach und riss mich aus meinen Gedanken. „Wie war was?", grunzte Ron von gegenüber. „Ich hatte gerade Arithmantik bei Lucius Malfoy", informierte ich ihn schlicht. Mein Lächeln war jedoch noch immer nicht verschwunden. „Und da muss man so lächeln? Merlin, was habt ihr da gemacht?", wollte Ron weiter wissen. „Es war gut, ich meine wirklich gut. Eine der besten Stunden, die ich jemals in diesem Fach hatte. Man mag es nicht glauben, aber er weiß wirklich sehr viel über Arithmantik und es hat echt Spaß gemacht. Auch wenn wir nur theoretisch gearbeitet haben", erklärte ich schwärmerisch und erwischte mich innerlich dabei, wie ich von Lucius Malfoys Stimme fantasierte.
„Also keine Panikattacke?", entkam es Harry leise, nachdem Ron sich seinem Essen zugewandt hatte. Wenn es um Schule ging, war seine Aufmerksamkeitsspanne nicht sehr hoch. „Nein, nur die Kleine am Anfang. Aber danach war es okay, ich ... es war gut." „Da bin ich erleichtert, dann muss ich mir nicht so viele Sorgen um dich machen, Mine", grinste er und stieß mir leicht in die Seite. „Musst du nicht", lächelte ich zurück und genoss die Normalität und Ruhe am Gryffindortisch.
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„Du wirst es lieben, Harry, glaub mir", erzählte ich munter drauf los, als Harry mir zum neuen Klassenraum von Professor Cane folgte. Harry hatte endlich Wahrsagen abgewählt und durfte nun Alte Runen stattdessen besuchen. „Wir werden sehen", murmelte er jedoch nur, anscheinend war er nicht ganz so begeistert, wie ich. Die letzten Jahre war ich immer alleine in Alte Runen gewesen, nur wenige Gryffindors wählten dieses Fach. Vor allem, weil es immer zeitgleich mit Wahrsagen war und die meisten dachten wie Ron oder Lavender, dass man dort eben leicht eine gute Note verdienen konnte. Mir schauderte es bei dem Gedanken auch nur eine weitere Stunde mit Professor Trelawney zu verbringen. „Du wirst schon sehen", lächelte ich und hüpfte geistig in den Klassenraum.
Harry und ich nahmen einen Platz in der zweiten Reihe ein und während er gemächliche seine Unterlagen hervorholte, hatte ich bereits alles vor mir auf dem Tisch liegen. Die Ravenclaws um uns herum hatten ihre Sachen ebenfalls ausgepackt und unterhielten sich leise über die kommenden Inhalte. Terry Boot war ebenfalls hier und zwinkerte mir über die Tische hinweg zu, was ich mit einem Augendrehen quittierte. Einige Jungs werden sich eben nicht ändern.
„Gerade hinsetzen und das Buch auf Seite neun aufschlagen", peitschte die kühle Stimme von Professor Cane durch den Raum. Fast wäre mir ein Schauer über den Rücken gelaufen. Sie hatte sich nicht einmal vorgestellt, oder etwas anderes gesagt, sie hatte uns direkt diese Aufgabe geben und stolzierte jetzt durch den Mittelgang an uns vorbei.
Ihre roten Haare wippten dabei hin und her, von der einen Seite zu der anderen, genau wie ihre Hüften und ihr Gesäß. Das machte sie doch mit Absicht! Es war klar zu erkennen, dass sie ein bisschen zu viel Schwung in ihren Gang legte. „Worauf warten Sie?", hakte sie ironisch nach und schon begannen alle in ihren Büchern nach der Seite zu suchen. Sie war wirklich außergewöhnlich hübsch, groß und schlank, mit weiblichen Rundungen, die durch das enge Kleid nur so betont wurden. Nicht einmal der lange schwarz-rote Umhang konnte diese verdecken. „Ist die Aufgabe zu schwer für Sie, Miss ...", sprach sie mich fragend an. „Granger, Professor. Miss Granger und nein, die Aufgabe ist nicht zu schwer." „Dann fangen Sie an und schauen Sie nicht durch die Gegend, wie ein scheues Huhn", wies sie mich rüde an und konnte Snape damit wirklich Konkurrenz machen. „Ja, Madam", nickte ich zustimmend und wandte mich dem Buch zu.
Noch nie hatte sich Alte Runen so hingezogen und hatte mir so wenig Freude bereitet wie heute. Professor Cane war nicht direkt eine schlechte Lehrerin, aber wo Snape die Slytherins bevorzugte, favorisierte Professor Cane die männliche Schülerschaft. „Wie Sie sehen können, kann man viele Runen auf unterschiedliche Art und Weise verwenden. Einige Runen haben mehrere Bedeutungen, es kommt immer darauf an, auf welches Runen Alphabet wir zurückgreifen", sagte sie, während sie vor dem Pult stand. „Erarbeiten Sie für die nächste Stunde das nächste Kapitel und verfassen Sie einen Text über drei Pergamente, über die möglichen Anwendungen der Runen in Bezug auf Schutzzauber", gab sie uns noch die Aufgabe. „Sie können gehen", hörte ich sie noch sagen, als wir unsere Sachen einpackten.
„Miss Granger, bleiben Sie noch einen Augenblick", rief sie mich zurück. Harry hatte das nicht einmal mitbekommen sondern ging zusammen mit den wenigen Gryffindors hinaus. „Kommen Sie schon nach vorne, ich werde nicht durch den ganzen Raum reden", mahnte sie mich zum zweiten Mal heute. So langsam nervte das, ich musste nie ermahnt werden! Zumindest nie während des Unterrichtes. Als ich direkt vor ihr stand und uns nur wenige Meter trennten, blickte sie abschätzig auf mich hinab. „Man sagte mir, Sie seien die beste Schülerin die Hogwarts je hatte ...", ließ sie den Satz offen ausklingen, so hörte es sich eher wie eine Frage an und nicht etwas, was sie gehört hatte. „Ja?" „Mmm ... ich sage Ihnen bereits jetzt, dass ich auf solche Gerüchte keinen Wert legen und Sie keine Sonderbehandlung von mir bekommen werden. Ich erwarte von Ihnen genau das gleiche, wie von allen anderen auch."
Was wollte sie damit andeuten? Ich bekam nie eine Sonderbehandlung, meist machte ich sogar noch mehr, als die anderen. „Ich glaube, ich verstehe nicht, Professor", ließ ich sie ehrlich wissen. Augenblicklich bereitet sich ein selbstgefälliges Grinsen auf ihrem Rot bemalten Lippen aus - dieser Lippenstift biss sich wirklich mit ihren Haaren. „Anscheinend sind es nichts weiter als Gerüchte und Sie sind doch nicht so schlau, wie viele ihrer Lehrer sagen", grinste sie weiter und ich konnte mir ein empörtes Aufschnaufen nicht verkneifen. „Etwas anderes habe ich auch nicht erwartet. Sie können gehen, ich habe wichtigeres zu tun, als mich mit ihnen zu unterhalten".
Was? Der ging es wohl nicht gut! Ohne ein weiteres Wort wandte ich mich von ihr ab und ging schnellen Schrittes aus dem Klassenzimmer. So eine ... sie hatte sich tatsächlich über mich lustig gemacht! Ich bin schlau! So viel Selbstbewusstsein hatte ich dann doch noch! Der würde ich es zeigen!
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