14. "Date"
Quinns Sicht
Am letzten Tag der Ferien habe ich die Aktion von Diana und ihrem Drake glücklicherweise fast wieder vergessen. Die Vorstellung, dass meine kleine Schwester in meinem Bett Sex hatte ist noch immer verstörend und das wird sie auch wohl immer bleiben.
Josh hat nochmal auf mich eingeredet, dass sie durch die Polizei, das Foto und die Putzaktion sicherlich verstanden haben, dass ihr Vorhaben eine schlechte Idee war und das ganz bestimmt nicht noch einmal passieren wird.
Von Diana habe ich seit dieser Nacht nichts mehr gehört. Ich nehme mal an, dass es ihr peinlich ist und sie sich nicht traut, mir erneut unter die Augen zu treten.
Jedenfalls habe ich beschlossen, dass ich das Foto vorerst keinem zeigen werde, weil ich eben eine liebe Schwester bin, die leider viel zu schnell verzeiht und das weiß leider auch Diana.
Josh und ich sind heute auf dem ersten richtigen Date, was wir haben. Wenn ich ehrlich bin, hatten wir noch kein richtiges Date, sondern haben uns immer nur bei ihm oder mir getroffen, um Sex zu haben, etwas zu essen oder einfach die Zeit miteinander zu verbringen.
Heute möchte er mich jedoch zum Essen einladen und ich freue mich, dass er so aufmerksam ist. Dass ich beschließe die Rechnung zu übernehmen, verrate ich ihm lieber nicht, weil es sonst wieder große Diskussionen geben wird, die ich uns heute ersparen möchte.
Ich finde, dass auch Frauen die Rechnungen zahlen dürfen und es nicht immer automatisch von den Männern erwartet werden sollte, nur weil sie einen Penis zwischen den Beinen baumeln haben.
Josh parkt meinen Wagen vor einem älteraussehenden Haus und ich erkenne nur ein großes, beleuchtetes Schild.
Sadies.
Mehr steht nicht drauf. Nur der einfach Name, was mich ein wenig stutzen lässt.
"Wo sind wir?"
"Ich liebe es hier. Früher bin ich mit meiner Grandma öfters hergekommen, wenn meine Eltern am Arbeiten waren. Das Essen ist noch immer sehr lecker und ich stehe auf diese typischen Diner", gibt er zu und ich lächle leicht.
Es freut mich, dass er mich an einen Ort bringt, den er mit schönen Momenten verbindet. Hoffentlich schaffen wir auch unsere eigenen, schönen Momente, die wir später noch immer in Erinnerung haben.
Wir steigen aus und machen uns auf den Weg ins Innere, wo uns gleich ein typisches Erscheinungsbild eines Diners erwartet. Eine lange Theke, rote Polstersitze, eine Juke-Box und der Duft von leckerem Essen.
Wir sitzen uns in eine der hinteren Nischen und sofort kommt eine Bedienung her, der die mit einem Block vor uns steht und uns die Karten gibt.
"Wollt ihr schon etwas zu trinken bestellen?", fragt sie uns mit einem Lächeln, das sehr herzlich wirkt.
"Gerne", sagt Josh, "Ich nehme einen Vanille-Milchshake und du?"
"Ich nehme eine große Cola, bitte", sage ich und lächle sie dankend an, als sie sich von uns entfernt.
Stumm schaue ich in die Karte und entscheide mich für einen leckeren Cheeseburger und Pommes.
Ich lege die Karte beiseite und warte bis Josh sich ebenfalls entschieden hat, als mich die kleine Glocke an der Tür auf die neuen Gäste aufmerksam macht, die gerade hereinkommen.
Doch augenblicklich reiße ich die Augen auf, als ich Noah mit seinem Sohn und einer Frau ausmache, die ihre Jacken an die Garderobe hängen.
Noah trägt wieder einmal ein Hemd, dass sich an seinen Oberkörper schmiegt und eine schickere Hose, weil er wahrscheinlich nach der Arbeit keine Zeit hatte sich umzuziehen.
Er nimmt Leo seine Jacke ab und sagt dann etwas zu der Frau, die ihn daraufhin anlächelt.
Noah legt seine Hand an ihren Rücken, als er sie zu einem Tisch führt, auf den ich natürlich die beste Sicht habe. Er setzt sich mit dem Rücken zu mir, sodass ich seine Begleitung wenigstens erkennen kann.
Ihre Haare sind ebenfalls blond und liegen knapp auf ihren Schultern. Sie hat grüne Augen und ist leicht geschminkt. Natürlich sieht sie perfekt aus und hat sich wahrscheinlich extra für Noah hübsch gemacht.
Ich kann diesen Gedanken nicht verhindern, er taucht einfach auf und macht sich in meinem Herzen bemerkbar. Ich bin nicht eifersüchtig, doch irgendetwas stört mich an diesem Anblick, der mir gerade geboten wird. Warum müssen sie auch ausgerechnet in dieses Diner kommen, wenn Josh und ich hier sind und versuche unseren Abend zu genießen?
"Habt ihr euch entschieden?", fragt die Bedienung und ich nicke perplex, weil sie mich aus meinen Gedanken gerissen hat. Sie lächelt uns an und zieht ihren Kugelschreiber aus ihrer Hosentasche.
Josh bestellt sich einen Auflauf und einen Salat, während ich meinen Burger und die Pommes bestelle. Sie verabschiedet sich und läuft zu Noahs Tisch herüber, wo sie die Drei wahrscheinlich ebenfalls nach ihrer Bestellung fragen möchte.
Noahs Sohn prescht voraus und bestellt lautstark einen großen Burger und eine Pommes. Dazu will er einen Milchshake. Die Bedienung und auch Noah lachen, bevor die Frau ihre Bestellung aufgibt, jedoch kann ich nicht mehr hören, ob sie sich wie ich einen Burger bestellt oder eine dieser Frauen ist, die sich einen Salat bestellen, nur weil sie gerade auf einem Date sind.
Aber ist es ein Date, wenn ein Mann sein Kind mitbringt? Ich hoffe, dass es keins ist. Noah würde das nicht tun, oder? Nicht, nachdem er mir letztens noch gesagt hat, dass er mich liebt. Warum mache ich mir darüber überhaupt solche Gedanken?
Ich bin mit Josh hier. Josh, meinem Freund, der mich wirklich mag und mich nicht belügt, damit unsere Beziehung nicht zerbrechen könnte, weil er ein anderes Kind hat.
Verdammt.
"Alles okay?", fragt Josh mich und ich lenke meine Aufmerksamkeit wieder auf ihn. Zumindest versuche ich das und hoffe wirklich, dass Noah mich nicht entdeckt.
Bloß nicht auffallen, Quinn. Bloß nicht auffallen.
"Ja, alles Bestens. Du sagtest, du warst früher immer mit deiner Oma hier?", frage ich und versuche mich damit abzulenken.
Doch als Josh zu Erzählen beginnt, dass er früher sehr viel Zeit bei seiner Großmutter verbracht hat, drifte ich ab, als ich sehe, wie Leo sich an Noah kuschelt und Noah seinen Arm um seinen Sohn legt.
Noch immer schmerzt der Gedanke, dass Noah ein Kind bekommen hat, dessen Mutter nicht ich bin. Dass diese Aufgabe einer anderen Frau zugesprochen war und auch das der Grund ist, warum Noah mich angelogen hat.
Hätten wir uns damals nicht aus den Augen verloren, wäre das alles nicht passiert. Noah wäre noch immer mein Ehemann und ich seine Ehefrau. Wir hätten in ein paar Monaten ein Haus gebaut und eigene Kinder bekommen. Doch all die Pläne und Träume wurden zerstört, indem Noah sich bewusst für eine Lüge entschieden hat.
"Das klingt schön", sage ich, als Josh mich abwartend ansieht.
Josh zieht eine Augenbraue hoch.
"Dass meine Eltern mich und meinen Bruder damals zu meinen Großeltern abgeschoben haben?"
Fuck. Gott, Quinn. Was tust du hier?
"Nein, dass deine Großeltern sich so lieb um euch gekümmert haben", sage ich schnell, weil ich deutlich in ein Fettnäpfchen getreten bin.
"Ja, das stimmt. Doch ich hätte mich ab und zu auch mal gefreut, wenn meine Eltern sich mehr Zeit für die Familie genommen hätten", sagt er. "Willst du später mal Kinder?"
Ich stocke, als er fragt und nicke langsam.
"Vielleicht klappt es ja mit uns beiden und reden in der Zukunft selbst über eine eigene Familie. Unsere Familie", sagt er und nimmt meine Hand.
Ich sehe ihn mit großen Augen an und augenblicklich meldet sich ein schlechtes Gewissen, weil ich Josh, was diese Themen angeht, ein bisschen auf Abstand gehalten.
Nach fast drei Monaten bin ich noch nicht unbedingt davon angetan mit ihm über solch wichtige Themen zu reden, die man keinesfalls überstürzen sollte.
Nach drei Monaten sollte so etwas eigentlich noch gar kein Thema sein, weil man sich nicht einmal ansatzweise so gut kennt, wie nach mehreren Jahren.
Aber das sollte auch jeder für sich selbst entscheiden.
"Das hat noch Zeit, oder?", frage ich und versuche dem Thema aus dem Weg zu gehen.
"Ja, schon", sagt er und lächelt leicht.
Ich nicke und bin froh, dass er nicht weiter darauf eingeht.
Lautes Gelächter vom anderen Tisch dringt zu uns herüber und ich spüre, wie Wut in mir aufsteigt, als ich sehe, dass Noah mit seinem Sohn den Platz getauscht hat, damit er näher an der Frau sitzen kann. Gerade sehen sie beide auf ein Handy herab und lachen beide, als hätten sie den größten Spaß ihres Lebens.
Was fällt Noah eigentlich ein, dass er mir solche Dinge sagt und wenige Wochen später schon eine Neue hat? Wieso tut er so etwas, wenn er doch eigentlich noch um mich kämpfen wollte?
"Ist alles okay? Ich wollte dich mit dem Thema nicht bedrängen", sagt Josh und ich gebe mir wirklich die größte Mühe meine Wut nicht an ihm auszulassen.
"Ja. Wieso fragst du?", frage ich in einem schrofferen Ton als ursprünglich geplant.
Er zuckt leicht zusammen und schüttelt mit dem Kopf. Er will gerade etwas sagen, da bringt uns die Kellnerin auch schon ihr Essen, sodass er nicht dazu kommt.
"Danke", sagt er leise und ich nicke ihr zu.
Sie entfernt sich wieder von unserem Tisch und ich zwinge mich dazu nicht wieder zu Noah rüber zu sehen.
Ich stopfe mir voller Frust den Mund mit Pommes voll, um mich abzulenken, doch nicht einmal der gute Geschmack schafft es, mich zu überzeugen, dass Noah meine Wut nicht wert ist.
Fuck, was stimmt nur nicht mit mir?
Ich sehe erneut zu ihnen rüber und mir stockt das Herz in der Hose, als ich sehe, dass Noah seine Hand auf ihrer Schulter abgelegt hat. Sein Sohn macht gerade ein Foto von ihnen und sie scheinen alle sehr viel Spaß zu haben.
Doch gerade das stört mich, weshalb ich aufstehe und Josh sitzen lasse.
Ich ignoriere seine Rufe und stelle mich in Noahs Blickfeld, der mich mit großen Augen ansieht.
"Ist das dein Ernst, Noah? Machst du das extra?", fahre ich ihn an und die Frau neben ihm sieht verwirrt aus.
"Quinn, was machst du hier?"
"Ich? Ich wollte einen netten Abend mit meinem Freund verbringen und keine zehn Sekunden später tauchst du hier auf und hast scheinbar schon eine neue Frau, mit der du eine glückliche Familie abgeben kannst. Dabei hast du vor wenigen Wochen noch gesagt, dass du mich liebst und auf mich warten wirst. Du wolltest um mich kämpfen. So sieht es also aus, wenn du kämpfst? Wirklich, Noah? Hast du einfach keine Lust mehr gehabt, deinen Fehler wiedergutzumachen? Ich bin so sauer, dass du immer wieder in den unpassendsten Momenten aufkreuzt und mich dermaßen zu verwirren?"
Noah blickt mich mit großen Augen an und schüttelt den Kopf.
"Ist das dein Ernst? Wer war denn diejenige, die kurz nach unserem Kuss mit einem anderen Kerl zusammengekommen ist, Quinn? Du bist diejenige, die nicht mit sich reden lassen will, weil sie glaubt, dass all unsere Chancen vertan sind. Ja, ich habe Scheiße gebaut und ja, ich habe gesagt, dass ich um dich kämpfen werde, aber ich bin nicht immer der, der Mist baut und sich entschuldigen muss. Ich bin es leid, dass du nicht auf einen meiner Versuche reagiert. Nein, stattdessen muss ich erst zu deiner Wohnung kommen und dich küssen, nur damit du endlich mit die reden lässt. Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich mir nicht ans Bein pissen lasse für etwas, was ich nicht getan habe. Dasselbe gilt dafür, dass ich noch immer Kontakt mit deinem Dad habe und Diana sich auch immer noch freut, mich zu sehen. Ich bin kein schlechter Mensch, weil ich immer versucht habe, meinen einzigen Fehler wiedergutzumachen, Quinn. Vielleicht hast du Recht und aus uns sollte nichts mehr werden. Vielleicht ist es gut, dass du einen neuen Mann an deiner Seite hast. Vielleicht soll es einfach so sein. Aber weißt du was? Ich werde niemals meine Gefühle für dich aufgeben, Quinn. Ich liebe dich und ich habe dir geschworen, dich ewig zu lieben – egal wann und wo. Egal mit wem du zusammen bist. Wir beide sind das Endspiel und ich werde nicht aufgeben!"
Sprachlos schaue ich Noah an und schlucke, denn seine Worte gehen nicht spurlos an mir vorbei. Sie lösen einen einzigen Sturm in mir aus, den ich nicht bändigen kann. Seine Worte wüten in mir und ich weiß nichts dagegen zu unternehmen.
"Noah, ich...", beginne ich doch werde unterbrochen, als ich sehe, dass Josh auf mich zu kommt.
"Quinn? Ist das wahr, was er sagt? Ihr habt euch geküsst?", fragt er.
Ich schlucke und spüre, wie sich Tränen in meinen Augen sammeln.
"Ja, aber..."
"Mehr muss ich nicht wissen", sagt er und drückt mir den Autoschlüssel in die Hand, bevor er sich in Richtung Tür begibt.
"Josh, bitte. Es tut mir leid. Geh nicht. Der Kuss hatte nichts zu bedeuten, okay?"
"Nichts zu bedeuten? Und deswegen rastest du so aus, weil er mit einer anderen Frau hier ist?"
"Ja, weil er mich immer wieder belogen hat. Er kann doch nicht einfach eine Frau daten und sie auch noch seinen Sohn vorstellen", sage ich leise und gehe auf ihn zu.
"Gott, Quinn. Hör dir doch mal selbst zu. Ich muss weg. Ich kann mir das nicht länger antun, okay? Ich melde mich bei dir", sagt er, bevor er den Laden verlässt.
Ich schlucke und sehe ihm nach, bevor ich Noah vorsichtig ansehe.
"Weißt du, Quinn, eigentlich bestätigt dein Verhalten gerade, dass du mich noch immer liebst. Du willst mich noch immer, versuchst dir aber etwas anderes einzureden, weil du Angst hast. Ich verstehe das. Ich tue es wirklich. Aber du machst dich gerade lächerlich. So bist du nicht, Quinn. Du bist keine eifersüchtige Frau, die ihren Ex-Mann für ein Date fertig macht", sagt er und folgt seiner Begleitung und seinem Sohn aus der Sitzecke.
Scheinbar sind alle in Aufbruchstimmung und ich würde mich am Liebsten irgendwo verstecken. Dieser Abend ist ganz anders geworden, als ich es mir vorgestellt habe.
Ich fahre mir kurz die Haare und sehe Noah an, der seinem Sohn in die Jacke hilft.
"Ach – das ist übrigens Chloe. Sie ist Josies Halbschwester und somit Leos Tante. Sie ist gerade zu Besuch und ich wollte sie zum Essen einladen, weil sie auf Leo aufgepasst hat", sagt er noch und sieht mich mit einem kalten Blick an, der mich erschaudern lässt.
Noch nie hat Noah mich so angesehen.
Noch nie habe ich mich so schuldig gefühlt.
Ich sehe ihm dabei zu, wie er ein paar Scheine auf den Tisch legt und dann ebenfalls verschwindet.
Zurück bleibe ich allein und bin kurz davor in Tränen auszubrechen.
_________
Oh oh...
was sagt ihr zu Quinns Ausbruch?
Und tut Josh euch nicht auch leid? 😔
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