Kapitel Fünf: Suche
A V E R Y
Connor sieht mich aus geweiteten Augen überrascht an. Sein Mund steht offen, jedoch dringt kein Laut aus ihm und als er das bemerkt, schließt er ihn schnell wieder. Ich kann sehen, wie sich die Räder in seinem Kopf drehen, während er mit gerunzelter Stirn angestrengt über mein Gesagtes nachdenkt. Meine Worte haben ihn aus der Bahn geworfen, aber ich muss zugeben, dass mein Vorschlag aus dem Nichts kommt.
Hoffentlich bemerkt mein Verlobter, wie wichtig das für mich ist. Mein Herz setzt einen Schlag aus, ehe es brutal gegen meine Brust zu schlagen beginnt, als würde es herausspringen wollen. Ich bin mir sicher, dass Connor es sogar hören kann, da sich eine ohrenbetäubende Stille zwischen uns gebildet hat. Eine Stille, die nur durch unseren Atem und meines Herzschlags gestört wird.
Alles in mir ist zum Zerreißen angespannt. Erwartungsvoll und auch unendlich nervös warte ich auf irgendeine verbale Reaktion. Aus Reflex beginne ich mit meinen Fingern zu spielen, um diese innere Anspannung auf irgendeiner Weise zu mildern. In meinem Kopf erscheinen bereits mehrere Szenarien, was es nicht unbedingt besser macht. Keine fällt positiv aus und auch wenn es eine riskante Reise werden wird, will ich es versuchen. Ich muss es versuchen und wenn ich dabei scheitern werde, dann weiß ich zumindest, dass ich mich bemüht habe.
»Avery, wie genau willst du ihn finden? Du weißt nicht, wo er sich gerade befindet«, durchbricht Conner die Stille, als er seine Stimme wieder findet. Er blickt mich aus mitfühlenden Augen an, als er nach meiner Hand greift, um unsere Finger miteinander zu verschränken. »Es könnten Tage oder gar Wochen vergehen, bis du ihn finden würdest«, fährt er fort und steht eine Sekunde später auf und löst unseren Hautkontakt, da er beginnt im Raum umher zu tigern.
Mit den Händen fährt er durch seine hellbraunen Haare, die ich so sehr liebe und verstrubbelt sie mehr als sonst schon. Es juckt mich in den Fingern, die wieder in Ordnung zu bringen, auch wenn dieser Look ihm ausgezeichnet steht.
Aber dieser Moment ist nicht der Richtige dafür, weil ich meine gesamte Konzentration auf unsere Unterhaltung fokussieren muss.
»Der Brief kommt aus Lewisburg. Das ist ein guter Anfang und Anhaltspunkt für meine Suche. Außerdem ist das eine Kleinstadt und es sollte nicht allzu schwer werden, jemanden zu finden, der Nathaniel Wright heißt und so alt ist wie ich.«
Meine Argumente sind wirklich schwach, aber immerhin plausibel. Auf eine indirekte Art und Weise. Dann werde ich halt einige Tage nach ihm suchen. Was ist schon dabei? Aber ich muss es tun. Mein Gefühl wird immer stärker, was diese Sache angeht und bisher hat es mich noch nie im Stich gelassen. Auch wenn ich mir das dieses eine Mal wünschen würde. Ich will nicht, dass es Nathaniel schlecht geht.
Resigniert seufzt Connor auf und bleibt mitten im Raum stehen, bevor er sich zu mir umdreht und sich gleichzeitig an die Nasenwurzel fasst. Ein Wunder, dass noch kein Rauch aus seinen Ohren bläst. »Du hast dich bereits entschieden, nicht wahr?«, will er frustriert wissen. Bestätigend nicke ich ihm zu. Mein Verlobter kennt mich und wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, dann muss ich es auch durchziehen. Egal, wie schwer die Herausforderung auch ist.
»Dann lass mich dir helfen. Wir können die Adressen eingrenzen, damit du schneller bei ihm sein kannst. Aber sobald es gefährlich für dich wird, dann kehrst du zurück nach Hause. Ich werde mich schon genug um dich sorgen, Engel.«
Mein Herz geht vor Wärme auf, als ich seine Worte vernehme. Connor steht wirklich hinter mir und wird mich in dieser Sache komplett unterstützen. Außerdem wäre ich wirklich froh darüber, wenn wir zusammen die Suche eingrenzen könnten. »Vielen lieben Dank, Darling. Du bist der Beste. Ich weiß nicht, was ich ohne dich tun würde und ich werde dich anrufen, sodass du immer Bescheid weißt, wo ich mich genau befinde.«
Ruckartig springe ich auf und lasse mich eine Sekunde später in seine Arme fallen. Fest drücke ich mich an ihn, während ich seinen fruchtigen Zitrusduft einatme. »Gern geschehen, Engel. Ich kann mir vorstellen, wie wichtig das für dich ist und ich verstehe dich. Aber sag mal, wie lange denkst du, dass du wegbleiben wirst? Immerhin heiraten wir in zwei Monaten.«
Lächelnd hebe ich mein Gesicht, um Blickkontakt herzustellen. Dabei streiche ich mit meinem Finger leicht wie eine Feder über seine Wange. Nicht einen Moment hat er davon gesprochen, dass er mit begleiten wird. Connor weiß, dass ich das allein tun muss.
»Keine Angst, ich werde an unserer Hochzeit wieder zurück sein. Ich werde keinen Rückzieher machen, weil ich mein restliches Leben mit dir verbringen will, Darling.«
Auf Zehenspitzen richte ich mich noch ein Stück auf, um sanft unsere Lippen miteinander verschmelzen zu lassen. Sofort erwidert Connor diesen atemberaubenden Kuss und schlingt seine Arme noch fester um meine Taille. Seine Berührung löst ein Kribbeln in meinem Bauch aus, während sich meine Nackenhaare aufstellen und ein Schauer den nächsten meinen Rücken hinabfährt.
Es ist immer wieder erstaunlich, was Connor mit einer einfachen Geste in meinem Körper auslösen kann. Etwas, dass ich unfassbar wichtig finde und ich nicht mehr missen möchte.
Außer Atem lösen wir uns voneinander, während wir uns weiterhin in die Augen sehen. Meine Wangen haben bestimmt eine rötliche Farbe angenommen, da sie sich warm anfühlen. Wärmer als sonst. »Ich liebe dich auch, Engel.«
Mit einem Nicken gibt er mir zu verstehen, dass ich mich wieder auf das Sofa setzen soll. Connor verschwindet kurz daraufhin in sein Büro, nur um einen Moment später mit dem Laptop in den Händen wieder aufzutauchen.
»Lass uns nach deinem besten Freund suchen.«
Ich nehme mir ein Stück Papier und einen Kugelschreiber, um mir Notizen zu machen, während Connor seinen Namen in den Suchtext eingibt. Über fünfzig Ergebnisse sind auf den Nachnamen Wright zu finden. Total übermotiviert gehen wir alle Namen durch, auch wenn wir Stunden dafür brauchen.
Aber das ist mir egal. Hauptsache, ich finde Nathaniel. Das ist das Einzige, was zählt.
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Mit pochenden Kopfschmerzen lehne ich mich zurück und schließe dabei meine Augen, während ich mit den Fingern meine Schläfe massiere. Ich habe das Gefühl, als würde mein Kopf jeden Moment explodieren nach all diesen Namen, Adressen und der sonstigen Social Media Suche. Was ich mir anfangs leichter vorgestellt habe, hat mich jede weitere Sekunde zum Verzweifeln gebracht.
»Wir konnten wenigstens die Suche auf dreizehn Namen eingrenzen. Ich glaube, da solltest du spätestens in zwei Tagen durch sein.«
Conner lehnt sich ebenfalls nach hinten und schlingt dabei seinen Arm um meine Schultern. Augenblicklich kuschle ich mich an seine Brust und atme tief seinen fruchtigen Zitrusduft ein, währenddessen meine Hände mit den Knöpfen seines Hemdes spielen.
»Ist es für dich wirklich in Ordnung, dass ich so früh vor unserer Hochzeit nach Lewisburg gehe?«, hake ich murmelnd nach.
Ich will sicher sein, dass mein Verlobter kein Problem damit hat, auch wenn ich mich in seinen Augen bereits entschieden habe. Trotzdem könnte er sein Veto-Recht einsetzen und wir würden einen Kompromiss aushandeln. Immerhin sind wir ein Paar und ich will ihn mit meinem Handeln nicht verletzen.
»Ja, für mich geht das in Ordnung, Engel. Ich weiß, wie viel dir Nathaniel bedeutet und wenn du es im Gefühl hast, dass etwas nicht stimmt, dann solltest du hinfahren. Versprich mir einfach, dass du bis zu unserer Hochzeit wieder zu Hause bist. Ich will ungern sitzengelassen werden.«
Schnell drehe ich mich so um, damit ich ihm in seine honigbraunen Augen blicken kann. Meine Hände umfassen sanft sein Gesicht, während ich ihm näher komme. Unsere Nasenspitzen berühren sich leicht, als ich leicht mit dem Kopf schüttle.
»Ich werde dich bestimmt nicht verlassen, Connor. Ich rufe dich jeden Tag an und halte dich auf dem Laufenden. Aber du musst dir keine Sorgen machen, dass ich nicht an dem wichtigsten Tag unseres Lebens erscheinen werde. Ich werde da sein. Versprochen.«
Unsere Lippen verschmelzen miteinander und bewegen sich synchron. Alles um mich herum verblasst zu einem dichten Nebel, sodass ich nur diesen Mann vor mir wahrnehmen kann.
Mein Herz klopft aufgeregt in meiner Brust, tanzt Tango zusammen mit dem seinem und das Kribbeln setzt überall auf meiner Haut ein. Und das nur, weil er mich berührt. Er besitzt mein Herz, meine Seele und ich bin unendlich glücklich, ihn in meinem Leben haben zu dürfen.
Jetzt muss ich nur noch den anderen Teil in meinem Leben geradebiegen, damit ich rundum glücklich sein kann.
Mit den beiden wichtigsten Männern, die mir auf unterschiedliche Weise alles bedeuten.
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