𝟓𝟐. 𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥
»Avaaa!«, rief sie mir aufgeregt zu, als ich die Wagentür öffnete und mich etwas perplex hineinsetzte. Meine Augen glitten an den Ledersitzen herauf und herunter, wunderten sich, wieso sich Lia die Mühe machte, mich vor meinem Haus mit einer Limousine abzuholen. »Was..«, noch immer war ich sprachlos und atmete kurz, noch immer etwas schockiert, ein und aus, bevor ich mich zu ihr drehte und sie anschaute. »Was... ist das?«
Sie kicherte und zog mich in eine kurze Umarmung, bevor sie sich wieder auf ihren Platz setzte und sich ihrem Glas in der Hand widmete. Sie nahm einen großen Schluck aus diesem, während ich sie vor mir betrachtete. Schon wieder flog mir der Gedanke durch den Kopf, wie schön sie eigentlich aussah. Sie hatte das perfekte Gesicht, perfekte lange, hellbraune Haare und eine so unglaublich anziehende Ausstrahlung, dass ich mich insgeheim fragte, ob sie eine Göttin gewesen ist. Das weiße, halblange Kleid welches sie anhatte stand ihr unerhörterweise viel zu gut und betonte ihren atemberaubenden Körper. Instinktiv schaute ich an meiner normalen, dunkelblauen Jeans herunter und wunderte mich nicht, dass ich langweilig neben ihr aussah. Schließlich hatte ich keinesfalls so ein besonderes Aussehen wie sie. Sie war das Ebenbild der Perfektion und besaß außerdem noch einen wertvollen Charakter, was mich augenblicklich zum Lächeln brachte wenn ich daran dachte, dass sie mich eingeladen hatte, um mich von meinem momentan anstrengend Leben abzulenken. »Na eine Limousine. Noch nie eine gesehen?«, lachte sie und zog verführerisch ihre Augenbrauen hoch und runter. Natürlich war dieser Luxuswagen für sie nichts neues, schließlich gehörte dies in ihren Alltag. Von einer Limousine abgeholt zu werden war wohl ganz normal für sie.
»Noch nie gesehen, geschweige denn drinnen gesessen«, murmelte ich lächelnd und beobachtete diesen luxuriösen Wagen weiter. Es gab beige Ledersitze und helle Lichter, die an der Decke des Wagens angebracht wurden. Es sah sehr edel aus und ich wunderte mich, ob das nicht einer der vielen Wagen von Leo gewesen ist. Musste man sich überhaupt anschnallen? Und wie viel kostete so ein Wagen überhaupt? »Irgendwann ist immer das erste Mal«, stellte Lia schmunzelnd fest und musterte mich von oben bis unten. Sie zog, fast schon fragend, ihre Augenbraue in die Höhe und ich wartete nur darauf das sie anfing, mein Outfit zu kritisieren.
»Ava«, tadelte sie mich leise und stellte das Glas, welches vermutlich mit dem mir bekannten sehr teuren Moet gefüllt sein müsste, in die Halterung, die sich genau zwischen uns befand. »So kannst du doch an deinem vorletzten Praktikumsabend nicht ausgehen!«, sie wurde lauter und ich blickte ihr verloren in ihr Gesicht, schließlich hatte ich keine glitzernden Partykleider zuhause. Bis auf das eine Kleid, welches sie mir vor ein paar Tagen schenkte. »Ich bin nicht wirklich in der Laune dazu, mich frisch zu machen und-«, doch sie schien mir gar nicht zu zu hören. In der Zwischenzeit hatte sie mich schon mit einem lauten »Andrew! Bitte fahr mich kurz vorher nach Hause!« unterbrochen. Ich seufzte auf, schließlich wollte sie nur zu sich nach Hause fahren, um mich in gute Klamotten zu stecken. Natürlich freute ich mich darüber, mit ihr etwas zu unternehmen, aber lieber wäre es mir, wenn wir gleich bei ihr blieben, uns gemütliche Klamotten anzogen und einen Film anschauten.
»Lia! Bitte, es ist doch nicht nötig extra zu dir zu fahren«, ich versuchte gegen sie anzukommen, doch es funktionierte nicht, denn sie hatte immer das letzte Wort. Sie wollte, dass ich mich für einen Abend ablenkte und Spaß mit ihr hatte und das würde sie auch bekommen. Denn die Adamsgeschwister waren es gewöhnt, alles zu bekommen, was sie wollten. Innerlich musste ich lachen, denn es stimmte. Leo hatte mich gewollt und er hatte mich bekommen. Noch hatte ich mit der Tatsache, dass er mich nur benutzt hatte, zu kämpfen, doch ich wusste, dass ich früher oder später darüber lachen würde, dass ich mich mit Molly vertragen würde und vielleicht sogar mit Alex klarkommen würde. Ich wusste, dass alles wieder gut werden würde. Und vielleicht sollte ich heute einfach versuchen, diesen ganzen Stress beiseite zu schieben und mich zu amüsieren, schließlich würde es der letzte Abend sein, den ich mit Lia verbringen durfte.
Natürlich würde ich sie wiedersehen, das war keine Frage. Sie hatte es mehr als nur verdient, von mir besucht zu werden und das würde ich so schnell wie ich könnte auch tun. Jedoch würde ich sie nicht mehr jeden Tag sehen, so wie in den vergangenen zwei Wochen. Und ich mochte diesen Gedanken ganz und gar nicht, denn obwohl im Moment meine Welt unterging, schaffte es Lia es mit ein paar netten Worten und ihren strahlenden Augen mich zum Lächeln zu bringen. Es war interessant, welch unterschiedliche Wirkung die beiden Geschwister auf mich hatten.
»Doch es ist nötig. Denkst du ich bemerke das alles nicht?«, ihre Stimme klang nun sanfter als zuvor und ihre Frage brachte mich dazu, sie fragend anzublicken. Sie hatte mich neugierig gemacht. »Bemerken? Was denn bemerken?«, kam nun die Gegenfrage von mir und ich schaute ihr dabei zu, wie sie den Rest ihres Glases in ihren Mund kippte und mit einem lauten Schlucken das Glas zurück in die Ablage stellte. »Na, das es dir nicht gut geht«, sie sagte genau das, was ich nicht hören wollte und was sie nicht bemerken sollte. Doch irgendwie schaffte sie es, auch dieses Mal durch mich hindurch zu blicken. »Heute morgen bist du so früh gegangen. Du hast geweint«, stellte sie ernst fest und schaute mir nun in die Augen. »Ich mag es nicht, wenn du weinst. Also möchte ich dich zum lächeln bringen!«, und mit diesem Satz schaffte sie dies auch.
Als wir an ihrem Haus ankamen, rief sie Andrew ein lautes »Gib uns zehn Minuten, Andrew!« zu und zog mich hektisch aus dem Auto hinaus. Ich hatte gar keine Zeit mir ihren schönen Vorgarten oder die schöne Fassade ihres riesigen Hauses anzusehen, denn ehe ich mich versah, standen wir in ihrem großen Flur und zogen uns schnell die Schuhe aus. Sie hatte ihr Haus in weiß gehalten und ich musste zugeben, dass sie noch mehr Klasse besaß, als ich ohnehin schon erwartete. Sie hatte viele Bilder an ihrer Wand hängen, alles glänzte und alles war natürlich sauber.
Als wir vor einem ihrer Kleiderschränke ankamen, schaute sie verzweifelt nach einem Kleid, welches sie mir geben konnte, während mir fast meine Kinnlade hinunterfiel. Sie hatte mich nämlich mit in ihren begehbaren Kleiderschrank gezogen. Ich konnte nicht realisieren, wie viele Kleider, Taschen und Schuhe sich gerade vor mir befanden. Sie hatte definitiv ein Leben, dass sich jedes Mädchen wünschte. Und auch mir öffnete sich mein Mädchenherz, wenn ich mir diese vielen verschiedenen Taschen anschaute. Ich schritt etwas näher an einen besonders schöne, weiße Tasche. Sie war, wie ich erkannte von einer Luxusmarke und obwohl sie schlicht aussah, fiel sie auf. Vorsichtig, so als würde ich es nicht dürfen, nahm ich sie von ihrem Platz und betrachtete sie genauer. Ich lächelte leicht. Die passte zu Lia.
»Ava?«, rief sie von der anderen Seite des Zimmers und schnell legte ich die weiße Umhängetasche zurück an ihren Platz und eilte zu ihr. »Was gefunden?« fragte ich, doch sie schaute mich nur verzweifelt an, was mich zum Lachen brachte, schließlich gehörte dieser Kleiderschrank ihr und sie musste wohl besser wissen, wo sie was passendes finden konnte. »Such dir eins aus, bitte«, sagte sie nur und ging einen Schritt zurück, damit ich einen perfekten Blick auf die unzähligen Kleider werfen konnte. Sie hatte lange, kurze, schlichte, glänzende, welche aus Samt, welche aus Polyester und welche aus Baumwolle. In ihrem Kleiderschrank war alles mögliche an Kleidern zu finden. Doch eines fiel mir sofort ins Auge. Es war Rosa, kurz und zog förmlich meine ganze Aufmerksamkeit auf sich. Vorsichtig nahm ich es aus ihrem Kleiderschrank, um es besser betrachten zu können, während Lia erfreut in ihre Hände klatschte. Instinktiv stellte ich mich in diesem Kleid vor und musste zugeben, dass mich diese Vorstellung erfreute.
»Das Kleid hatte ich total vergessen. Es ist perfekt. Zieh es an!«, rief sie lachend und ich lächelte leicht und verschwand in ihrem großen Badezimmer, um mich umzuziehen. Sobald ich fertig war, ging ich aus dem Badezimmer und präsentierte Lia mein Aussehen. »Ach du liebe Güte, siehst du gut aus«, sie betrachtete mich von oben bis unten, ehe sie weitersprach. »Hopp hopp« erst jetzt fiel mir der weiße Mantel in ihrer Hand auf, welchen sie nun bereit vor mir hin hielt, damit ich mich in diesen reinquetschte. Zuletzt drückte sie mir die Tasche, welche ich noch vor einigen Minuten bewundert hatte, in die Hand. »Lia.. Nein, bitte«, doch sie achtete gar nicht auf meine Worte und verschwand, ehe ich meinen Satz zu Ende führen konnte, wieder in ihrem riesigen Ankleidezimmer. Etwas verwirrt spazierte ich ihr hinterher und schaute ihr dabei zu, wie sie weiße High Heels von ihrem Regal herunternahm und sie vor mir auf den Boden legte. Auch die waren von einer Luxusmarke und ich musste schlucken als ich mich innerlich fragte, in wie viel Geld mein Körper gerade steckte. Wollte ich es wissen oder wollte ich diese Tatsache für einen Abend verdrängen?
»Lia ich kann das nicht annehmen, bitte«, flehte ich verzweifelt, doch sie nahm meine Hand und half mir, in die etwas zu hohen Schuhe zu steigen. »Ich brauche das ganze Zeug doch sowieso nicht«, murmelte sie und lächelte, als ich mit meinem Gesamtoutfit vor ihr stand. »Oh man und dir steht es sogar viel viel besser«, fügte sie lachend hinzu und zog sich selbst ebenfalls einen Mantel um die Schultern. »Bereit?«, etwas unwissend nickte ich und zwang mir auch ein Schmunzeln auf meine Lippen. »Ich denke schon«
Wir stiegen zu Andrew in den Wagen, welcher sofort losfuhr und Lia drehte die aus den Boxen dröhnende Musik augenblicklich lauter. Nach etwas zehn Minuten fahrt kam das Auto zum Halten und ich schaute verwirrt aus dem Fenster als ich erkannte, dass wir ums mitten im Wald befanden. »Ehm Lia? Du möchtest mich doch nicht umbringen und mich dann hier vergraben oder so?«, fragte ich etwas nervös lachend, während sie laut aufkicherte und aus dem Wagen stieg. Meine Beine fingen an, leicht zu zittern, denn es war schon längst Dunkel und demnach auch kalt. Ich versuchte zu erkennen, wo wir waren, schließlich verstand ich nicht, weshalb Andrew mitten im Wald anhielt. Vor uns befand sich nur ein hölzernes Landhaus und ich verstand nicht mehr, was hier passierte, bis ich ein mir nur all zu gut bekanntes Gesicht erkannte, welches vor dem Haus stand und direkt in meine Richtung blickte.
Leo.
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