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Sollte ich mir Sorgen machen ...? | 3

Wenn ich ein Gott wäre, dann der Gott der Faulheit. Oder der Sexgott, aber das ist ja wohl kaum eine ernstzunehmende Position. Am Ende würden mich alle auslachen - oder mit mir in die Kiste springen, je nach Lust (wortwörtlich) und Laune.

In jedem Fall erreiche ich nach etwa einer halben Stunde, die ich mit dem Treppensteigen verbracht habe, mit Mühe und Not den Saal für englische Literatur. Wir haben in jedem Raum andere Sitzpläne, - schließlich sind ja auch andere Menschen in unseren Kursen - deshalb gehe ich nach vorn, um zu schauen, auf welchem Platz ich dieses Mal sitze. Diesen Gang hätte ich mir durch erneutes Zuspätkommen natürlich sparen können, aber das wäre es mir nicht wert gewesen. Vorher hatte ich schließlich einen wirklich guten Grund, die erste halbe Stunde zu schwänzen.

In diesem Raum gibt es sechsundzwanzig Reihen, die aufsteigend nach Buchstaben sortiert sind, während die Plätze von links nach rechts Zahlen zugeordnet sind. Mein Platz ist H 29, das heißt ziemlich weit rechts im vorderen Drittel. Rechts neben mir sitzt ein blonder Junge, der ein rotes Karohemd und eine beige Anzughose trägt.

Er sieht wirklich gut aus, das muss ich zugeben. Lässt sich nur hoffen, dass er schwul ist und ich für die ersten Tage schon einen Gespielen gefunden habe.

Links neben mir sitzt ein Mädchen mit braunen Haaren und brauner Haut. Sie erinnert mich ein wenig an meine Cousine Melisa, die Tochter meiner Tante Aniyah und meines Onkels Alejandro. Sie sieht genauso aus, nur dass meine Cousine vierzehn ist und das Mädchen neben mir etwa zweiundzwanzig. Außerdem würde sich meine Cousine niemals in ein schwarz-beiges Etuikleid ohne Ärmel mit dazu passendem Blazer zwängen und auch keinen rosaroten Lippenstift auftragen. Dem Mädchen stand es, aber Melisa könnte ich mir so einfach nicht vorstellen.

Während ich überlege, wie ich mich an den süßen Kerl neben mir heranmachen kann, tippt mich jemand von hinten an. Als ich mich umdrehe, blicke ich in das Gesicht von Daleyza, die wahrscheinlich immer noch ein selbstgefälliges Grinsen draufhätte, würde sie nicht eifersüchtig auf meine Fake-Cousine starren.

Ist sie gerade eifersüchtig auf meine Sitznachbarin? Ich wusste bis eben nicht, dass sie bereits nach einer Stunde und einer intimen Unterhaltung Ansprüche auf mich erhebt. Tja, dann habe ich jetzt wieder etwas äußerst Informatives gelernt.

„Schatz, sitzen wir heute beim Mittagessen zusammen?" Hat sie das gerade wirklich gefragt? Auf ihrem Gesicht zeichnet sich ein breites Grinsen ab und erst will ich sie verwirrt ansehen, doch dann verstehe ich, dass ich mit dieser Taktik auch den heißen Typen eifersüchtig machen kann.

„Klar, Baby." Ich lächele ein Zahnpasta-Lächeln und beuge mich zu meiner Freundin herunter. Sie legt ihre Hände auf meine Brust und lächelt zurück, während meine Fake-Cousine sie mit imaginären Giftpfeilen abwirft.

„Wusste gar nicht, dass du dir jetzt die heißen Typen von der Uni krallst, Daleyza." Sie hat ihre Augen zusammengekniffen und stiert böse zu uns herüber. Während Daleyza und das andere Mädchen einen bisher unentdeckt gebliebenen Krieg führen, bemerkt mein bescheuertes Gehirn nur die Tatsache, dass meine Sitznachbarin mich heiß findet.

Ich würde die Worte meine Sitznachbarin gerne durch mein Sitznachbar ersetzen, aber ich muss mich jetzt erst einmal mit der Tatsache auseinandersetzen, dass sich zwei Mädchen um mich streiten, obwohl ich ja eigentlich schwul bin.

„Ich bin wirklich geschmeichelt von deinem Interesse, aber ich bin vergeben. Ich weiß ja noch nicht einmal, wie du heißt." Ich bin mir nicht sicher, ob ich das habe sagen wollen, aber da die beiden Mädchen mich mit ihrem Blick-Krieg um meinen übriggebliebenen Verstand bringen, musste ich das soeben einfach sagen.

Daleyza schlingt ihren Arm um meine Hüfte und setzt einen überlegenen Blick auf. „Siehst du, ich habe einen Freund. Auch, wenn du es mir vielleicht nicht abkaufst. Aber er ist nicht interessiert an billigen Schlampen, die meinen, anderen Mädchen den Freund ausspannen zu müssen, nicht wahr, mein Schatz?" Sie klimpert übertrieben mit ihren Wimpern und sieht zu mir hoch.

Von ihrem Wimper-Geklimper wird mir noch schlecht und ich wirke bei meinen nächsten Worten deshalb wahrscheinlich ein wenig neben der Spur: „Richtig. Schlampen sind nicht so mein Fachgebiet."

Wir gehen heute wirklich von einem Wunder in das nächste über, denn als Daleyza sich umgedreht hat, um breit grinsend zu ihrem Platz zu gehen, legt das Mädchen, wie Daleyza zuvor, ihre Hand auf meine Brust.

„Ich bin Sage Fillion. Glaub ihr nicht, wenn sie sagt, dass ich eine Schlampe bin. Sie ist nur sauer, weil der Freund einer ihrer Freundinnen lieber mit mir geschlafen hat, als mit seiner Freundin." Oh, klar, sie sind ganz zufällig im selben Zimmer gelandet und haben sich vor Schreck gegenseitig die Klamotten ausgezogen. Ist doch total logisch, nicht?

Mit ihrer linken Hand fährt sie von meiner Brust zu meiner Schulter und dann meinen Arm hinunter, während ich einfach nur sprachlos dastehen kann. Durch ihre künstlichen Fingernägel bildet sich eine Gänsehaut auf meinem Arm und ich verfluche mich selbst dafür.

Eigentlich habe ich ja nur den heißen Kerl eifersüchtig machen wollen, - obwohl er wahrscheinlich nicht einmal schwul ist - doch jetzt habe ich den Salat, schließlich denkt Sage, dass Daleyza und ich zusammen sind.

Das ist jedoch absoluter Schwachsinn, zumal ich sie erst seit einer Stunde kenne. Außerdem ist es auch wirklich bescheuert von mir anzunehmen, dass ein möglicherweise schwuler Kerl eifersüchtig wird, wenn ich ein Mädel mit meinen Blicken ausziehe, zumal er dann natürlich annimmt, ich wäre hetero - was ebenfalls ziemlich bescheuert ist.

Als Sage bei meiner Hand angekommen ist, beißt sie sich auf die Lippe und sieht auf unsere Hände, die sie verschränkt, ohne dass ich etwas dagegen hätte unternehmen können.

Unter halb geschlossenen Lidern sieht sie zu mir auf. „Vielleicht wiederholt sich diese Geschichte ja mit uns beiden." Ihre großen schwarzen Augen, mustern mich und es scheint ihnen zu gefallen, was sie da gerade vor sich zu stehen haben. Sie lächelt mich an und löst schließlich unsere Hände voneinander, doch nicht bevor sie mir einen - zumindest vorerst - letzten aufreizenden Blick zuwirft.

Sie setzt sich auf ihren Platz und auch ich begebe mich zu meinem. Der Typ neben mir sieht mich bewundernd an, wahrscheinlich kennt er Sage und Daleyza von irgendwoher.

Ich glaube inzwischen nicht mehr daran, dass der Kerl schwul ist, zumal er die ganze Zeit auf Daleyzas Brüste gestarrt hat und sich wahrscheinlich auf diese einen heruntergeholt hätte, wenn nicht noch andere im Raum gewesen wären. Wobei ihn das wahrscheinlich herzlich wenig interessiert.

„Was?!" So langsam nervt mich dieser Typ, den ich anfangs heiß gefunden habe, was wahrscheinlich daran liegt, dass er nicht schwul ist - oder dass er mir das so nonverbal beigebracht hat. Ich weiß ja noch nicht einmal, wie er heißt und diese Tatsache regt mich gerade ein wenig - oder eher ein wenig zu sehr - auf.

Er richtet sein Hemd und sieht betreten weg, als habe er Angst, dass ich ihn verprügeln würde, wenn er nicht seine Klappe hielte. Diese Möglichkeit sollte ich vielleicht in Betracht ziehen, nur für den Fall, dass er mir zu sehr auf die Nerven geht.

Unauffällig wischt er seine Hand an der Hose ab und reicht sie mir dann. „Seamus Jones, freut mich." Kritisch mustere ich die Hand; der Typ - Seamus Jones - wird mir von Minute zu Minute unsympathischer.

Ich ergreife die Hand, mehr aus angelerntem Respekt und Höflichkeit als aus freien Stücken. „Jasiah Blackrose. Freut mich ebenfalls." Glatte Lüge.

Ich habe nicht erwartet, dass ich eine solche Feststellung machen würde, aber nach neuesten Ereignissen ist eines klar: Ich sollte Menschen nie wieder nach ihrem Aussehen beurteilen, denn der Typ neben mir entpuppt sich eher als Käfer und nicht als Schmetterling. Wobei ich auch nicht erwartet habe, dass er ein Schmetterling ist, denn ehrlich gesagt habe ich gehofft, dass er ein Mann ist.

Als ich meine Hand von seiner löse - er hat mich schon viel zu lange angefasst -, spüre ich eine Hand auf meinem Oberschenkel und schiele unauffällig zu Sage hinüber. „Jasiah. Das ist also dein Name?"

Sie mustert mich interessiert und am liebsten hätte ich geantwortet Nein, ich sage das nur aus Spaß. Aber den Kommentar kann ich mir glücklicherweise verkneifen und sehe sie stattdessen mit undurchdringlicher Miene an. „Gefällt er dir?" Ich ziehe meine linke Augenbraue nach oben, eine Geste, die meine Schwester immer versucht hat nachzumachen und kläglich gescheitert ist.

„Hatte nicht erwartet, dass dein Name englisch ausgesprochen wird. Bist du nicht Angels Bruder?" Allein die Tatsache, dass Sage meine Schwester Ángel - wenn sie es denn richtig ausgesprochen hätte - nennt, macht mich wütend. Nur Mauricio, unsere Eltern, ihre besten Freundinnen und ich dürfen meine Schwester mit ihrem Zweitnamen betiteln und mir ist klar, dass dieses Mädchen nicht zu ihrem Freundeskreis gehört.

„Adoptivbruder. Ich hatte den Namen schon vorher. Außerdem spricht mein Vater hervorragendes Englisch, was dazu beigetragen hat, dass er meinen Namen nicht spanisch ausgesprochen hat", erwidere ich leicht gereizt, weil mich heute einfach alles zu nerven scheint. Vielleicht bin ich ja schon wieder schwanger.

Zu meinem Namen: Celestine, die Frau, die mich aufgezogen hat und die ich mein Leben lang schon als Mom bezeichnet habe, hat mir mal erzählt, dass meine Eltern sehr christlich waren und mich deshalb nach irgendeinem Propheten benannt haben - nur haben sie nie was von Rechtschreibung gehört, weshalb ich statt Jesaja jetzt Jasiah heiße. Blöd gelaufen, an der Stelle. Aber wenigstens haben sie mich nicht Jesus genannt, das wäre dann komisch geworden, vor allem dank der spanischen Aussprache und dem J das eher wie Ch ausgesprochen wird.

Das ist bei dem G in Ángel auch so und viele - wie zum Beispiel Sage - sprechen Azzurras Zweitnamen falsch aus, wenn sie ihn zum ersten Mal hören.

Woher meine 'Mutter' das mit der Religion wusste, kann ich mir von keiner Information ableiten. Ich habe den kleinen, schäbigen Zettel gesehen, den meine richtigen Eltern - vielleicht aber auch nur ein Elternteil - mit mir mitgeschickt haben, er klebt im Fotoalbum unserer Familie. Und das meine ich wirklich vollkommen ernst, Celestine steht auf solchen Quatsch. Der Zettel konnte ihr definitiv nicht verraten haben, welcher Religion meine Erzeuger angehörten, also muss sie eine andere Informationsquelle besitzen. Aber damit kann ich mich jetzt nicht beschäftigen.

Auf den Spitznamen, den sie benutzt hat, gehe ich jedoch trotz allem nicht ein, da ich nicht gerade Freund von Konversationen bin, die einem Verhör gleichen, was Sage dazu bewegt, die Unterhaltung auf ihre Kappe zu nehmen. „Du..."

Sages Versuch, ein Gespräch zu führen, wird von einer sanften Frauenstimme unterbrochen, noch bevor sie auch nur ein weiteres Wort hätte sagen können. „Bitte setzten Sie sich." Da ich bereits auf meinem Platz sitze, beobachte ich die anderen dabei, wie sie sich setzen und warte - genau wie die Professorin vorne - darauf, dass die allgemeine Unruhe ein wenig abebbt.

Während des Wartens schreibt sie in ordentlicher Handschrift einen Namen an die Tafel: Alondra Strathairn. Nachdem sie sich umdreht und vergewissert, dass alle Platz genommen haben, stellt sie sich vor. „Mein Name ist, wie Sie bereits an der Tafel lesen können, Alondra Strathairn." Können wir das lesen? Ich glaube eher nicht. „Ich unterrichte Sie alle in dem Fach englische Literatur und möchte heute mit Ihnen über das Thema Literatur im Allgemeinen reden. Gemeinsam werden wir Fragen beantworten, wie zum Beispiel Was ist Literatur? oder In welchen Bereichen wird Literatur verwendet? Nun, da Sie alle diesen Kurs gewählt haben, würde ich es fast als Beleidigung empfinden, wenn Sie mir diese - zugegeben ziemlich einfachen - Fragen nicht beantworten könnten, zumal Sie sie bereits in der Einführungsphase auf Ihren vorangegangenen Schulen hätten besprechen müssen."

Die Frau ist dunkelhaarig, ihre Haut gleicht der Farbe einer Olive. Vor der Tafel in ihrem Rücken wirkt sie deplatziert, als hätte jemand das Bild eines Models aus einer Zeitung geschnitten und in diesen Hörsaal geklebt. Würde sie eine Brille tragen, wäre das Bild vielleicht vollkommener, würde nicht so abstrus wirken, wie es das momentan tut.

„Des Weiteren werden wir uns mit einer Lektüre - einem wahren Meisterwerk - befassen, nämlich Jane Austens Stolz und Vorurteil. Ich hoffe für Sie alle, dass sie meine E-Mail erhalten haben, in der ich schrieb, dass Sie sich ein Exemplar anschaffen sollten." Habe ich, auch wenn ich Stolz und Vorurteil bereits bei meinem letzten Privatlehrer lesen musste.

Ein interessantes Stück, wenn man das so formulieren kann. Elizabeth und Darcy sind wunderbar verstrickte Charaktere, das gefällt mir und macht Spaß zu lesen, aber an manchen Stellen frage ich mich auch, was genau die damals geraucht haben und ob ich auch etwas davon haben kann. Ich meine, halloho?! Darcy war seiner verdammten COUSINE versprochen! Das ist schon irgendwie Inzest, wenn man mich fragen würde. Aber mich fragt ja zum Glück keiner. Und dann kommt noch dieser William Collins daher - der im Übrigen der Cousin von Elizabeths Vater ist - und macht ihr einfach mal so aus dem Handgelenk heraus einen Heiratsantrag. Klar.

Die hatten damals anscheinend nichts anderes zu tun, als ihre Kinder mit ihren Neffen und Geschwistern und Cousins zu verheiraten. Wahrscheinlich war das das Einzige, was damals irgendwie Spaß gemacht hat - zumindest soweit ich mir das vorstellen kann.

Wenn ich nicht damit beschäftigt gewesen wäre, den Inhalt von Büchern aus dem 19. Jahrhundert als Inzest zu bezeichnen und der wunderbar beruhigend klingenden Stimme von Ms Strathairn zu lauschen, wäre mir vielleicht schon früher aufgefallen, dass Sage ihre Hand, die sie auf meinem Oberschenkel platziert hatte, als sie meinen Namen hörte, nie weggenommen hat und diese immer noch dort liegt.

Wobei sie eigentlich nicht liegt. Also sie liegt schon, nur eben nicht still. Sie streichelt nämlich meinen Oberschenkel und ich bin mir nicht ganz sicher, warum mir das nicht aufgefallen ist. Ich meine, sonst fällt mir immer alles auf. Und wenn ich sage alles, dann meine ich wirklich alles.

Unauffällig räuspere ich mich und sehe zu Sage, als Ms Strathairn vorne gerade nicht hinsieht. „Was wird das?" Damit schiele ich auf meinen Oberschenkel und sehe dann glücklicherweise wieder hoch, so kann ich nämlich zumindest erahnen, wie Sage rot wird.

Ich will eigentlich nicht sagen, dass es süß aussieht, aber das tut es. Das kann ich nun mal nicht ändern, tut mir leid. Bin eben auch kein Heiliger, auch wenn einige gerne sowas behaupten, von wegen Sexgott und so, aber das Thema hab ich ja schon durchgekaut und da ich kein Wiederkäuer bin, gehe ich das jetzt nicht nochmal durch.

„Nicht viel anscheinend", erwidert sie und zieht ihre Hand weg. Eigentlich hätte ich sagen können, dass es mich nicht störte, dass ihre Hand dort liegt. Ich hätte sagen können, dass es mir gefällt und ich hätte mit Sage flirten können, so wie ich mit Daleyza geflirtet habe.

Aber irgendwie habe ich überhaupt keine Lust mit Sage zu flirten. Weil, auch wenn ich vielleicht ein Arsch bin, ein schlechter Fake-Freund bin ich mit Sicherheit nicht - auch wenn das heißt, dass es ein paar weniger Mädchen gibt, die mich beachten. Dabei bin ich ja eigentlich schwul - oder versuche zumindest mir das einzureden, solange ich bei meinen Eltern bin.

Es ist ein wenig komplizierter, als es im ersten Moment erscheint. Sie sind nämlich nicht so ganz offen damit umgegangen, auch wenn sie versucht haben, es zu verheimlichen.

Seit mehr als sieben Jahren wissen sie jetzt, dass ich schwul bin, ich weiß es etwa ein halbes Jahr länger und als ich - damals fast fünfzehn - es ihnen erzählt habe, setzten sie ein nicht sehr überzeugendes Lächeln auf, nickten und stempelten die Geschichte damit ab. Wenn ich heute zu ihnen komme und meinen derzeitigen Freund mitbringe, tun sie immer so, als wäre er ein Mädchen. Ich meine, sie sind immer höflich und so, aber irgendwie ist es doch ziemlich unangenehm.

Ich lächele Sage an, kein Flirty-Lächeln, mehr ein Lass-uns-einfach-Freunde-sein-Lächeln. „Hör zu, wenn du dich selbst nicht anerkennst, wie sollen dich andere anerkennen?" Kam das gerade aus meinem Mund? Ja? Ich glaube, ich sollte Philosoph werden.

Ist definitiv auf meiner Berufswunschliste notiert, so viel ist schon mal klar.

Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, ich sehe kleine Tränen in Sages Augen und von da an bin ich komplett überfordert. Ich sehe Mädchen nicht oft weinen und wenn, dann sind diese Mädchen meine Schwester oder eine ihrer Freundinnen und dann auch nur, wenn bei einer ihrer Liebes-Schnulzen irgendeiner irgendetwas Super-trauriges getan oder gesagt hat. Oder wenn der Typ mit dem Mädel Schluss macht, weil er 'ne andere geschwängert hat, das ist ein Grund zu weinen. Aber warum weint Sage denn jetzt, mitten in Englisch vor meiner Nase? Und warum, zur Hölle, weiß ich nicht, wie ich darauf reagieren soll?

Ich hätte sie umarmen, die Tränen wegwischen und sagen können, dass alles gut werden würde, auch wenn es das nicht tat.

Aber was tue ich? Genau. Nichts. Ich sitze einfach stumm da und sehe dabei zu, wie eine Träne aus dem Augenwinkel ihres rechten Auges fließt - und dann noch eine. „Warum weinst du?", frage ich flüsternd.

„Deinetwegen." Ihre Oberlippe zittert so heftig, dass sie fast schon vibriert, während ihr Gesicht sich zu einer Grimasse verzieht und mein Puls stetig sinkt. Wenn es eine Sache gibt, von der ich nie wollte, dass sie passiert, dann ist es diese: Ein Mädchen weint meinetwegen.

Aber anscheinend ist - trotz all meiner Bemühungen - genau das soeben passiert. Super. Ich warte auf weitere Erklärungen, die ausführen, inwiefern ich schuld daran bin, dass sie weint, aber da kommt nichts. Sie sieht mich an und weint stumm, während ich eine Stimme im Hintergrund wahrnehme, die mein Gehirn als Ms Strathairns einordnet.

Sie hält sich die Hand vor den Mund, kurz bevor ihr ein Schluchzer entweicht. Dann wischt sie sich über die Wange und schon sieht es aus, als wäre rein gar nichts passiert, da außer einem leichten Rotschimmer nichts von ihrem Tränenausbruch übrig geblieben ist.

„Tut mir leid. Ich bin zurzeit ein wenig emotional. Gott, ich bin so blöd! Ich habe dich nicht in Verlegenheit bringen wollen. Ich ..." Ich halte ihr einen Finger vor den Mund - das allgemein bekannte Zeichen für: Halt den Mund (eigentlich sei leise, aber ich bin heute nicht in der Stimmung nett zu sein) - und sie hört auf zu reden.

„Ist schon gut", versichere ich, lasse ab und drehe mich von ihr weg, um Ms Strathairn vorne weiter zuzuhören.

Aus dem Augenwinkeln kann ich noch sehen, wie sie anfängt zu lächeln.

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