"Ein soziales Experiment." | 51
Die erste Frage, die Nicolas begrüßt, als er den leeren Saal betritt ist: "Was ist mit Connor und Jasiah?" Und gleich im Anschluss, fast noch in derselben Sekunde: "Warum können wir nicht ins Arbeitszimmer?" Die erste Frage kam von Violet, die andere von Daleyza. Dass es nicht andersherum ist, irritiert ihn einen Moment, ehe ihm wieder einfällt, wie kompliziert die Beziehung von Daleyza und Jasiah zu sein scheint.
Nicolas stellt sich in den bereits gebildeten lockeren Kreis, der aus Alondra, neben der er jetzt auch steht, Silver, Peyton Violet und Daleyza besteht, genau in dieser Reihenfolge. "Ich nehme die beiden Fragen einmal zusammen: Die beiden belegen das Arbeitszimmer." Auf diese Fragen hat er sich vorbereitet und auch auf die, die zwangsläufig folgen muss.
"Wieso das denn?" Wieder Violet. Peyton steht daneben, als würde ihn nichts von seinem aktuellen Standort fortbringen können - und dem ist wahrscheinlich auch so, denn wer würde versuchen, fast einhundert Kilogramm purer Muskelmasse zu bewegen -, aber auch sein Gesicht zeigt einen fragenden Ausdruck. Zumindest ist es expressiver, als man von ihm erwartet.
"Sie haben ein soziales Experiment gestartet", erwidert Nicolas also auf Violets Frage hin und legt die Dokumente, die er mitgebracht hat, auf den Schreibtisch.
"Ein soziales Experiment?", echot Daleyza, als würde sie Nicolas damit für verrückt erklären wollen. Er zeigt sich reglos und sieht von sämtlicher Mimik ab.
"Ja. Aber damit möchte ich mich jetzt nicht weiter beschäftigen. Warum ich euch um diese Uhrzeit eigentlich aus dem Bett geholt habe, hat folgenden Ursprung: Man hat das Tagebuch wiedergefunden. Es befand sich an der gleichen Stelle, an der es normalerweise auch steht, als wäre nichts passiert. Ich habe natürlich sofort Colonel Harriett informiert und sobald Jasiah und Connor fertig sind, werde ich letzteren darum bitten, das Tagebuch auf Rückstände zu überprüfen." Nicolas blickt unverwandt in die Runde, obwohl ihm einfach nur danach zumute ist, zu schlafen.
"Es ist doch super, dass das Tagebuch wieder da ist, oder?" Daleyza sieht zu Violet und Peyton, die, ebenfalls begeistert - oder in Peytons Fall zumindest eine Emotion zeigend -, nicken.
Nicolas schüttelt den Kopf. "Dass das Tagebuch zurück ist, ist kein Ausgleich dafür, dass es weg war. Wir vermuten, dass derjenige, der es gestohlen hat, längst Fotokopien erstellt und verschickt hat. Silver hat herausgefunden, dass ein Schüler, der nicht auf unserer Liste stand, E-Mails an eine unbekannte Adresse geschickt hat. Entweder er wurde benutzt oder er war es tatsächlich. Außerdem bereitet mir das Codefeld Sorgen."
Violet runzelt die Stirn und bezieht sich auf Nicolas' letzten Satz. "Was ist mit dem Codefeld? Ist es kaputt?" Sie und Daleyza wechseln einen panischen Blick und Alondra verändert ihr Standbein. Nicolas' Blick durchbohrt den ihren und sie scheint zu verstehen.
"Nein, es ist vollkommen ganz. Das ist das Problem. Beim ersten Mal hat die Person, die eingebrochen ist, den Code gewusst. Und er ändert sich alle zwölf Stunden. Das heißt, dass man unbemerkt gar nicht hereinkommen könnte, denn zusätzlich zu der Schwierigkeit mit dem wechselnden Code wird bei falscher Eingabe ein stiller Alarm geschickt. Aus diesem Grund haben wir auch erst spät herausgefunden, dass das Tagebuch fehlt." Die Blicke in der Gruppe werden mit jedem Wort geschockter. Verständlich, denn sie scheinen zu realisieren, was das bedeutet.
"Nicolas bekommt immer, wenn ein neuer Code entschieden wird, Bescheid. Außer der Direktorin und diversen hohen Tieren hier an der Universität weiß niemand sonst, nicht einmal ich, wie der Code sich einstellt." Alondra zieht beide Augenbrauen als Zeichen ihrer Skepsis in die Höhe und irgendjemand im Raum atmet geschockt aus.
"Also entweder", beginnt Violet, "die Person, die dort eingebrochen ist, hat wahnsinnige Computer-Kenntnisse oder - und das ist das Schlimmste, was eintreten kann, aber auch das Wahrscheinlichste - wir haben einen Spitzel unter uns."
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