...with the Past
"Du hast sie geliebt!" Meine Stimme war kaum mehr als ein flüstern. Für einen normalen Menschen wäre sie unter dem Knistern des Feuers unter gegangen, doch Eric hatte mich gehört und sein Blick fokussierte wieder den meinen. Seine Augen verrieten nichts, doch der Schmerz der plötzlich mein Herz zu zerreißen drohte bestätigte meine Vermutung. Ich keuchte auf.
Er hatte sie geliebt. Er hatte meine Großmutter geliebt, er-
"Oh mein Gott, du hast meine Oma gevögelt!"
Die Worte waren raus, bevor ich überhaupt überlegen konnte, ob ich sie sagen wollte. Bilder über Bilder strömten durch meinen Kopf, vermischten sich zu obsuren Verrenkungen, ersetzen Erinnerungen von meiner Großmutter und Erinnerungen an Eric und mich und fügten sie neu zusammen. Meine Wangen wurden heiß, mir wurde mulmig.
"Ugh. Nein. Stopp."
Das war nicht passiert, das war nicht passiert, das war nicht passiert. Wieder und wieder sprach ich das Mantra in meinem Kopf, versuchte die Bilder zu verdrängen, doch jedes Mal wenn ich einen Blick zu Eric warf, kamen neue Bilder hoch und ich musste mich letztendlich schütteln. Das konnte doch alles verdammt nochmal nicht wahr sein. Ich sprang auf und lief ein paar Meter auf und ab wie ein eingesperrter Tiger.
Eric beobachtete mich dabei ungeduldig. Ein paar mal öffnete ich den Mund um etwas zu sagen, schloss ihn dann jedoch wieder und lief noch eine Runde. War das Inzest? Es fühlte sich Inzestiös an. Meine Gefühle wirbelten in meinem inneren umher und ich konnte mich für keins Entscheiden. Tatsache war jedoch, dass ich Eric nicht mehr ins Gesicht sehen konnte.
"Ash, stell dich nicht an wie ein verzogener Teenager.", tönte es von Eric irgendwann genervt und ich blieb stehen und starrte ihn an. "Ich bin 1000 Jahre alt. Ich bin wahrscheinlich mit mehr als nur einer deiner Vorfahren im Bett gewesen. Früher gab es nicht so besonders viele Menschen und dein Nachname klingt skandinavisch."
"Ich habe Vorfahren aus Schweden", murmelte ich und als Eric eine Augenbraue hob, verband ich die nächsten Lücken. Richtig, Wikinger. Auch er kam aus Schweden. "Pfui, pfui, pfui!"
Theoretisch war mir immer bewusst gewesen, wie alt Eric war. Doch zum ersten Mal machte ich mir ernsthafte Vorstellung was es wirklich bedeutete 1000 Jahre gelebt zu haben. Geliebt, gekämpft, gewonnen und verloren zu haben. Was er alles gesehen hatte. Das er das dunkle Mittelalter durchlebt hatte. Die Pest, die Entdeckung von Amerika, Sklavenhandel, Kriege um Unabhängigkeiten und verdrehte Ideale.
Wie von einem Vorschlaghammer getroffen setzte ich mich wieder an den Rand der Couch und starrte ihn aus großen Augen an. Ich war ein verzogener Teenager in seinen Augen. Setzte man sein Leben und mein Leben in einen Vergleich, konnte ich nicht viel älter als ein Säugling für ihn sein.
"Oh."
Mir hatte es komplett die Sprache verschlagen. Eric schien erkannt zu haben, dass mein Gehirn einen Moment brauchte um die gesammelten Informationen zu verarbeiten und seufzte.
"Ich habe zu weit ausgeholt, wie mir scheint", maßregelte er sich selbst. "Ich wollte lediglich meine Glaubwürdigkeit stärken, aber wie mir scheint-" er wedelte mit einer Hand vor meinem Gesicht herum. "- habe ich das System überladen."
Pam stand neben uns im Raum bevor der laute Knall der Haustür, welche an die Wand geknallt wurde, zu uns gedrungen war. Ich zuckte nicht einmal zusammen, ich war zu tief in Gedanken. Ich versuchte mir vorzustellen, wie die Welt wohl in weiteren 1000 Jahren aussehen würde. Wäre Eric dann noch immer am Leben? Er war ein Vampir, wieso nicht? Oh Gott, und Tom? Er würde auch noch immer aussehen, wie sie ihn zuletzt gesehen hatte. Seine brauen Haare unverändert, seine grünen Augen voller Leben mit einem Lächeln auf die Lippen, wie er es immer gehabt hatte, wenn ich ein Zimmer betreten hatte. Nur dass ich dann schon lange Tod und grau unter der Erde liegen würde, neben meiner Großmutter, die in ihrer Jugend die gleichen Fehler begannen hatte wie ich, wie es schien. Meine Gedanken rasten weiter.
"Was ist denn mit der los?", fragte Pam gelangweilt und sah auf mich hinunter. "Hat sie ein paar Hirnzellen eingebüßt?"
Eric erhob sich vom Sofa und schlenderte zu einer Minibar, welche neben dem Kamin in die Wand eingelassen war. Hervor kam eine alt aussehende Flasche mit einem verschnörkeltem Ettikett.
"Old royal?", staunte Pam. Hinter ihr war Megs aufgetaucht, welche sich erschöpft neben mir aufs Sofa fallen ließ.
"Was ein langer Tag."Dann sah sie mich an und runzelte die Stirn. "Was hast du mit ihr denn angestellt?!"
Eric grummelte und nahm einen Schluck von seinem Blut.
"Ihr wird gerade bewusst, wie alt ich wirklich bin. Gib ihr einen Moment."
Megs nickte.
"Dann ist also endlich zu ihr durchgesickert, dass sie nicht ganz menschlich ist?"
Eric runzelte die Stirn. "Da waren wir noch nicht einmal angekommen. Ich glaube ihr Gehirn hat sich an dem Gedanken aufgehängt, dass ich mit ihrer Großmutter Sex hatte."
Megs zog die Lippen kraus und stand auf um in die Küche zu gehen. Über die Schulter rief sie: "Vielleicht steht sie unter einem katatonischen Schock. Ich glaube die Vorstellung meiner Oma mit dir im Bett würde mich auch erstmal katatonisch werden lassen. "
Megs sah zu Eric welcher sie amüsiert ansah und schüttelte ihren Kopf. "Kein Wort Eric. Ich will es echt nicht wissen." Leise fügte sie dann hinzu. "Mir reichen die Bilder die ich empfangen habe, als ich in Ashleys Kopf rumgewühlt hatte. Ihre Großmutter war zwar echt ein heißer Feger, aber sowas musst du doch nicht der Enkelin sagen..."
Schneller als das menschliche Auge es wahrnehmen konnte waren sowohl Eric als auch Pam vor Megs, welche sich gerade ein Glas Bourbon eingeschenkt hatte. Beinahe glitt ihr das Glas aus der Hand und so stellte sie es kraftvoll auf der Anrichte ab.
"Jeezz"
"Du kannst ihre Großmutter sehen? Jetzt gerade in ihrem Kopf?"
Eric hatte sie an den Schultern gepackt. Pam war direkt vor mir und hob mich mit einem nicht wirklich entschuldigendem Lächeln hoch und stellte mich neben Megs. Sie hatte recht. Ich sah meine Großmutter tatsächlich vor meinem inneren Auge. Doch anders als zuvor waren es keine Erinnerungen im klassischen Sinne. Ich wiederholte wieder und wieder, was mir zuvor wie ein Traum entglitten war. Wie ich meine Großmutter auf ihrer Verander wieder gesehen hatte, wie Eric mich abgeholt hatte, wie sie den Himmel angeschrien hatte, mit Thor gesprochen hatte. Wie sie mich ansah. Jetzt in diesem Moment, als wäre sie real...
"Mach dein Zauber-Dings Hexe!", knurrte Pam und hielt mich vor Megs Nase als sei ich ein Buch aus dem sie vorlesen solle. Megs sah wütend über meine Schulter zu Pam auf. "So einfach ist das nicht Pam."
Eric knurrte. "Tue es Megs. Sofort!"
Megs kniff die Augen zusammen. Sie leuchteten Lila. Allem Anschein nach mochte sie es genau so wenig wie ich, einfach herum kommandiert zu werden. Trotzdem beugte sie sich Erics Befehl seufzend - mit Vampiren musste man sich aussuchen, welche Kämpfe es sich wirklich zu kämpfen lohnte. Dann sah sie mich entschuldigend an. Und bereits in der nächsten Sekunde hörte ich sie...in meinem Kopf.
Hey Ash, nicht wütend werden ja?
Entgeistert sah ich sie an. Der Schock brachte mich zu sprechen.
"Raus aus meinem Kopf!"
"Sie ist wieder da, juhu!", kam es von Pam sarkastisch. "Such weiter Hexe, ich habe keine Lust mehr auf Antworten warten zu müssen."
Sorry Ash, der Boss will antworten. Ich beeile mich, ja?
Ich versuchte sie wieder aus meinen Gedanken heraus zu schieben, doch Megs sah mich nur entschuldigend an.
Das geht nicht Ashley, ich will uns allen nur helfen und herausfinden, was du vielleicht übersehen hast. Also bitte, tue mir den gefallen und denke nochmal an deine Großmutter, ja? Dann muss ich nicht so herumwühlen und vielleicht Schubladen öffnen, die du vielleicht geschlossen haben willst.
Die Stimme meiner Großmutter kam mir wieder in den Sinn, mischte sich wieder ein. "Du ganz allein entscheidest, was du willst! Vergiss das nie!" Erneut schubste ich Megs aus meinen Hirnwindungen, versuchte sie zurück zu drängen, stärker diesmal. Megs grunzte.
"Sie ist nicht besonders kooperativ Leute!", stieß sie zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor. "Ich will doch nur helfen du verdammter Sturkopf."
Nicht mit mir.
Ich schüttelte mich und ein Schauer der Elektrizität schoss über meine Haut. Augenblicklich fielen alle Hände von mir ab.
"Woah!", keuchte Megs.
"Miststück!", knurrte Pam.
Eric begnügte sich mit einer tadelnd hochgezogenen Augenbraue.
"Finger weg!", knurrte ich und sah sie alle nacheinander bedrohlich an. Ich hatte meine Stimme wieder, juhu! So langsam konnte ich mich echt an dieses Strom-Elektrizitäts-Dings gewöhnen.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro