Witchcraft
Es dauerte einen Moment, bis sich meine Augen an die neue Umgebung gewöhnt hatten.
Es war dunkel. Wir standen draußen auf einer staubigen Straße in der Nähe eines Sumpfes. Sobald ich in der Lage war, meinen Blick wieder zu fokussieren musste ich ein Lachen zurück halten. Eric und Pam sahen aus, als hätte sie jemand durchs Wasser gezogen. Ihre Kleidung, ihre Haare einfach alles war durchtränkt und klebte an ihnen wie eine zweite Haut. Das wirklich lustige waren aber die Gesichtsausdrücke der beiden. Pam war stinkwütend, ihr Mascara verlaufen und ihr Mund zu einer geraden Linie zusammen gepresst. Eric wirkte in erster Linie verwirrt und irritiert. Ein Gesichtsausdruck, den ich bei ihm zuvor noch nicht gesehen hatte. Es war zum Todlachen.
Reiß dich zusammen!, ermahnte Megs mich. Ich musste erschrocken zusammen gezuckt sein, als ich ihre Stimme in meinen Gedanken gehört hatte, den augenblicklich wechselte die Aufmerksamkeit der beiden verstimmten Vampire zu mir. Sie legten sogar in gleicher Manier den Kopf schief. Ich schluckte schwer.
„Was WAR das?", quietschte ich und dachte an den großen blonden Mann, der uns den Ausweg aus der Tür versperrt hatte...nachdem er die massive Metalltür allem Anschein nach mit seiner reinen Anwesenheit zum fucking Schmelzen gebracht hatte.
Und das beinahe süchtig machende Gefühl, dass mich bei seinem Anblick durchströmt hatte. Eric sah mich eindringlich an und trat näher.
„Willst du mir sagen, dass du ihn nicht erkannt hast?", fragte er voller Unglauben.
Ich suchte in seinen Augen nach der Pointe, die wohl einfach über mich hinweg geflogen war. Als nichts kam, schüttelte ich den Kopf.
„Das, mein Sonnenschein, war Thor."
Ich verschluckte mich an meiner eigenen Spucke, als ich zugleich lachen und einatmen wollte. Megs klopfte mir auf den Rücken wie einem Hund zur Beruhigung.
„Eric, ich glaube ehrlich, sie versteht das alles noch nicht." Megs sah mich an. „Oder ist einfach zu Stur, um die Augen zu öffnen."
Mit gespitzten Lippen musterte sie mich und nickte dann.
„Ja, eindeutig zu stur. Es ist schon ein wenig lustig, dass das Schicksal ausgerechnet euch zwei zusammen geworfen hat."
Megs kicherte, während ich sie ansah als hätte sie das letzte bisschen Verstand verloren und Eric aussah, als würde er gerne ein paar Bäume entwurzeln. Es war ihm eindeutig gegen den Strich gegangen, einem Kampf aus dem Weg gehen zu müssen: Selbst, wenn er in dem Kampf eindeutig den kürzeren gezogen hätte.
Einem Kampf mit Thor.
Dem Donnergott.
Vor dem ich von einer Hexe aus dem Raum teleportiert worden war.
Kurzerhand plumpste ich auf den Boden und beschloss da zu bleiben. Im Falle einer Ohnmacht wäre so der Weg zum Boden nicht mehr so weit.
„Wo genau bin ich im Leben eigentlich falsch abgebogen?", fragte ich niemand bestimmten. Mir hörte auch niemand wirklich zu. Doch die Frage was berechtigt, wenn ich mich so umschaute. Vor mir standen die zwei Vampire, denen ich vor ein paar Wochen noch um alles auf der Welt aus der Weg gegangen wäre - oder die ich gerne am Ende eines Spitzen Pflocks gesehen hätte. Jetzt schaute ich hoffnungsvoll zu ihnen und legte mein Schicksal allem Anschein nach in ihre Hände, wobei die zwei aus mir noch nicht ganz verständlichen Gründen bereit waren, ihr umtotes Leben für mich zu riskieren. Links von mir hingegen stand Megs, die kleine Hexe, und murmelte irgendwelche Beschwörungsformeln vor sich hin und zwinkerte mir zu, sobald sie bemerkte, dass ich sie ansah. Obwohl ich das Zentrum des ganzen Wirbels zu sein schien, schien es dennoch niemand für notwendig zu halten, mich über unsere Situation aufzuklären.
Pam und Eric hatten begonnen sich in einer Geschwindigkeit zu unterhalten, für die meine Ohren nicht geschaffen worden waren.
Ob es jemandem auffallen würde, wenn ich einfach verschwand? Vorsichtig erhob ich mich vom Boden und machte einen Schritt zurück.
„Hexe, wieso sieht sie nicht aus, als hätte sie jemand in den Pool geworfen?", knurrte Pam und war in einer einzigen Bewegung direkt vor uns.
Sie hatte recht. Meine Haare saßen noch immer gleich schlecht wie zuvor und meine Kleidung war trocken.
Während ich nun verwirrt an mir hinunter schaute und Pam anstalten machte, mich am Oberarm zu greifen und allem Anschein nach eigenständig in den nächsten Sumpf werfen zu wollen, damit ich auch bis auf meine Unterwäsche durchnässt wäre, mischte Eric sich ein. Dem Ausdruck der Verwirrtheit war ein Ausdruck des Verständnisses gewichen. Beinahe hatte ich erwartet, eine Glühbirne über seinem Kopf erscheinen zu sehen.
„Das würde ich nicht tun Pam...", warf er noch ein, ehe Pam, sobald sie mich berührt hatte, in einem hohen Bogen rückwärts flog und auf der staubigen Straße landete. Hoppala.
„Du kleine Kröte bist Tod!", fauchte sie und funkelte mich mit einem Blick an, der mich zur Salzsäule erstarren ließ. Schneller als ich gucken konnte, sauste sie auf mich zu, wurde aber gut einen halben Meter vor mir von Eric an der Kehle gepackt und festgehalten.
„Pam..." Eric verdrehte die Augen. Seine Stimme war ruhig und trug doch so viel Autorität, dass Pam inne hielt. "Nicht."
„Ich...Pam. Tut mir Leid", stotterte ich mit weit aufgerissenen Augen."Es war keine Absicht."
Ich hatte keinen blassen Schimmer, was überhaupt los war. Es war irgendwo wohl beängstigend. Andererseits war es aber auch überaus hilfreich, dass ich allem Anschein nach Vampire mit meiner reinen Anwesenheit abblocken konnte.
Was auch immer Pam zu sagen hatte, verließ nicht ihre Lippen. Erics Griff um ihren Hals schien ihre Stimmbänder zu quetschen. Stattdessen kommunizierte sie über ihre Augen ein paar deftige Kraftausdrücke, bis Eric sie schüttelte und mit seinem Blick taxierte.
"Pamela Ravencroft. Ashley wird nicht verletzt!"Mit einem letzten warnenden Blick ließ er sie los.
Pam sah aus, als würde sie mir die Haut von den Knochen abziehen wollen, riss sich aber zusammen und stapfte beleidigt ein paar Schritte davon. Ich runzelte die Stirn.
"Ich weiß, ich wiederhole mich...", fing ich an und wurde stumpf von allen wieder ignoriert wie direkt zuvor. Pam fluchte, Eric hatte sich sein Shirt ausgezogen (*seufz*) und war dabei das Wasser auszuwringen und Megs murmelte weiter Formeln und Beschwörungen, als es über uns ohrenbetäubend laut zu Donnern begann.
"Nun, sieht nicht so aus, als hätte deine Fluchtplan nicht lange funktioniert Hexe", murmelte Eric und sah gen Himmel, wo sich unnatürlich schnell düstere Wolken über den Sternenhimmel legten und die Nacht noch schwärzer werden ließen.
"Hallo, wenn mir jemand nur einmal kurz zuhören und mir erklären würde..."
"Können wir jetzt zu meinem Plan übergehen?", fragte Eric grimmig grinsend und bewegte seinen Kopf von einer Seite zu anderen bevor er sich streckte. "Mein Plan gefällt mir besser."
Megs sah ihn gar nicht an. Stattdessen lag ihr Blick auf mir, wobei sie sie durch mich durch zu schauen schien. "Wie hat er dich nur gefunden?", murmelte sie, die Stirn tief in Falten. "Du warst versteckt, auf deiner Seele lag ein Zauber, wieso kann er..."
Erneut brach ein noch lauteres Donnern unser Gespräch und ich zuckte stark zusammen, machte mich klein. Kurzerhand lagen Megs Hände auf meinem Kopf und sie schloss die Augen, während sie uns ins eine Lila Wolke hüllte die so hell erstrahlte, dass unsere Umgebung für einen Moment für mich so sichtbar wurde, als wäre es hellstes Tageslicht. Mir stockte der Atem. Ich wusste wo wir waren. Auch Megs riss die Augen auf uns sah mich erstrocken an.
"Heilige Scheiße.", murmelte sie und trat einen Schritt zurück. Zum ersten Mal, seit ich sie kannte, wirkte sie erschrocken, beinahe ehrfürchtig. "Bei Merlins Bart"
Eric, Pam und ich sahen sie verwirrt an. Sie bemerkte es und schüttelte sich.
"Deine Großmutter hat ganze Arbeit geleistet Schätzchen!", stieß sie schließlich hervor und sah mich noch immer aus großen Augen an, sah dann zu Eric und wieder zurück. "Wirklich ganze Arbeit."
Ich warf die Arme in die Luft, während Eric und ich gleichzeitig zu reden begannen.
"Was hat Annie denn schon wieder damit zu tun?"
"Annie?"
Ich sah ihn verwirrt an. "Der Spitzname meine Großmutter?"
Tiefe Emotionen zeichneten sich auf seinem Gesicht ab und plötzlich schälte sich eine meiner vielen Schutzschichten von meiner Seele ab und erlaubte es, dass Erics Schmerz in mir räsonierte und ich unfreiwillig zugab: Eric und Annie hatten sich auf jeden Fall gekannt.
Mein Magen verkrampfte sich. Ich hatte bis zu diesem Moment daran festgehalten, das Eric seine Beteuerungen, meine Großmutter gekannt zu haben, nur dafür eingesetzt hatte, mich ruhig zu stellen. Doch Emotionen wie diese konnte man nicht spielen. Für den Moment hatten wir eindeutig dringendere Probleme.
Erneut durchzog ein Blitz das schwarz der Nacht, geradezu zeitgleich mit einem Donner. Starkregen setzte ein und erschwerte es uns, zu reden.
"Lass uns einfach von hier verschwinden und Little Ms. Unwetter zurück lassen. Wenn das was wir annehmen wahr ist, wird ihr schon nichts passieren..."
Eric knurrte. "Thor bekommt sie nicht!"
Donner und ein blendender Blitz schlugen fast zeitgleich ein und blendeten mich so stark, dass ich einen Moment die Orientierung verloren hatte und mir die Ohren klingelten.
"Lass mich raten, Chris Hemsworth kommt vorbei und will uns den Arsch aufreißen?", schrie ich Megs entgegen, welche nickte, ehe sie entschuldigend lächelte. "Sorry für das, was wir jetzt machen müssen.", schrie sie mir zurück entgegen und noch während ich sie verwirrt ansah, hörte ich sie noch Eric zuschreien: "Eric, Schlag sie bewusstlos!", bevor ein gezielter Schlag gegen meine Schläfe mir augenblicklich das Licht ausknipste.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro