New York Police Department
Wow, ich musste wirklich auf einem ganz schönen Trip gewesen sein - und allem Anschein nach war er noch immer nicht zu Ende. Ich schüttelte meinen Kopf und versuchte das gesagte so einzuordnen, dass es einen Sinn ergab.
"Was hat Tom gemacht?"
Der Gesichtsausdruck des Mannes wandelte sich von ungläubig zu mitleidig, was mir mehr Angst machte als jeglicher Wutausbruch der hätte folgen können.
"Miss, es tut mir leid, Sie darüber informieren zu müssen, aber Ihr Freund wurde gestern Nacht um 02.51 in der Allee neben ihrem Wohnhaus aufgefunden. Alle Hinweise weisen auf ein Gewaltverbrechen..." der Officer räusperte sich verlegen und rieb sich über die Stirn "aus Leidenschaft hin. Ihre DNA sowie ihre Fingerabdrücke wurden überall auf dem Opfer gefunden..." sprach er weiter, doch seine Stimme erreichte mich nur noch wie durch Watte.
"Als die Einsatzkräfte das Haus nach Zeugen durchsuchte fand man sie zusammengesunken im Fahrstuhl ihres Hauses, ihre Kleidung durchtränkt mit seinem Blut..."
Ich versuchte zu verstehen.
Tom. War. Tod.
Nein, das hörte sich nicht richtig an.
Tom war fort?
Selbst dieser Gedanke ergab keinen Sinn. Tom war nie fort gewesen. Seit wir uns begegnet waren hatten wir nie viel Zeit getrennt verbracht...Himmel, manchmal hätte ich eine Pause weiß Gott gebrauchen können. Nicht das Tom sie mir dann gewährt hätte. Geradezu besessen hatte er sich in meiner Nähe aufgehalten und über mich gewacht wie eine überführsorgliche Henne.
Mir wurde schwindlig und ich stolperte halbblind gegen den mitfühlenden Officer der mich besorgt betrachtete. Er schien an meine Unschuld zu glauben - oder mich zumindest für den Moment trösten zu wollen. Aber die Frage war doch, war ich unschuldig?
Mit dem Gedanken hatte ich ein Tor aufgestoßen. Und da kamen sie. Die Bilder. Sobald ich mir tatsächlich die Frage nach meinem Verbleib gestellt hatte fiel mir alles wieder ein. Der Fahrstuhl, das Blut, die Stimmen von dem Mann und der Frau, wie ich mich versteckt hatte, wie mich der Mann Eric gehört hatte. Den Raum betreten und Toms Leiche genommen hatte.
Oh mein Gott, Toms Leiche.
Mein Magen drehte sich mir um und ich übergab mich geräuschvoll in den nächstbesten Mülleimer.
"Himmel Herr Gott nochmal!", fluchte ein glatzköpfiger Mittfünfziger der gerade mit einem Donut in der Hand um die Ecke gebogen war. Sein ganzes Erscheinungsbild schrie geradezu gelangweilter unengagierter Detektive der nur hofft seine Quote zu halten und bald in Rente zu gehen.
Ich war am Arsch.
Mein netter Officer richtete sich kerzengrade auf und strich seine Uniform glatt.
"Detektive, die Verdächtige ist wach!"
"Was Sie nicht sagen Jones!", verhöhnte der Mann ihn und schnalzte missbilligend mit der Zunge. "Machen Sie sich lieber mal nützlich und holen Sie mir einen Kaffee..."
"Jawohl Cohan, Sir!"
Und damit verschwand mein netter Officer und ließ mich zurück mit Detektive genervt.
Mit gehobener Augenbraue schaute er auf mich hinunter, die Hände in die Hüften gestemmt.
"So, wollen sie noch etwas zu ihrer Verteidigung sagen, oder soll ich direkt das Geständnispapier aufsetzen?"
Ich wischte mir über den Mund und versuchte mich aufzusetzen. „Hätten Sie vielleicht ein Glas Wasser für mich? Oder ein Kaugummi?"
Der Mann schnaubte. „Gewöhnen Sie sich am Besten direkt daran, dass sie in Zukunft ihre Mahlzeiten nur noch zu vorgegeben Uhrzeiten bekommen werden. Insbesondere Luxusartikel wie Kaugummis..."
Nett. Er würde mich also mit dem Kotzgeschmack im Mund und der brennenden Magensäure in meiner Speiseröhre im Verhörraum sitzen lassen.
Demonstrativ stellte er eine Wasserflasche vor sich auf den Metalltisch und bedeutete mir mit einer Handbewegung mich auf den freien Stuhl ihm gegenüber zu setzen.
"Wollen wir?"
Jeder meiner Muskeln protestierte, als ich mich vom Boden aufrappelte und zum Stuhl schleppte. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal so fertig gewesen war. Vielleicht bei meiner letzten Grippe...
Ich sah den Mund des Detektives sich bewegen. Nahm am Rande mit, wie er das Geschehene ähnlich wie sein Kollege zuvor schilderte. Tom, Tod in der Gasse, Mord aus Leidenschaft, jegliche Beweise direkt vorzufinden. Anders als für seinen Kollegen war der Fall damit erledigt und er war sichtlich bereits in Gedanken dabei, sich sein "Fall-abgeschlossen-Steak" zu bestellen.
"Ich habe ihn nicht getötet!", versuchte ich mich zu erklären, doch der Mann unterbrach mich bereits wieder.
Mir standen die Tränen in den Augen. Es kostete mich vielÜberwindung nicht einfach zusammen zu brechen und mich meinen Gefühlen hinzugeben. Andere wären bestimmt bereits zusammengebrochen. Andere hatten allerdings auch noch nicht jahrelange Erfahrungen mit Verlust, Zurückweisung und falschen Anschuldigungen...
"Legen Sie direkt ein Geständnis ab, können wir Ihnen 5 Jahre von ihrer Haftstrafe abnehmen. Sollte es zum Prozess kommen bin ich mir sicher aufgrund der Schwere ihrer Tat und den ganzen Lücken in ihrem Lebenslauf, dass es zu 25 Jahren bis lebenslänglich hinaus laufen -"
Bevor er den Satz beenden konnte, flog die Tür auf und ein Mann um die dreißig betrat das Verhörzimmer. Er war riesig, also wirklich ein Schrank von einem Mann, hatte freundliche braune Augen und volles braunes gewelltes Haar. Sein Anzug war hübsch, vielleicht einen Tick zu klein, was mich über all den Muskeln jedoch nicht weiter verwunderte.
Einfach gesagt: Er sah aus wie ein verdammter Adonis.
Kaum hatte er den Raum betreten, fühlte ich mich besser und eine schwere Last fiel von mir ab. Mein Kopf war weniger benebelt und die Kopfschmerzen wandelten sich von Übelkeit hervorrufender Migräne in Katerkopfschmerzen. Damit konnte ich Leben.
Neugierig betrachtete ich meinen neuen Freund. Er begann mit voller tiefer Stimme zu sprechen.
"Guten Tag, mein Name ist Herveraux! Ich bin der Anwalt von Frau Andersson. Bitte verlassen Sie den Raum und lassen Sie mich mit meiner Mandantin sprechen..."
"Sie hat keinen Anwalt angefordert!"
Stimmt, hatte ich wirklich nicht. Ich war gar nicht auf die Idee gekommen. Hatte mich überhaupt jemand auf die Option hingewiesen?
"Wurden der Mandantin überhaupt ihre Recht vorgelesen?", sprach der Anwalt in unsere Richtung meine Gedanken aus und ich schüttelte den Kopf.
Zornig funkelte Mr. Herveraux den Detektiv an.
"Dann kann ich wohl mit Recht annehmen, dass meine Mandantin zum derweiligen Zeitpunkt noch nicht verhaftet worden ist?", bohrte er weiter, was meinem Detektiv langsam aber sicher die Zornesröte ins Gesicht trieb,
"Zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung war sie bewusstlis...", verteidigte er sich weiter.
"Und da dachten Sie, Sie nehmen eine bewusstlose junge Frau ohne ärztliche Voruntersuchung einfach in ihrem Wagen mit und hängen ihr einen Mordfall an!"
"Die Beweise zeigen eindeutig..."
"Die BEWEISE wurde während der Bewusstlosigkeit meiner Mandantin von ihrem Körper gesammelt und sind somit hinfällig. Jegliche Aussagen die sie mit der Tat in Verbindung bringen oder sie implizieren sind, solange ein ärztliches Gutachten die geistige Gesundheit der Angeklagten bescheinigt hinfällig und somit im weiteren Verlauf nicht relevant."
Wow.
Ich sollte mir wirklich niemals einen Anwalt als Freund suchen. Der konnte ja wirklich alles aus dem Kontext nehmen und eine neue Geschichte spinnen. Mit offenem Mund schaute ich meinen grimmig dreinblickenden Retter an, der mit seinem intensiven Blick den Detektiv fokussierte. Beinahe war ich froh, dass er mich soweit zu mieden schön und nicht in die Augen schaute. Meine Gefühle waren so derartig aufgewühlt, das ich nicht sicher war, wie ich reagieren würde.
Der Detektiv hingegen hatte bislang die Gesichtsfarbe einer Tomate angenommen und wütende Äderchen traten in seinem Gesicht und an seinem Hals hervor.
"WENN SIE GLAUBEN, SIE KÖNNEN HIER REINKOMMEN UND EINEN GESCHLOSSENEN FALL INS WANKEN BRINGEN...", schrie er und trat bedrohlich an Mr. Herveraux heran.
Er war mehr als einen Kopf kleiner und wesentlich beleibter. Es sah lächerlich aus. Das er dazu auch noch schrie verlieh seiner Glaubwürdigkeit nicht gerade stärke.
Heveraux hob lediglich eine Augenbraune und wandte sich dann demonstrativ mit zu.
Mein Anwalt reichte mir an dem aufgebrachten Detektiv vorbei seine Hand und bedeutete mir aufzustehen. Dankbar nahm ich sie an und Wärme floss mir entgegen. Kurz zog er überrascht die Augenbrauen hoch, wurde dann jedoch durch dem ihn in die Brust pieksenden Detektiv Cohan abgelenkt. Er schlug seine Hand weg, verteidigte mich :"Der Fall ist weit offen. Ihre Verdächtige nicht verhaftet und bis auf weiteres auf freiem Fuß. Ich werde sie nun hinausbegleiten!"
Er baute sich weiter über dem Detektiv auf der Anscheinend erneut widersprechen wollte, was ihn nun endgültig den gesamten Raum einnehmen zu lassen schien.
"Und sollten sie mir noch einmal so unverschämt in die Brust pieksen oder meine Mandatin ungerechtfertigter Weise belästigen, verklage ich das Präsidium auf Körperverletzung durch Staatsgewalt!"
Seine Stimme ähnelte einem Knurren und endlich schien Mr. Cohan verstanden zu haben das es in diesem Fall eventuell einmal besser wäre, es auf sich beruhen zu lassen.
Der Anwalt drehte sich wieder zu mir.
"Kommen Sie!"
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Schnell schlüpfte ich durch die mir aufgehaltene Tür auf den Flur hinaus und sah über die Schulter noch ein letztes Mal dem finster dreinblickendem Detektiv hinterher wie er wütend Akten und die Wasserflasche vom Tisch fegte und zu fluchen begann.
Instinktiv zog ich den Kopf ein und sah zu, das ich Land gewann.
Auf dem Präsidium herrschte ein reges Treiben, doch dank Mr. Herveraux's Größe schienen uns alle aus dem Weg zu gehen und durchzulassen. Feige versteckte ich mich hinter seinem breiten Kreuz. Ich beobachtete die Blicke der anderen. Neid, Verzückung oder auch Respekt schienen von ihnen zu kommen. Selber wurde ich nie mit solchen Blicken bedacht.
Als wir das Präsidium verlassen hatten, legte ich meinen Kopf in den Nacken und atmete bei geschlossenen Augen dankbar die stickige stinkende Stadtluft ein. Nachdem ich sie wieder öffnete, hielt mir der Mann ein Kaugummi und eine Flasche Wasser vor die Nase - wie zuvor von mir gewünscht. Überrascht schaute ich in sein nun freundliches Gesicht und nahm beides dankbar an.
"Danke, Mr. Herveraux!", sagte ich mit brüchiger Stimme. Jetzt, da der erste Schock von mir anfiel und die Erleichterung einsetzte, stiegen mir doch die Tränen in die Augen und ich räusperte mich indem Versuch mich zuammen zu reißen.
"Alcide! Und gern geschehen!"Er hielt mir erneut meine ausgestreckte Hand hin und ich schüttelte sie, Wieder fiel mir die Wärme seiner Hand auf. Doch ich fand sie passt zu seinem sonnigen Gemüt. Zu dem Ritter in der glänzenden Rüstung.
"Ashley. Beziehungsweise lieber Ash!"
Er nickte und legte den Kopf schief. Schweigen breitete sich über uns aus.
"Wollen Sie mich denn gar nicht fragen ob ich es getan habe?", rutschte er mir raus. Aus irgendeinem Grund wollte ich, dass Alcide mich mochte. Mir glaubte. Mich nicht für den Mörder meines Freundes hielt.
Er winkte ab. „Das ist nicht mein Job. Mein Job ist es, zu verhindern das Sie ins Gefängnis kommen."
Nun, dass war, wenn auch richtig, ziemlich ernüchternd. Natürlich tat er nur seinen Job. Keine glänzende Rüstung. Keine Moralvorstellungen...
Enttäuscht ließ ich meinen Kopf und meine Hand sinken und verschrenkte die Arme vorder Brust.
"Außerdem weiß ich bereits, dass sie es nicht getan haben!" fuhr er unerwarteterweise fort und ließ mich erneut aufhorchen.
"Ach ja?"
"Ja!"
"Und woher wenn ich fragen darf?"
Alcide gluckste.
"Fragen dürfen Sie gerne, aber ich werde Ihnen keine Antwort geben. Wir alle haben so unsere kleinen Geheimnisse. Er zwinkte mir zu, dann wurde er wieder ernst!"
"Wichtig ist, dass ich weiß, dass sie es nicht getan haben. Leider liegt die Beweislage so, dass ich sicher bin, das sie erneut vorgeladen werden. Sollte dies der Fall sein..."
Er griff unter sein Jacket in seine Innentasche und zog eine Visitenkarte heraus „Oder sollten Sie sonst wie in Schwierigkeiten geraten und etwas auf dem Herzen haben, rufen Sie an!"
Intensive schaute er mir in die Augen, dass ich nicht wusste wie sein Verhalten zu deuten war. Er war so ... nett. Kurzzeitig hatte ich das Bedürfnis all die Geheimnisse der letzten Stunden mit ihm zu teilen, mich auszuheulen und mich in seinen großen starken Armen zu vergraben. Überrascht über diesem starken und unerwarteten Impuls war ich jedoch schnell wieder ernüchtert und nahm ihm die Karte ab.
"Gut, zu wissen, vielen Dank!"
Alcide schaute mir noch immer neugierig in die Augen. So langsam wurde es unangenehm.
"Dann sehen Sie mal zu das sie sich gut erholen. Mein Beileid nochmal wegen dem, was geschehen war...", sagte er schließlich und dann drehte er sich um und machte sich auf den Weg nach Hause.
Überwältigt stand ich noch eine Minute einfach so da. Festgefroren vor dem Polizeipräsidium das mich gerade wegen des Mordes an meinem Freund verhaftet hatte. Dann, zum ersten Mal an diesem Abend holten mich die Geschehnisse der letzten 24-Stunden wieder ein und ich klappte wie ein Häufchen Elend auf dem Bürgersteig zusammen. Erst eine Viertelstunde später war ich in der Lage unter Tränen den Weg zur Wohnung anzutreten.
Zu einem zu Hause, dass vor ein paar Stunden aufgehört hatte mein zu Hause zu sein.
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Ja, ich habe aus Alcide einen Anwalt gemacht. Verklangt mich!
Schlau wie er ist, kann ich mir gut vorstellen, dass er neben dem Unternehmen bei dem er seinen Vater unterstützt, bestimmt auch einst eigene Ambitionen hatte.
Tada --> Jurastudium und ein Leben als Pflichtverteidiger in New York.
Im nächsten Kapitel geht es mit dem Leben in und um Bon Temps weiter. Ich hoffe euch hat mein kleiner Ausflug in die Vergangenheit gefallen. Oder naja, zumindest einige Fragen geklärt. Bald kommen wir wieder zu unserem Lieblingsvampir!
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