New York
Authors Note: Die nächsten drei Kapitel sind ein Rückblick. Ihr bekommt Ash Geschichte vor Bon Temps, ihre Vergangenheit mit Eric. Wenn ihr kein Interesse habt und lieber direkt weiter lesen wollt: Kapitel 12: Nothing but Pie. Denkt dran: Share, Comment, Like and Vote!
Lautes Hupen schreckte mich auf.
Ein Blick nach links verriet, dass das Treiben auf der Hauptstraße durch das Geräusch kaum durchbrochen worden war. New York. Alles war laut. Immer und überall.
Von meinem Standpunkt aus, angelehnt an einem Müllcontainer in einer Nebengasse konnte ich einen Taxifahrer ausmachen, welcher aus seinem Auto gestürmt kam. Er schien es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, einen ungläubig dreinblickenden Radkurier zusammen zu schreien. Sein Gesicht war vor Zorn entstellt und der junge Radkurier reagierte auf die öffentliche Demütigung mit einem motivierten Kinnhaken.
Ich zog instinktiv die Schulter hoch. Ouch.
Nicht nur ich hatte den Streit mitbekomme.
Angelockt durch den Tumult blieben die Menschen der näheren Umgebung stehen und drehten ihre Köpfe. Andere beeilten sich umso mehr der Streitszene zu entkommen und verschwanden schneller in die Schatten der Nacht. Ich gehörte zu der Sorte Mensch, die das Ende der Geschichte sehen wollten.
Der Taxifahrer hielt sich eine Hand vor den Mund, den Körper gebeugt, während der Fahrradkuriert vollkommen erschrocken auf seine geballte Faust starrte. Dann wurde sein Blick leer. Merkwürdig.
Außer mir schien keiner das Gesicht des jungen Mannes (er konnte wirklich nicht älter als neunzehn sein) zu beobachten. Alle waren Blicke waren auf den Taxifahrer gerichtet und mit einer zunehmenden Spannung in der Luft warteten alle auf die Reaktion des Mannes.
Alle bis auf den Radkurier.
Mit leerem Blick holte dieser erneut aus und verpasste dem Mann einen solchen Schlag, dass dieser ohne Bewusstsein zu Boden sackte.
Schockiertes aufkeuchen und allgemeines Unwohlsein machte sich breit. Der junge Mann stieg wie ferngesteuert auf sein Rad und fuhr davon, keine Emotion in seinem Gesicht erkennbar.
Noch immer der Szene in Gedanken nachhängend machte ich mich auf den Weg nach Hause. Kälte begann in meine Glieder zu kriechen und meine schwarze Lederjacke konnte nicht wirklich das nass-feuchte Herbstwetter abhalten. Aber immerhin sah sie schick aus. Dunkel verschluckten mich die Seitengassen während ich grübelnd und auf der Unterlippe kauend weiter stapfte.
Das Gefühl eines Déjà-Vus wollte mich nicht loslassen und ich zermarterte mir das Hirn warum ich mich so neben der Spur fühlte. Der Geschmack von Peanutbutter und Marmelade machte sich in meinem Mund breit und kurz fühlte ich mich in eine Zeit zurückversetzt in der noch alles in Ordnung war. Wo ich mit meiner Mutter auf der Verander unseres kleinen Hauses in den Südstaaten gesessen und wird der untergehenden Sonne hinter den Feldern zugesehen hatte. Wo leichte Wolken das Sonnenlicht in rosafarbene Wolken aufgebrochen und eine leichte warme Brise mir die Haare aus dem Gesicht geweht hatten. Ich konnte sie noch hören, die Stimme meiner Mutter wie sie mich an sich gedrückt hatte und leise "Mein kleiner Sonnenschein!" ins Ohr geflüstert hatte. Ich blinzelte.
Abrupt landete ich wieder in New York nachdem mein Schlüssel mir aus der Hand gerutscht und im Foyer geräuschvoll auf den Boden gefallen war. Ich stand im Erdgeschoss meines Appartmentgebäudes und versuchte die Sicherheitstür zu öffnen als sich mir die Nackenhaare aufstellten.
Es war leise.
Vollkommen und komplett Totenstill.
Man musste wissen, in New York war es niemals still. Schon gar nicht in einem so großen altem Wohnungskomplex wie unserem. Immer ging jemand über die Flure, gab sich einem Rausch hin. Oder es schrie wenigstens ein Baby.
Doch heute - nichts.
So geräuschlos wie möglich drehte ich das Schloss und schaute auf den kaputten Fahrstuhl. Das Licht war aus und die Türen halb geöffnet. Instinktiv wusste ich, das ich nicht hinein schauen sollte, doch meine verdammte Neugier überlistete mich und bevor ich bewusst eine Entscheidung hatte treffen können, steckte ich meinen Kopf durch die Fahrstuhltüren.
Meinen aufsteigenden Schrei konnte ich gerade in letzter Sekunde noch in ein ersticktes Keuchen umwandeln. Tränen schossen mir in die Augen und liefen meine Wangen entlang.
Tom, mein Freund mit dem ich zusammen in diesem Gebäude eine Wohnung hatte, lag mit zerfleddertem Hals und kalten starren offenen Augen zusammengesunken auf dem Boden des Fahrstuhls. Meine Knie gaben unter mir nach und ich stolperte halb blind ins innere des Fahrstuhls.
Überwältigt von meine Gefühlen sackte ich neben ihm auf den Boden und klammerte mich an sein Hemd. Warum war das passiert. Mein Gehirn schien nicht in der Lage die sich mir darbietende Situation zu verstehen und warf mir im Sekundentakt neue Fragen, ans Absurde grenzende Frage zu, welche ich nicht beantworten konnte.
Warum? Wieso? Wer? Wann? War ich Schuld? Hätte ich etwas ändern können? Würde ich die Schuld bekommen? Musste ich die Polizei anrufen? Oder einen Krankenwagen? Wer würde ihn bestatten? Würde er verbrannt oder vergraben werden wollen? Konnte ich noch etwas tun? Konnte ich mir das überhaupt leisten? Wo war James? Was war hier los?
Ich fasste sein Gesicht zu beiden Seiten und lehnte mich nach vorne um meine Tränen an seinem T-Shirt zu trocknen. Seine Haut unter meinen Fingern fühlte sich noch warm an und so sackte ich erschöpft auf seiner Brust zusammen und bettete meinen Kopf an seiner Schulter. Seiner blutbespritzten, klebrigen und stille Brust.
Das sonst so stetige Nebengeräusch seines Herzschlages fehlte und erneut brach ich in meiner Selbstbeherrschung zusammen und schluchzte laut auf. Dabei warf ich den Kopf in den Nacken und erstarrte.
Sein Blut war verteilt an den Fahrstuhlwänden und lief langsam und dickflüssig Richtung Boden.
Erst jetzt wurde mir klar, dass die Blutspritzer, solange sie noch dabei sich langsam im inneren des Fahrstuhls zu verteilen, noch frisch sein mussten. So frisch, dass der Mörder noch nicht weit entfernt sein konnte.
Wie aufs Stichwort, ertönten mir unbekannte Stimmen aus dem Treppenhaus und ich versteifte mich. Mein Herz schlug so schnell das es wehtat. Der Rahmen meines Blickfeldes verschwamm im passenden schnellen Rhythmus meines Herzens - ich hielt die Luft an.
"..hätte nicht gedacht, dass er so DUMM sein würde."
Die Stimme die Sprach war stark und angenehm. In jedem Wort schwang eine Autorität mit die es schaffte mich selbst hier, in dieser verdrehten furchtbaren Situation noch zu berühren.
"So wie du es formulierst klingt es als würdest du Menschen für schlau halten!"
Die zweite Stimme gehörte zu einer Frau. Sie klang zutiefst gelangweilt und überheblich zugleich.
Ein tiefes kehliges Lachen ertönte was meine Haut mit einer Gänsehaut überzog.
"Die Abstinenz von dumm ist nicht schlau Pamela. Was ich meinte war, das dies mir ein besonders niederes Exemplar seiner Spezies zu sein schien...", erklärte die Stimme zu der das tiefe Lachen gehört hatte.Sie sprach mit einer Abscheu das ich mich automatisch angegriffen fühlte.
"Deswegen hättest DU dich trotzdem etwas schlauer anstellen können", kritisierte sie. "Jetzt darf ich die Hälfte der Nacht damit verbringen deinen Dreck wieder aufzuräumen. Wirklich Eric, wir sind nicht mehr im Mittelalter, wo man Menschen einfach ficken und töten konnte wie man gerade lustig war. Es gibt Kameras, Wachleute... so ein Mord fällt auf! Selbst in New York..."
Dann lachte sie emotionslos aus.
"Abstinenz! Das du das Wort überhaupt in deinem Wortschatz hast..."
Das weitere Gespräch bekam ich nur noch am Rande mit, so laut pulsierte mein Blut durch meine Adern und ließ meine Sicht verschwimmen, aber es führt sowieso ad absurdum. Bestimmt verstand ich Dinge falsch.
"Er hat mich provoziert!", rechtfertigte sich der Mann.
"Du führst dich auf wie ein Baby! Hast du in deinen Tausend Jahren noch nichts an Selbstbeherrschung gelernt?"
Ihre Antwort war gereizt und säuerlich. Obwohl ich kein Bild zu der Person hatte konnte ich förmlich hören sie die Augen verdrehte. Seine Stimme wurde neckend."Du weißt genau das ich Selbstbeherrschung habe wenns drauf ankommt!"
"Hat dein Ego mittlerweile noch nicht oft genug gehört, dass du gut im Bett bist? Gott, Männer..."
"Einmal mehr kann nicht schaden!"
"Bist du sicher? Ich glaube du brauchst mal wieder wen, der deinen Arsch auf den Boden zurück holt."
Er schnaubte.
"Und sich mit meinem Arsch auf dem Boden beschäftigt!"
Die Frau seufzte. "Ich weiß schon, wieso ich jetzt Frauen bevorzuge. Noch so ein Kerl wie dich mit mir rumschleppen? Gib mir nen Holzpfahl!"
Wie konnten sie jetzt nur von Sex reden? Was für eiskalte kranke Menschen mussten sie sein, um sich nach einem Mord wie diesem über Sex unterhalten zu können? Einem Mord wie diesem oder generell irgendeinem Mord. Ich hatte mit meinen 22 Jahren schon meinen Teil an Elend auf der Welt gesehen, ja sogar Tote, aber was sich mir gerade in meinem Rücken für ein Bild gab, das entsprach nicht mehr der Norm.
Plötzlich wurde ich mir meiner Lage erneut bewusst. Meiner Lage und die Enge des Raumes, in dem ich mit meinem toten Geliebten eingesperrt war. Wo sein warmes Blut noch von den Wänden lief und von der Decke tropfte. Auf meine Kleidung tropfte und der Geruch von Metall sich penetrant in die Fasern, die Luft, meine Lunge und Geschmacksknospen frass. Vollkommen von Sinnen rappelte ich mich auf. In meinem Versuch schnell auf die Beine zu kommen trat ich auf Tom's Hand. Ein widerwertiges Knirschen hallte im Fahrstuhl wieder und drehte mir den Magen um. Mit dem Absatz meines Schuhs hatte ich seine Handknochen zermalmt.
Die Schritt draußen blieben abrupt stehen.
"Hast du das gehört?" fragte die Frauenstimme.
"Nein."
"Du hast wohl immernoch Blut im Ohr..."
"Pam..."
"Doch, da ist ein Herzschlag!"
"Hier sind überall Herzschläge. Wir sind in der verdammten Großstadt!"
"Wir leben sonst auch in einer Großstadt!"
"Shreveport ist was anderes! Es ist... okay, es charmant zu nennen geht wohl doch etwas zu weit. Aber es ist weitläufiger."
Die Frau schnaubte. "Und voller Hinterwälder"
Der Mann brummte. "Ja, die sind nun wirklich schon fast zu einfach zu lenken. Gott, es wird mir fast langweilig zu jagen dort..."
Oh Gott, sie waren irgendwelche kranken Südstaatler die sich die Menschenjagd zum Sport gemacht hatten. Warum sonst sollte Tom nun Tod zu meinen Füßen auf dem Boden liegen. Ich musste erschrocken aufgekeucht haben, denn das Gespräch draußen verstummte ein weiteres Mal.
"Okay, jetzt habe ich es auch gehört!"
Fuck. Fuck. Fuck.
Panisch schaute ich mich um. Es gab keinen Ort, an dem ich mich hätte verstecken können. Wir waren in einem verdammten Fahrstuhl.
Ich tat das Einzige was mir einfallen wollte um nicht direkt diesen beiden Mördern gegenüber zu stehen. Ich stellte mich seitlich neben die Tür und betete zu allen Göttern die mir auf die schnelle einfallen wollten, dass sie mich übersahen. Man konnte ja nie wissen wer zuhört.
"Komm raus, komm raus, wo auch immer du bist!" säuselte die Männerstimme tief und rauchig. Unter anderen Umständen hätte ich sie wohl als sexy beschrieben, aber dem Tod ins Auge blickend konnte ich nur heraushören wie kalt und kalkulierend sie war. Er spielte mit seinem Essen. Mir.
"Eric, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit. In 6 Stunden haben wir eine Audience mit Sophie-Ann, wegen der "big revelation" und dann vorher wollte ich aus meinem eingesautem Kleid heraus. Vielen Dank dafür übrigens..." zischte sie.
"Ich kauf dir ein neues!"
"Chanel!"
Der Mann knurrte.
"Was auch immer, aber vorher mach doch eben bitte oben "sauber" und dann warte beim Wagen. Ich muss das hier eben noch erledigen."
Eine Kaugummiblase platzte.
"Soll mir Recht sein. Beeile dich."
"Immer doch."
"Ha!"
Dann folgte ein Zischgeräusch wie ein vorbeirauschender Zug, ehe sich eine bedrohliche Stille ausbreitete.
Mein Herz in meiner Brust drohte zu zerspringen. Rauschen. Das war alles was ich noch hörte,. Was ich noch sah. Okay. Das wars. Meine letzte Minute auf dieser Erde. Ich war erstaunlich einverstanden damit. Immerhin würde ich den klaffenden Schmerz, den Toms plötzlicher Tod bei mir verursacht hatte nicht mehr viel länger andauern und dann hätte ich endlich frieden. Ich schloss die Augen.
Ich komme mein liebster.
Der Knopf für die Fahrstuhltüren wurde gedrückt und unter einem lauten Bing fuhren sie zur Seite während ich die Luft anhielt und nichts anderes tun konnte als zu warten.
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