twenty
Es war total warm, als ich an den Strand kam und ich sah Ethan bereits dort stehen. Er sah auf sein Handy, hatte seine Augen misstrauisch zusammengekniffen und wirkte generell einfach genervt.
Super.
Davon abgesehen sah er wirklich gut aus.
Ethan trug eine normale Jeans und ein eng anliegendes, weißes T- Shirt. Ich konnte sehen, wie seine unzähligen, trainierten Muskel darunter spielten.
Und ich Dummkopf hatte am Anfang gedacht dass es in Palm Beach im Herbst und Winter kalt sein würde, dabei herrschte hier das ganze Jahr die gleiche Wärme.
,,Warum bist du so spät?", fragte Ethan und musterte mich.
Ich fühlte mich unwohl und meine Haut kribbelte.
,,Ich stand im Stau", log ich, dabei hatten Ridley und Dad mich die ganze Zeit aufgehalten, weil sie von ihrer Geschäftsreise zurückgekommen waren und wir über ein paar Dinge geredet hatten. Das Thema Carrington's mied ich dabei ganz bewusst.
,,Wollen wir uns setzen?", fragte Ethan und deutete auf zwei Liegen, die am Strand standen.
Wortlos nahm ich Platz.
,,Also.." Ich wusste nicht ganz wie ich anfangen sollte, aber dann schüttelte ich den Kopf.
,,Wann hast du das letzte Mal gekokst?", fragte ich Ethan, der nicht lange überlegte, sondern schnell antwortete: ,,Gestern."
,,Entzugserscheinungen?"
,,Irgendwie ja. Mir ist schlecht, ich fühle mich zittrig und bin total im Arsch. Ich wusste nicht, dass es so hart werden würde", antwortete Ethan leise und mit gerunzelter Stirn.
Total komisch dass ich hier mit ihm saß und ihm bei so etwas privatem half, obwohl wir uns beide nicht mals leiden konnten.
Aber ich hatte Mitleid mit ihm und in solch einer Situation erinnerte ich mich immer an Mom und daran, dass ich ihr nicht helfen konnte.
,,Das ist normal. Okay, also, hör zu: Du musst viel Wasser trinken und davon abgesehen musst du dich ablenken. Dein Gehirn ist mittlerweile darauf trainiert in bestimmten Situationen Koks zu verlangen und deswegen musst du deinem Gehirn neue Möglichkeiten bieten, um die Situationen zu meistern", erklärte ich langsam und sah Ethan an, um zu sehen, ob er mich verstanden hatte.
Sein scharfgeschnittener Kiefer mahlte und er starrte stur geradeaus.
,,Das sind deine Tipps? Wasser trinken und Ablenken?", fragte er spöttisch. Seine Stimme wirkte dunkler und rauer als sonst.
Langsam verlor ich meine Geduld.
,,Du kannst noch Zink Tabletten nehmen. Zink entgiftet den Körper. Treib viel Sport, das ist Ablenkung und Entgiftung in einem. Eine gesunde Ernährung hilft auch noch, also versuch nicht deine Entzugserscheinungen in Fast Food zu ertränken. Alkohol solltest du nur noch wenig bis gar nicht trinken, das verlangsamt den Abbau von Koks nur und ist damit echt nicht hilfreich."
Ich knetete meine Hände und sah ihn nicht an.
,,Ich weiß nicht wie schwer das ist, aber ich kann es mir vorstellen. Die Hauptsache ist, dass du nicht aufgibst und wieder in alte Muster verfällst. Das ist scheiße für deine Psyche und das schlimmste was man bei einem Entzug machen kann, weil wenn du es immer wieder versuchst, aber es nicht durchziehst, dann hast du irgendwann das Gefühl, es gar nicht mehr zu schaffen."
So wie meine Mom, der all ihre Liebsten und selbst ihre eigenen Kinder nicht wichtig genug waren, um einen Entzug durchzuziehen.
Aber das verschwieg ich lieber.
Ethan seufzte und wirkte fast schon erschöpft, so als hätte er keine Kraft mehr. Dabei hatte all das Schlimme gerade erst begonnen.
,,Tut mir leid wegen eben. Ich bin einfach nur angepisst", gab er zu und massierte sich die Schläfen.
Ich atmete tief aus.
Das kannte ich nur zu gut von Mom.
,,Hast du heute schon was gegessen?", fragte ich ihn leise.
Er schüttelte leicht den Kopf und ich setzte mich gerade hin.
Wir hatten fast 7 pm und Ethan hatte noch nichts gegessen? Kein Wunder dass es ihm so schlecht ging.
,,Du musst dringend was essen", sagte ich zu ihm.
,,Erstens hab ich das Gefühl dass ich jeden Moment kotze und zweitens kenne ich nur Fast Food Restaurants", murmelte Ethan.
Er vermied Blickkontakt, genau wie ich. Das war mir viel zu intim.
,,Ist jemand bei dir Zuhause?", fragte ich schließlich seufzend.
Er schüttelte den Kopf.
,,Hanna ist beim Cheerleader Training bis neun, weil am Freitag ein Spiel ist und mein Vater und meine Mutter bei der Arbeit. Die kommen erst spät nach Hause, meistens so gegen 10."
Scheiße, hoffentlich würde ich meinen nächsten Satz nicht bereuen.
,,Komm schon. Wir kochen was zusammen. Du kannst doch kochen, oder?", fragte ich, als ich aufstand.
Ethan sah zu mir hoch und hatte einen Moment lang einen komischen Ausdruck in den Augen, den ich nicht benennen konnte. Dann stand er auf und schüttelte den Kopf.
,,Nein ich kann nicht kochen. Aber im lernen bin ich gut." Kurz hatte ich Angst dass er sich gezwungen fühlte, etwas mit mir zu machen, obwohl ich ihm helfen wollte und er meine Hilfe benötigte und nicht andersrum.
Aber dann zog er einen Mundwinkel leicht nach oben und sah mich an. Verdammt. ,,Aber ich bin gut im lernen. Soll ich fahren? Wir holen dein Auto später ab", sagte Ethan dann.
Etwas in meinem Bauch zog sich zusammen und ich nickte.
,,Ich bin froh wenn ich nicht fahren muss."
Als ich in den Jeep einstieg, stellte Ethan die Frage, vor der ich die ganze Zeit Angst gehabt hatte.
,,Warum weißt du so viel darüber?"
Ich hatte vor ihm wieder nicht zu antworten, aber er schüttelte leicht den Kopf, als er den Motor startete.
,,Ich vertraue dir gerade mehr an, als Tucker und Zac, also antworte einfach auf diese eine Frage."
Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Eigentlich wusste er die Antwort doch schon längst, Zac hatte bestimmt überall alle Details über den schrecklichen Tod von Mom rum erzählt.
,,Meine Mom", antwortete ich also nur mit erstickter Stimme und gab mir alle Mühe, den Kloß in meinem Hals herunter zu schlucken.
Ethan nickte nur und sagte nichts darauf.
Es fühlte sich gut an, dass er mich nicht weiter ausfragte.
Ich sprach mit niemandem über Moms Tod, selbst nicht mit Tracy. Und das sollte auch erstmal noch so bleiben, denn ich fühlte mich überhaupt nicht bereit dazu.
Aber die Tatsache, dass ich Ethan darauf geantwortet hatte, verwirrte mich.
Denn eigentlich waren wir weder Freunde, noch kannten oder mochten wir uns. Warum vertraute ich ihm sowas an?
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