sixtyone
Die nächsten Tage verliefen ohne weitere Ereignisse und somit fokussierten sich alle mehr oder weniger auf die anstehenden Weihnachtsfeiertage mit ihren Familien. Ich hatte keine Ahnung, was Dad dazu gebracht hatte, aber Ethan war tatsächlich zu unserem alljährlichen Weihnachtsessen eingeladen. Zwar traute Dad Ethan noch nicht genug, um ihn zu dem großen Familienessen einzuladen, bei dem alle meine Verwandten waren, aber immerhin durfte er zu dem Essen kommen, das nur aus Dad, Ridley und mir bestand.
Und auch die Carringtons zeigten sich mir gegenüber freundlicher als erwartet. Sie hatten mich am ersten Weihnachtstag zu einem Brunch eingeladen und ich kam nicht drumherum mich zu fragen, ob sie irgendwas hinterlistiges geplant hatten.
Aber fürs Erste freuten Ethan und ich uns, dass sich unsere Familien doch zu so etwas ähnlichem wie Akzeptanz unserer Beziehung gegenüber entschieden hatten.
Was Zac anging: er kam klar. Wir alle machten uns Sorgen um ihn und es war wirklich ungewöhnlich, dass er fast nichts mehr mit Ethan und Tucker unternahm. Immer wenn irgendjemand von uns versuchte ihn zu erreichen, ging er nicht ran. Er kam nur noch ab und zu in die Schule.
Das einzige was er gerade empfand war Wut auf die Welt und irgendwie verstand ich ihn. Das was sein Dad abgezogen hatte war einfach nur beschissen. Ich hatte deswegen beschlossen, ihn zu besuchen, nachdem ich mich um die anderen Sachen gekümmert hatte, die heute auf meiner to-do Liste standen.
Und jetzt stand erstmal an, dass Ethan und ich endlich unser Projekt für Wirtschaft fertig bekamen. Ansonsten würde uns Mister Harkley eigenhändig köpfen. Tatsächlich hatte Dad mir erlaubt, dass ich für das Projekt zu Ethan durfte, also stand ich nun vor dem protzigen Anwesen der Carringtons und wartete darauf, dass Ethan mir endlich öffnete.
Aber anstatt Ethan, öffnete mir eine breitgrinsende Hanna die Tür.
,,Hey", begrüßte ich sie erfreut, als ich sie umarmte.
Sie trug eine lockere Jogginghose und ein Sweatshirt und mal wieder bewunderte ich sie dafür, wie hübsch sie selbst in Gammler Sachen aussah.
,,Wie geht's?", fragte sie, als sie zur Seite trat, damit ich reinkommen konnte.
,,Gut und dir?"
Schnell zog ich mir meine Schuhe und meine Jacke aus, bevor ich sie erwartungsvoll ansah.
,,Gut." Sie nickte. ,,Tucker und Ethan spielen im Wohnzimmer FIFA", fügte sie dann beiläufig hinzu.
Ich zog beide Brauen hoch, aber Hanna zuckte nur mit den Schultern und grinste.
,,Um ehrlich zu sein bin ich ziemlich froh dass du gekommen bist. Tucker wollte eigentlich was mit mir unternehmen, aber du siehst ja was darauf geworden ist", flüsterte Hanna, als wir ins Wohnzimmer traten.
Die Jungs bemerkten gar nicht dass wir hier waren, so vertieft wie sie in das Spiel waren.
Plötzlich sprang Tucker auf, feuerte den Controller auf die Couch und fluchte laut, während Ethan sich zufrieden grinsend zurücklehnte und den Wutanfall von Tucker beobachtete.
Hanna räusperte sich, woraufhin uns beide überrascht ansahen.
Tucker lächelte entschuldigend und hob die Hand, so als hätte er eben nicht einen halben Wutanfall wegen einem verlorenem Spiel gekriegt.
Ich schmunzelte, bevor auch ich die Hand hob und wank.
Auch Ethan erhob sich, bevor er auf mich zukam. Er streckte sich kurz, woraufhin sein Kapuzenpullover hochrutschte und einen schmalen Streifen seiner glatten, leicht gebräunten Haut preisgab.
Lässig kam er auf mich zu, fuhr mit seiner Hand in meine Haare und küsste mich. Keine Ahnung wie er das immer schaffte, aber in seiner Gegenwart schlug mein Herz schneller.
Er zog beide Mundwinkel nach oben, als er sich leicht von mir entfernte und mich ganz genau musterte.
Ich trug wieder eine schwarze Leggings und einen hellen, übergroßen Pullover. Nichts besonderes. Und trotzdem sah Ethan mich so an, als hätte er nie etwas schöneres gesehen.
,,Ihr könnt hochgehen, wenn ihr alleine sein wollt", machte uns Hanna darauf aufmerksam, dass sie unser Verhalten abstoßend fand.
,,Gute Idee", erwiderte Ethan trocken, ohne sie auch nur anzusehen, bevor er meine Hand ergriff und mich hinter sich herzog.
Als ich noch einen Blick hinter mich warf, sah ich, dass Tucker und Hanna leise miteinander tuschelten. Augenverdrehend folgte ich Ethan in sein Zimmer.
Er schloss die Tür hinter uns, bevor er mich gegen sie presste. Überrascht zog ich die Luft ein, bevor ich ihn fragend ansah.
,,Wie lange waren wir schon nicht mehr alleine?", fragte er mich leise, bevor er sich herunter beugte und eine Spur aus Küssen von meinem Mundwinkel über meinen Hals zog.
Als er bei meinem Schlüsselbein angekommen war, konnte ich keinen klaren Gedanken fassen, also brauchte ich einige Anläufe, um zu mir zu kommen.
,,Erst die Arbeit, dann das Vergnügen", sagte ich zu ihm.
Ethan's Augen blitzten herausfordernd auf, aber als ich ihn nur weiter ansah, knickte er ein und entfernte sich leicht von mir.
,,Na gut", lenkte er ein, bevor er sich leicht von mir entfernte und sich beinahe entkräftet auf das Bett fallen ließ.
Leise lachend schüttelte ich den Kopf, nahm Platz auf seinem Schreibtischstuhl und begann meine Schulsachen rauszuholen.
Das würden anstrengende Stunden werden.
...
Abgesehen von einer Mittagspause, bei der Ethan und ich zusammen mit Tucker und Hanna Pizza aßen, arbeiteten wir konzentriert und schafften es tatsächlich, alles fertig zu stellen.
Die Grundidee mit dem Armband, welches überprüfte, ob K.O.-Tropfen im Drink sind, stand immer noch und deswegen war es Ethan und mir relativ einfach gefallen, darauf aufzubauen.
Ich hatte eine mehr oder weniger gute Skizze angefertigt, die das überarbeitete Design zeigte.
In der Zwischenzeit hatte Ethan die Power Point fertig gestellt und sich etwas überlegt, um theoretisch die Reaktionszeit zu verschnellern.
Am Ende lag ich erschöpft in Ethan's Bett und lauschte einen Moment seinem ruhigen Atem, bevor ich mich widerstrebend aufrichtete. Ethan, der bis eben neben mir gelegen hatte, richtete sich halb auf und sah mich verwirrt an. Ihm hing eine lockige Strähne ins Gesicht, die ich gedankenverloren in einer fast schon selbstverständlichen Geste von seiner Stirn strich.
,,Wo willst du hin?", fragte er mich.
Es war bereits 4 pm und wenn ich mich nicht bald auf den Weg zu Zac machte, würde ich noch bis in den tiefen Abend unterwegs sein.
Ethan wusste nichts von meinem Plan bezüglich Zac und das folgende zu schildern, kostete mich mehr Überwindung als ich gedacht hatte.
,,Ich wollte noch zu Zac fahren. Ihm geht's in letzter Zeit offensichtlich nicht so gut und deswegen rede ich mal mit ihm", erklärte ich und registrierte, wie Ethan seine Brauen immer weiter zusammen zog.
,,Ich komme mit", beschloss er kurzerhand und rutschte bereits vom Bett herunter.
,,Ethan, du kennst Zac. Er würde niemals irgendwas zugeben, wenn mehr als eine Person bei ihm ist. Ich bin mir noch nicht mal sicher, ob er sich mir anvertraut."
,,Und dann willst du einfach alleine zu Zac? Das ist keine Lösung. Du weißt, wie er mit Mädchen umgeht. Ich bin schon seit einer halben Ewigkeit mit ihm befreundet, aber er kennt seine Grenzen nicht und ich will nicht, dass er in deiner Gegenwart ausrastet und was falsches macht."
Sein Gesichtsausdruck wirkte beinahe gequält, denn er wusste dass ich Recht hatte, aber er eben auch. Wobei ich mir fast sicher war, dass Zac mir nichts tun würde. Er kannte mich seit ich klein war und auch wenn Zac ein wirkliches Arschloch war, war er eben auch nur ein Mensch - ein Mensch, den ich trotz seinem Verhalten zu einem meiner Freunde zählte. Und wenn er mich brauchte, dann war ich für ihn da. Irgendwie wusste ich, dass er auch - auf seine eigene Art und Weise - für mich da sein würde, wenn ich ihn brauchte.
,,Wenn was ist rufe ich dich an, versprochen. Und danach können wir alle zusammen essen gehen. Mit Hanna, Tracy, Tucker und Zac", schlug ich vor. Als er mich immer noch skeptisch ansah, beugte ich mich zu ihm hinüber und legte ihm meine Arme um den Nacken. ,,Vielleicht kann ich meinen Dad davon überzeugen, dass ich bei Tracy schlafe, aber stattdessen schlafe ich bei dir", setzte ich noch einen drauf. Als ich das funkeln in Ethan's Augen sah, wusste ich dass ich gewonnen hatte.
Mir war schon klar, dass Ethan mir nichts vorschreiben würde und selbst wenn, dann würde ich sowie so immer nach meinem eigenen Willen handeln, aber so war das für uns beide eine ziemlich gute Lösung. Und auch wenn ich es niemals offen zugeben würde, vermisste ich die wirkliche, körperliche Nähe zu Ethan.
,,Pass auf dich auf, Ginger. Nur ein Anruf und ich bin bei Zac. Er soll dir nicht zu nah kommen", sagte Ethan leise, bevor er mir seine Hände auf die Hüfte legte und mich auf seinen Schoß zog, als würde ich nichts wiegen.
,,Er ist kein Mörder", sagte ich belustigt von Ethan's Überfürsorglichkeit.
Gedankenverloren wickelte sich Ethan eine Strähne meines Haares um den Finger. ,,Schon klar. Aber pass trotzdem auf dich auf. Genau das gleiche würde ich sagen, wenn du zu irgendeinem anderen Jungen gehen würdest", erklärte er mir.
Ich hab ihm einen kurzen Kuss und dachte darüber nach, ihm noch einmal zu sagen, was ich ihm bereits am Abend der Gala gesagt hatte. Wir hatten das danach nicht mehr angesprochen, irgendwie war das völlig untergegangen in allem anderen.
Bevor ich weiter grübeln konnte, flüsterte Ethan: ,,Ich liebe dich."
Einen Moment setzte mein Herz aus, so als würde ich diese Worte zum ersten Mal hören, bevor es in doppelter Geschwindigkeit weiter schlug.
,,Ich liebe dich", erwiderte ich ungewöhnlich zaghaft, was Ethan zum Lächeln brachte.
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