Es war total komisch, dass Ethan und Ridley sich so gut verstanden.
Kaum hatten sie ein Gesprächsthema gefunden - natürlich Football - hörten sie gar nicht auf, darüber zu reden.
Ich saß dabei, aß meine Margherita und hörte aufmerksam zu, obwohl ich kein Wort verstand.
Ein leichtes Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus, denn die Tatsache dass die beiden sich so gut verstanden, gab mir das Gefühl von Erleichterung.

,,Wann wollt ihr es Dad sagen?", fragte Ridley mich dann plötzlich. Überrascht sah ich ihn an.
Wie schnell hatte er bitte das Thema gewechselt?
So schnell wie er das Thema gewechselt hatte, verschwand auch meine Erleichterung.

,,Keine Ahnung", gab ich zu und seufzte.
Ethan sah mich an und zog seine Mundwinkel ganz leicht nach oben, sein Blick wurde ganz sanft und genau das gab mir ein Gefühl der Sicherheit.

,,Mach es schnell, du weißt, dass er es nicht mag wenn du ihm etwas verschweigst. Er wird sauer sein, aber irgendwann wird er sich beruhigen", erklärte mir Rid', was ich mit einem Nicken kommentierte.

Der Rest des Essens ging schnell herum. Zum Glück hatten wir die ganze Zeit genug Gesprächsthemen, was wohl auch daran lag, dass Ridley im typischen Smalltalk und all diesem Zeug echt gut war.

,,Zeit zu gehen, Ethan. Wenn du auch noch hier schlafen würdest wäre das zu viel des Guten", beendete Ridley schließlich den Abend.
Es war bereits 10 Uhr Abends, Ridley war wirklich schon „nett" zu Ethan gewesen.

,,Danke, dass ich hierbleiben durfte", sagte Ethan und streckte Ridley die Hand hin, um sich zu verabschieden.
Leicht schmunzelte ich und sah zu, wie Ridley den von Ethan formell gemeinten Handschlag in einen typischen Männer Handschlag umwandelte.
Ethan versteckte seine Überraschung so gut er konnte.

,,Das war eine Ausnahme, warte ab, bis unser Vater wieder da ist", erwiderte Rid' nur belustigt.
Ethan verzog keine Miene und nickte einfach nur.

,,Ich bring dich noch zur Tür", sagte ich dann zu Ethan, als er mich ansah.

,,Ich mag deinen Bruder, er passt gut auf dich auf", sagte Ethan dann schlicht zu mir, als wir im Flur kurz vor der Haustür standen.
Ich lächelte.

,,Ich glaube er mag dich auch ganz gerne", flüsterte ich ihm verschwörerisch zu und stellte mich auf Zehenspitzen, um mit ihm einigermaßen auf gleicher Höhe zu sein.
Er legte mir beide Hände auf die Taille, während ich mich Halt suchend an seinem Shirt festklammerte.
Vorsichtig küsste er mich, so als könnte ich jeden Moment zerbrechen. Mein Herz schlug so schnell, dass ich Angst hatte umzukippen. Wann immer Ethan mich berührte geschah das und es gefiel mir. Mit ihm war alles so intensiv, so empfand ich bei niemand anderem und ich hatte Angst dass das alles irgendwann enden würde.

,,Soll ich dich morgen abholen? Dann musst du nicht fahren", bot er schließlich leise an.
Ich lächelte so breit, dass mir meine Wangen bald wehtaten und nickte so heftig, dass Ethan lachen musste.
,,Bis morgen." Er gab mir noch einen kurzen, leichten Kuss und ging dann aus der Haustür.
Einen Moment blieb ich noch im Flur stehen, so lange bis ich hörte dass Ethan's Motor röhrend anging und ich das Knirschen der Kieselsteine hörte, als er vom Grundstück fuhr.

In der Küche räumte Ridley bereits die leeren Kartons und die Gläser weg.
,,Du machst mehr im Haushalt als früher", merkte ich an.

Ridley zuckte unbeeindruckt mit den Schultern.
,,Was bleibt mir anderes übrig, wenn wir immer noch kein Personal haben?", erwiderte er.

,,Mom wäre stolz auf dich", merkte ich ganz sanft an, um ihn nicht zu verschrecken.
Bei uns sprach man nicht mehr über Emotionen, seitdem Mom weg war. Und erst Recht nicht über die. Aber Dad war im Moment weg und dann war Ridley wenigstens etwas offener für so etwas.
Einen Moment verharrte Ridley mitten in seiner Bewegung, dann machte er stockend weiter.

,,Ich glaube sie wäre nur stolz auf dich. Weil du die einzige bist, die das repräsentiert, für das sie immer stand." 
Mir blieb fast die Luft weg, als Ridley das aussprach. Er war nie so offen und die Tatsache, dass er so dachte, überraschte mich.

,,Rid', das stimmt doch nicht. Du weißt genau wie ich dass Mom nie einen Unterschied zwischen uns beiden gemacht hat. Natürlich ähnelst du mehr Dad und ich mehr Mom, aber das ist ganz normal und in Ordnung. Sie wäre stolz auf uns alle." 
Einen Moment wartete ich auf eine Reaktion von ihm, aber er starrte nur ins Leere.
,,Komm schon her, großer Bruder", forderte ich ihn schließlich auf. Einen Moment rührte er sich nicht, aber dann kam er zu mir und ich öffnete meine Arme, damit ich ihm eine feste Umarmung geben konnte.

,,Ich hab dich lieb, auch wenn ich es oft nicht zeige", hab er flüsternd zu, was ich damit kommentierte dass ich ihn noch fester drückte.

,,Warum triffst du dich nicht mehr mit deinen alten Freunden?", fragte ich Ridley, als wir uns gelöst hatten. Er und ich redeten nie über all das und heute war meine Chance auch nur annähernd etwas über seine Gefühle und Gedanken herauszufinden.
Ridley war immer derjenige der lieber schwieg, als zu reden. Mom musste alles aus ihm herausquetschen und sie war die einzige von uns allen mit der er auch nur annähernd über seine Probleme sprach.

,,Irgendwie haben wir alle keinen Kontakt mehr miteinander, seitdem wir auf verschiedene Colleges gegangen sind. Und es ist schwierig mit Leuten befreundet zu sein, die ein anderes Leben führen als man selbst." Er zuckte mit den Schultern, so als würde es ihn nicht interessieren. ,,Mach dir keine Sorgen, Vic. Ich habe genug Freunde in der Firma."
Er lächelte leicht, wodurch sein Gesicht direkt viel sanfter wirkte. Und er wirkte ehrlich, was das wichtigste war.

Erleichtert atmete ich aus.
,,Hab' mir schon Sorgen gemacht."

,,Das tust du immer", erwiderte er schlicht und strubbelte mir durch meine Haare.
Ich quietschte und versuchte irgendwie, ihm auch seine Frisur zu vermiesen.
Lachend wich er aus und schnipste mir nochmal gegen die Stirn.

,,Du Idiot", rief ich empört und versuchte erneut ihm eins auszuwischen.
Obwohl ich auf wütend tat, war ich doch unglaublich erleichtert und froh. So unbeschwert war es zwischen Ridley und mir seit langem nicht mehr gewesen.