xxviii. ERKENNTNIS
"Draco", quiekte ich. Ich konnte meine Freude nicht verbergen, obwohl mir Crabbe und Goyle misstrauische Blicke zuwarfen, als ich mich gerade noch davon abhalten konnte, ihn zu umarmen. Ich wusste selbst nicht, was in mich gefahren war, aber das Gespräch mit Draco hatte mich auch verändert. Ich war jetzt viel motivierter, und ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal sagen würde - aber er gab mir das Gefühl, verstanden zu werden. Ja, ausgerechnet Draco Malfoy...
Ich sah, dass auch Draco damit zu kämpfen hatte, eine neutrale Miene beizubehalten.
"Lestrange", sagte er mit hochgezogenen Augenbrauen. Wenn dieser Ausdruck früher noch arrogant auf mich gewirkt hat, so konnte ich diesmal hinter die Maske sehen, und fühlte mich kein bisschen davon beleidigt.
Ich wusste, dass wir hier, in der großen Halle wohl eher weniger reden konnten, weshalb ich meinen Blick unauffällig nach oben wandern lies, in die Richtung des Ravenclaws Gemeinschaftsraumes. Unmerklich nickte Draco.
Ich warf mein Haar hinter die Schultern, und stolzierte zum Ravenclaw Tisch um Luna aufzulesen und mit ihr zum Gryffindor Tisch zu gehen. Ich quetschte mich zwischen Ginny und Hermine.
"Na, was gibt's?".
Das war nach den Weihnachtsferien mein erstes Essen in Hogwarts. Ich hatte alle zwar schon begrüßt, aber dann hatte ich meinen Koffer ausgepackt. Über den Stoff den ich verpasst hatte machte ich mir weniger Sorgen. Ich hatte auch früher nie wirklich mitgelernt, das meiste konnte ich ohnehin.
"Nichts, eigentlich", sagte Hermine nachdenklich.
"Ich war einen Monat lang nicht hier, und nichts ist passiert?", fragte ich ungläubig.
Die drei wechselten einen bedeutungsvollen Blick.
"Was denn?", hakte ich mit klopfendem Herzen nach.
"Du weißt das doch bestimmt, oder?", fragte Ron zögernd. Seine Wangen wurden knallrot, und er sah hilflos zu Hermine.
"Von dem Großinquisitionskommando? Dir wurde doch bestimmt davon erzählt, oder?", fragte sie langsam, als wäre ich ein Kleinkind.
Nun raste mein Herz. "Nein! Was ist das denn?". Meine Stimmlage war mindestens zwei Oktaven höher.
Ron räusperte sich. Harry starrte die ganze Zeit nur wütend in die Luft, und das Glas in seiner Hand drohte zu zerspringen.
Hermines Augen verengten sich zu dünnen Schlitzen. "Es wird angeleitet von Umbridge".
"Aber wieso denn? Was tut sie damit?", wollte ich wissen.
Sie zuckte mit den Schultern. "Das Ministerium will Hogwarts kontrollieren, übernehmen. Mit Dumbledore als Schulleiter, einer ihrer größten Rivalen derzeit, ist ihnen das unmöglich. Umbridge als einfache Lehrkraft zu haben war ihnen nicht genug. Also ist sie jetzt Großinquisitorin. Aber ich befürchte, dass es dabei nicht bleiben wird".
"Du meinst sie wollen Dumbledore raushauen?", fragte ich mit aufgerissenen Augen.
Sie löste ihren Blick von ihrem Orangensaft auf den sie die letzten paar Minuten gestarrt hat, und sah mich nun direkt an. "Ich meine es nicht. Ich habe nur eine dunkle Vorahnung. Aber ich hoffe, dass sie sich als falsch erweisen wird", sagte sie, und ich merkte, dass sie mit ihren Gedanken nicht im Speisesaal war, sondern meilenweit entfernt.
Ginny beugte sich zu mir, und flüsterte: "Wir müssen aufpassen. Denn Dumbledores Armee darf auf keinen Fall von dem Inquisitionskommando erwischt werden".
Ich schlug mir die Hand vor den Mund. "Die Treffen!", schrie ich.
"Pssssst!", zischten fünf Personen um mich herum auf einmal, und zogen somit nur noch mehr Blicke auf uns.
Wir senkten die Lautstärke. "Ich hab ja total vergessen! Wieso hat mich keiner von euch erinnert? Wieso ist mir das denn nicht aufgefallen?", fragte ich beinahe schon verzweifelt.
"Du warst wie ein Roboter seit November. Du warst ja kaum ansprechbar", erklärte Ginny.
Schlagartig wurde mir bewusst, dass sie wahrscheinlich Recht hatte. War es so schlimm gewesen? Hatte ich mir so sehr eingeredet, dass ich schlimmere Probleme als die anderen hatte, dass letztendlich ich mich von ihnen differenziert habe, und nicht die unterschiedlichen Probleme?
"Es tut mir so leid", sagte ich mit tränenerstickter Stimme. Die Erkenntnis raubte mir den Atem, und völlig überfordert verließ ich die große Halle.
"Grace".
Ich sah mich um, doch die Tränen verschleierten meinen Blick.
Ich sah einen Blondschopf vor mir auftauchen, und spürte eine Hand um mein Handgelenk, die uns aus dem Blickfeld der anderen zog.
"Draco", murmelte ich, und wandte meinen Blick ab. Ich wollte nicht, dass er mich so sah.
"Was ist denn los?", fragte er mich scharfsinnig.
"Nichts", log ich.
Er seufzte. "Dann eben nicht", und wollte sich abwenden.
"Warte!", rief ich ihm hinterher.
Er drehte sich um und sah mich erwartungsvoll an.
"Ich möchte darüber nicht sprechen. Aber das heißt nicht, dass ich gar nicht mit dir sprechen will".
Er sah mich nachdenklich an, und dann schlich sich ein leises Lächeln auf seine Lippen. "Gehen wir in dein Zimmer".
Ich starrte ihn überrascht an, doch schon zog er mich mit sich.
"Aber - du darfst gar nicht zu den Mädchen ins Zimmer!", protestierte ich.
Er zwinkerte mir zu. "Es hat gewisse Vorteile Vertrauensschüler zu sein".
Ich dachte daran, wie Dumbledore mir persönlich angeboten hatte, Vertrauensschüler zu sein. Damals hatte ich abgelehnt, doch jetzt bereute ich meine Entscheidung. Schon wieder erkannte ich, wie sehr ich mich von den anderen entfernt hatte. Die Vorstellung, meine Zeit mit so etwas wie Vertrauensschülerkram zu verschwenden, war mir so abwegig vorgekommen, dass ich es nicht einmal in Betracht gezogen hatte. Doch das war genau das, was ich gebraucht hätte. Normale Sachen. Die mich mit den anderen wieder verbanden. Vielleicht würde ich Dumbledore darauf ansprechen, ob ich doch noch ein Abzeichen bekommen könnte.
Sobald die Tür zu meinem Zimmer aufflog, presste Draco mich an die Wand.
Sein Gesicht war meinem Nahe, und er jedes meiner Körperteile berührte eines seiner. "Bereit?", hauchte er.
"Bereit wenn du es bist", antwortete ich, und begierig pressten wir unsere Lippen aufeinander.
Es war ein inniger Kuss, und seine Arme umschlangen meine Taille.
Ich wollte mehr. Und ich wusste, dass es ihm genauso ging.
Doch wir mussten warten, das wussten wir auch beide, und in diesem Moment war es mein größtes Verlangen, gegen dass ich ankämpfen musste. Wir durften nicht zusammen sein.
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