xxi. STOCKHOLMSYNDROM
"Draco Malfoy?", fragte Sirius verwundert.
"Wir sind irgendwie zusammen aufgewachsen. Ist doch nicht absurd", sagte ich, "wie das Stockholm-Syndrom".
"Wenn man sich an seinen Entführer gebunden fühlt?", fragte Remus mich mit hochgezogenen Augenbrauen.
Ich zuckte mit den Schultern. "Naja, man wohnt bei beiden mit jemandem zusammen, unfreiwillig, den man verabscheut. Und dann hat man eine Art Bindung zu der Person, und fühlt sich ungewollt verantwortlich, als würde man in der Schuld des Anderen stehen, und kann nicht anders als eine gewisse Verbindung zu haben", erklärte ich trocken.
Sirius sah mich verständnislos an, während Remus ein wenig zu verstehen schien. "Ich weiß was du meinst. Ich bezweifle es jedoch bei dem Malfoy-Jungen, so wie ich ihn erlebt habe".
"Er hat trotzdem Gefühle", blaffte ich ihn an.
Abwehrend hob er die Hände über den Kopf. "Schon gut", beschwichtigte er mich.
Dann fiel mir auf, was für einen Radau ich veranstaltete, um nichts und wieder nichts. Luna hatte recht: Ich hatte mich verändert, aber nicht zum Guten. Aus dem schüchternen mir, wurde das schnippische mir, und ich mochte es ganz und gar nicht. Ich hatte nur satt, alles auf mir sitzen zu lassen, und mich preiszugeben, mich und die, die ich liebte, nicht verteidigen zu können.
Doch dann merkte ich, dass die, die ich liebte, hier mit mir in der Küche waren, und nicht sie an all dem Schuld waren.
"Alles in Ordnung?", fragte Remus mich, als er meinen Gesichtsausdruck sah.
"Es tut mir leid", sagte ich unter Tränen, "ich bin so - rebellisch. Das tut mir leid", sagte ich, und ich hörte Schritte, die sich entfernten. Sirius hatte den Moment uns überlassen, so wie Remus es bei ihm und Harry auch getan hätte.
"Ich habe das nur nicht mehr ausgehalten. Alles - mein ganzes Leben halte ich bald nicht mehr aus! Es gibt nur noch Probleme, und es gibt NICHTS an dem ich mich festhalten kann! Dumbledore hat keine Ahnung was mit mir los ist, ich meine - jemand wie Dumbledore! Wie soll ich als Schulmädchen in Hogwarts, dort gefangen, denn etwas herausfinden, geschweige denn unternehmen?", schluchzte ich verzweifelt.
Remus strich mir ein wenig unbeholfen über die Schulter, weil er immer noch dachte, ich würde ein wenig Angst vor ihm haben, weil er ein Werwolf war.
"Das erwartet doch keiner von dir. Du musst gar nichts tun!", sagte er.
Ich sah ihn kopfschüttelnd an. "Denkst du, wenn ich von lauter verrückten Sachen träume, die mir den Verstand rauben, kann ich tatenlos dasitzen, und bei jedem dieser Sachen zu Dumbledore rennen? Und es dann sofort wieder vergessen, während über mich in euren Sitzungen diskutiert wird, und ihr alle Entscheidungen über mich trefft?", fragte ich.
Remus schüttelte entschieden seinen Kopf. "Wir treffen keine Entscheidungen über dich - über prinzipiell fast gar nichts. Wir sind nur die Lakaien".
"Dann tut es eben Dumbledore. Weder Harry, noch ich werden miteinbezogen. Wobei Harry wenigstens keine - Visionen hat", sagte ich.
Dann starrten Remus und ich uns an. Er schnappte nach Luft.
"Visionen", flüsterte er. "Wenn es das ist? Wenn du in die Zukunft sehen kannst?", fragte er unsicher.
"Ich werde Dumbledore fragen", sagte ich, "und ich werde ihn bitten, mich in den Orden zu lassen", sagte ich entschlossen.
"Er wird nein sagen, Harry hat schon alles versucht".
"Aber wenn - Remus, wenn ich wirklich in die Zukunft sehen kann, dann wäre es überaus wichtig für mich, im Orden zu sein! Ich kann doch meine Träume nicht von den - nennen wir es vorerst Visionen, nicht unterscheiden. Wenn ich nicht weiß, was bedeutungsvoll und was nicht, müsste ich doch von jedem einzelnen meiner Träume erzählen, jedem einzelnen meiner Vorahnungen!", schoss es aus mir heraus.
Remus sah nicht begeistert von der Idee aus, denn er verzog sein Gesicht.
"Findest du das denn nicht?", fragte ich erschrocken.
"Doch, leider schon, das Argument ist wirklich gut. Aber mir behagt die Vorstellung nicht, dass du im Orden bist", sagte er.
Bitter lachte ich. "Denkst du, ich stelle mir gerne vor, wie du bei den Werwölfen bist? Was denkst du, wie oft ich geträumt habe, dass du von ihnen zerfleischt wirst", sagte ich.
Er sah mich traurig an.
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Am späten Nachmittag schon, erreichte mich überraschenderweise eine Eule - und als ich sie erkannte, staunte ich nicht schlecht. Es war die Eule der Malfoys.
Es war nie heute geplant gewesen.
Sie wollen es bei der Anreise tun.
Sie sind euch dabei eindeutig überlegen, komm nicht zurück.
Der, der dich hasst
Ich seufzte auf. Die Botschaft in der Nachricht war nicht unbedingt der Grund, der mich aufseufzten ließ, sondern viel mehr die Quelle, die ich einerseits nur sehr ungern preisgeben würde, Draco zuliebe, andererseits konnte ich es mir aber auch nicht leisten, die Botschaft zu verschweigen.
Ich hätte jetzt gerne jemanden an meiner Seite, der unparteiisch war, und Draco nicht verurteilen würde. Und bei dem nächsten Einfall, fühlte ich mich noch ein wenig schlechter - Snape.
Irgendwie bekam ich es also hin, mich unauffällig zu erkundigen, wann Snape im Hauptquartier sein würde - und wurde schon wieder überrascht. Gleich heute, denn er würde Harry Okklumentik Unterricht geben.
Als er also etwa um halbzehn Uhr abends wiederkam, fing ich ihn rechtzeitig ab.
"Professor Snape", rief ich, als er in die Eingangshalle trat, und er schielte auf das Bild von Mrs. Black.
"Tut mir leid", fuhr ich mit leiserem Ton fort, "kann ich - Sie sprechen", sagte ich, und als er keine Miene verzog, sah ich zu Tonks und Molly, die miteinander sprachen.
"Gehen wir hinauf", sagte er also, und ich nickte dankbar.
Wieder waren wir in dem Raum, von dem ich keine Ahnung hatte, was er überhaupt war.
"Nun", begann Snape, und mich ließ das Gefühl nicht los, dass er mich in letzter Zeit für seine Verhältnisse seltsam nett behandelte.
"Es geht um Draco", begann ich zögernd.
"Verschwenden Sie etwa meine Freizeit wegen Liebesratschlägen?", fragte er, und er kräuselte seine Lippen zu einem spöttischen Grinsen.
Hatte ich mich verhört? Wie kann er von dem Kuss wissen...?
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