xvii. ENTSCHIEDEN
Am nächsten Tag stand ich ewig lange vor dem Spiegel. Versteht mich nicht falsch, für gewöhnlich war ich überhaupt nicht oberflächlich oder achtete auf mein Aussehen - aber ich musste mich vorbereiten. Ich würde beim Frühstück alle wiedersehen - Harry, Ron, Hermine, Ginny... Sie würden mich mit Fragen durchlöchern, auf die ich auf keinen Fall eingehen durfte, denn das wäre der Tod eines mir Liebsten.
Das erste Mal in meinem Leben legte ich an diesem Tag Schminke auf. Mit schwarzem Kajal unterrahmte ich meine hellgrünen Augen, ich ließ meine Wimpern durch Maskara voller und länger wirken, und verwendete auch ein wenig Concealer. Es war als hätte ich eine Maske aufgesetzt (die ich heute auch brauchte).
Ich trug Stiefeletten mit hohem Absatz, als ich in die große Halle ging. Schnurstracks ging ich auf einen Teil des Gryffindor-Tisches zu, wo niemand den ich kannte saß.
"GRACE?". Es war Ginnys Stimme. Sie kam auf mich zugestürmt und fiel mir heftig um den Hals.
"Lass mich los", sagte ich mit einer Stimme die nicht meine war.
Ginny ließ von mir ab und musterte mich von oben bis unten. "Was ist passiert? Erzähl mir alles!". Sie sah ziemlich besorgt aus.
"Nein". Hinter ihr tauchten Harry, Ron und Hermine auf. "Lasst mich in Ruhe. Und zwar alle!". Das Brennen in meinen Augen verdrängte ich innerhalb vom Bruchteil einer Sekunde. Dafür war hier kein Raum. Ich musste meine Rolle gut und überzeugend spielen.
Ich ging wieder in meine Ecke und knabberte an einem Toast herum, ohne wirklich etwas zu essen. Es fühlte sich an als wäre ich high. Als wäre ich auf einem Trip, von dem ich nie wieder hinunterkommen durfte, denn sonst würde alles eistürzen.
Mir war klar, dass diese Sache kein endgültiges Ende war. Meine allerbesten Freunde würden mich nicht einfach im Stich lassen, nur weil ich sie einmal abgewiesen hatte - immerhin war ich das letzte Mal als sie mich gesehen hatten von Todessern entführt worden.
Die angespannte Stimmung die unter fast allen Gryffindors herrschte erreichte ihren Höhepunkt, als ich am immer noch ersten Tag mit den Slytherins Zaubertränke hatte.
"Grace", flüsterte Harry, der in dem Fach leider immer neben mir saß.
"Ich will nicht mit dir reden", fauchte ich zurück.
"Wir wissen, dass du erpresst wirst. Niemand glaubst, dass du auf einmal einen Sinneswandel hattest". Er sah mich kalkulierend an.
"Das habe ich auch nie behauptet. Nur, dass ihr mich verdammt noch Mal in Ruhe lassen sollt".
"Du wirst also erpresst?".
Ich warf ihm einen tödlichen Bick zu. Was erwartete er eigentlich? Wenn er schon davon ausging, dass ich erpresst wurde, dann könnte er sowieso keine Informationen aus mir herausbekommen. Das war doch der Sinn dahinter erpresst zu werden. Man schwieg.
"Mister Potter, was geben Sie denn so Interessantes von sich, dass es nicht bis zur Pause warten kann?", ertönte Snapes höhnische Stimme.
Harry sah ihn finster an. "Nichts, Professor. Wir haben nur über den Trank geredet".
"Ach. Und wollen Sie uns an Ihren hellen Gedanken teilhaben lassen?".
"Nein, SIR. Immerhin sollte mit dieser Anleitung jeder imstande sein, einen Trank herzustellen. Ich will ja nicht, dass jemand verringertes Lernpotenzial aufweist weil ich alles wiederhole".
Snape sah ihn an, als wolle er ihn erwürgen. "Nachsitzen, Potter. Freitag".
Harry setzte eine gleichgültige Miene auf, obwohl ich mir sicher war, dass er sich darüber ärgerte, so übertrieben zu haben.
"Professor, ich fühle mich von Harry belästigt. Darf ich Partner tauschen?", fragte ich mit fester Stimme. Auf einmal waren alle Blicke auf mich gerichtet. Die der Gryffindors waren vorwurfsvoll und überrascht. Ich werde Harrys Gesichtsausdruck nie vergessen. Er sah so verletzt aus - zurecht.
"Natürlich, Grace". Snape sah sich um. "Zabini. Sie gehen zu Potter. Grace, Mister Malfoy ist frei".
Ich setzte ein selbstgefälliges Grinsen auf, als ich an Harry vorbeiging, obwohl ich mich in Wahrheit ganz anders fühlte - schuldig, alleine, und elend. Aber ich wusste, dass ich die Sache nicht halbherzig durchziehen konnte. Entweder ich ließ die anderen überzeugt denken, dass ich nichts mit ihnen zutun haben wollte, oder ich versuchte ihnen Zeichen zu senden. Ich hab mich dafür entschieden, an einem Plan zu arbeiten, zusammen mit Draco und Snape, um meiner Situation zu entfliehen.
Ich hatte mich entschieden, und jetzt war es zu spät aufzuhören.
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Erstveröffentlichung: 17.09.18
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