xiv. ALECTO
Draco ignorierte mich. Wie hätte es auch anders kommen können? Gerade jetzt, genau in diesen Tagen und Wochen, wäre eine auffällige Geste Dracos gefährlich gewesen, hätte wahrscheinlich seinen Tod oder den seiner Familie verheißen. Amycus und Alecto waren uns auf den Fersen, besonders mich musterten sie regelmäßig argwöhnisch.
Die Freitagsstunde VGDDK wartete auf uns. Bisher hatten wir nur Vorträge von Amycus gehört, und diese waren schon schlimm genug. Was genau jedoch auf uns wartete, stand in den Sternen.
"Denkst du, wir müssen an Tieren den Crutio üben? Das wäre doch schrecklich", meinte Ginny mit finsterer Miene. Sie knirschte mit den Zähnen und lehnte sich zurück, ihren Toast anstarrend. Ich war mit dem Essen schon fertig und hockte seitlich auf der Bank des Gryffindor-Tisches, um mit Ginny und Neville zu plaudern.
"Keine Ahnung. Wir haben direkt nach euch, mit den Slytherins", murmelte ich, aber irgendwie beschlich mich ein absolut unangenehmes Gefühl, ein solches, das Schlimmeres als Ginnys Sorge prophezieh. Die Zeit schritt voran und mein Magen rumorte stärker und schmerzhafter. Schließlich stand die Stunde mit Alecto vor der Tür, diese kannte ich flüchtig von meinem Leben bei Bellatrix. Besonders sympathisch war sie mir nie erschienen, wenn ich auch nicht besonders viele Worte mit ihr gewechselt habe. Doch die Unsicherheit, ob sie tatsächlich so schrecklich war wie vermutet, löste sich sofort auf und schwang in Determination um.
Diese Frau war der Teufel in Person. Die ganze Stunde über machte sie uns klar, wie wenig sie von unserem bisherigen Wertesystem hielt. In der anderen Hälfte des Raums saßen die Slytherins, Draco inklusive.
"Wir beginnen damit, den Crutiatus zu üben", erklärte Alecto schließlich mit breitem, selbstgefälligem Grinsen. "Jeder Slytherin sucht sich eine oder einen Ravenclaw. Nicht umgekehrt", fügte sie hinzu. Unruhiges Gemurmel ging durch den Raum, die meisten Ravenclaws verstanden sofort und zogen lange Gesichter, erhoben aber nicht ihre Stimmen, bis auf ein paar Einzelfälle. Die Slytherins schienen gezwiespaltet; die meisten sahen sich unwohl um, ein paar wenige - darunter Pansy - fanden offensichtlich Gefallen daran. Sie strahlte vor sich hin und warf vor Amüsiertheit den Kopf in den Nacken. Und Draco? Ihn traute ich mich nicht anzuschauen. Ein Blickkontakt und es wäre um mich geschehen gewesen.
"Oh, das Vorzeigepaar suche ich aus", gluckste Alecto mit erhobenen Finger. Und dann sah sie direkt mich an. Das konnte wohl nicht wahr sein. Endlich wagte ich es, Draco anzusehen, und seine Miene unterschied sich wohl kaum von meiner; er wirkte müde, so furchtbar müde.
"Draco und Grace", ertönte da auch schon Alectos raue, bösartige Stimme. Luna neben mir biss sich auf die Lippe. Draco schloss resigniert die Augen und erhob sich schließlich. Langsam schritt er nach vorne, als bereite ihm jeder Schritt Schmerzen. Ich folgte, denn eigentlich hatte ich keine Wahl. Was ich im nächsten Moment dachte, war furchtbar falsch, das war mir schmerzlich bewusst, und dennoch: Ich genoss die Situation. Denn sie gab mir einen Vorwand, in seinen blauen Augen zu versinken, ihn offen anzusehen, und das hatte ich so sehnsüchtig vermisst, dass der Crucio ein akzeptabler Preis dafür war.
"Wir warten", räusperte sich Alecto. "Ich kann es auch gerne zuerst ausführen."
Mit steinharter Miene wandte Draco sich ihr zu, bevor er den Zauberstab auf mich richtete. Ich sah es förmlich in seinem Gehirn arbeiten und nickte unmerklich.
Es ist in Ordnung. Tu es.
Sein rechtes Auge kniff sich zusammen und er umklammerte seinen Zauberstab. Wenn er es nicht durchzog, hätte es verheerende Folgen für uns beide, viel schlimmere, als wenn ich kurz Schmerzen tolerieren müsse. Und ich sah an seinem Gesichtsausdruck, dass er es wusste.
Tut mir leid, sagten seine Augen. "Crucio", sagten seine Lippen. Die Welt um mich herum brach zusammen, faltete sich und drückte mich zu Boden. Ich hörte entfernte Schreie, die wohl mir gehörten, spürte Krämpfe in jedem meiner Muskeln, den Boden in meinem Rücken. Es dauerte eine Ewigkeit, so lange, dass es Tage sein hätte können. Nie hatte ein Crucio Bellatrix' derart wehgetan. Wieso also Dracos? Mir wurde eine Hand gereicht und ich ergriff sie dankbar. Luna sah mich mit festem Blick an, dann Alecto. Sie drückte meine Hand und führte mich zu meinem Platz zurück. Draco war wie festgefroren, seine Zauberstabhand zitterte unkontrolliert.
"Draco", meldete sich Pansy zu Wort. Sie lachte. "Setz dich doch, worauf wartest du?".
"Mir ist schlecht", zischte er und stürmte einfach so aus der Klasse. Crabbe räusperte sich und hob seine Hand, doch Alecto winkte ab. "Ja, ja, geh ihm nach. Und bring ihn zu Verstand. Nicht, dass er auf dumme Ideen kommt, stimmt's?".
Crabbe nickte ehrfurchtsvoll und stolperte hinaus, fiel dabei beinahe auf die Nase.
Ohrenbetäubende Stille herrschte, nachdem er gegangen war.
"Los geht's. Ihr habt ja gesehen, wie es geht."
Und los ging die schrecklichste Stunde VGDDK, die wir je erlebt haben.
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