Ein kleiner Augenblick
Blinzelnd schlage ich die Augen auf und stelle fest, dass es noch tiefste Nacht ist. Durch einen Spalt zwischen den zugezogenen Vorhängen kann ich erkennen, dass es stock finster draußen ist, mein Zimmer wird lediglich noch von einer Lichterkette leicht erhellt. Die Einzige, die nicht dank eines Timers einfach erlischt.
Müde reibe ich mir über die Augen, lecke träge über meine trockenen Lippen und möchte mich aufrichten, um nach der Wasserflasche neben meinem Bett zu greifen. Doch ich komme nicht weit, denn ein schwerer Arm um meine Taille macht es mir unmöglich, mich auf zu setzten. Nur langsam finden die Erinnerungen ihren Weg in mein Bewusstsein zurück und als mir klar wird, wessen Arm um meine Mitte liegt, wird mir plötzlich ganz warm. Ich spüre regelrecht, wie mir das Blut in die Wangen schießt und doch kann ich nicht verhindern, dass ich mich noch mehr mit meinem Rücken an seine feste Brust hinter mir schmiege.
Sein gleichmäßiger Atem trifft immer wieder auf meinen Nacken und ich kann die Gänsehaut auf meinem Körper nur zu deutlich spüren. Aber es ist ein wohliger Schauer, der meinen Körper durchläuft, als Grayson seufzend sein Gesicht an meiner Schulter vergräbt und irgendetwas Unverständliches murmelt. Ich genieße seine Nähe, lasse die Wärme, die meinen ganzen Körper einnimmt, zu und schließe meine Augen wieder.
Aber das Gefühl von Schmirgelpapier in meinem Hals zwingt mich dazu, mich vorsichtig aus seinen Armen zu winden und nach meiner Flasche zu greifen. Sogleich spüre ich eine Hand an meinem Rücken, die suchend nach meinem Top greift. „Nicht weggehen...", murmelt er hinter mir und als ich über meine Schulter zu Grayson schaue, sind seine Augen noch immer geschlossen, seine Stirn allerdings zieht er kraus. Es sieht unfassbar niedlich aus, doch seine Stimme klingt so verzweifelt, dass es mir das Herz zerreißt.
Schnell nehme ich ein paar großzügige Schlucke aus der Flasche und stelle sie wieder weg. Vorsichtig klettere ich zurück unter die Decke, diesmal mit dem Gesicht zu Grayson, der sofort einen Arm um mich schlingt und mich an sich zieht. Seine Gesichtszüge entspannen sich wieder und ich kann nicht anders, als meine Hand an seine Wange zu legen und mit dem Daumen über seine leicht raue Haut zu streichen.
Selbst im schwachen Licht kann ich erkennen, dass sich der Bereich rund um sein Auge sowie sein Jochbein in einem schillernden violetten Ton verfärbt haben. Riley muss wirklich hart zugeschlagen haben und ich hoffe, dass es bei der leichten Schwellung bleibt und Grayson nicht ab morgen nur noch auf einem Auge sehen kann. Als ich mit dem Daumen leicht den Rand dieser Verfärbung berühre, kräuselt er die Nase und blinzelt leicht. Aus müden Augen schaut er mich an, schmiegt sich leicht in meine Hand.
Keiner von uns beiden sagt ein Wort, wir schauen uns einfach nur an und versinken völlig in diesem Augenblick. Zaghaft streichle ich weiter über seine Wange, Graysons Finger bewegen sich ganz leicht in meinem Rücken und fahren über den unteren Teil meiner Wirbelsäule. Jede Stelle, an der er mich berührt, kribbelt unglaublich und dieses Gefühl bringt mich dazu, meiner Fantasie freien Lauf zu lassen.
Bilder, die mich schon so oft in meinen Träumen verfolgt haben, ziehen vor meinem inneren Auge entlang und lenken so meinen Blick immer wieder flüchtig auf Graysons Lippen. Sie sind nicht voll, aber trotz dessen laden sie praktisch zum Küssen ein. Ich sehe ihn vor mir, wie er auf seiner Lippe herum kaut, wenn er konzentriert arbeitet. Wie er sich mit der Zunge die Lippen befeuchtet, bevor er aus seiner Flasche trinkt. All diese Bilder wirbeln in meinem Kopf herum, lassen mein Herz ein wenig schneller schlagen.
Als ich erneut den Blick von Graysons Lippen löse und in seine wundervoll blauen Augen schaue, beginnt er zu schmunzeln. Er muss nicht ein Wort sagen und schon werden meine Wangen glühend heiß. Er hat mich beim Starren erwischt!
Doch anstatt etwas zu sagen, schiebt er einfach seinen anderen Arm unter meinem Kopf hindurch und zieht mich an sich, sodass ich mein Gesicht an seinem Hals verstecken kann. Kurz spüre ich seine Lippen dann aber doch. An meiner Stirn. Allein das reicht aber aus, um etwas in mir freizusetzten, von dem ich nicht mal wusste, dass es in mir steckt.
Dieses Gefühl der Wärme, Geborgenheit, vermischt mit einer unfassbaren Hitze und dem Kribbeln von tausend Schmetterlingsflügeln lässt mich leise seufzend mein Gesicht noch enger an die freie Haut seines Halses pressen. Umgeben von seinem ganz Grayson-typischen Geruch und der Sicherheit seiner Arme schließe ich meine Augen wieder.
Als er seine Lippen von meiner Stirn löst, flüstert er leise etwas, dass mich bis in den Schlaf begleitet: „Irgendwann Liv. Irgendwann."
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