29. Verzeihen & Verlieren
Dianas Sicht
Nervös tippe ich mit meinen zittrigen Fingern auf dem Lenkrad herum. Wiedereinmal sitze ich vor Drakes Wohnung im Auto und blicke zu den beleuchteten Fenstern hoch, die mir ganz deutlich zeigen, dass Drake sich gerade in seinem Zimmer befindet.
Ich kann mich noch genau daran erinnern, als ich das letzte Mal in meinem Auto im Innenhof des Gebäudes stand und auf dem Weg war mit Drake zu sprechen. Damals wollte ich ihm sagen, dass ich in die Wette einwillige. Heute, ungefähr sechs Wochen später, will ich ihm von meinen Gefühlen erzählen, die ich leider erst viel zu später bemerkt und zugelassen habe.
Es war dumm von mir zu glauben, dass seine Worte und Taten nichts in mir ausgelöst haben, denn er hat es tatsächlich geschafft, dass ich mich in ihn verliebe. Er hat geschafft, ohne dass ich es bemerkt habe. Ich musste erst alles ruinieren, bevor ich verstanden habe, dass ich nicht ohne ihn sein will. Gott, es klingt so kitschig und ich hätte wirklich niemals gedacht, dass ich jemals so etwas sagen würde, schon gar nicht über Drake. Doch es ist so. Ich liebe Drake und ich will eine Beziehung mit ihm.
»Sei kein Schisser«, murmele ich zu mir selbst und sehe auf die Uhrzeit. Verdammt. Ich kreuze am späten Abend hier auf und will ihm meine Liebe gestehen, ohne einen wirklichen Plan zu haben, was ich ihm gleich sagen möchte.
Ich darf und will es nicht wieder vergeigen und alles in mir ist angespannt, weil ich Angst habe, dass er mich nicht zurücknimmt. Ich will nicht, dass er mir nicht verzeiht und sich nicht mehr für mich interessiert und ich weiß absolut nicht, was ich tun soll, wenn er nicht bereit ist mir zuzuhören. Dabei habe ich ihm so viel zu sagen und könnte es nicht ertragen, wenn ich ihn verliere, nur weil ich so ein verdammter Sturkopf bin und Angst vor Gefühlen habe.
Ich ziehe den Schlüssel ab, um mich nicht länger vor dieser Sache zu drücken. Ich muss da durch. Früher oder später wird es sowieso dazukommen, dass ich mich ihm stellen muss. Wir gehen bald zwar nicht mehr auf die gleiche Uni, weil wir beide unseren Abschluss machen, dennoch werden wir uns zwangsläufig über den Weg laufen, weil unsere besten Freunde ein Paar sind und sich abgöttisch lieben.
Da wäre es doch praktischer, wenn wir weiterhin miteinander sprechen können, ohne dass er mich mit hasserfüllten Blicken ansieht. Am Liebsten wäre es mir, wenn er mich einfach wieder ansieht wie früher. Diesen kalten Blick, den er mir zugeworfen hat, als ich ihn einfach so ignoriert hatte, obwohl er mir sein Herz ausgeschüttet hatte, sorgt immer noch dafür, dass ich erschaudere. Es passt nicht zu Drake.
Drake ist charmant, freunlich und zuvorkommend. Er würde alles für die Menschen tun, die er liebt und ich habe es nicht zu schätzen gewusst. Es macht mich fertig, dass ich ihn ernst verlieren musste um zu erkennen, wie wichtig er mir ist und dass ich ihn liebe.
Ich stoße die Tür auf und setze meine Füße auf dem Boden ab, ehe ich die Tür hinter mir ins Schloss fallen lasse und den Wagen verriegele. Der Klang meiner Schritte hallt im Innenhof von den roten Backsteinwänden ab und ich schlinge die Arme um mich.
»Bitte, tu mir den Gefallen und versaue es nicht wieder«, sage ich zu mir selbst und hoffe wirklich, dass ich es wenigstens dieses Mal gebacken kriege. Ich öffne die Tür zum Treppenhaus und steige bis in die Etage, wo Drakes Wohnung liegt, die er sich mit Dean und bis vor Kurzem auch mit Marco geteilt hat.
Vor der Tür zu seiner Wohnung mache ich Halt und hebe meinen Arm in die Luft, ehe ich drei Mal auf gegen die Tür klopfe. Die Nervosität hat mich fest im Griff und ich hoffe, dass sich alles zum Positiven wendet, wenn ich diese Wohnung wieder verlassen sollte.
Auf der anderen Seite der Tür kann ich Schritte ausmachen und ich schließe einen Moment lang die Augen und bemerke, dass ich den Atem angehalten habe. Ich atme tief aus, ehe sich die Tür schwungvoll öffnet.
»Was machst du denn noch hier?«
Es ist nicht Drake, der vor mir steht, sondern Drake. Ich sehe zu meinen Füßen herunter.
»Ich möchte mit Drake sprechen und ihn um Verzeihung bitten, Dean. Ich habe erkannt, dass ich falsch gelegen habe und ihn wirklich mies behandelt habe. Ich fühle dasselbe für ihn, nur hatte ich bisher Angst mir das einzugestehen«, sage ich leise.
Dean sieht mich einen Moment lang forschend an, bevor er zu Lachen beginnt.
»Ihr Zwei wollt mich doch auf den Arm nehmen, oder? Jetzt, wo du bemerkt hast, dass du ihn liebst, hast du noch Hoffnung, dass er dich wieder zurücknimmt?«
»Ich will ihn um Verzeihung bitten. Ich erwarte nichts von ihm, okay? Ich will ihm sagen, dass es mir leidtut und ich will, dass er versteht, warum ich diese miesen Dinge zu ihm gesagt habe. Ich liebe ihn, Dean und ich möchte gerne mit ihm sprechen. Lass mich bitte zu ihm«, sage ich und sehe ihn flehend an, doch er schüttelt nur mit dem Kopf.
»Diana, ich kann dich nicht zu ihm lassen«, sagt er und sieht mich traurig an.
»Wieso nicht? Du hast nicht zu entscheiden, ob er mit mir reden möchte, Dean. Warum mischt du dich ein?«, fahre ich ihn an und augenblicklich tut es mir leid, weil er nichts für das Chaos kann, das ich angerichtet habe.
»Er ist nicht mehr hier, Diana. Er ist vor zwei Tagen nach Seattle geflogen. Ich bin gerade dabei seine Sachen zu packen und sie ihm zu schicken. Er wird in der Kanzlei seines Vaters anfangen, sobald er seine Zulassen erhält«, sagt er.
Ich versuche zu verstehen, was er mir sagen will, doch ich kann nicht. Alles in mir weigert sich zu verstehen, dass er weg ist und nicht hierher zurückkehren wird. Er ist weg. Womöglich für immer.
»Nein, das geht nicht. Dean, sag mir bitte, dass das nicht wahr ist«, sage ich mit heiserer Stimme. Zu mehr bin ich gerade nicht in der Lage.
Dean sieht mich mit einem traurigen Blick an, ehe er sich in den Türrahmen lehnt.
»Er hat nichts gesagt. Er ist einfach gegangen«, sage ich leise und fühle mich in diesem Moment wie vor den Kopf gestoßen. Er ist weg. Einfach so.
»Ich kann verstehen, dass er nichts gesagt hat. Du hast ihn verletzt, Diana, während er alles dafür getan hat, dass aus euch etwas wird. Ich habe ihn noch nie so gesehen, okay? Er hat nicht gegessen, nicht geschlafen. Es ging ihm mies und ich bin mir sicher, dass es ihm noch immer schlecht geht. Du hast ihm das Herz gebrochen, dabei liebt er dich sehr«, sagt er leise und sieht mich dennoch einfühlsam an.
»Glaubst du, er hätte mir verziehen, wenn er hier gewesen wäre?«
»Ich kann nicht sagen, was er getan hätte. Ich vermute, dass er dir eine Chance gegeben hätte, aber ich bin mir nicht sicher. Viele denken, dass wir Kerle es einfach so wegstecken, wenn wir etwas mit einer Frau beenden, aber so ist es nicht. Er leidet wirklich sehr wegen deinen Worten und ich weiß nicht, wie du es wiedergutmachen kannst oder ob er überhaupt noch Interesse daran hat mit dir zu sprechen«, sagt er leise und ich schlucke.
»Verdammt. Ich bin ein Idiot. Ich habe alles versaut, nur weil ich Angst hatte verletzt zu werden, dabei habe ich nicht eine Sekunde an Drakes Gefühle gedacht«, sage ich leise.
»Tut mir leid«, sagt Dean und ich nicke leicht.
»Du kannst nichts dafür, dass ich so doof bin. Ich gehe dann mal«, sage ich leise.
»Machs gut, Diana«, sagt er, während ich mich umdrehe.
Ich laufe die Treppen hinunter, die ich gerade noch so zuversichtlich erklommen hatte. Doch jetzt hatte ich die Quittung für das bekommen, was ich da verzapft hatte. Ich schließe meinen Wagen auf und lasse mich traurig auf den Sitz fallen.
»Fuck!«, entfährt es mir, ehe ich auf mein Lenkrad einschlage.
Drake ist in Seattle. Mehrere tausend Kilometer von mir entfernt bei seiner Familie, die ihm wahrscheinlich gerade rät, dass ich eine schreckliche Frau bin und er mich einfach vergessen sollte.
Ich wünschte, ich könnte mit ihm sprechen und ihm sagen, was ich fühle. Ich wünschte, ich wäre bei ihm und er würde mir verzeihen, dass ich eine egoistische Kuh gewesen bin. Doch ich bin nicht in Seattle, sondern hier.
Es sei denn, ich würde...
Verdammt, das ist es!
Bevor ich mich versehe, zücke ich mein Handy und öffne den Chat mit Avery und Quinn.
Macht euch keine Sorgen um mich. Ich nehme den nächsten Flieger nach Seattle. Ich liebe euch.
Ich leite Maggie die Nachricht weiter und ehe ich mir einrede, dass das eine ganz schlechte Idee ist, starte ich meinen Wagen und fahre zum Flughafen.
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