25. Gefühle
Dianas Sicht
Wütend.
Fuchsteufelswild.
Sauer.
Ich weiß nicht wie ich es noch anders ausdrücken kann, doch seitdem Drake meinem Bruder freudig verkündet hat, dass er mein Freund ist, bin ich alles anderes als gut gelaunt. Ich frage mich ehrlich, wieso er ausgerechnet auf die Idee gekommen ist, ihm zu sagen, dass er mein Freund ist. Nicht einmal seinen Eltern hat er so einen Bullshit erzählt, auch wenn es nicht gerade unoffensichtlich war, dass wir miteinander ins Bett gegangen sind. Nie haben wir über etwas wie eine Beziehung gesprochen und nur, weil wir immer noch diese dämliche Wette am Laufen haben, kann und darf er so etwas nicht sagen. Die schlechte Laune ist mir ins Gesicht geschrieben und schon etliche Male hat Drake versucht mich auf der Rückfahrt in ein Gespräch zu verwickeln. Blöd für ihn, dass ich nicht antworte.
Während wir bei Quinn und Noah waren habe ich noch versucht mich zusammenzureißen, doch meine Schwester kennt mich leider besser als ich mich selbst, sodass sie bereits nach wenigen Minuten gemerkt hat, dass etwas nicht stimmt. Nachdem ich ihr erzählt habe, was Drake getan hat und sie daraufhin nur angemerkt hatte, dass Drake genaugenommen mein Freund ist, weil wir uns so verhalten, miteinander schlafen und fast täglich Zeit miteinander verbringen, ist meine Laune endgültig in den Keller gesunken, weil ich es tatsächlich noch fertiggebracht habe, meine schlechte Laune an ihr auszulassen. Und das obwohl sie momentan voller Hormone kaum klar denken kann.
Als er mich endlich, auf meinen Wunsch hin, bei mir an der Wohnung absetzt, obwohl fast alle meine wichtigen Dinge noch bei ihm liegen, hält er mich an meine Hand fest, als ich aussteigen möchte.
»Kann ich noch mit hochkommen?«, fragt er mich lächelnd und ich schüttele ganz deutlich den Kopf.
»Nein«, sage ich bloß, bevor ich aussteige und die Tür hinter mir zu knalle. Ich schultere meine Handtasche und laufe vom Parkstreifen die Einfahrt hoch, damit ich schnellstmöglich aus seiner Sichtweite gelange. Doch sofort höre ich eine Wagentür, die ins Schloss fällt, und Schritte hinter mir, bevor ich wenige Sekunden später, herumgewirbelt werde.
»Was ist los, Baby?«, fragt er mich und zieht mich an der Taille an sich, sodass mir endgültig der Geduldsfaden reißt.
»Willst du mich verarschen, Drake? Wieso erzählst du meinem Bruder nicht gleich noch, dass wir es in deinem Wagen auf der Rückbank getrieben haben?«, fauche ich und er weicht erschrocken zurück. Verwirrung steht ihm ins Gesicht geschrieben und ich verstärkt nur noch mehr den Gedanken in meinem Kopf, dass er in einer Blase lebt. Die ganzen letzten Wochen seitdem wir begonnen haben uns zu treffen war es schon so. Nur erst jetzt bemerke ich das Ausmaß.
»Du hast gesagt, du bist mein Freund Drake. Wieso hast du das gemacht? Du hast meinem Bruder erzählt, wir wären zusammen. Was fällt dir ein so eine Lüge auszusprechen ohne mich auch nur im Entferntesten davon in Kenntnis zu setzen? Wieso tust du vor den ganzen Menschen so, als würdest du mich kennen?«
Seine Augen weiten sich und er schluckt merklich, schweigt jedoch. Kein Wort kommt aus ihm heraus, was mich nur noch wütender macht. Wieso kann er nicht den Mund aufmachen? Sonst hat er auch immer etwas zu sagen und das vor allem dann, wenn man es eigentlich nicht gebrauchen kann.
»Antworte. Rede mit mir. Sag irgendetwas, was dein Verhalten rechtfertigt«, fahre ich ihn an und er sieht zu Boden.
Ich habe keine Ahnung, was ihm durch den Kopf geht. Alles, was mir gerade durch den Kopf geht ist die Wut auf ihn. Ich will keine Beziehung und ich habe doch nur eingewilligt, um ihm genau das zu zeigen. Dass ich nicht einfach zu haben bin, wie andere Frauen zu diesem Zeitpunkt. Die Meisten sehnen sich nach der großen Liebe und wollen ihr Leben am Liebsten darauf aufbauen. Einen Partner, einen Job, ein Haus, eine Hochzeit, eine Familie. Doch ich bin nicht so und ich weiß nicht, ob ich es jemals sein werde. Ich weiß nicht, ob ich wie meine Schwester den ersten Mann heiraten werden, den ich jemals liebe. Ich weiß nicht, ob ich irgendwann Kinder bekommen möchte und ich weiß nicht, ob ich jemals bereit dazu bin mich zu 100 Prozent auf jemanden einzulassen und dann womöglich noch verletzt zu werden.
»Ich habe von Anfang an gehofft, dass irgendwann der Zeitpunkt kommen würde, wo ich behaupten könne, dass ich dein Freund bin. Ich könnte mir nichts mehr wünschen als dein Freund zu sein. In dem Moment, wo ich dich damals das erste Mal geküsst hatte, wusste ich, dass ich mich nicht mit dem einen Mal zufriedengeben kann, von dem wir beide gesprochen hatten. Glaub mir, ich wollte dich sofort um ein Date bitten und hoffen, dass du irgendwann genauso für mich fühlen würdest, wie ich für dich«, beginnt er und ich ziehe scharf die Luft ein.
Ich weiß nicht, was ich darauf erwidern soll. Das war es, wovor ich die ganze Zeit Angst hatte und jetzt ist dieser Moment schneller gekommen, als mir lieb war. Drake steckte zu tief drin. Und ich? Ich wusste mittlerweile nicht einmal mehr, was ich mit all meine Zeit tun sollte, wenn die Sache zwischen mir und Drake vorbei war.
»Ich habe gehört, dass dein Vater gestorben ist, weshalb ich dich in Ruhe lies. Das Letzte, was du zu dieser Zeit gebraucht hättest, wäre ein Versuch meinerseits mit dir auszugehen. Doch dann traf ich dich nach ein paar Monaten im Supermarkt mit Maggie und Dean. Mir gefiel der kleine Schlagabtausch zwischen uns beiden und wieder einmal konnte ich nicht aufhören an dich zu denken. Der Abend bei deiner Schwester hat dazu beigetragen, dass ich nur noch mehr an dich denken musste. Ich weiß nicht wieso, aber du hast mir vollends den Kopf verdreht. Du hast mir nicht geantwortet auf meine Nachricht, ob du mit mir ausgehen würdest und es hat sich angefühlt, als hättest du mir in die Eier getreten. Ich musste mir etwas überlegen, weil ich wusste, dass es gut laufen würde, Diana. Von Anfang an hatte ich das Gefühl, dass du und ich miteinander harmonieren. Ich musste dich nur überzeugen dem ganzen irgendeine Chance zu geben und dachte, wenn du mir beweisen willst, dass du dich nicht in mich verlieben willst, könnte es passieren, dass es am Ende doch funktioniert. Ich habe von Anfang an gesagt, was ich will. Am Anfang war es vielleicht einfach nur eine Schwärmerei, aber jetzt...«, sagt er und wird zum Ende hin immer leiser.
Ich will nicht daran denken, was er als nächstes sagen wird. Ich weiß es und doch hoffe ich, dass es nicht so ist. Ich möchte nicht hören, was er zu sagen hat, weil es genau das ist, wovor ich eine Heidenangst habe. Gefühle, die sich eventuell in mir aufgebaut haben, die sollten eigentlich nicht existieren. Ich will keine Gefühle, weil es immer bedeutet im selben Gegenzug verletzt zu werden. Es war bei Noah und Quinn so und vor allem bei meinen Eltern. Mein Dad hat sich nie wieder verliebt, weil meine Mom ihn gebrochen hatte.
Ich möchte nicht, dass jemand diese Macht über mich hat. Ich möchten nicht lieben.
»Ich liebe dich, Diana«, flüstert er leise und ich habe das Gefühl meine Welt gerät ins Wanken.
Nachdem er diese Worte ausgesprochen hat, herrscht Stille. Weder er, noch ich sagen ein einziges Wort. Das Einzige, was ich wahrnehmen kann ist der Wind und die gedämpften Geräusche des nahegelegenden Verkehrs.
Ich greife in meine Handtasche, suche nach dem Papier, das ich seit ein paar Wochen immer mit mir herumgetragen habe. Im Nachhinein weiß ich nicht einmal wieso. Als ich endlich die Papierkugel ergriffen habe, falte ich sie auseinander. Ich sehe ihn einen Moment lang an, bevor ich beginne das Papier in viele Einzelteile zu zerreißen.
»Was soll das?«, fragt er heiser.
»Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass ich mich nicht in dich verlieben werde, Drake. Ich habe es von Anfang an immer und immer wieder gesagt. Ich wollte nicht einmal mitmachen, habe es letztlich doch getan, weil ich dich verdammt noch mal loswerden wollte. Ja, du und ich wir sind Freunde geworden, die es manchmal miteinander treiben. Freunde, Drake. Und jetzt sagst du mir, dass du mich liebst? Ist das dein Ernst? Ausgerechnet du? Ich weiß nicht, was dich geritten hat, aber falls es dir nicht aufgefallen ist - das passt nicht zu mir. Ich verliebe mich nicht! Reiß dich gefälligst zusammen und halte dich nicht länger an etwas auf, was keinen Sinn macht. Ja, wir hatten Spaß. Ja, wir hatten Sex. Ja, ich habe Zeit mit dir verbracht, auch wenn es keinen Anlass dazu gab, aber nicht weil ich in dich verliebt bin, Drake. Ich verliebe mich nicht, weil ich nicht verletzt werden möchte. Ich will keine Gefühle und ich will keine Beziehung. Vorallem will ich aber nicht dich! Vergiss die Liste, vergiss mich und vorallem vergiss deine Gefühle. Es ist vorbei!«
Der Gesichtsausdruck von Drake verändert sich, nachdem ich meine Worte ausgesprochen habe. Er wird leer und seine Augen verlieren das Leuchten, das ich so sehr mag. Aber das habe ich davon, wenn ich ihm sage, dass ich ihn nicht liebe. Das Herzklopfen, die ständigen Gedanken an ihn - all das zerfällt mit seinem Geständnis. Es drückt die Luft aus meinen Lungen vollständig heraus und es tut mir weh, dass ich ihm so etwas sagen muss, doch ich kann nicht.
»Du willst mir sagen, dass all das nicht echt war? Die Küsse, das Kuscheln, der Sex? Die Nähe, die sich zwischen uns aufgebaut hat, die auch du immer wieder gesucht hast - das ist alles nicht echt?«
Doch, aber ich kann dir nicht geben, was du willst. Ich schweige, verfluche mich für meine Gedanken und will meinen Kopf ganz einfach abschalten.
»Was soll das, Diana? Bin ich dir so scheißegal?«, schreit er wütend.
Wieder erhält er keine Antwort, weil ich es ihm nicht noch schwerer machen möchte. Es ist besser, wenn er schnell über mich hinwegkommt. Es ist besser, wenn er seine Gefühle durch den Zorn mir gegenüber verdrängen kann.
Es ist besser.
»Ich habe mir den Arsch aufgerissen, Diana. Ich habe alles getan, damit du und ich eine schöne Zeit miteinander haben. Ich habe nächtelang wach gelegen um herauszufinden, wie ich es schaffe, dein Herz zu gewinnen. Du kannst mir nicht sagen, dass du nichts gefühlt hast. Das glaube ich dir einfach nicht. Ich hätte alles für dich getan, aber jetzt bin ich derjenige, der nicht mehr kann«, schmettert er mir entgegen.
Er sieht mich noch eine Weile an, ehe er sich umdreht, weil ich nichts erwidern kann. Er steigt in seinen Wagen, knallt die Tür hinter sich zu und fährt augenblicklich davon.
Und wieder sage ich mir - es ist besser.
Es wird besser werden.
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Hallo ihr Lieben!
Wie fandet ihr das Kapitel? 😇😅
Ich hoffe, ihr leider genauso wie ich 🤪
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Eine kleine Ankündigung:
Es werden ab heute die letzten Kapitel gepostet und am Freitag gibt es eine Lesenacht. ❤️
Hoffe, ihr freut euch darüber. 🥰
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