8
V A L
Es ist Sonntagabend und ich sitze in der Patsche. Anscheinend wurde beschlossen, dass wir heute Abend alle – und zwar wirklich alle – bei den Jungs zuhause sind und abhängen.
Ich saß auf der Couch und scrollte auf Instagram, während mich Rachel kurz und schmerzlos in die Abendplanung einweihte. Fieberhaft überlegte ich, wie ich aus dieser Nummer rauskommen würde, denn die Begeisterung, mich einen ganzen Abend lang im selben Raum wie Westbrook aufzuhalten, fällt gegen null. Nach vorgestern Nacht habe ich mir in den Kopf gesetzt, dass ich mal für eine sehr lange Zeit das Haus der Jungs nicht betreten werde. Vielleicht bis zu meinen Abschluss oder bis die Jungs ausgezogen sind. Je nachdem, was früher eintrifft.
Aber nun stehe ich jetzt hier, vor der Haustür der Jungs und reiße meinen Blick in die Luft, als Blake den Mädels und mir die Tür öffnet. Wie zu erwarten, präsentiert er uns seinen Oberkörper, als wäre nichts weiter dabei. Für ihn es das vermutlich auch nicht. Früher ließ mich das kalt. Er sieht gut aus, keine Frage, aber ich konnte es bisher immer gut ignorieren, wie gut er aussieht. Aber heute, nachdem ich diesen perfekten Körper auf mir spüren konnte und weiß, was sich unter dem Hosenbund verbirgt, ist es schwer, ihn einfach so auf die Wartebank zu schieben. Mir hätte vorher klar sein müssen, bevor ich ihm die Zunge in den Hals steckte, dass es nicht einfach werden wird.
Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht wie ich mich verhalten soll. Bisher waren meine One-Night-Stands mit Kerlen, die ich nur flüchtig kannte oder am selben Abend aufgerissen habe. Aber ich bin noch nie mit jemanden im Bett gelandet, mit dem ich auch befreundet bin und den ich fast jeden Tag zu sehen bekomme.
Daher stehe ich etwas unbeholfen hinter Rachel, Jules und Bonnie vor der Haustür der Jungs.
„Guten Abend, die Damen.", begrüßt uns Blake mit seinem Hundert-Dollar-Lächeln.
„Wir haben Knabberzeugs mit.", ruft Bonnie freudig aus und quetscht sich an Blake vorbei ins Haus.
„Und natürlich was zu trinken.", fügen Rachel und Jules hinzu, heben die Flaschen hoch und folgen Bonnie.
Ich will ihnen schon nach, doch Blakes Blick fängt mich auf. Er sieht mich an, lächelt dämlich und wartet. Ich winde mich unter seinem Blick, rühre mich keinen Zentimeter.
„Was ist?", murmle ich, als er mich immer noch nicht aus den Augen lässt. Als ich ihn gestern früh regelrecht aus dem Wohnheimzimmer geschmissen habe, haben wir nicht mehr miteinander gesprochen. Aber was sollten wir groß reden? Die Sache ist klar, ich hoffe nur der Kerl hält sich an unsere Abmachung.
„Nichts, ich bin nur überrascht dich hier zu sehen.", gibt er zu und verschränkt die Arme vor der Brust. Er schmunzelt.
Es wäre zu auffällig gewesen, wenn ich nicht mitgekommen wäre. Denn normalerweise bin ich diejenige, die sich bei den Jungs selbst einlädt und an den Wochenenden hier herumlungert. Mein Rückzieher würde nur Fragen aufwerfen, also muss ich so tun als wäre alles wie immer. Das heißt mitkommen, und mich im selben Raum wie Blake aufhalten, das einen ganzen verdammten Abend lang. Aber ich habe schon schlimmeres überstanden. Da schaffe ich es wohl den beliebtesten Eishockeyspieler des Colleges zu ignorieren, egal wie sexy er mich anlächelt.
„Warum sollte ich nicht hier sein? Ist doch nichts passiert." Ich zucke gelangweilt mit den Schultern und quetsche mich ebenso an ihm vorbei. Hinter mir höre ich ein leises Lachen und das Klicken der Haustüre, die ins Schloss fällt.
Vielleicht ist es besser ich zeige ihm die kalte Schulter und halte ihn so auf Abstand. Das ist für uns beide leichter und einfacher damit umzugehen, hoffe ich zumindest. Zumindest weiß ich, dass Blake nichts von Beziehungen hält. Also muss ich mir keine Sorgen machen, er käme auf die Idee wir wiederholen das oder so. Das eine mal war genug, nein stimmt nicht. Es hätte gar nicht passieren dürfen.
Die ganze Mannschaft ist im Wohnzimmer versammelt. Rachel hat sich sofort zu Fitz auf die Couch gekuschelt, während er sie festhält und ihr einen Kuss auf die Stirn drückt. Bonnie und Jules sitzen bei Cam auf dem Boden und studieren einige Videospiele. Und Parker richtet am großen Flatscreen alles für den Videospielabend ein. Ich bin erleichtert, dass wir irgendwelche Videospiele spielen, denn so ist jeder bisschen beschäftigt und abgelenkt und ich ebenso.
Ich setzte mich zu Rachel in die Mitte der Couch und ziehe die Beine an mich.
„Habt ihr eigentlich auch was anderes als diese dämlichen Survival-Shooter-Spiele? Ist doch alles das gleiche.", beschwert sich Bonnie und rümpft die Nase, während die die Auswahl begutachtet.
Bucky, der Kater der Jungs, eigentlich Blakes Kater, kommt zu uns ins Wohnzimmer. Er schnuppert bei Jules Füßen, bis sie ihn sich schnappt und ihn krault. Glückselig und zufrieden rollt er sich auf ihrem Schoß zusammen.
„Können wir nicht einfach Mario-Kart spielen? Das kann ich auch.", kommt es von Jules und sie sieht mitleidig in die Runde.
„Wäre ich auch dafür. Ich habe keinen Bock irgendwelche Soldaten im Gebüsch zu erschießen.", schließt sich Bonnie ihrer besten Freundin an. Sie nimmt die Verpackung von Mario-Kart und drückt sie Parker in die Hand.
Spiderman seufzt leise und sieht Bonnie und seine Schwester knapp an. „Von mir aus, aber nur weil ich echt Mitleid mit euch habe.", sagt er und nimmt die Verpackung. „Ihr würdet bei den anderen Spielen so was von untergehen."
„Bin ich froh darüber, denn ich verbringe meine Zeit etwas sinnvoller als diese Spiele zu spielen.", sagt Jules. Sie hebt einen Fuß, der in einem gelben Socken steckt und betatscht mit ihren Zehen Parkers Ohren. Er zuckt sofort zusammen und schlägt ihren Fuß weg, während sie kichert. Typisch Geschwister. Manchmal zanken die beiden noch mehr als Blake und ich.
Der ist in die Küche verschwunden, kommt aber in dem Moment zu uns. Die eine Hand hat er mit drei Flaschen Bier beladen, auf der anderen balanciert er eine große Schüssel Popcorn. Er steuert den letzten freien Platz links neben mir auf der Couch an, während ich den Blick stur zum Flatscreen gerichtet habe.
„Rachel.", sagt Blake und reicht ihr eine Flasche Bier. Lächeln nimmt sie sie entgegen.
„Miss."
Ich reagiere langsam, sehe zu ihm hoch und nehme die Flasche Bier entgegen. Ich umfasse die kalte nasse Flasche und streife unabsichtlich über Blakes Finger. Nur flüchtig, aber wir haben beide die Berührung gemerkt. Bedacht halte ich meinen Blick unten.
„Oder willst du was Stärkeres? Einen Gin Tonic vielleicht?", fragt er scheinheilig und grinst frech. Wären wir allein, hätte er dafür einen strengen Blick kassiert, der ihm die Eier schrumpfen lässt.
„Nein danke, mir ist die Lust auf einen Gin Tonic vergangen.", kontere ich und hoffe, er versteht die versteckte Botschaft. Das tut er, denn die zweideutige Sprache beherrscht er und er verhält sich ein Lachen.
Rachel neben mir schnappt sich die Schüssel Popcorn, die bis eben unangetastet in meinem Schoß lag und macht sich gemeinsam mit Fitz darüber her. Blake setzt sich neben mich auf die Couch. Leider braucht der Eishockeyspieler viel zu viel Platz und im Augenwinkel merke ich, wie sich unsere Füße knapp berühren. Er nippt an seinem Bier und stützt sich mit seinen Ellbogen auf den Knie ab. Er trägt immer noch kein Shirt und anscheinend bin ich die Einzige, die das irgendwie stört.
Langsam breitet sich die Wärme seines Körpers aus und schwappt auf mich über, während ich Parker dabei zusehe, der noch mit den Spiel-Einstellungen beschäftigt ist. Meine Wangen werden warm und meine Finger kribbeln. Aber ich schiebe das Kribbeln auf das eiskalte Bier in meiner Hand. Ich riskiere einen verstohlenen Blick zu ihm. Die perfekt ausgeprägte Muskulatur an seinem Rücken und an seinen Schultern bewegen sich sanft als er wieder das Bier an seine Lippen bewegt und trinkt. Sein Kehlkopf hüpft als er schluckt und sich dann durch die Haare streicht, die nun abstehen. Ich bin fasziniert davon, wie verdammt heiß, das gerade aussah.
„Val?"
Ich reiße den Kopf so hastig herum, dass in meinem Nacken etwas knackst. „Was?"
„Hier.", sagt Parker und gibt mir einen Controller. „Du bist Prinzessin Peach. Nimm es mir nicht übel."
Ich nehme den Controller, nachdem ich das Bier vor mir auf den Boden abgestellt habe und funkle Parker an. Überlege es mir aber anders und schlucke eine freche Bemerkung hinab. „Klar, warum nicht."
Neben mir kichert Blake leise in seine Faust.
„Lach nicht, Blake. Das ist voll sexistisch.", rufe ich aus und gebe ihm einen Klaps auf den Oberarm. Das stört ihn aber herzlich wenig.
„Beschwer dich nicht. Blake ist Browser.", schaltet sich Cam ein und drückt ihm ebenfalls einen Controller in die Hand. Browser ist eine wuchtige Schildkröte mit einem Panzer.
Blake ist das Kichern mit einem Schlag vergangen. „Was soll der Scheiß? Browser ist eine langsame Schnecke und ungelenkig."
„Passt doch.", meine ich locker und grinse ihn mit demselben dreckigen Lächeln an. Was er kann, kann ich auch.
Sein Kopf dreht sich langsam zu mir und ich kann ein Funkeln in seinen Augen aufblitzen sehen. Entweder ist es eine Kampfansage oder er ist tatsächlich in seiner Männlichkeit gekränkt.
„Sei leise, Prinzessin Peach. Wir wissen alle, dass ich nicht langsam bin." Um ehrlich zu sein ist Blake alles andere als langsam und ungelenkig. Den Blick, den er mir zuwirft, anzüglich und irgendwie geheimnisvoll, sagt alles. Er spielt so offensichtlich die vorletzte Nacht und den wilden schweißtreibenden Sex, der wir in meinem Bett getrieben haben, an, dass meine Wangen sofort auf Alarmstufe rot umspringen. Blake hat sowohl auf dem Eis als auch im Bett ein ordentliches Tempo drauf. Meine Wangen glühen nun und ich sehe hastig weg. Verdammt, ich hoffe niemand hat diesen Blick gemerkt, denn so hat mich Blake noch nie angesehen. Und das sollte er auch nicht.
Blake dreht sich wieder nach vorne. „Parker, stell das nochmal neu ein. Ich bin Luigi.", stellt er klar.
„Sorry, geht nicht mehr.", murmelt Parker bloß in seinen Bart.
„Bullshit, natürlich geht das."
Parker schnaubt bloß und tut nichts dergleichen.
„Darf ich euch daran erinnern, dass ich das meiste zu dem Flatscreen dazugezahlt habe? Also darf ich Luigi sein.", spricht Blake das letzte Wort.
„Du bist ein schlechter Verlierer und ein großes Baby noch dazu, Westbrook.", schnauzt Parker.
„Prost.", sage ich laut, hebe das Bier und trinke. Fitz neben mir kichert ausgelassen.
„Das werden wir ja jetzt sehen.", murmelt Blake. Er rutscht auf seinem Platz hin und her, trinkt nochmal am Bier und nimmt den Controller in die Hand. Er ist startklar, so wie wir alle. Rachel und Fitz teilen sich einen Controller, alle anderen spielen für sich. Parker und Jules haben sich auf die zweite Couch gesetzt, Cam und Bonnie bleiben auf dem Boden sitzen. Alle drücken wie fest die Controller und der Ehrgeiz von jedem einzelnen heizt die Luft an.
Bei den Jungs geht es oft etwas hitziger und härter her, wenn sie irgendwelche Videospiele spielen und gegeneinander antreten, aber auch bei uns Mädels ist nun der Kampfgeist entfacht und haben vor, es den Jungs nicht so leicht zu machen.
Rachel entpuppt sich als kleines Genie als Yoshi, denn sie legt uns allen Bananenschalen nach der Reihe hin. Cam flucht schon, weil er tatsächlich letzter ist und Browser bekommen hat.
Nach der ersten Runde habe ich mich nun auch aufrecht hingesetzt, um besser reagieren zu können. Ich bin so in das Spiel vertieft und darauf erpicht, Blake von Platz eins zu stürzen, dass ich gar nicht bemerke, wie sich immer wieder unsere Beine berühren. Als die nächste Runde lädt und ich eine kurze Verschnaufpause habe, stelle ich fest, dass wir etwas zu eng beisammensitzen. Der Kerl braucht einfach zu viel Platz, Rachel hat sich von Fitz gelöst und mich unbewusst zu Blake gedrückt.
Ich atme unauffällig tief durch und ermahne mich einfach kein großes Ding daraus zu machen.
Blake behält recht, er verliert so gut wie keine Runde. Das Allerschlechteste, was er schafft, ist Platz zwei.
„Verdammt, Westbrook, kannst du einmal verlieren?", beschwert sich Fitz, als ihm Rachel den Controller für die nächste Runde überlassen hat. Sie hat lieber eine Runde Popcorn.
„Sagte ich doch.", knurrt Blake und grinst über beide Ohren.
„Nächstes Mal spielen wir wieder Call of Duty.", murrt Cam. „Da bin ich dir überlegen."
„Ich war gestern einfach nur abgelenkt. Das heißt nicht, dass du besser wärst.", erklärt sich Blake hastig.
„Yess.", schreit Bonnie auf und reißt die Hand mit den Controller in die Höhe. „Endlich Platz eins."
Ich lasse entmutigt die Schultern hängen. Ich bin zu sehr abgelenkt. Für die letzte entscheidende Runde sollte ich mich besser konzentrieren und Blake neben mir ignorieren. Früher konnte ich den Kerl doch auch mit einem Augenverdrehen abtun, warum jetzt nicht?
„Letzte Runde, Leute.", kündigt Parker an.
„Kann los gehen."
„Warte, du bekommst noch einen Glücksbringer-Kuss.", ruft Rachel aus und drückt Fitz einen Kuss auf die Lippen. Ein lauter Schmatzer ist zu hören. „Mach sie fertig, Baby."
„Seid ihr fertig da hinten?", fragt Cam. „Wenn nicht, dann nehmt euch bitte ein Zimmer, aber seid leise."
„Nein, geht schon.", sagt Fitz hastig. „Kannst Start drücken."
Die letzte Runde ist ein Blutbad. Wir nehmen das alle etwas zu ernst, aber kein will verlieren. Ich ebenso wenig. Und irgendwie will auch keiner Blake gewinnen lassen, denn allmählich bekomme ich das Gefühl wir übrigen haben uns gegen ihn verschworen. Er wird regelrecht von allen Seiten bombardiert.
„Verdammt, wollt ihr mich umbringen?", flucht Blake.
„Nein, aber man kann's ja probieren.", murmelt Bonnie konzentriert.
Blake flucht laut und legt sich mächtig ins Zeug, um es uns allen zu zeigen. Ich starre gespannt auf den Flatscreen, drücke die Tasten auf den Controller fast durch und erkenne die Situation. Blake führt, ich bin direkt hinter ihm und das Ziel in greifbarer Nähe. In der Ferne erkenne ich ein Hindernis. Ich ziele Blake an, hole ihn auf und als wir auf gleicher Höhe sind, kicke ich ihn seitlich gegen das Ziel. Er strauchelt und fege als Gewinnern durchs Ziel.
Ich grinse zufrieden während alle anderen geschockt und überrascht auf den Bildschirm starren. Prinzessin Peach hat sie fertig gemacht und ja, das fühlt sich nach diesem katastrophalen Wochenende mächtig gut an.
„Wow."
„Krass."
„Ich wusste nicht das Prinzessin Peach sowas draufhat.", kommt es von den vorderen Reihen.
Ich spüre Blakes Blick auf mir daher drehe ich den Kopf zu ihm. Er sieht mich ebenso geschockt an, wie die anderen da sitzen. Ich schenke ihm ein süffisantes Lächeln und zucke mit den Schultern, als hätte ich nicht gerade geschwitzt, um mir diesen Sieg zu holen.
„Ich würde sagen 1:1.", murmle ich leise. „Wir sind quitt."
Blake schüttelt den Kopf. „Noch lange nicht."
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro