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V A L
Die Mensa ist eindeutig der falsche Ort, für ein paar Minuten Pause und Ruhe. Zumindest für mich. Draußen ist es mittlerweile zu kalt zum Essen, wenn man nicht wie ein Mensch am Nordpol angezogen sein Mittagessen verdrücken will. Daher pfercht sich auch gefühlt das gesamte College in die Hauptmensa. Ich konnte noch einen Platz am Rande des Tumults ergattern und kann durch die hohen Fensterscheiben den Wind zusehen, wie er die Bäume und die Studenten aufwirbelt.
Noch sitze ich allein hier und spüre sämtlich Blicke auf mir. Viele Mädchen wuseln an mir vorbei, entdecken mich und stecken sofort die Köpfe mit ihren Freundinnen zusammen. Mein Job zieht so ein paar unangenehme Situationen mit sich, aber ich wäre nicht Valentina Kingsely, wenn ich da nicht drüberstehe. Also lächle ich sie brav an und wahre die schimmernde perfekte Maske aufrecht.
Ich gebe zu, an manchen Tagen ist es schwer und ich würde am liebsten unsichtbar werden. So wie Harry mit seinem geilen Umhang. Den könnte ich jetzt auch brauchen. Aber da wir leider nicht in Hogwarts sind geschweige denn mein Zauberstab etwas bewirken würde, wenn ich ihn schwinge, muss ich die Blicke mancher ertragen. Am besten tue ich so als wäre ich sehr beschäftigt und checke mein Handy. Sämtliche Nachrichten ploppen auf, aber ich lese sie nicht, sondern rufe den Chat mit meiner Mitbewohnerin auf. Ich sehe, dass sie mir vor fünf Minuten geschrieben hat, dass sie in fünf Minuten da ist.
Daher hebe ich den Kopf und checke die Masse nach einem braunen dichten Haarschopf ab. Da Rachel Adams nicht gerade zu den größeren Menschen gehört, wird es schwer sie zu finden. Statt einem gut aufgelegten Mädchen, bewegt sich ein stämmiger dunkelhäutiger Kerl durch die Masse, so entspannt, als wäre nichts weiter dabei durch eine volle Mensa zu marschieren. Manche weichen ihm freiwillig aus, damit sie nicht gegen seine harte Brust knallen und unabsichtlich von ihm angerempelt zu werden. Er wirkt so gelassen, wie ich es von Cameron Tucker gewohnt bin. Aber mit dieser Köpermasse und dieser Größe wäre ich es vermutlich auch.
Hinter ihm streckt Rachel den Kopf hervor und grinst breit.
„Du hast es dir ja leicht gemacht.", begrüße ich die beiden lächelnd und sehe Rachel an.
Cam setzt sich mir gegenüber, Rachel neben mich. Beide mit einem Tablett voller Essen. Vor mir steht bloß eine leere Schüssel, in der Mal ein griechischer Salat war.
„Ja, fühlte sich so an als wäre er Captain Amerika und hätte mit dem Schild alle Leute zur Seite geschoben.", witzelt Rachel kichernd.
„Es freut mich mit Captain Amerika vergleichen zu werden. Und wenn ich den Damen etwas verraten darf, er hat den besten Arsch.", grinst Cam süffisant und beißt genüsslich in seinen Burger, als hätte er den ganzen Tag schon darauf gewartet.
Cam, sein bester Freund Peter Parker und Dean Fitzgerald sind meine einzigen männlichen Freunde. Denn sie sind eine der wenigen männlichen Studenten auf dem Campus, die mich seit unserer Freundschaft noch nie angegraben haben. Und dafür liebe ich sie. Cam ist ein lockerer Kerl, mit dem man gut einen drauf machen kann. Und der einzige, den ich kenne, der so einen Ordentlichkeitsfummel hat, dass man hinterher kein Staubkrümelchen entdecken kann. Peter alias Spiderman ist unser ruhiger Zeitgenosse, der nur dann redet, wenn er gefragt wird. Meist sind es Fragen wegen irgendeiner IT-Sache am Laptop, den darin ist er ein verdammtes Genie.
Und Fitz ist einfach Fitz. Immer gut gelaunt, für jeden Spaß zu haben und ein Künstler. Der Kerl kann mit wenigen Strichen auf einem Blatt Papier etwas Reales zaubern. Es ist immer wieder faszinierend und seine Photographie ist verdammt gut. Er hast das richtige Gespür fürs Detail. Ich weiß nicht, ob es das war oder seine unendlichen Tattoos auf seinem Körper, die Rachel so verzaubert haben, aber er hat sie relativ schnell rumgekriegt. Denn sie sind seit einem Monat zusammen und so verdammt kitschig verliebt.
„Natürlich Cam. Wenn nicht du, wer dann?", meine ich als reiner Scherz. Ich habe Cams Allerwertesten noch nie genauer betrachtet, also kann ich dazu nichts sagen. Schließlich sind wir befreundet. Ich checke meine männlichen Freunde nicht ab.
„Wo warst du heute morgen?", frage ich an Rachel gewandt.
Sie schlürft an ihrer Cola und zuckt mit den Schultern. „Zuhause. Naja, bis neun Uhr, da hatte ich dann Vorlesung. Wo warst denn du?"
„Bis zehn Uhr geschlafen."
„Wo? In deinem Bett?", schaltet sich Cam ein. Doch als ich sein dämliches Grinsen sehe, weiß ich, dass er bloß einen unüberlegten Scherz murmelt.
„Ja in meinem Bett. Und wenn du es genauen wissen willst, bin ich schon lange nicht mehr in einem fremden Bett aufgewacht.", erkläre ich, und muss ein Seufzen unterdrücken. Es ist schon lange her. Der letzte war mit Brandon und das auch nur aus Gewohnheit und Langeweile.
Meine Freunde wissen Bescheid, dass ich mir ab und zu einen Spaß erlaube. Hängen es aber nur an die große Glocke, wenn wir unter uns sind und sie sticheln wollen. Sie wissen, dass ich mir einen Namen aufbaue und alles Mögliche meinen Ruf schaden könnte, da ich viele Geschäftspartner habe. Sie respektieren das und dafür danke ich ihnen. Sie wissen, dass ich mir keine Fehltritte erlauben darf, dass ich den Namen Valentina Kingsely rein behalten muss. Fast niemand weiß aber, wie schwer diese Arbeit ist und wie es hinter dem goldenen Vorhang aussieht. Nicht alles was Gold ist, schimmert und glänzt.
„Was ist los Kingsely? Werden dir One-Night-Stands zu langweilig?", quasselt Cam weiter und futtert seine Pommes.
Ich schüttle den Kopf. „Nein, das ist es nicht. Ich habe momentan nur mega viel zu tun. Die Kurse sind intensiv und daneben die ganzen Jobs shooten ist anstrengend.", sage ich und stütze den Kopf auf meiner Hand ab.
„Da hätte ich erst recht ständig Sex. Um den Stress abzubauen und den Kopf freizukriegen.", versucht es Cam weiter. „Sieh dir mich an. Oder Rachel, die strahlt und ist entspannt, seit sie mit Fitzy zusammen ist."
Rachels Augenbrauen schießen in die Höhe und sie blinzelt Cam an. „Was erzählt Fitz denn bitte?"
„Gar nichts.", kommt es prompt von Cam und mir.
„Aber man sieht es dir an.", sagt Cam.
Ich mustere sie und Cam hat recht. Rachels Wangen werden zwei rote Äpfel und sie konzentriert sich wieder auf ihren Cheeseburger. Aber Cam hat recht. Dieses Mädchen strahlt, obwohl das erste Semester am College nie einfach ist.
Um ehrlich zu sein, wäre ein guter One-Night-Stand genaue das richtige, um mal wieder runterzukommen. Und wenn ich an Morgen denke und das Treffen mit meiner Mom, wäre eine ausgiebige Nacht mehr als nötig. Ivys Angebot heute feiern zu gehen wird immer verlockender.
„Ich kann nicht glauben, dass ich das mit dir an einem Freitag beim Mittagessen bespreche.", sage ich an Cam gewandt und schüttle schwach den Kopf.
„Ich bin eben ein guter Zuhörer.", bringt er mit vollem Mund hervor und lächelt selbstsicher.
Eine Stunde später quäle ich mich durch meinen letzten Kurs für dieses Woche. Es ist schon später Nachmittag und mit jeder Sekunde verringert sich die Aufmerksamkeitsspanne der anwesenden Studenten im Saal. Ebenso wie meine. Ich habe mich im letzten Winkel des Saals verkrochen und lausche nur mit einem Ohr der Professorin. Sie quasselt irgendetwas über Marketing. Bevor die letzten zehn Minuten anbrechen hole ich mich Handy hervor und checke die neuesten Nachrichten auf unserem Campus Blog.
Jeder der hier studiert, liest ihn und alles was dort landet, ist innerhalb von Minuten am gesamten Campus in den Ohren der Studenten. Bis heute weiß niemand so richtig, wer dahintersteckt. Viele vermuten ist es eine Gruppe von ein paar Studierenden, die kein Leben haben und dafür das Leben der anderen zum Schaubild machen. Bis jetzt hatte ich Glück, und es wurde über mich noch nichts Vernichtendes geschrieben. Denn diese Artikel sind die begehrtesten, die schmutzige Geheimnisse ans Tageslicht bringen. Aber es ist auch alles andere dort zu lesen, was sich auf dem Campus tut.
So wie die neueste Sportnachricht, dass die Kingston Panthers das Spiel gewonnen haben. Es sind ein paar Videoausschnitte zu sehen, unter anderen auch davon, wie das Team wie verrückt auf dem Eis herumtobt und sich gegenseitig auf die Helme klopft. Wenn ich ihnen so zusehe, sind es für mich ein Haufen Kleinkinder. Aber wenn sie im Schlafzimmer die Hose fallen lassen, können sie zu echten Männern werden. Oft genug erlebt. Und immer wieder faszinierend.
Ich lese die Headline des Artikels.
Carter und Westbrook, das Dreamteam auf dem Eis.
Ich überfliege den Artikel bloß und werde davon losgerissen, als die Professorin das Wochenende einleitet. Ein erleichterndes Murmeln schleicht durch den Raum und ich lasse mich davon mitreißen. Es ist Wochenende und das heißt, heute könnte ich meine Durststrecke beenden und den Stress abbauen.
Wild entschlossen mir heute einen süßen Sportler zu angeln, checke ich bereits gedanklich einige Outfits für heute Abend. Aber da ich zu keinem schlüssigen Ergebnis komme, mache ich mich auf dem Weg ins Wohnheim. Kurz bevor ich zuhause ankommen, schreibt mir Ivy. Besser gesagt schickt sie mir einen Screenshot von einem Tweet auf Twitter. Er stammt von einem Eishockeyspieler, der unter dem Namen Big D bekannt ist, ein zwei Meter kantiger Kerl. Der Tweet kündigt die heutige Siegesparty in einem Verbindungshaus an, wo die meisten Eishockeyspieler wohnen.
Ich schreibe Ivy knapp zurück.
All in.
Ivys und mein Codewort, für die perfekte Partylaune. Wir haben beide keine Ahnung von Poker, aber ich mache meine eigene Poker Regel daraus, die besagt Spaß zu haben und Stress abzubauen.
Nachdem ich meine wilde blonde Mähne gezähmt habe, stelle ich mich der großen Herausforderung ein passendes Outfit zu finden. Doch bevor ich den Kleiderschrank öffnen kann, unterbricht mich ein Klopfen an der Tür. Also eile ich hin und öffne einer herausgeputzten Ivy die Tür.
Sie hat sich in ein enges dunkelblaues Kleid geworfen, dass ihr bis zu den Oberschenkeln reicht und einen Blazer darüber geworfen. Ihre braunen Haare sind hochgesteckt. Oh ja, dieses Mädel will es heute wissen.
„Bist du noch gar nicht angezogen?", fragt sie geradeheraus und lässt die Schultern hängen.
Ich werfe einen Blick auf die Uhr. „Wie du siehst nein. Und die Party im Verbindungshaus hat doch noch nicht angefangen. Wir haben noch locker eine halbe Stunde."
Ich eile wieder zurück in mein Schlafzimmer und öffne den Schrank. Vieles was ich zu meinem stolzen Besitz zähle hängt hier drin. Wie Carrie Bradshaw so schön sagt, will ich mein Geld dort haben, wo ich es sehen kann - hängend in meinem Kleiderschrank. Wie ich sie doch verstehen kann.
Ich hole mir eine helle Jeans hervor, die eng an einem Po sitzt dafür aber locker an den Beinen und ein Satin-Top mit dünnen Trägern in der Farbe beige, das ich in den Bund stopfe. Dazu lege ich mir zwei goldene Ketten um den Hals und klipse einige Armreifen auf mein Handgelenk. Heute darf es gern etwas glitzern. Als kleiner Eye-Catcher hole ich meine roten High Heels hervor.
So trete ich in den Wohnbereich unserer kleinen Studentenbude und vollführe eine eleganten Drehung vor Ivy.
„Yes, Girl.", pfeift sie. „Was hast du heute vor? Willst du Brandon verführen?"
Es wäre einfach mich an Brandon ranzumachen, denn da wäre mir der Sex sicher. Brandon und ich sind im ersten Semester zusammen im Bett gelandet und seitdem verabreden wir uns ab und zu, um Sex zu haben. Nicht mehr, nicht weniger. Wenn wir beide runterkommen müssen oder einfach Lust darauf haben. Wir fragen nicht, wen der andere so trifft oder was er in seiner Freizeit macht. Wir tun es einfach, rauchen danach eine gemeinsam und dann geht jeder wieder seiner Wege. Das ist einfach und unkompliziert.
Aber heute braucht es vermutlich mehr als bequemen Sex.
„Mal sehen."
„Mal sehen? Valentina Kingsely hat doch immer einen Plan? Vor allem wenn es um eine gute Party geht.", meint Ivy und steckt ihr Handy weg.
„Eine gute Party braucht Planung.", entgegene ich schulterzuckend.
„Ja stimmt. Und was ist dein Plan für heute Abend, wo du die Planung nicht in der Hand hast, sondern Gast bist und alle Vorzüge davon genießen kannst?"
„Jedenfalls nicht nach Brandon suchen, wenn er überhaupt dort ist.", stelle ich klar.
„Ist der Sex nicht mehr gut?", fragt Ivy geradeheraus.
„Nein das ist es nicht. Aber eine Abwechslung schadet nicht.", meine ich bloß und bedeute ihr an, ihren kleinen Hintern zu heben. „Und jetzt komm schon, ich will feiern gehen."
Ivy klatscht euphorisch in die Hände und springt auf. Mitreißend von ihrer Energie fahren wir mit einem Taxi zum Verbindungshaus, wo uns bereits eine feiernde Menge begrüßt. Aus dem Haus schallt der Bass, rote Becher werden gekippt und die Hüften bewegen sich im Takt der Musik.
Wir betreten das Haus. Ivy reißt bereits eine Hand in die Höhe, um jemanden zu begrüßen. Und ich lasse meinen Blick schweifen. Einige Blicke erreichen mich und mir ist klar, dass meine Ankunft nun die gesamte Party weiß. Ich hätte durch die Hintertür gehen sollen.
„Ich gehe mal Drew suchen. Er meinte er ist schon hier.", informiert mich Ivy und verschwindet, bevor ich nur den Mund aufmachen kann.
Na gut, mit Ivy tanzen fällt wohl heute flach. Ist sie einmal in Drews Armen gelandet ist es praktisch unmöglich sie von ihm zu trennen. Aber soll sie, ich habe heute jedenfalls keine Zeit sie zu trösten, falls Drew wieder seine Tage hat.
Ich schlage den Weg in die Küche ein und bin heilfroh meine Freundinnen zu treffen. Jude und Bonny. Jude Parker ist die Zwillingsschwester von Spiderman und Bonny McKenzie ihre beste Freundin. Und somit die letzten in unserer bunten Mischung aus Freundschaften.
„Val. Hier drüben!", ruft mir Jude zu und winkt übertrieben stark mit ihrer Hand, wo eine Zigarette klemmt. Mit ihren kurzen blonden Pagenkopf wirkt so unschuldig wie ein Lamm auf der Flucht. Aber das täuscht gewaltig. Und Bonny ist der bunteste Vogel, den ich je getroffen habe, aber das ist nun mal sie und sie trägt es mit Würde. Beide sehen glücklich aus und die gute Laune schimmert in ihren Augen.
„Hey ihr beiden.", begrüße ich sie und gebe beiden einen Kuss auf die Wange. „Wie lange seid ihr schon hier?"
„Noch nicht lange.", sagt Bonny. „Willst du ein Bier?"
„Klar, warum nicht."
„Ich hasse es, dass auf solchen Partys nichts anderes als Bier gibt. Und Wodka mit Cranberry Geschmack.", murrt Jude. „Würden wir bei den Jungs zuhause feiern, hätte ich längst die geheime Schnapsbar geplündert."
Die vier Jungs Fitz, Cam, Spiderman und Blake wohnen gemeinsam in einem Haus ein Stück außerhalb des Campus. Wir hängen oft bei ihnen zuhause herum aber das geheime Fach mit dem guten Zeuges ist mir bis jetzt entgangen. Scheint ein Geheimnis zu sein.
Bonny drückt mir das Bier in die Hand. „Die Jungs haben eine geheime Schnapsbar? Warum weiß ich davon nichts?", frage ich entrüstet.
„Weil Cam mein bester Freund ist und er kein Geheimnis für sich behalten kann. Er und Parker befüllen sie regelmäßig. Nehmen aber nur dann etwas raus, wenn das Bier alle ist und sie auf etwas Besonderes anstoßen."
„Was so gut wie immer der Fall ist." Keine Ahnung was sie meint, aber vermutlich beides.
„Ja."
„Hm, ich will auch einen besten Freund mit einer geheimen Schnapsbar.", sage ich nachdenklich. „Aber gut zu wissen." Ich erhebe meine Dose Bier und stoße mit Bonny und Jude an.
„Aber von mir hast du das nicht."
„Klar."
„Apropos, wo sind die Jungs?", frage ich und sehe mich suchend nach Cam und Fitz um.
„Rachel ist auch mit. Sie wird mit Fitz draußen sein, wo sie ungestört sind.", erzählt mir Jude.
„Ach ja? Wusste gar nicht, dass Rachel auch hier ist.", meine ich.
„Ihr wohnt doch zusammen oder nicht?", scherzt Bonny lächelnd.
„Ja, schon aber manchmal sehen wir uns den ganzen Tag nicht."
„Witzig. Wir beide stehen manchmal gemeinsam auf, frühstücken in aller Zweisamkeit und unterhalten uns darüber, was so ansteht.", murmelt Bonny vor sich hin.
„Ja ihr zwei seid auch ein altes Ehepaar.", meine ich trocken und mustere sie knapp.
Jude und Bonny werfen sich einen knappen Blick zu, dann kichern sie los. „Ja, das sind wir tatsächlich. Es ist schön, mit jemanden gemeinsam den Tag zu starten."
„Ihr schläft aber nicht im selben Bett oder?", frage ich zur Sicherheit nach, falls ich da etwas verpasst habe.
Beide schütteln sofort den Kopf.
„Nein, Jude braucht das gesamte Bett für sich."
„Und Bonny redet gerne im Schlaf."
Ich muss über die beiden lachend den Kopf schütteln. Ich dachte immer, das alte Ehepaar wären Cam und Parker. Die legen nochmal eine Schippe drauf und beenden die Sätze des anderen. Manchmal süß, manchmal gewöhnungsbedürftig.
„Wie auch immer, ich drehe mal eine Runde und suche Rachel, um mich wirklich davon zu überzeigen, dass sie auf einer Verbindungsparty ist." Rachel ist so ziemlich der letzte Mensch, der gerne auf Collegepartys geht. Ich bin mir nicht sicher, ob Fitz einen guten oder schlechten Einfluss auf sie hat. Rachel ist so ein unschuldiges Lamm, dass ich von Anfang an das Gefühl hatte sie vor allem Bösen am College zu beschützen. All den fiesen Kerlen, die nur das eine wollen. Und dann ist sie Fitz in die Arme gelaufen. Aber ich denke er meint es ernst mit ihr. Zumindest habe ich den Kerl noch nie so ... entspannt und verleibt gesehen. Davor kannte ich nur den saufendenden, Party-machenden, One-Night-Stand-Fitz. Also waren meine Zweifel gegenüber ihrer Beziehung berechtigt.
„Mach das. Wir trinken hier und gehen später tanzen.", informiert mich Bonny und nickt mir knapp zu. „Wir erwarten dich da."
Darauf können sie wetten. Ich liebe es mit den beiden zu tanzen, es vertreibt für einige Momente die Sorgen. Jude und Bonny sind diese Freundinnen, die dich in der Bar abknutschen falls dich ein Kerl dumm anmacht und geben vor lesbisch zu sein. In diese Situation kamen wir schon oft genug.
Ich zwänge mich durch die Masse, werde von einigen knapp und lächelnd begrüßt. Manche kenne ich vom Sehen, von manchen habe ich keinen blassen Schimmer wer das sein soll. Aber ich bin zu allen höflich und spiele die Valentina Kingsely, die alle sehen wollen.
Heute geht es mir schwer damit. Dennoch lasse ich mir nichts anmerken und halte Ausschau. Ich habe das Wohnzimmer erreicht, wo wie üblich ein Bier-Pong-Tisch aufgebaut wurde und sich sämtliche Sportler und Bunnys darum scharren. Ich entdecke einige Eishockeyspieler und viele Jungs des Footballteams pferchen sich hier rein. Die Stimmung ist am Höhepunkt, die Musik katapultiert uns in die 90er zurück und die roten Becher erfüllen ihr Klischee.
Ich lehne mich an den Türrahmen zum Durchgang des Wohnzimmers und beobachte das Geschehen. Gerade werden die Becher auf dem Bier-Pong-Tisch neu gefüllt, und es wird eifrig diskutiert, wer gegen wen als nächstes antreten soll.
Immer öfter trifft ein bestimmter Name an meine Ohren und die Aufmerksamkeit einiger wird auf ihn gelenkt. Es dauert nicht lange, schon steht er mitten im Raum. Der King des gesamten Campus. Meine Augen richten sich auf Blake Westbrook, erfassen sein makelloses Gesicht und die strubbeligen blonden Haare. Er wird lauthals von allen gedrängt, die nächste Runde zu bestreiten. Aber ein würdiger Gegner steht ihm noch nicht gegenüber. Jeder weiß, dass Blake ein unverschämt gutes Talent für Zielgenauigkeit hat. Somit drücken sich viele, gegen ihn allein anzutreten. Anscheinend wollen sie die Teams jeweils auf eine Person beschränken.
Es wird herumgebuhlt, gepuscht und gelacht.
Schon will ich mich abwenden. „Kingsely!"
Mein Körper erstarrt und ich suche denjenigen, der meinen Namen über die Musik hinweg brüllt. Jeff. Dieser Arsch. Ich funkle ihn an, weil nun die Aufmerksamkeit auf mir liegt. Heute fällt es mir schwer mich unter den neugierigen Augen der Masse zu bewegen. Aber zu spät, das halbe Eishockeyteam starrt zu mir und erwartet, dass ich reagiere. Ich soll gegen Blake antreten.
„Komm schon Kingsely, spiel mit und fordere ihn heraus.", meint ein nächster Spieler.
Ich stemme mich vom Türrahmen los und lasse dabei bewusst Blakes Blick aus, denn auch er mustert mich.
„Wir wollen hier eine Show sehen, die Queen gegen unseren Captain.", pusht Jeff weiter. Ich hätte ihm damals ins Gesicht sagen sollen, dass der Sex mit ihm mies war. So etwas verkraftet er nicht. Sein Ego ist so zerbrechlich wie dünnes Glas.
Ich trete ein paar Schritte in den Raum, achte darauf wie ich mich bewege. Freiwillig wird mir Platz gemacht und ich ziehe sämtliche Augenpaare von Männern hinter mir her. Ich halte erst an, als ich vor dem Bier-Pong-Tisch stehe. Jetzt abzublocken wäre feige, sie würden es von mir nicht erwarten und wären enttäuscht. Es ist ein einfaches Spiel ein Haufen betrunkener Hockeyspieler zu ködern und sie an den Eiern zu haben.
Ich habe Blake schon oft genug bei Bier-Pong beobachtet. Er ist gut, sehr gut sogar. Aber ich ebenso. Ich habe heute noch so gut wie nichts getrunken, meine Reflexe sind wach und meine Hand ruhig. Ich könnte ihn herausfordern.
„Was ist los, Jungs? Schon müde oder habt ihr keine Eier in der Hose gegen euren Captain allein anzutreten?", heize ich die Stimmung im Raum an.
Ich denke, ich habe soeben entscheiden, gegen Blake Westbrook allein anzutreten. Jetzt gibt es keinen Rückzieher mehr. Ich nehme die Herausforderung an, egal wie es endet.
Mein Blick erreicht Blake und ich beobachte ihn. Wie er da so steht. Als gehöre ihm die Welt. Als könnte er alles tun und alles was er will und niemand hält ihn davon ab. Ich denke dem Captain gehört mal eine Lektion erteilt.
Unsere Blicke treffen sich. Ein freches Schmunzeln zuckt durch seine Lippen und lenkt meine Aufmerksamkeit auf sich. Für eine knappe Sekunde starre ich auf seine Lippen und verfluche mich bereits jetzt dafür. Er schafft es mit einem bloßen lächerlichen Schmunzeln meinen Blick zu leiten.
Aber ich gebe ihm keine Kontrolle darüber. Ich verschränke die Arme vor mir und sehe ihm in die Augen. Perfekte blaue Augen mit einem leichten grauen Schimmer. In Ihnen brodelt der Kampfgeist und der Wille, mich zu besiegen. Natürlich macht er aus jedem Spiel einen Wettkampf, er ist Eishockeyspieler. Bei ihm geht immer ums Gewinnen und sein Bestes zu geben. Es ist sein tägliches Spiel. Und heute bin ich der Puck, der seinen Ehrgeiz zu spüren bekommt.
„Na gut, Blake. Dann wir beide.", sage ich entschieden und nicke. Das Match steht fest.
„Wir sollten diese Runde etwas interessanter gestalten, was meinst du, Val?", höre ich ihn sagen. Seine raue Stimme, die sich in den Ohren anfühlt wie flüssiger Honig, erreicht mich über den Tisch hinweg.
Okay, er will den Anwesenden etwas bieten.
Wenn ich so darüber nachdenke, stecken wir in denselben Schuhen. Wir sind beide am College bekannt, wir werden beobachtet, es wird über uns gesprochen. Ob wir wollen oder nicht. Aber diese Last tragen wir beide und sie verbindet uns irgendwo.
Mittlerweile sind wir der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit aller Anwesenden im Raum geworden. Die Musik wurde eine Spur runter gedreht, aber immer noch laut genug.
Ich nicke. „Was schlägst du vor?"
Er überlegt, aber ich weiß, dass er bereits etwas im Kopf hat. Ich erkenne es an seinem Blick, er will mich nur etwas zappeln lassen.
Blake richtet sich auf, wirft den Ping-Pong-Ball zwischen seinen Händen hin und her, spielt damit so wie er es gerade mit mir macht. Ich frage mich, wie viel er bereits getrunken hat. Aber es ist mitten in der Saison, daher weiß ich, dass es nicht viel sein kann. Dennoch ist Wochenende und samstags wird nicht trainiert. Also könnte er heute auf den Putz schlagen. Seine Augen hingegen sind klar und wach auf mich gerichtet.
Er richtet sich auf. „Wenn ich gewinne, küsst du mich."
Ein Johlen eilt aufgebracht durch den Raum. Um uns herum wird es laut, einige der Eishockeyjungs pfeifen.
Und ich verkneife mir ein abfälliges Lachen. Dennoch kann ich es nicht lassen die Augen zu verdrehen. Ich hätte es wissen müssen, dass er die Gelegenheit nutzt. „Fällt dir nichts besseres ein? Wir sind nicht mehr auf der Highschool, Westbrook."
Er beugt sich auf seinen abgestützten Armen über den Tisch vor und nickt mir knapp zu. Kurz werde ich von seinen Muskeln seiner Oberarme abgelenkt, dich sich unter dem Shirt wölben. Er nickt mir knapp zu und grinst verschmitzt. „Angst?"
„Hättest du wohl gerne."
„Ist nur ein Kuss. Was soll passieren?"
„Nichts."
„Na also."
Ein Kuss, nicht mehr. Ein einfacher lächerlicher Kuss zwischen mir und diesem Vollidioten. Er hat recht, was soll schon passieren? Er kann noch so gut aussehen und mir diesen verdammt sexy Blick zu werfen, ich werde den Kuss so schnell abbrechen, falls ich tatsächlich verlieren sollte.
Ich nicke. „Okay. Gut. Ein Kuss." Aber er wird diesen Kuss nie bekommen, weil ich ihm gleich beim Spiel den Arsch aufreißen werde.
Er nickt. „Gut.", sagt er. „Was ist, wenn du gewinnst?"
„Wenn ich gewinne, baggerst du mich nie wieder an.", fordere ich meinen Part. Ich muss an die Vorstellung denken, wie es wäre, wenn mich Blake tatsächlich nie wieder anbaggern würde. Es wäre ... langweilig und enttäuschend. Zugegeben, ich mag es, nicht immer. Aber wenn er mich mit diesem Blick ansieht und ich darauf warte, dass er einen billigen Spruch loslässt, kribbelt es in mir. Auch wenn es manchmal nervt, würde es mir irgendwie fehlen.
Er lächelt schwach, nickt aber. „Abgemacht."
Ich habe keine Ahnung was wir hier tun. Ich zanke öfter mit ihm, aber das sind meist lächerliche Dinge, die keiner von uns beiden ernst nimmt. Aber plötzlich schwebt zwischen uns eine Spannung, die den gesamten Raum und die Anwesenden erhitzt. Es ist heiß im Raum, meine Wangen sind warm, mein Körper kribbelt und Blakes Blick ist vollgesaugt mit Ehrgeiz. Er will diesen Kuss. Und ich habe nicht vor ihn ihm zu geben.
Ein mulmiges Gefühl wühlt sich in mir hoch und ich erkenne, dass es eine dumme Idee war, einzusteigen. Aber ich nehme Herausforderungen gerne an. Ich liebe es zu spielen, meinen Gegenüber zu ködern. Blake ist kein Fremder für mich. Ich kenne ihn und weiß, was er will und wie ich ihn manipulieren kann. Dennoch weiß ich nicht, ob das hier eine gute Idee ist.
„Ladies first.", meint er und tritt einen Schritt zurück, um mir die Bühne zu überlassen.
„Oh, wie großzügig."
Mir wird ein kleiner oranger Ball gereicht und ich positioniere mich vor dem Tisch. Die Becher sind jeweils in einem Dreieck platziert und halb mit Bier gefüllt. Bevor ich den erste Schuss wage, werden Wetten um uns herum abgeschlossen und jemand feuert mich an.
„Ich setzte auf Kingsely."
„Wetten, Westbrook macht das."
Ich fokussiere die gegenüberliegenden Becher, halte die Hand mit dem Ball und werfe. Er landet auf dem Rand auf einem der hinteren Becher, zögert und platscht schließlich in das Bier.
Zufrieden sehe ich zu ihm auf, während einige hinter mir laut aufschreien.
Blake nimmt es gelassen und trinkt den Becher auf ex. Wir haben ja gerade erst begonnen und ich habe ihm gezeigt, dass er sich warm anziehen soll.
„Anfängerglück.", tut er meinen Vorzeigewurf ab und schnappt sich seinen Ball.
„Du weißt, dass das kein Anfängerglück war, wir haben schon oft genug zusammengespielt.", meine ich und warte geduldig, auf seinen Wurf.
Der Wurf geht daneben.
Er wird von seinen Kollegen ausgebuht, Nash klopft ihm aufmunternd auf die Schulter. Ich überlege, ob er den Wurf absichtlich nicht im Becher versengt hat, um die Stimmung noch mehr aufzuheizen und mich zu ködern. Aber das würde nicht zu ihm passen. Er liebt es zu gewinnen und lässt keine Chance dafür aus.
Ich konzentriere mich wieder und ziele. Der Ball landet knapp neben einem der Becher. Ich lasse mir die Enttäuschung nicht anmerken. Ich dachte echt, ich versenke einen Ball nach dem anderen, ziehe Blake vor aller Öffentlichkeit die Hosen runter und verschwinde wieder. Blakes nächster Wurf landet in einem der Becher vor mir und mir wird klar, dass dieses Match knapp werden könnte.
Ich trinke den Becher aus. Wir spielen weiter und als hätten wir uns abgemacht, dieses Spiel extra spannend zu gestalten, so landen die Bälle abwechselnd neben oder in den Bechern. Wir sind gleich auf. Auf jeder Seite ist nur mehr ein voller Becher übrig.
„Respekt, Blake. Du schlägst dich gut."
„Soll ich dir verraten, dass ich ein paar Bälle absichtlich danebengeschossen habe. Ich wollte dich nicht vor allen so blamieren."
Er lügt.
Ich habe seine nervösen Blicke gesehen, als ich drei Mal hintereinander den Ball versengt habe. Ich habe ihn ins Schwitzen gebracht, weil er damit nicht gerechnet hat.
„Wenn es dich nachts besser schlafen lässt, von mir aus, Großer.", sage ich und zucke gelangweilt mit den Schultern.
Ich bin an der Reihe. Der letzte Becher auf seiner Seite. Wenn ich jetzt treffe, platzt der Kuss und ich gewinne mit einem stolzen zufriedenen Lächeln. Alle um uns herum, sein Team, die Bunnys, das Footballteam würde es mit eigenen Augen sehen, wie ich Blake Westbrook in einem eins zu eins Kampf besiege. Es wäre Genuss der Luxusklasse und ich könnte ihn bis in alle Ewigkeiten damit aufziehen.
Ich beschwöre all meine Konzentration und motorischen Fähigkeiten herauf und fokussiere mit eisernen Blick den allerletzten Becher. Ich muss einfach gewinnen. Ich werde ihn bestimmt nicht küssen, nicht vor allen. Das werde ich nicht zulassen. Denn es wäre nicht nur ein simpler Kuss, es wäre mehr. Es würde auf dem Klatschblog des Campus landen, alle würden darüber reden und Gerüchte finden wie von selbst in alle Münder. Das will ich nicht riskieren.
Mit diesem Gedanken werfe ich den Ball. Gespannt sehen alle sowie ich selbst dabei zu, wie der Ball durch die warme Luft fliegt, am Rand des letzten Bechers landet und schließlich auf dem Tisch daneben landet.
Shit.
Noch habe ich nicht verloren. Wenn Blake ebenfalls daneben zielt, habe ich eine weitere Chance.
Siegessicher erreicht mich sein dämliches Grinsen. „Jetzt etwas Angst?", ködert er mich.
„Träum weiter."
Er reibt den Ball in seinen Händen, haftet dabei seinen Blick auf mir fest und ich halte ihm stand.
„Komm schon, Westbrook!", feuern ihn manche an.
„Hol dir den Kuss."
Bevor Blake wirft, sieht er zu mir. Unsere Blicke treffen sich ein weiteres Mal. Wir wissen beide, was es bedeuten würde, wenn er jetzt trifft. Ich bin mir immer noch nicht sicher, was er vorhat. Warum er diesen Kuss vorgeschlagen hat. Ich weiß, dass er mich gerne küssen würde. Aber ich dachte, ihm wäre klar, dass das für mich vor versammelter Mannschaft einige Unannehmlichkeiten mit sich zieht. Er weiß, dass ich nicht in aller Öffentlichkeit rummache. Nicht, dass dieser Kuss als Rummachen gelten würde, aber dennoch.
Im Wohnzimmer wird der Atem angehalten. Ich spüre ebenso wie mein Herz rast. Er darf nicht gewinnen.
Er senkt den Blick, zielt und wirft.
Und der Ball platscht direkt unter meiner Nase in den letzten Becher.
Shit. Shit. Shit.
Ein aufgebrachtes Brüllen rast durch den Raum, die Stimmung legt einen Gang zu und ich habe gerade allen Ernstes verloren.
Kann ich bitte einmal unsichtbar werden?
Ein paar besoffene Vollidioten hinter Balke schreien immer wieder Küssen, Küssen.
Aber ich bin eine ehrliche Verliererin und werde auf keinen Fall kneifen. Das wäre eine noch viel größerer Blamage.
Blake erwartet mich bereits mit einem frechen Grinsen. Er steht da, hat die Arme vor der Brust verschränkt und den Kopf geneigt. Und ich recke mein Haupt, gehe auf ihn zu und stelle mich vor ihn hin.
Wir sind fast gleich groß, so kann ich ihm gut in die Augen sehen. Sein blau leuchtet mir entgegen, während ihm ein paar blonde Strähnen in die Stirn fallen.
„Bekommst du endlich, was du willst.", flüstere ich, dass nur er es hören kann.
„Nicht einmal annähernd.", meint er, ebenso leise. „Aber du hättest einfach besser sein müssen, dann müsstest du dich nicht so ärgern."
„Ich ärgere mich nicht.", stelle ich eilig klar und schüttle schwach den Kopf.
Er grinst bloß. In der nächsten Sekunden kommt er mir näher. Er beugt seinen Kopf zu mir. Sein Atem streicht über mich hinweg und hinterlässt ein böses Kribbeln. Meine Wangen werden heiß und ich bekomme Panik. Er hat die Erlaubnis mich zu küssen und falls er mich damit überrascht, stecke ich in der Klemme.
Also muss ich ihm zuvorkommen und das Ruder in die Hand nehmen.
„Worauf wartet ihr?", ruft jemand hinter uns. Ich habe unser Publikum einen Moment völlig vergessen, doch nun ist es wieder laut und deutlich in meinem Bewusstsein.
Also reagiere ich, bevor es Blake tun kann und küsse ihn.
Auf die Wange.
Ich drücke ihm einen langen dicken Kuss mitten auf die Wange. Er hat nicht gesagt, von welchem Kuss er spricht, also kann ich mich gerade noch aus dieser miserablen Lage retten. Und gebe ihm einen freundschaftlichen Schmatzer auf die Wange. Dennoch erreicht meine Nase sein Parfum, seinen maskulinen Duft und schafft es für einen Moment mein Hirn zu vernebeln. Verdammt, der Kerl riecht viel zu gut. Und ich hätte plötzlich auf mehr Lust als auf diesen freundschaftlichen Kuss. Auf viel mehr.
Bevor ich meinen Gedanken auf eine versaute Achterbahn schicken kann, löse ich mich von ihm. Blakes überraschter Blick erreicht mich, doch er fängt sich sofort.
Ich richte ihm etwas den Kragen seiner Collegejacke und lehne mich vor. „Wenn du nächstes Mal eine Wette abschließt, solltest du auch das Kleingedruckte hinzufügen. Es war nie von einem Kuss auf die Lippen die Rede, mein Großer."
Er nickt kaum merklich. „Eins zu null für dich, Kingsely.", murmelt er. „Gut gespielt."
Ich nicke. „Gut gespielt."
Zufrieden lächle ich ihn an und trete einen Schritt zurück. Die Menge um uns herum löst sich langsam auf, weil wir nicht mehr ihre Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Die Show ist vorbei.
Bevor ich das Wohnzimmer verlasse, drehe ich mich nochmal zu ihm um. Er beobachtet mich die ganze Zeit über mit einem süffisanten Lächeln. Auch wenn ich verloren habe, habe ich ihm dennoch die Hosen ausgezogen.
Also recke ich ihm meinen Mittelfinger in die Höhe und lächle stolz.
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