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B L A K E
Draußen herrscht ein Chaos aus Schnee und Wind. Die Nachrichten meldeten einen Schneesturm und sie behielten recht. Es ist Mitte Dezember und Massachusetts versinkt im Schnee. Und verdammt, wie ich es liebe. Pünktlich zu den Morgenstunden hat es angefangen zu schneien und entweder man wagt es raus oder man bewegt den Arsch nicht von der Couch. Aber ich bin nicht der Typ, den gesamten Tag auf der Couch zu versauern. Ich muss raus, mich bewegen, was tun, mich beschäftigen.
In der Highschool hatte ich mal eine Woche lang eine Grippe, ich war ans Bett gefesselt. Nach drei Tagen fiel mit die Decke auf den Kopf. Ich musste mich beschäftigen, dass ich mental gesund blieb. In dieser Zeit konnte ich den Rekord in sämtlichen Games brechen.
Während draußen der Sturm tobt, ackern Nash und ich uns im Kraftraum ab. Heute findet kein Training statt, dennoch wollten wir uns auspowern. Ich schnappe gerade nach meinem Handtuch und wische mir über die Stirn. Die Schweißtropfen laufen über mein gesamtes Gesicht sowie über meinen Rücken.
„Hast du am Abend was vor?", frage ich Nash. Er hievt gerade die Hantel von der Halterung, will beginnen und atmet schwer. „Warte ich helfe dir."
Ich springe auf und stelle mich hinter die Hantelbank. Ich halte meine Arme unter die Hantel, während Nash zu stemmen beginnt. Angestrengt verzieht er das Gesicht.
Er nickt knapp. „Ja, Meg und ich haben Jahrestag.", sagt er. „Ich will sie zum Essen einladen und ihr die Flugtickets geben."
„Alter Romantiker. Wo geht's hin?"
„Nach Vermont. Ich will mit ihr über Silvester bisschen Snowboarden und vorm Kamin sitzen. Du weißt schon."
Ich nicke. „Verstehe. Das wird sie umhauen."
Er grinst. „War auch mein Gedanke." Er pustet Luft aus und hebt die Hantel hoch, verzieht dabei wieder angestrengt das Gesicht. „Aus."
Ich greife nach der Hantel und hieve sie zurück in die Halterung.
„Was hast du an Silvester vor?", fragt mich Nash. Sein gesamtes Shirt ist durchgeschwitzt und seine Haare kleben ebenfalls auf der Stirn und im Nacken.
Ich zucke mit den Schultern. „Noch keinen Plan. Mal schauen, was sich ergibt."
Nash wird kurz still, dann mustert er mich. „Unternimm doch was mit Val. Ihr seid doch jetzt ..."
„Wir sind gar nichts.", funke ich hastig dazwischen und meide seinen Blick. Warum kommt er jetzt mit Val?
Er antwortet ein paar verdächtige Sekunden zu spät. „Sicher?", murmelt er fragend. „Das hört sich für mich aber anders an."
Meine Reaktion war zu ... gereizt und zu schnell. Ich habe mich verraten. Nashs Sinnen entgehen nichts, manchmal kann er Menschen wie ein offenes Buch lesen, weil er ein guter Beobachter ist. Ich schätze das sehr an ihm, wirklich. Aber im Moment fühle ich mich ertappt und bloßgestellt. Er hat einen wunden Punkt getroffen über den ich mir selbst nicht ganz klar bin.
„Sorry, Mann. Ich wollte nicht ... mir war nicht klar, dass ..."
Ich schüttle den Kopf. „Schon okay, Nash.", winke ich ab. Ich setzte mich auf die andere Hantelbank, nehme meine Wasserflasche und kippe mir Wasser in den Mund, um Zeit zu schinden. Als ich sie absetzte, mustert mich Nash immer noch. „Ich habe keine Ahnung, was wir sind. Aber im Moment kriegen wir uns mehr in die Haare als vorher."
„Bereust du, dass ihr im Bett gelandet seid?", fragt er.
Auf diese Frage habe ich bereits meine Antwort gefunden. „Nein.", sage ich prompt. „Ich habe mir selbst nie etwas vorgemacht, ich war und bin scharf auf sie. Aber dass es so kompliziert sein würde, hätte ich nicht gedacht. Unsere Freundschaft hat darunter gelitten, das ist mir klar."
Vielleicht hätte ich ihr den Deal nicht vorschlagen sollen, weil er unser momentanes kompliziertes Chaos noch mehr verkompliziert und unsere wackelige Freundschaft noch mehr auf die Probe stellt.
„Und was hast du jetzt vor?"
Verdammt, Nash stellt immer genau die richtigen unangenehmsten Fragen. Er könnte eine Karriere als Psychiater einschlagen, wenn seine glänzende Karriere in der NHL vorbei ist.
Ich blase Luft aus. „Plan A, versuchen, unsere Freundschaft aufrecht zu erhalten oder Plan B wir springen nochmal ins Bett, um die Anspannung loszuwerden."
Nash kichert. „Klar, was anderes hätte ich auch nicht erwartet. Ich schätze mal, du steuerst Plan B an?"
„Jep.", sage ich prompt. „Ganz ehrlich Nash, so eine Frau vergisst man nicht. Und schon gar nicht, wenn du so eine Nacht mit ihr erlebt hast. Und ich sage das, obwohl wir auf einem Studentenwohnheimbett und betrunken Sex hatten. Manchmal denke ich, sie hat mich für andere Frauen verdorben."
„So wie du von ihr redest, hat sie das vermutlich.", lacht Nash.
„Aber jedes Mal, wenn wir uns sehen, fährt sie die Krallen aus. Früher war das Spaß, aber jetzt meint sie es auch so. Sie will nichts von mir wissen."
„Und das hält einen Blake Westbrook davon ab? Du holst dir doch immer, was du willst.", meint Nash.
„Du hast recht. Das trifft auf Eishockey und Frauen zu.", entgegne ich.
Nash breitet die Arme aus und sieht mich voller Unverständnis an. „Und was zählt momentan in deinem Leben? Eishockey und Frauen.", sagt er. „Also Cap, hör auf zu jammern, du weißt, was du willst, also schnapp dir die Queen. Früher oder später wirst du ihre Krallen spüren, und zwar auf deinem Rücken, das verspreche ich dir."
Jetzt muss ich lachen. „Auf dein Wort, Carter."
Er prostet mir mit seiner Wasserflasche zu. „Prost."
„Darauf sollten wir aber nicht mir Wasser anstoßen. Was hältst du von einem Bier im Planck's?"
„Hört sich perfekt an. Aber nur wenn es bei einem Bier bleibt." Nash hebt warnend den Finger. „Morgen ist ein langer Tag."
„Klar." Ich nicke überzeugt, bin aber selbst nicht überzeugt.
„Okay, okay. Bevor du das vertiefst, hole ich runde vier.", sagt Nash, hickst leise und heb den Finger. „Wir sollten einen Zwischengang einlegen. Ich nehme noch Tequila mit."
Wenn zwei Männer sagen, sie gehen auf ein Bier ist das eine Staatslüge. Es blieb nicht bei einem Bier, wir haben uns nicht zurückgehalten und nun haben wir den Schlamassel. Wir haben morgen früh Training und ehrlich gesagt, sehe ich mich morgen nicht wirklich auf dem Eis. Aber wie soll ich das dem Coach erklären? Gar nicht, weil dem es total schnuppe sein wird, dass ich einen fürchterlichen Kater habe. Wenn es ein besonders guter Tag wird, werde ich ihm auch vor die Füße kotzen. Ich sehe das wunderbare Desaster vor mir.
Ich schüttle die Gedanken an Morgen beiseite. Was morgen ist, um das kümmere ich mich morgen. Jetzt kümmere ich mich darum, das vierte Bier zu genießen, das Nash gerade gebracht hat. Ich nehme einen kräftigen Schluck. Oh ja, das zischt.
Die Bar ist nicht besonders voll. Ein paar Bunnys tummeln sich, wackeln mit ihren Hüften, werfen immer wieder Blicke zu uns in der Hoffnung, dass wir sie auf ein Getränk einladen. Aber ich musste schon letztens feststellen, dass mich das im Moment nicht besonders juckt. Und ich weiß, wer daran schuld ist. Ich verfluche dich Valentina Kingsley, das ist dein Verschulden.
„Also weißt du, was" Hicks. „ich nicht verstehe.", strengt sich Nash an. Sein langsamer Blick gleitet durch die Bar, dann fällt ihm wieder ein, dass er was sagen will und sieht mich wieder an. Er sieht so aus, wie ich mich fühle. Betrunken und nicht ganz dicht im oberen Stübchen. Das Denken fällt langsam schwer. Aber mal weniger zu denken, ist auch gut. Ich denke sonst den ganzen Tag zu viel.
„Was ich sagen will, is" Hicks. „Also sagen wir's so, wie kann man Coach Hastings echt vögeln? Versteh mich nich falsch, Cap, sie sieht Bombe aus. Aber sie is so .. kalt und herzlos."
„Manche Kerle wollen das." Ich trinke am Bier.
„Also ich weiß nich ... ne." Er schüttelt ungläubig den Kopf und verzieht seine Konturen.
Wir denken beide nach. Ich nehme mal schwer an, nicht über das selbe. Ehrlich gesagt, will ich es nicht wissen, was mein betrunkene Kumpel denkt. Mir geht jedenfalls nur eines durch den Kopf, während ich diesem blonden Bunny dabei zu sehen, wie sie zu Pink auf und hüpft und sich ihre vollen Brüste im Takt bewegen. Was macht Val wohl gerade? Ich könnte ihr schreiben.
Plötzlich reißt Nash den Kopf herum. „Boa shit, Blake. Glaubst du ... also ich meine, kann's sein, dass Coach Jenkins und sie ..." Den Rest lässt er in der stickigen, nach abgestanden Bier riechenden Luft hängen und sieht mich dabei mit weit aufgerissenen Augen an. Viele Fragezeichen bilden sich auf seiner Stirn sowie einige Falten.
Ich verziehe das Gesicht, angewidert und fragend zugleich. „Ne, also ... nein, das wäre doch abartig. Dürfen die das überhaupt?"
„Aber nich weit hergeholt. Boa, ich wette Blake, dass die beiden in die Kiste hüpfen."
„Jenkins ist doch viel zu alt für sie ..."
Nash schüttelt überzeugt den Kopf. „Mag sein, aber vielen ist das egal. Wer weiß, vielleicht hat sie so nen Vaterkomplex, oder so. Meg hat mir da mal was erzählt. Eine Freundin von ihr hat sowas und die schleppt nur so alte Säcke ab. Und Jenkins ist im Grunde ein alter Sack und ..."
„Nash, rede nicht weiter. Behalt's für dich.", flehe ich jämmerlich. Aber ich kenne Nash, wie auf dem Eis hält ihn auch sonst nichts auf.
„ ... ist perverser als wir dachten, und nagelt viel jüngere Frauen.", sagt Nash ohne Rücksicht auf mich. „Da denkst du, du kennst jemanden." Mit großen Augen nickt er.
Und das Kopfkino rattert los ohne das ich die Stopptaste finde. „Verdammt Nash, du bekommst heute kein Bier mehr."
„Blake, sei keine Memme. Man kann ja drüber reden."
„Nicht, wenn ich die beiden jeden Tag sehe. Und mir jetzt jedes Mal vorstelle, wie ... " Ich schüttle meinen gesamten Körper, in der Hoffnung, diese abartige Vorstellung schießt davon wie der Puck übers Eis.
„Sorry, Bier lockert meine Zunge."
„Ja, zum Vergnügen aller anderen.", murmle ich sarkastisch.
Wir beschließen es für heute gut sein zu lassen. Noch ein Bier und wir würden halbtot morgen übers Eis schlittern und die anderen Kerle würden uns wie den Puck hin und her schießen. Das wollen wir uns ersparen.
Beim Verlassen der Bar, packt mich Nash's Pranke an der Schulter. Es bringt mich zum Straucheln, denn so sicher bin ich auf den Beinen heute auch nicht mehr. Ich kriege mich wieder ein und irgendwie kommt's, dass wir uns gegenseitig stützen und es aus er Bar schaffen.
„Und ganz ehrlich Cap, du solltest dir die Campus-Queen krallen. Je mehr sie die Krallen ausfährt, umso mehr steht sie auf dich."
Ich runzle die Stirn. „Ach ja? Ist das so ne Nash-Weisheit.", nuschle ich.
Er nickt gelassen. „Ja, lerne sie zu schätzen, ich verteile sie nur sehr weise. Darum sind es ja Nash-Weisheiten."
Ich denke über seine Worte nach. „Nash, das ergibt irgendwie... Sinn."
„Natürlich ergibt es Sinn. Es ist ein Uhr morgens und das Bier spricht aus mir. Alles ergibt Sinn."
Wir stehen vor der Bar und sehen zwei Bunnys dabei zu, wie sie mit ihren kurzen Miniröcken ins Taxi einsteigen. Sie kichern dabei so viel über sich selbst, dass das Ganze Szenario ein paar Minuten dauert.
„Blake?"
„Ja Kumpel?"
„Hast du dir mal vorgestellt, wir könnten in der NHL gemeinsam bei den Bruins spielen?"
Ein Lächeln zaubert sich auf meine Lippen und ich komme mir vor, wie ein kleiner Junge, der an supercooles Skateboard denkt, dass er sich zu Weihnachten wünscht.
„Oft, Nash. Und soll ich dir was sagen? Das werden wir auch. Wir werden Geschichte schreiben.", trumpfe ich.
Nash nickt. „Okay, aber nicht mehr heute. Ich musste mich gerade beim pissen hinsetzten, weil ich nicht mehr stehen konnte."
Ich kichere. „Fuck, lass das den Coach nicht wissen. Der brummt dir eine extra Einheit Training auf."
„Hör schon auf, du siehst im Moment genauso scheiße aus, wie ich mich fühle. Also können wir die morgige Extraeinheit gemeinsam absolvieren."
„Ach, morgen wird ein schöner Tag.", meine ich so sarkastisch, dass Nash wieder kichert.
„Ja, und freu dich, wenn du Jenkins und Hastings morgen siehst."
„Fick dich, Nash. Falls ich morgen scheiße spiele, ist nicht das Bier schuld."
„Ja ja.", ruft mir Nash noch zu, als er davon schlürft. „Bis morgen, Cap."
Cap.
Ich sehe ihm kurz nach. Alle nennen mich Cap und dennoch stehe ich hier allein, wie ein besoffener Idiot am Straßenrand und weiß nichts mit mir anzufangen. Ich recke das Gesicht zum Himmel und spüre im nächsten Moment einen sanften Tropfen auf meiner Stirn.
Perfekt, jetzt schneit's auch noch.
Ich laufe los, schlage allerdings nicht den Weg nach Hause ein. Vorher muss ich was klarstellen.
Irgendwie schaffe ich es, mit meinem Getrampel nicht das halbe Wohnheim aufzuwecken. Der leise Flur liegt dunkel vor mir und ich taste nach dem Schalter. Nach einer gefühlten Ewigkeit sinnloses Herumirren, hellt sich der Flur vor mir auf. Der Schalter war direkt neben mir.
Meine Augen blinzeln und versuchen, die richtige Nummer zu finden. Ah ja, das sind wir ja. Ich hämmere dagegen, als sich dahinter nichts rührt, lehne ich mich mit meinem gesamten Körpergewicht dagegen.
Ich klopfe nochmal. „Val, komm schon mach dir Tür auf. Wir müssn reden."
Immer noch nichts. Ich lausche, ob ich Schritte hören kann. Und ich weiß nicht, ob ich es mir einbilde, aber ich höre tatsächlich was. Mein Kopf schaltet jedoch nicht mehr recht schnell, denn die Türe wird aufgerissen und ich knalle mit voller Wucht vor Val auf den Boden.
Fuck, das tat weh.
„Blake, verdammt, was machst du hier?", zischt Val.
Sie beugt sich zu mir herab, während ich immer noch, wie ein hilfloser Käfer auf dem Rücken daliege. Sie packt mich am Arm und hilft mir, mich hochzuhieven.
„Du weckst noch das ganze Stockwerk auf.", flüstert sie verärgert.
Endlich stehe ich wieder selbständig und einigermaßen standfest auf meinen eigenen Beinen und ich kann Val ansehen.
Verdammt, sie sieht umwerfend aus.
„Ich war sehr darauf bedacht, leise zu sein.", erkläre ich stolz und deute auf den leeren Gang hinter mir. „Siehst du, keiner da." Ich grinse.
Val verdreht die Augen und im Moment finde ich sogar das sexy. „Blake, was willst du hier? Wenn du mir nichts zu sagen hast, kannst du wieder verschwinden."
„Doch, warte, ich habe tatsächlich was zu sagen.", halte ich sie auf und hebe die Hand. Erwartungsvoll und ungeduldig sieht sie mich an. „Also Nash und ich denken, dass Coach Jenkins und Coach Hastings was am Laufen haben. Also du weißt schon ... ins Bett hüpfen ... es miteinander treiben und so."
Ihr Blick wird zwischenzeitlich verwirrt. „Hab schon verstanden, Blake. Ich weiß, was das bedeutet.", sagt sie. „Und wer ist Coach Hastings?"
Ich schnaube tief. „Ein Frau, die uns Kerlen das Leben schwer macht und dabei ziemlich sexy aussieht.", sage ich. „Aber nich so sexy wie du."
Val schnaubt ebenfalls, bei ihr hört sich's aber genervter an. „Blake, was willst du?"
Ich stütze mich am Türrahmen ab, weil das Stehen allmählich anstrengend wird. Und ich habe vorhin noch über Nash gelacht, weil er sich am Klo hingesetzt hat
„Dich, ein Bier und einen Vertrag für die NHL. Oh und ein Cheesecake wäre auch nicht schlecht. Aber schon klar, man kann nicht alles haben, daher stelle ich den Cheesecake an letzte Stelle."
„Blake, was willst du hier? Es ist mitten in der Nacht."
„Oh achso.", ich muss schlucken und kurz nachdenken, warum ich tatsächlich hergekommen bin. Ah, jetzt weu0 ich es wieder. „Ich will jetzt sofort eine Antwort darauf haben, warum du mich nicht ausstehen kannst?"
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