68.: Uninvited guests
- Dienstag, 19.09.2034 -
Die Luft in Nordkorea war anders.
Jeongguk wusste nicht genau, warum, aber er fühlte sich seltsam dabei durch die Straßen zu laufen und die Leute zu beobachten, deren Leben sich im Großen und Ganzen kein bisschen von seinem eigenen unterschied.
Es war ziemlich genau sechs Jahre her, dass die Grenzen aufgehoben worden waren und sich die Feindseligkeit gelegt hatte, aber dennoch konnte man deutliche Unterschiede zwischen den Menschen erkennen. Ihre Lebensumstände und Mentalität schien Jeongguk befremdlich, auch wenn er keinerlei Gründe dazu hatte.
Trotzdem fühlte er sich unendlich erleichtert, als er an diesem Abend endlich in das Foyer trat und mit Yoongi an seiner Seite durch den Eingangsbereich des schicken Hotels direkt auf sein Zimmer geführt wurde. Die Leute behandelten ihn kühl und reserviert, weshalb er beschlossen hatte ihnen gegenüber gleichermaßen aufzutreten und auf diese Weise im Hintergrund zu bleiben.
Seitdem sie gelandet waren, schien Yoongis Stresslevel noch einmal um zehn gestiegen zu sein und als Jeongguk nach der Hauptprobe und Ablaufbesprechung noch einmal kurz Minnie und Jinho begrüßt hatte und somit nicht rechtzeitig zurück zum Bus kam, war er komplett aufgelöst gewesen.
Umso glücklicher war Jeongguk darüber, dass sie jetzt endlich im Hotel angekommen waren und das Abendessen auf ihre Zimmer gebracht worden war.
Yoongis Zimmer war durch eine Tür mit seinem verbunden, weshalb die beiden sich zum Essen gemeinsam auf Jeongguks Balkon setzten.
Anschließend rief Yoongi Jimin an und Jeongguk machte es sich mit Percy Jackson Teil Zwei auf einem der Stühle seiner kleinen Terrasse bequem, die einen wunderbaren Blick auf Pjöngjang bot.
Eigentlich hätte Jeongguk jetzt Taehyung angerufen, doch der Ältere hatte ihm, bis auf einen kurzen Nachrichtenaustausch nach ihrer Ankunft, nicht mehr geschrieben und Jeongguk ging davon aus, dass er den letzten Tag auf dem Schiff mit Namjoon verbringen wollte.
Zudem genoss er den Moment der Ruhe, auch wenn seine Konzentration einfach nicht zum Lesen reichte. Es war die erste Minute an diesem Tag, in der niemand etwas von ihm wollte, auf ihn einredete oder um ihn herumwuselte.
Die Nacht war klar und warm und Jeongguk konnte den Sichelmond von seinem Platz aus beobachten. Die Sterne waren zwar bei weitem nicht so gut zu erkennen, wie in Daegu bei seinen Eltern, aber er konnte den großen Wagen erahnen. Der laue Wind frischte ein wenig auf und Jeongguk zog die Beine enger an seinen Körper.
Sein Blick fiel unbewusst an den Zeilen des ersten Kapitels vorbei auf die hell erleuchtete Straße vor ihm. Und dann sah er ihn...
Ein Wagen.
Ein Van.
Er sah alt aus, war verschmutzt und fügte sich im Großen und Ganzen absolut nicht in das Bild der modernisierten Straße ein. Der Lack sah zerkratzt aus und über die Windschutzscheibe zog sich ein langer Riss, der hell von den Straßenlaternen beleuchtet wurde.
Verwirrt lugte Jeongguk ein wenig weiter über das Geländer des Balkons und sah gerade noch, wie die Tür des Hotels zuschlug.
Eigentlich wollte er keine wilden Vermutungen aufstellen und schon gar nicht zugeben, dass ihm diese Situation ein wenig Angst bereitete, allerdings überkamen ihn die Gedanken schneller, als dass er an seinen Stolz denken konnte.
„Yoongi?"
Nervös stand er auf, lief zur Tür seines Bruders und öffnete sie. Yoongi lag auf seinem Bett, das Handy am Ohr und sah überrascht auf.
„Oh... warte einen Moment... was gibt's?"
Jeongguk klopfte das Herz bis zum Hals und er atmete einmal tief durch, bevor er wieder das Gefühl hatte reden zu können.
„Ich hab da unten so ein Auto gesehen, was irgendwie... komisch ausgesehen hat..."
Yoongis Blick veränderte sich schlagartig.
„Bleib dran, Jiminie", murmelte er leise und nahm sein Handy von seinem Ohr, um sich aufzusetzen und Jeongguk anzusehen. „Glaubst du sie würden sich trauen hier hereinzukommen? Das ist, als würde eine Katze eine Maus fangen indem sie mit einem Kampfschrei einfach auf sie zu rennt..."
„Alles schon mal vorgekommen."
„Wie sah es denn aus?"
„Ein alter, schwarzer Van, der irgendwie aussieht, als wär er schon zehn Mal in irgendwas reingefahren... ich weiß nicht. Vielleicht bilde ich mir das ganze auch nur ein..."
Yoongi wollte gerade zu etwas ansetzen, doch da klopfte es auf einmal an seiner Zimmertür.
Jeongguk rutschte das Herz in die Hose und er sah bestürzt zu seinem Bruder dessen Gesicht auf einmal ganz blass geworden war.
„Geh rüber und schließ die Tür ab...", befahl er ihm leise und stand mit zittrigen Knien von seinem Bett auf. „Jetzt! Oder ich polier dir deine hübsche Fresse", knurrte er, als Jeongguk noch immer zögerte.
Und auch wenn sich alles in ihm dagegen sträubte, ging Jeongguk langsam rückwärts zurück in sein Zimmer, verriegelte die Tür und löschte sein Licht, damit es nicht unter dem Türspalt hindurch scheinen konnte.
„Öffnen Sie die Tür, Mr. Jeon", hörte er eine laute Stimme von dem Zimmer seines Bruders und er ließ sich geräuschlos auf den Bauch fallen, um unter dem Türspalt hindurchzusehen, der sich zur Spionage bei weitem besser anbot, als das Schlüsselloch.
Yoongi hielt sein Handy noch immer fest umklammert, während er sich dicht an die Tür schob und sie gerade einmal drei Zentimeter breit öffnete.
Drei Zentimeter zu viel, denn sofort wurde sie aufgestoßen und ein hochgewachsener, bulliger Mann und ein kleiner, schlanker Anzugfutzi traten ein und bauten sich vor Yoongi auf, dem augenblicklich das Herz in die Hose rutschte.
„Geumjae... das ist nicht Jeon Jeongguk", zischte der Kleinere und Jeongguk hielt den Atem an, als der Schlägertyp - Geumjae - einen Schritt zur Seite machte und den Blick auf seinen Auftraggeber freigab.
Seine Frisur saß genauso perfekt wie sein Anzug und er strahlte eine Unantastbarkeit aus, die es Jeongguk eiskalt den Rücken hinunterlaufen ließ. Das musste Mark Tuan sein. Taehyung hatte ihn einmal beschrieben.
„Zimmer 306 meinte die Empfangsdame... oder 308?"
„Entschuldigen Sie, Sir und... Ihre Bulldogge", mischte sich Yoongi jetzt ein und warf dem bulligen Mann einen abwertenden Blick zu. Seine Stimme klang fest und er redete laut. Lauter als er gemusst hätte und lauter als ihm zu Mute war. „Was auch immer Sie suchen... hier sind Sie falsch. Wenn es Ihnen nichts ausmachen würde, würde ich jetzt gern ein Bad nehmen. Allein." Ein schwaches Lächeln zauberte sich auf seine Lippen. „Ich bin schon vergeben..."
Mark Tuan und Geumjae schauten Yoongi verdutzt an, doch bevor Jeongguk abschätzen konnte, was als Nächstes passierte, hatte Mark Tuan schon eine Waffe aus seinem Gürtel gezogen und sie auf Yoongis Kopf gerichtet.
Sofort nahm Yoongi beide Hände hoch, mit der einen noch immer sein Handy fest umklammert, die andere zitterte jetzt so heftig, dass Jeongguk es selbst von seinem Platz aus erkennen konnte.
„Wa-was auch immer Sie vorhaben... das Hotel ist besser gesichert, als die Aufmärsche der britischen Queen... wenn Sie mich erschießen, wird es Ihnen schneller leidtun, als dass Sie Erdbeerkuchen mit Sahne sagen können."
Yoongis Stimme war ein wenig höher geworden, aber nicht weniger laut.
Trotzdem sah Jeongguk die Panik in den Augen seines Bruders glitzern.
Mark Tuan jedoch lächelte nur, hob seine andere Hand und Jeongguk schnappte entsetzt nach Luft, als Geumjae vortrat, Yoongis Arme packte und sie auf seinen Rücken bog.
„Ich bin von der Regierung, Min Yoongi. Sie würden sich wundern, zu was ich alles imstande bin. Außerdem hatte ich nie vor Sie zu erschießen. Geumjae... sein Telefon..."
Sofort riss Geumjae Yoongi sein Handy aus der Hand, woraufhin Yoongi sichtbar zusammenzuckte und den Weg von der Hand des Schlägertypens in Mark Tuans verbissen mit seinem Blick verfolgte.
„Erdbeertorte mit Sahne", drohte Yoongi noch ein letztes Mal, bevor Taehyungs Auftraggeber das Gerät aus der weißen Hülle löste, es auf den Boden schmetterte und die Überreste mit dem Fuß zur Seite kickte.
Jeongguk spürte einen Stich in seinem Herzen und es juckte ihm in seinem Körper aufzuspringen und die Tür aufzureißen, doch er blieb liegen.
Ganz still liegen, während er Geumjae dabei beobachtete, wie er Yoongis Kopf packte und ihn gegen die nächste Wand schleuderte. Ein erschrockenes Aufkeuchen entwich Jeongguks Lippen und er spürte das Brennen von Tränen der Angst und Verzweiflung in seinem Hals, als Yoongis Augenlider flatterten und er das Bewusstsein verlor.
Mark Tuan sah sich noch ein allerletztes Mal um.
Dann trat er zur Seite, um Geumjae mit Yoongi auf dem Arm aus dem Zimmer zu lassen, und losch das Licht, bevor er so leise wie möglich die Tür schloss, als hätte er gerade jemanden zu Bett gebracht, den er nicht wieder aufwecken wollte.
Und wir sind beim letzten, großen Abschnitt dieses Buches angekommen... ich kann jedem, der hier noch dabei ist, gar nicht genug dafür danken, dass er das hier liest...
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