Kapitel 8
The Bunker; Lebanon, Kansas
February, 2017
»Cas?« Mit Verwunderung beobachtete ich den Engel, der wie versteinert vor der Beweistafel mit Fotos von Kelly Kline stand und den Kopf nach oben hob gerichtet hatte.
»Es ist etwas geschehen«, sagte er wie in einer Art Trance. »Ich muss dem nachgehen.« Er lief sofort los, doch ich hielt ihn zurück.
»Cas ... Dean wird sich schon wieder beruhigen. Er ist dir dankbar, glaub mir, er kann es dir nur nicht zeigen.«
Der Mann sah zu mir. »Du solltest nicht mit mir reden. Ich will nicht, dass Dean auch auf dich sauer ist.« Er drehte sich weg. »Ich hol jetzt meine Sachen.« Und damit ließ er mich zurück.
Genervt wandte ich mich ab. Wieso mussten sich immer alle streiten?
Wenige Zeit später fand ich Dean und Sam vor der Karte sitzen; sie unterhielten sich darüber, dass Cas Billy getötet hatte.
»Ich habe das Richtige getan«, sagte der Engel, der in diesem Moment den Raum durchquerte. »Ich muss weg.«
»Gibt es Neuigkeiten von Kelly?«, wollte Sam wissen.
»Nein, es ist etwas Persönliches.«
»Das bedeutet?«, fragte Dean kühl nach.
»Ein Engel, ein alter Freund, hat um Hilfe gebeten.«
»Das gute zuverlässige Engelradio.« Der Sarkasmus in Deans Stimme war nicht zu überhören, weswegen ich ihm einen mahnenden Blick zuwarf.
»Er hat um Hilfe gefleht«, entgegnete Cas, »und dann ist er verstummt. Ich will wissen, ob er noch lebt.«
»Okay, wir helfen dir, Cas«, sagte ich und Sam nickte.
Cas hob die Augenbrauen. »Ihr drei?« Abwartend sah er Dean an.
»Sicher«, meinte dieser tonlos. »Wir helfen dir, und wir verhindern, dass du was Dummes tust.«
Sam und ich warfen Dean einen verständnislosen Blick los, welchen er gekonnt ignorierte.
»Auf geht's«, sagte er nur und ging.
Die Autofahrt war die Hölle. Zuerst war da diese peinliche Stille, die unangenehme Anspannung, die immer mehr den Wagen erfüllte. Sam und ich versuchten es irgendwie mit einem Gespräch, doch ging niemand darauf ein.
»Was willst du wissen?«, fragte Cas schließlich genervt, und Dean konnte sich ein sarkastisches »Oh, es spricht« nicht verkneifen, wofür er von mir einen wütenden Klapps auf den Hinterkopf bekam.
»Au!«, rief der Winchester empört.
»Ach, halt doch die Klappe, Dean«, war daraufhin meine einzige Antwort.
»Leute!« Sam seufzte genervt. »Also, Cas, du hast gesagt, dass Benjamin geschrien hat, als du ihn wahrgenommen hast.«
»Es war ein ... Benjamin würde nie leichtfertig um Hilfe rufen und sich nie selbst in Gefahr bringen.«
Und dann begannen Dean und Cas sich wieder zu streiten, was darin endete, dass Sam und ich laut aufschrien und ich damit drohte, aus dem fahrenden Auto zu springen, sollten die beiden nicht sofort still sein. Cas schwieg augenblicklich.
»Sonst noch was?«, wollte Sam von ihm wissen.
Der Engel holte Luft. »Benjamin ist immer sehr vorsichtig. Vor langer Zeit hat er eine mächtige gottesfürchtige Hülle in Madrid gefunden, und ihr Glaube hat ... Sie hat ihm alles gegeben - ihren Körper, ihren Glaube, ihr Vertrauen. Sie ist nicht nur seine Hülle, sie ist -«
»Sie ist seine Freundin«, stellte Sam fest.
»Genau. Benjamin würde sie nie unnötig einer Gefahr aussetzen.«
»Okay. Also wenn dieser Benjamin so vorsichtig ist«, sagte Dean, »was ist passiert?«
»Keine Ahnung. Das möcht ich herausfinden.«
Wir sahen uns in der Spielhalle als ermittelnde FBI-Agenten um. Während Sam und Dean mit dem Besitzer sprachen, sahen Cas und ich uns die toten Umrisse des Engels an. Ich spürte, wie schwer der Verlust auf ihm lag, und vorsichtig ergriff ich seine Hand und drückte sie sanft.
»Es tut mir sehr leid, Cas.«
Eine Sekunden standen wir einfach so da, dann riss er sich von mir los und wandte sich an den Besitzer. »Okay, raus hier.«
»Was?« Verwirrt sah der Mann ihn an.
»Raus hier!«
Unsicher sah er zu den Winchesters, doch dann ging er.
»Alter, ist alles okay?«, fragte Sam Cas.
»Nein. Nein, Benjamin und ich haben zusammen gekämpft. Er war ein begnadeter Soldat. Ich weiß nicht, wie das passieren konnte.«
Da beugte Dean sich herunter und zog ein Engelsschwert unter einem Tisch hervor. »Das war wohl ein begnadeter Kampf unter Engeln.« Er reichte sie Cas.
»Das ist nicht Benjamins Klinge.« Cas schloss die Augen und lauschte den Worten. Dann öffnete er sie abrupt. »Wir müssen hier weg, sofort!«
Wir trafen einen Freund von Cas in einem Diner. Sein Name war Ishim, er war ebenfalls ein Engel. Benjamin und Cas hatten unter ihm gedient. Zunächst wollte er, dass wir draußen warteten. Ishim wäre kein »Menschen-Fan«.
»Diese Aussage kann ich umgehen«, sagte ich, »denn ich bin kein Mensch.«
»Nein, aber ein -«
Weiter kam Cas nicht, denn da hatte ich den Diner bereits betreten.
»Welcher von den beiden ist es?«, fragte ich, als Cas hinter mir die Tür schloss. Mein Blick lag auf den Mann und der Frau, die an zwei unterschiedlichen Tischen saßen.
»Wenn du auf deine Fähigkeiten vertraust, weißt du es«, gab Cas zurück und lief auf die beiden zu.
»Sie sind immer noch etwas eingeschränkt, verzeih.«
Die Frau erhob sich, als wir uns ihnen näherten.
»Mirabel«, sagte Cas höflich an sie gewandt. »Ishim.« Er ließ sich geraderüber von dem Mann nieder. »Ihr habt eure Hüllen nie gewechselt, ich bin beeindruckt.«
»Wir sind nicht leichtsinnig«, meinte Mirabel.
»Was macht sie hier?«, fragte Ishim, der mich abwertend musterte.
»Sie ist eine Freundin«, sagte Cas.
»Sie ist ein Nephilim«, konterte der Mann. »Ich dachte, du kennst die Regeln.«
»Sie ist noch viel mehr als das, Ishim. Der Auftrag kam von sehr weit oben. Sollte ihr auch nur ein Haar gekrümmt werden, wird man dafür bestraft.«
Ishim lehnte sich zurück und löste seinen Blick von ihm. »Sie soll gehen.«
»Mein Name ist Catherine«, erwiderte ich, »und ich gehe nirgendwo hin.« Ich setzte mich neben Cas.
»Wir haben gewartet«, sagte Mirabel. »Offenbar sind wir jetzt ohne unsere Flügel etwas länger unterwegs. daran trägst du eine Mitschuld.«
Ishim legte den Kopf schief. »Also, Mirabel, manche Engel halten Castiel für einen Helden. Er hatte sein eigenes Bataillon, nachdem er uns verlassen hat. Balthazar, Uriel - großartige Krieger. Sie sind beide tot, wie wir wissen. Auch daran hast du eine Mitschuld. Und dann schleppst du auch noch dieses Halbblut mit dir herum und stellst es jedem zur Schau. Also, ist er ein Held? Ist er jemand, der quer schießt? Keine Ahnung.«
»Pass auf, was du sagst«, zischte ich.
Abrupt beugte Ishim sich vor. »Ich lass mir nicht von dir sagen, was ich zu tun und zu lassen habe. Ich weiß ganz genau, wer du bist. Bald werden es alle wissen. Man wird Jagd auf dich machen. Du hast da draußen sehr viele Feinde.«
Ich lächelte süffisant. »Ich glaube nicht, dass dein Wissen an der Wahrheit grenzt.«
»Oh, das glaube ich schon, Lucia.« Langsam lehnte Ishim sich zurück, den Blick wachsam auf mich gerichtet, während ich ihn entsetzt anstarrte. »Der ganze Himmel spricht davon. Die Engel sind erzürnt, dass unser Vater uns schon wieder verlassen hat. Und laut deiner Reaktion nehme ich an, dass die Gerüchte wahr sind.«
Ich antwortete nicht, woraufhin der Engel lachte.
»Genug!«, herrschte Cas ihn an. »Du wirst es für dich behalten, oder ich sehe mich gezwungen, dir wehzutun. Bist du nun hier, um Cat zu beleidigen oder um über Benjamin zu reden?«
»Geht da nicht beides?«, stichelte Ishim.
Cas funkelte ihn finster an.
»Seitdem wir unsere Flügel verloren haben, sind noch zwei aus unserer Staffel getötet worden«, sagte Mirabel, »genauso wie Benjamin.«
Ishim breitete die Arme aus. »Es gibt nur noch uns, Castiel.«
»Wieso weiß ich nichts davon?«
»Wir dachten, es kümmert dich nicht«, gab Mirabel zurück.
Auf einmal öffnete sich die Tür und Sam und Dean kamen herein.
»Wir haben uns da draußen etwas vernachlässigt gefühlt«, sagte der ältere Winchester. »Rutscht rüber!«
Es wurde ziemlich eng, als wir versuchten, zu viert auf der Bank zu sitzen.
Ishim schüttete Zucker in seinen Tee. »Ich sagte doch, komm allein.«
»Das sind meine Freunde. Meine Freunde hören anscheinend etwas schlecht.« Cas funkelte die Winchesters an.
»Wie geht's denn so?«, fragte Sam. »Wir sind -«
»Wir wissen, wer ihr seid«, unterbrach Mirabel ihn.
Ishim wandte sich an sie. »Sieh doch mal nach, ob da draußen noch andere sind.«
Die Frau ging.
»Der Castiel, den ich gekannt habe, war ein Soldat. Er war ein Krieger. Ein Engel, wie er im Buche stand. Jetzt seht euch an, wie tief er gefallen ist. Keine Flügel, kein Zuhause, nur ein schäbiger alter Mantel, eine Halbblut-Schlampe und zwei schlecht erzogene Äffchen.«
»Oh«, machte Dean. »Na dann - fahr zur Hölle.« Mit todernster Miene sah er Ishim an. »Wenn du noch einmal meine Freundin beleidigst, werde ich deinen bescheuerten Kopf von deinen bescheuerten Schultern reißen.«
»Dean ...«, sagte ich mahnend. »Hier geht es nicht um mich oder Cas, es geht hier um Benjamin.«
Ishim deutete mit einem Löffel auf mich. »Und das ist sogar erfrischenderweise richtig. Aber da du«, er sah zu Cas, »deine Freunde mitbringen musstest, sollten wir es an einen ruhigeren Ort verlegen. Ich kenne da ein sicheres Versteck.« Er erhob sich und warf Geld auf den Tisch. »Ich hole jetzt Mirabel. Es war schön, dich zu sehen, alter Freund.«
Als er gegangen war, setzten Sam und Dean sich uns gegenüber.
»Ich würd ihm am liebsten auf der Stelle seine Engelsfresse polieren«, sagte Dean.
»Das wolltest du bei Cas damals auch, und jetzt sitzen wir hier.« Ich erhob mich. »Auch wenn er sich wie ein Arsch verhalten hat, sollten wir ihm helfen. Seine Freunde sterben. Auch wenn er so kalt tut, weiß ich, dass er es bedauert.«
1565 Wörter
Fun-Fact: Der Schauspieler von Ishim hat mal den Vater von der Krissy (die zu den Jugend-Jägern gehört) gespielt xD
Ich mag ihn nicht, und wer die Folge kennt, weiß auch, warum.
Dieses Buch wird übrigens wesentlich kürzer als die anderen (nur 13 Kapitel plus Prolog und Epilog). Nur damit ihr euch nicht wundert.
Noch einen schönen zweiten Weihnachtsfeiertag 🎄
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