Kapitel 5
The Bunker; Lebanon, Kansas
»Dean, pack das Ding weg.« Genervt stellte ich ihm einen Teller mit Kuchen auf den Tisch.
»Hey, reg dich woanders ab, klar?«
Ohne zu zögern, ergriff ich sein Handy, auf welchem er gerade irgendein Kreuzworträtsel-Spiel spielte, und steckte es in meine Tasche.
»Geht's noch?«
»Könnt ihr beiden endlich aufhören, euch wie Kinder aufzuführen?«, fragte Sam genervt, der in diesem Moment mit seinem Laptop zum Tisch kam.
Ich holte Deans Handy hervor und zeigte ihm das Spiel.
Fassungslos sah dieser seinen Bruder an. »Ernsthaft?«
»Was?«, fragte Dean unschuldig.
»Ich suche nach Informationen über die britischen Männer der Schriften und halte nach Fällen Ausschau, und du vertrödelst die Zeit mit einem Spiel, dass seit fünf Jahren aus der Mode ist?«
»Meine Worte«, sagte ich und ließ mich neben Dean nieder, der mir sein Handy aus der Hand riss.
»Du bist auch nicht besser«, entgegnete Sam. »Du hattest deinen Freiraum, jetzt kannst du wieder genauso etwas tun.«
»Ich denke, Mum ist noch nicht bereit für Snapchat«, warf Dean auf einmal ein.
Genervt verdrehte ich die Augen.
Selbst wenn sie nicht da war, war sie da.
Mary hatte ihre Söhne verlassen, als ich weg gewesen war, weil sie in der großen, neuen Welt nach anderen Dingen Ausschau halten wollte. Mir sollte es recht sein, sofern sie mich nicht nervte. Und das tat sie selbst in ihrer Abwesenheit.
»Was treibt sie denn so?«, wollte Sam wissen.
»Okay, Leute«, ich erhob mich, »sagt Bescheid, wenn's irgendwo brennt.«
»Hey, hey, hey«, Dean zog mich zurück, »du brauchst nicht eifersüchtig sein. Du bist immer noch meine Frau Nummer 1.«
»Ach, wirklich?«, gab ich kühl zurück.
»Zumindest ist Mum knapp dahinter. Vielleicht auch noch auf Platz 1, aber - hey -«
Ich hatte mich erhoben und ging nun davon. »Und tschüss.«
»Komm schon, Cat!«, rief Dean.
Ich drehte mich zu ihm um. »Weißt du, Dean. Du warst gerade noch auf Platz Nummer 1, aber jetzt ist dein Bruder nach oben gerutscht.« Ich klopfte diesem auf die Schulter. »Herzlichen Glückwunsch, Sam. Sag Bescheid, wenn Mr. Ich-führe-mich-auf-wie-ein-Dreijähriger aus seiner Midlifecrisis raus ist.«
»Kommt schon, Leute«, sagte Sam. »Müsst ihr euch schon wieder streiten?«
»Wir streiten uns nicht«, entgegnete Dean. »Das nennt man unstimmige Zweisamkeit.«
Bevor ich etwas erwidern konnte, klingelte sein Handy, und er nahm ab.
»Hallo, Cas. Lebst du immer noch deinen Buddy-Film aus den Achtzigern mit Crowley aus?«
»Bedauerlicherweise«, hörten wir den Engel sagen, als Dean das Handy laut stellte.
»Sag ihm, er kann mich mal«, rief ich.
»Neuigkeiten von Luzifer?«, fragte Sam, bevor Cas antworten konnte.
»Ja, die gibt es. Check mal dein Handy.«
»Warte kurz.« Sam zog die Dateien auf seinen Laptop, wo aktuelle Artikel von Vincent Vincente erschienen waren. Er öffnete ein Interview, in welchem Vincente, oder eher Luzifer, darüber sprach, dass die Band wieder zusammengefunden hatte.
»Was, zur Hölle, ist los mit ihm?«, verlangte ich zu wissen. »Er führt sich wie ein Kind auf.«
»Cas, hattest du nicht gesagt, Rowena hätte ihn sich vorgeknüpft?«, fragte Sam. »Ich hatte geglaubt, seine Hülle wär längst durchgebrannt.«
»Ja, aber wir wissen nicht -«
»Hallo, Jungs, schon lange her«, sagte auf einmal Crowley. »Und Kitty-Cat, wie geht's deiner Familie?«
»Fick dich, Crowley!«, zischte ich.
»Augenscheinlich gut. Wir tun uns zusammen, um die Welt zu retten, und dann kommt nichts. Ihr schreibt nicht, ruft nicht an.«
»Crowley, Luzifer!«, erinnerte Sam zynisch.
»Luzifer. Denkt doch mal nach. Von allen untergegangen Rockbands sind die Ladyheart die verstaubtesten. Ein großes, von einem Label gesponsertes Comeback im Jahr 2016 für diese Dinosaurier, das fühlt sich nicht nach einer ganz natürlichen Wendung der Dinge an, oder?«
»Vielleicht hat Luzifer einen Weg gefunden, um seine Hülle zu heilen«, warf Cas ein.
»Ja, vielleicht, aber ... Was steckt dahinter?«, fragte Dean.
»Er ist in LA«, sagte Crowley. »Wir treffen uns dort.« Er legte auf.
Dean und Sam sahen zu mir.
»Kannst du nicht mit ihm sprechen?«, wollte Sam wissen.
»Mit Luzifer? Dein Ernst? Ganz bestimmt nicht.«
»Komm schon«, sagte Dean, »er ist dein Bruder.«
Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Er ist zuallererst Luzifer. Und nur Luzifer. Das Drumherum interessiert ihn nicht.« Und so ging ich, um meine Sachen zu holen.
Los Angeles, California
»Es ist schon witzig, wenn man bedenkt, wie sich alles entwickelt hat. Ich dachte immer, ich wäre Daddys Liebling gewesen - bis er mich natürlich verraten hat. Doch die Wahrheit war, dass du es warst. All die Zeit. Sogar bevor du geboren wurdest. Das ist ... verletztend, ja.«
»Verzeih mir, wenn ich dir kein Taschentuch hinhalte, Bruder.«
»Süße Schwester, deine Gesellschaft ist das Einzige, was mich erfreut.«
Ich lehnte mich gegen den Schrank und legte den Kopf schief. »Sahst schon mal besser aus, Luzi.«
Er deutete belustigt auf mich. »Du auch.« Zwinkernd trank er von seinem Bourbon. Die Rockklamotten ließen ihn aufgeweckter wirken. Dennoch - das Gesicht des Rockstars wies bereits Falten auf.
Ich sah auf die junge Frau herab, die blutend auf dem Boden lag. Sie hatte sich mit einem Messer Vincents Namen eingeritzt. Ich hatte sie mit einer Berührung zum Schlafen gebracht.
»Du hast die Show versaut«, meinte Luzifer.
»Du hast sie gefoltert«, entgegnete sie.
»Das hat sie sich selbst angetan. Ich habe ihr nur etwas Motivation gegeben.« Schweigend sah er mich über den Glasrand hinweg an. »Wissen Dumm und Dümmer von unserem Treffen?«
»Sagen wir's so, sie wissen, dass ich nicht bei ihnen bin.«
Lachend deutete Luzifer auf mich. »Du spielst also ein doppeltes Spiel. Ich wusste schon immer, dass deine andere Hälfte schwarz wie die Nacht ist.«
»Ich spiele gar kein Spiel. Ich will dich nur von weiteren dieser Vorhaben abhalten.« Ich sah zu dem Mädchen. »Ich habe den Krankenwagen bereits gerufen. Er dürfte gleich hier sein.«
Augenblicklich packte Luzifer mich am Kragen und im nächsten Moment standen wir auf einer einsamen Lichtung in einem dunklen Wald.
»So. Besser.«
Ernst sah ich ihn an. »Du denkst, du könntest dir alles erlauben. Doch Chuck wird dich aufhalten, solltest du -«
»Das denkst auch nur du.« Luzifer lachte. »Unser geliebter Dad wird nicht zurückkommen. Er hat uns im Stich gelassen, schon wieder. Und er wird wieder tun, und wieder, und wieder. Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, aber wie es scheint, werden wir wohl die Sache allein austragen müssen. Viel Spaß! Ich werde ihn zumindest haben.« Flügelschlag erklang, und er war verschwunden.
Der Bass dröhnte lautstark, so dass ich die anderen kaum verstand. Ich stand mitten im Publikum, und während die Fans auf Vince Vincente warteten, wartete ich auf meinen Bruder.
Die Musik wurde lauter. Alle brüllten Vinces Namen. Doch wenn er kommen würde, hatten wir hoffentlich alle Fans nach draußen gebracht, bevor er etwas tun konnte. Castiel und Crowley hielten ihn in der Garderobe so lange auf, wie es ging. Viel Zeit hatten wir jedoch nicht.
Dean zettelte eine Prügelei an und wurde beinahe von einem Bodyguard nach draußen gebracht, doch drückte Sam den Hebel vom Feueralarm herunter. Die Leute wollten herausrennen, aber im nächsten Moment erklang wieder die Musik.
Luzifer.
Einige Minuten später stand er dann auf der Bühne und sprach seine Rede.
»Das wird keine typische Show!«, rief er. »Heute Abend werdet ihr Dinge sehen und Dinge fühlen, die ihr noch nie zuvor gesehen oder gefühlt habt.«
Ich reckte das Kinn und verschränkte die Arme vor der Brust. Ernst sah ich ihn an. Er spürte meine Anwesenheit, so wie ich seine spürte, und da sah er direkt in meine Richtung. Ein Lächeln erschien auf seinen Lippen und er nickte mir zu.
»Es könnte ein bisschen chaotisch werden«, sprach er weiter.
»Ach, scheiß drauf«, sagte Dean in meinem Rücken und schoss in die Luft. »Er hat 'ne Waffe!«
Er versteckte die Pistole unter seiner Jacke, während die Leute panisch nach draußen rannten. Luzifer vollführte eine Handbewegung, um die Türen zu schließen, doch stellte Sam sich dazwischen und versuchte sie mit aller Kraft aufzudrücken.
»Luzifer, du verdammter Scheißkerl!«, brüllte ich und lief auf ihn zu. Auch ich vollführte eine Handbewegung, die ihn von den Beinen riss. Erschrocken über meine Kraft rappelte er sich auf.
»Das war nicht sehr nett, Lucia«, sagte er und hob die Hand, so dass ich nach hinten flog.
Da erschien Cas, der mit einer Gitarre auf ihn einschlug, doch stieß Luzifer ihn von den Beinen. Dean kam von der anderen Seite und legte ihm eine der verzauberten Handschellen um, jedoch landete er dafür neben mir vor der Bühne. Die Ketten glühten und zersprangen.
»Ach, Jungs, ihr wisst doch, dass ich euch alle mit einem Fingerschnipsen töten kann.«
»Einen Scheiß wirst du, Luzifer!«, fuhr ich ihn an. »Hast du es nicht langsam satt, sich immer wie ein Kind zu verhalten? Chuck hat sich entschuldigt!«
»Und so auch bei dir, doch höre ich aus deinem Mund kein freundliches Wort über ihn. Ja, ich bin ihm ein klein wenig dankbar, dass er sich entschuldigt hat, doch ändert das rein gar nichts! Zu erfahren, dass ich eine Schwester habe, die er mir liebt, als alles andere, ist einen Scheiß wert gegen seine Entschuldigung. Er hat mich abserviert! Schon wieder! Und euch auch, nebenbei gesagt. Und reitet in den Sonnenuntergang mit Tante Amara. Er wird dir nie der Vater sein, den du dir wünschst, kleine Schwester. Er wird dich nur jedes Mal aufs Neue enttäuschen. Warum sollte ich ihm also vergeben und schön brav im Himmel herumfliegen, wie Michael und Raphael es getan hätten? Das würdest du auch nicht, und du hättest sogar eine persönliche Einladung für den gar so himmlischen Thron!«
Luzifer hatte zum Teil recht, und das wussten die anderen auch. Dennoch entschuldigte es nicht sein Verhalten.
»Wisst ihr, was mein Plan ist?«, fragte er. »Ich hab gar keinen!«
»Dann begleite uns«, sagte ich.
Ensetzt sah Dean mich an. »Cat -«
»Komm mit uns mit und versuche uns gegen das wirkliche Böse zu unterstützen.«
Da lachte Luzifer, laut und spöttisch. »Lieber würde ich sterben, als mich dir und deinen idiotischen, unfähigen Freunden anzuschließen, Catherine! Ich werde Daddys bereits schon kaputte Spielsachen einfach weiter kaputt machen! Und ihr werdet dabei zusehen.«
»Gut. Denn irgendwie«, sagte Sam, »sieht es so aus, als würdest du zerfallen.«
»Ja, du hast da nämlich etwas. Genau hier.« Dean deutete auf seine Stirn. »Sieh es endlich ein, Rock is dead.«
»Was soll ich sagen?«, lachte Luzifer, doch dieses Mal mit seltsam rauer Stimme. »Euch in den Hintern zu treten hat mir viel abverlangt. Aber keine Sorge, es geht vorwärts, aufwärts.«
Er reckte den Kopf nach oben und helles Licht erschien. Luzifer verließ seine Hülle, die schließlich tot zusammenfiel. Wir hatten ihn verloren. Schon wieder. Er tötete nicht mehr aus Rache, sondern aus Spaß. Er hatte irgendetwas vor, und es war keineswegs etwas Gutes.
1763 Wörter
Luzifer und Cat treffen sich heimlich omg 😱
Glaubt ihr, dass Luzifer doch brüderliche Liebe für Cat empfindet und den Arsch nur so spielt? 🤔
Btw sind die ersten Kapitel von meinem Spin-Off mit David und Jeremy draußen. Das Buch heißt 'Bloodlust' und in diesem hier wird auch etwas Bezug darauf gezogen. Schaut gern vorbei ❤
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