Kapitel 3 Teil 1: Einkaufen
Munin schlug die Augen auf und drehte sich Richtung Fenster. Das rote, sonnenlose Zwielicht draußen machte es unmöglich, die Zeit zu bestimmen. Sein Magen grummelte. Ein Blick auf den Tisch offenbarte, dass jemand die Klößchen weggeräumt hatte, aber die hätten sowieso nur einen Teil dieses Hungers gestillt. Er legte eine Hand auf seinen Bauch, drehte sich auf den Rücken und starrte auf den rosenverzierten Betthimmel.
Ergeben schlug er die weiße Decke zurück, das Klopfen ließ ihn in einer sitzenden Position innehalten. „Ja?"
Leia öffnete die Tür mit Schwung und warf einen Stapel Klamotten auf den Stuhl vor dem Tisch. „Quesa meinte, ich soll dir die Sachen bringen. Und dass du runterkommen sollst, wenn du was zu essen willst. Und ..." Ihr Blick wanderte hoch zur Decke und sie zählte weiter an den Fingern ab. „ ... dass du dich vorher ruhig waschen kannst. Und dass du die Stadt besichtigen willst." Beim letzten Satz funkelte sie ihn freudig an. Mit einem breiten Grinsen wippte sie auf und ab. „Ich habe mir die vergangenen Stunden Gedanken gemacht, was ich dir zeigen könnte. Viele Sehenswürdigkeiten gibt es hier nicht. Den Toten Wald kennst du ja schon und der ist das Gegenteil von spannend. Ebenso der schwarze See, der die Insel umgibt und bevor du auf dumme Gedanken kommst: Die Suppe ist garantiert kein Badesee. Aber die ein oder anderen Leute ... oder Bars und Händler sind einen Besuch wert. Und wenn du willst Bordelle, Spiel- und Wetthäuser und Arenen. Und ... ah ... hm ..." Sie schrumpfte in sich zusammen, ihre Wangen überzog sanftes Rosa. „Ich rede schon wieder zu viel, oder? Ich arbeite daran."
Bevor er etwas sagen konnte, war sie verschwunden.
Mitsamt Kleidung und, wie er nach Überprüfung herausgefunden hatte, Wasch- und Handtüchern tappte er ins Badezimmer und betrachtete die Ausstattung aufmerksamer. Es gab eine größere Badewanne als unten. Sonst stapelten sich ein paar Schüsseln an der mit schwarzen, glänzenden Kacheln bedeckten Wand. Er nahm sich einen der Behälter, stellte ihn ins Waschbecken.
Am Rand seines Sichtfelds flackerte es. Sein Kopf ruckte in die Höhe, sein Blick huschte über den Spiegel. Mit großen Augen und geweiteten Pupillen starrte ihm ein Mann entgegen, dem die blonden Haare in alle Richtungen standen. Sonst gab die Fläche nichts wieder, das da nicht sein sollte.
Er schüttelte den Kopf und hielt seine Hand vor die schwarze Kachel mit weißem Tropfensymbol. Eine Wasserkugel bildete sich über dem Waschbecken und ein stetiger Strahl floss daraus nach unten. Allerdings nur für ein paar Sekunden, bevor er tröpfelnd versiegte. In der Schüssel befand sich jetzt so viel, wie in ein Glas passte, ein Viertel Liter vielleicht. Grunzend wedelte er vor der Kachel, drückte darauf, aber die Magie streikte. Seine eigene wollte er nach seinen Erfahrungen nicht für so etwas Triviales nutzen.
Seufzend zog er die Badtür auf, nur, um gleich wieder zurückzuzucken. „Bei den vier Göttern, Quesa! Was –?"
„Der Wasserhahn ist nicht kaputt. Sie erlauben nur eine bestimmte Menge Wasser an einem Fleck." Der Kanre starrte die Schüssel an, als hätte sie ihn beleidigt.
„Warum, verflucht noch mal, das denn?"
Wenn kein Wasser, kein Wind, keine Erde und kein Feuer – keine Elemente – da sind, die man benutzen kann, schränkt es die Möglichkeiten der Magienutzung ein.
„Weil sie grausam sind und gerne auf denen herumtrampeln, die sowieso schon am Boden sind", wisperte Quesa. Dann blinzelte er, schenkte ihm ein Lächeln und steuerte die Treppe an. „Benutze ruhig jegliche Seifen und Parfums, die du findest."
Wäre die Villa in einem guten Zustand, wäre dieses Angebot halb so gruselig gewesen. Und wenn ihm der Kanre nicht vor dem Bad aufgelauert hätte.
In seiner Kehle formte sich ein Brummen, während er auf die Pfütze in der Schüssel starrte.
Er war alleine in der Küche. Auf der Theke hatte er einen Teller mit Bällchen in blauer Soße vorgefunden, von denen er gerade das letzte herunterwürgte. Die Dinger empfand er schwer definierbar: klebrig, mehlig und einfach nur süß. Und sie knirschten zwischen den Zähnen, wie Sand. Dafür füllten sie seinen Menschenmagen.
„Bereit für unseren Ausflug?"
Munin fuhr zur Tür herum, in der Leia lehnte. Sie war weniger aufdringlich im Vergleich zu Quesa, aber genauso leise. Heute hüllte sie ebenfalls ein roter Umhang ein. Einen zweiten hielt sie ihm entgegen.
Er nickte und spülte den Kloßbrei mit etwas Wasser hinunter, bevor er ihr nach draußen folgte und ihr das angebotene Kleidungsstück abnahm.
„Es ist eigentlich ganz einfach, Kleiner. Rechts von uns sind die Geschäftsviertel. Wir sind hier in einem recht guten Wohnviertel. Irgendwo in der Mitte der Mittelschicht, würde ich sagen. Und je weiter man nach links geht, desto rauer werden die Bewohner. Also immer auf dem rechten Weg bleiben, hm?" Sie zwinkerte ihm kichernd zu und marschierte los nach rechts.
Stück für Stück erkannte man, dass sich mehr Mühe gegeben wurde, die Gebäude in Stand zu halten. Die Dächer waren ordentlich gedeckt, die Scheiben ohne Sprünge und rein, die Fassaden sauber verputzt und makellos schwarz. Auf dem Boden fand sich ebenso weniger Schmutz.
Sein Blick huschte über Vorgärten mit Mosaiken, Mustern und ganzen Bildern aus Stein.
Leia lief rückwärts weiter. „Jede Woche kann man hier andere Steinkunstwerke bestaunen. Ein schönes Hobby. Wobei es zwischen den Bewohnern eher zu einem freundschaftlichen Wettstreit ausgeartet ist." Ihr Lächeln und die Aufmerksamkeit, die sie der Kunst schenkte, zeugten von ehrlicher Begeisterung.
Etwas weiter die Straße herunter deklarierten Schilder an Türen, welches Geschäft sich dahinter verbarg. Die Kanre scheuchte ihn zuerst in einen Second-Hand-Laden mit dem Symbol eines roten Prinzessinnenkleides.
Im Haus mischte sich Staubgeruch mit dem Duft nach blumigem Weichspüler. Schuhe, Hosen, Oberteile, Kleider, Taschen und sonstige Accessoires stapelten sich auf jeder freien Fläche: Stühlen, Sesseln, Tischen, dem Boden, Schränken, Wäscheleinen. Bei genauerer Betrachtung war es kein Teppich unter seinen Füßen, sondern eine Schicht Kleidung, und die eigentlichen Wände ließen sich gleichermaßen nicht Blicken. Kurz fragte er sich, ob es umfunktionierte Ladenhüter waren oder ob man Teile des Bodens kaufen konnte.
In seinem Kopf breitete sich ein Pochen aus. Der Laden drückte ihn mit aller Macht nach draußen und so lehnte er zunächst an der Eingangstür.
„Guten Tag, kann ich Ihnen behilflich sein?", flötete die Ladenbesitzerin im adretten, pinken Kostüm und musterte ihre Kunden von oben bis unten.
Leia deutete mit dem Daumen auf Munin. „Wir suchen nur ein paar Basisklamotten für ihn, ein paar Hosen und Hemden und feste Schuhe. Er musste sein altes Hab und Gut zurücklassen."
„Oh, dieser Ort ist einfach nur furchtbar." Sie schüttelte den Kopf. Ihr dunkelbrauner Dutt mit den pinken Strähnen behielt die Form, dafür klirrte der Schmuck, den sie sich an die Hörner gehängt hatte. Während sie weitersprach, wuselte sie durch den Laden und ließ die Finger über Stoffe gleiten. „Wurden Sie ausgeraubt?" Die Kanre sah zu ihm und presste die Lippen zu einer strengen Linie zusammen. „Oder haben Sie alles verspielt?"
„Ausgeraubt", antwortete er.
Ob sie ihn gehört hatte, war nicht klar, denn sie stieß einen triumphierenden Laut aus und hielt eine lila Anzugweste mitsamt passender Hose in die Höhe. „Das müsste Ihnen perfekt passen. Vertrauen Sie mir, ich habe ein hervorragendes Augenmaß."
Munin blickte das Ding an, dann Leia, die gar nicht erst versuchte, ihr Feixen zu verbergen.
„Ich bin eher für langweiligere Kleidung", erwiderte er letztlich. Er sah an sich herab, auf sein weißes Hemd und die blauen Jeans von Quesa.
Erneut waren die Lippen der Ladenbesitzerin ein blutleerer Strich, dann zogen sich ihre Mundwinkel nach oben und sie winkte ab. „Wenigstens weiß er, dass er ein Langweiler ist", murmelte sie und zwinkerte Leia zu.
Am Ende hatte er einen Seesack mit einigen schwarzen und weißen Hemden, zwei Jeans, einer Jogginghose, einer grauen Stoffhose und einer karierten, die man ihm aufgeschwatzt hatte, mitsamt dazu passendem Blazer, und drei Paar Schuhen.
Das Rot draußen war eine Erleichterung für sein Gehirn, auch wenn ihn die Hitze wie eine Wand traf. Er atmete durch und legte seinen Kopf in den Nacken. Allerdings nur so lange, bis Leia den Laden verließ, sich bei ihm einhakte und ihn mit sich zog.
Ihr nächster Stopp war ein Platz zwei Parallelstraßen entfernt, auf dem Stände ohne erkennbares Muster aufgebaut worden waren. Gestreifte Tücher in allen Regenbogenfarben überspannten Tische, Fässer und Kisten. Zwei Dutzend Bewohner bewegten sich durch das kleine Labyrinth. Zivilisiert.
Während Leia mit den Händlern feilschte, schlenderte Munin vorbei an Körben voller Obst und Gemüse.
„... nicht so langsam auf die Nerven? Jeder Tag verläuft wie der vorherige."
„Oh, wenn Langeweile dein einziges Problem ..."
Auslagen mit Fisch und Fleisch.
„Hast du's schon gehört? Tam hat's erwischt. Wurde heute Morgen in der Unterstadt mit einem Loch in der Rübe gefunden."
Schmuckkästchen und Dekoartikeln aus Holz und Metall.
„Ich will für meinen Partner etwas richtig Großes vorbereiten. Du hilfst mir doch, oder? Bitte, bitte, biiiiiiiitte..."
Eine kräftige, süße Note kitzelte seine Nase.
Die Auswahl war nicht vielfältig – außer Bananen, Äpfeln, Erdbeeren und Brombeeren sah er kein Obst – aber von den wenigen Sorten gab es genug Exemplare.
Der Duft von Honig zog ihn in Richtung eines Standes am anderen Ende.
Sein Blick blieb an einer kleinen Steinstatue hängen. Ein Wolf, auf einem Steinplateau stehend, mit offenem Maul und in den Nacken gelegtem Kopf. Die Form seiner Augen hatte etwas Trauriges, auch wenn Munin nicht wusste, wie genau der Künstler das eingefangen hatte. Langes Fell erinnerte stellenweise an aufgewühltes Meer.
„Die da, bitte!"
Beim Klang von Leias Stimme zu seiner Linken zuckte er zurück.
Der Händler packte die Statue in Papier und reichte sie der Kanre im Austausch für ein paar Münzen.
Munin verlagerte das Gewicht des Seesacks auf seiner Schulter. „Das hättest du nicht –"
„Ich weiß." Sie lächelte ihn an und zuckte mit den Achseln. „Aber sie schien dir zu gefallen. Und ich finde sie auch schön." Leia legte die Statue in ihren Korb voll Obst, Gemüse, Marmelade und Gewürzen.
Seine Brauen schoben sich zusammen und kurz fragte er sich, wie die Lebensmittel an so einem Ort überhaupt entstanden. Vielleicht war es besser, das nicht zu wissen.
„Willst du sonst noch etwas?"
Er schüttelte den Kopf.
„Gut, dann, nächster Halt:", deklarierte sie, mit in die Höhe gerecktem Zeigefinger, „Die ‚Naschende Katze'!"
Sie setzten sich wieder in Bewegung.
Mit einem Ächzen ließ er sich auf den Stuhl des Gasthauses fallen, der ein ähnliches Geräusch produzierte. Der Raum griff die Farben der Welt auf, mit Teppichen und schweren Vorhängen in Rot-, Orange- und Grautönen und schwarzem Tand auf Wandregalen; schaffte es aber dennoch, gemütlich zu wirken. Schwarze, geschnitzte Geweihe hingen über der Theke und mindestens eine schwarze Holzfigur fand sich auf jeder freien Fläche. Er drehte den Adler auf ihrem Tisch um seine Achse und bewunderte die fein ausgearbeiteten Federn.
„Du magst Kunst, oder?", fragte Leia, die mit zwei Bechern an den Sitzplatz in der Nähe des Eingangs kam.
„Sie erinnert mich an eine Gottheit."
„Hm?" Mit gehobenen Brauen sah sie von dem Getränk auf, das sie Munin gegenüber platzierte.
„Die Figur", erklärte er. „Sie erinnert mich an eine Gottheit. Von uns Menschen. Aus alter Zeit, bevor ihr herabfielt."
Ihr Blick wanderte zu dem Tier in seinen Händen und die Verwirrung wandelte sich in ein Lächeln, das man Kindern schenkte, wenn sie vom Weihnachtsmann sprachen.
Munin stellte den Adler zurück auf den Tisch. „Ist nicht so wichtig."
„Heh, es ist süß."
Neda, ob nun zur Fraktion der Kan oder Sem gehörend, konnten mit Menschengöttern oder überhaupt irgendwelchen Göttern nichts anfangen. Kein Wunder, hatten sie selbst scheinbar göttliche Kräfte.
Ohne von der Speisekarte aufzusehen fragte sie: „Willst du danach noch irgendwohin? In ein Spielhaus? Eine Arena? Ich bin nicht begeistert davon, abgezockt zu werden oder anderen dabei zuzusehen, wie sie sich die Schädel einschlagen oder Tiere dazu bringen, aber vielleicht ist das ja was für dich?" Sie senkte die Karte etwas, um ihn zu betrachten, und runzelte die Stirn. „Oder willst du ein Hurenhaus besuchen?"
Er wollte nachhaken, welches Indiz seines Aussehens sie darauf gebracht hatte, da räusperte sich die junge Frau, die neben ihrem Tisch stehen geblieben war. „Was darf's sein?"
Sein Körper schrie nach Energie und etwas von seinem Hunger spiegelte sich möglicherweise in seinem Gesicht, denn die Kellnerin lehnte sich zurück, bevor sie sich fing und aufrichtete. Sie strich sich eine schwarze Strähne, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte, hinters Ohr.
„Oh, hier ist alles gut", begann Leia, was die Kellnerin als Entschuldigung nahm, einen Schritt näher an sie zu rücken, „aber besonders empfehlen kann ich dir die Kartoffelsuppe. Oder den Erbseneintopf. Geschmorter Kohl ist auch nicht verkehrt. Aber du musst auf alle Fälle einen der Kuchen probieren. Irgendeinen. Die machen alle süchtig. Oh, oh, oooder den Apfel..."
Ein Blitz zuckte in Munins Inneren, verzweigte sich und fuhr in seine Glieder. Keuchend stützte er die Handflächen auf das dunkle Holz. Sein Kopf ruckte herum, er sah gerade noch die langhaarige Gestalt, die aus der Tür verschwand. Ihm entschlüpfte jeder Gedanke, aber sein Körper reagierte von alleine, stand auf und stürzte zum Ausgang, dann hinaus. Vier Schritte weiter und er packte die Gestalt, den Mann, am Handgelenk.
Jede einzelne seiner Zellen vibrierte, als stünde er neben einer riesigen Glocke, die zur letzten Stunde läutete. Das rot und schwarz der Welt verlief, zusammen mit den Häusern, den Straßen und dem Himmel.
Vor Munin erstreckte sich ein langer Gang. Durch ohne Sinn und Verstand platzierte Fenster erreichten einzelne Lichtstrahlen den tiefschwarzen Boden. Schritte waren zu hören. Von der Person in der Ferne. Die mitten in der Bewegung innehielt und sich umdrehte.
Munins Herz setzte einen Schlag aus.
Fauchend entriss sich ihm der Mann, den er immer noch festhielt, und entblößte Fangzähne. „Was willst du?"
„Ich ..." Er japste nach Luft, die nicht an seinem zugeschnürten Hals vorbeikonnte. Sein Herz pochte so heftig, sein ganzer Körper im Takt zitterte. „Ich glaube, ich muss mich übergeben."
„Was, bei Herrin Pahl, läuft eigentlich falsch mit den Leuten hier?", klagte sein Gegenüber, während er zurückwich, herumwirbelte und in einer Seitenstraße verschwand.
„Woah, da weiß ja einer, wie man schnell Freundschaften schließt." Kichernd klopfte ihm Leia auf den Rücken.
Er hatte sie gar nicht bemerkt.
„Und dann auch noch mit einem hochdekorierten Exritter", fuhr sie fort. „Hey, alles gut? Du siehst nämlich wirklich nicht gut aus, Kleiner. Vielleicht sollten wir nach Hause?"
Es würde ihm besser gehen, wenn der Boden weniger schwanken würde. Er taumelte zu einer Hauswand, lehnte sich dagegen und strich sich Haarsträhnen aus der verschwitzten Stirn. Sein Brustkorb hob und senkte sich zu schnell. „Ja. Gib mir ... Gib mir nur eine Sekunde."
Sie legte ihm einen Arm um die Mitten und schaffte ihn zurück in die Bar. Der Wirt hielt ihnen die Tür auf. Im Vorbeigehen drückte Leia ihm ein paar Münzen in die Hand. „Ich sagte doch, dass ich gleich wieder da bin. Die Leute hier sind viel zu misstrauisch. Als würde ich bei meiner Lieblingskneipe die Zeche prellen. Oder wirklich weit weg verschwinden können." Schnaubend schüttelte sie den Kopf. „Kann ich für meinen blassen Freund noch ein Glas Wasser haben?"
Nach zehn Minuten und dem Getränk deutete nur ein dumpfes Pochen in seinem Schädel darauf hin, dass nicht alles in Ordnung war. Er nickte Leia zu, die die um ihre Finger geknüpfte Kordel durch geschicktes Umgreifen gerade in eine neue Figur brachte. Für zwei Sekunden war er von der Spielerei so gefesselt, wie sie. Dann räusperte er sich. „Lass uns zurückgehen."
Sie stopfte den Faden zurück in eine Innentasche des Umhangs und legte zwei weitere Münzen auf den Tisch. Etwas, das an Eiskristalle erinnerte, war darauf eingeprägt.
„Sind das Schneeflocken?"
„Die Währung hier", erklärte Leia und grinste. „Flocken. Ich liebe den Namen."
Munin nickte und folgte ihr nach draußen.
„Ihr seid Feiglinge!", hallte es von den Fassaden, zu laut in dieser gedämpften Stadt.
Noch mit der Türklinke in der Hand wandte er sich nach rechts, steuerte dann die Hausecke an, hinter der er den Schreihals vermutete.
„Ugh, nicht das auch noch." Leia hakte sich bei ihm ein und zog ihn abrupt vorwärts und zu einer anderen Seitenstraße.
Einen letzten Blick erhaschte Munin auf den brüllenden Hünen mit den kurzen Haaren in der Farbe von Schnee und Myssavors Himmel über Tag. „Allesamt Feiglinge! Wenn wir uns nicht wehren, haben wir schon verloren! Greift zu den Waffen! Kämpft mit allem, was ihr habt! Was habt ihr denn bitte noch zu verlieren?!"
Munin schnaubte. Brüllende Muskelpakete waren seiner Erfahrung nach meist die, die zuerst starben.
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