Intermedium 3.5
Die bunten Schemen stoben in alle Richtungen davon, verschwanden zwischen oder in Häusern, verzögerten damit nur das Unausweichliche.
Luftmanipulation nährte die aus Hunger erwachsene, spitzen Dornenranken um seine Energielinien, aber er erwischte eine lila Wolke und zog sie zu sich. Ihre Klagelaute verstummten, sobald er sie in sich aufnahm, ebenso wie ein kleiner Teil der Schmerzen.
Mit einer Handbewegung flog die Tür des nächsten Hauses aus den Angeln. Unter seinen schwarzen Stiefeln knarzte das Holz des Flurbodens. Als er die Tür zum Wohnzimmer zertrümmerte, entwischten zwei Energieansammlungen aus dem Fenster, aber die dritte verleibte er sich ein. Er sprang ebenfalls nach draußen, Glassplitter prallten von seiner schwarzen Rüstung ab.
Ein Messer bohrte sich dennoch hindurch in seine Schulter, knapp oberhalb seines Herzens. Er wandte den Kopf, betrachtete den mit Orange ummantelten Dolch und trennte im selben Moment mit seinen Klauen den Auswuchs der Aurawolke, der die Stichwaffe umschlossen hatte, ab. Grün baute sich vor dem Orange auf.
Er fraß beide.
Gemächlich kehrte er zur Hauptstraße zurück und schritt sie entlang, Fühler ausgestreckt nach Beute, für die sich der Aufwand auch lohnte.
Die Sonne in seinem Rücken mahlte einen zackigen Schatten mit Hörnern auf dem Kopf und Stacheln am Körper vor ihm auf den Grund.
Munin erwachte in einer klebrigen, blutroten Pfütze auf dem Boden eines Hauses, das er nicht kannte. In seinem Mund breitete sich der säuerliche Geschmack von Abscheu und Reue aus, weil er wusste, dass sich in den letzten Stunden ein Albtraum manifestiert hatte. Und der süße Geschmack der Angst und Haltlosigkeit, weil sein Gehirn keine Informationen darüber hergab.
Als er das Haus verließ, erstarrten die paar dutzend Menschen auf den Straßen, die gerade dabei waren, die Leichen auf Liegen abzutransportieren oder um sie zu trauern.
Ein paar wimmerten, flehten, noch weniger fluchten, aber alle blieben sie, wo sie waren, oder zogen sich zurück.
Dunkler Champion. Monster. Dämon.
Er legte den Kopf schief. Es war alles so fern.
Risse durchzogen den Asphalt und auch die kleinen, viereckigen Häuser mit Stuckverzierungen, die so typisch waren für eine Menschensiedlung, die die Sem errichtet hatten. Den meisten Fenstern fehlte das Glas und den Eingängen die Türen.
Eine Erklärung lag auf seiner Zunge. Dass die Sem das Dorf hatten ausnehmen wollen und er sie zwar aufgehalten, sich dabei aber zu sehr verausgabt hatte.
Geh. Sie werden es sowieso nicht verstehen. Dass wenige Opfer notwendig sind, um die Mehrzahl zu retten. Sie werden es nicht verstehen. Jetzt noch nicht. Aber irgendwann wirst du der Held sein.
Munin dachte darüber nach, aber die Sätze in seinem Kopf verschwammen. Ruhe überkam ihn.
Mit einem leisen Lächeln und stetigen Schritten verließ er das Dorf. Sein Bruder hatte recht. Natürlich. Immer.
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