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Kapitel 11

Die nächste Szene habe ich bereits erwartet und mich fast ebenso sehr vor ihr gefürchtet, wie vor der, die meinen Bruder sterbend zeigt. Sie wird bei Weitem weniger schmerzhaft sein, mich jedoch vermutlich doch ans Limit bringen.

Doch nach Finns Tod werde ich wohl alles ertragen können, ohne mich wieder zu fühlen, als würde ich zu Staub zerfallen. So atme ich tief durch, warte, bis auch die letzte Trauerwelle abgeebbt ist und wische mir die Tränen aus dem Gesicht, um mich der nächsten Episode meines Lebens zuwenden zu können.

Mein jüngeres Ich sitzt allein und in sich zusammengesunken im Unterricht, auf der letzten Bank in der letzten Reihe und starrt auf die Tischplatte, anstatt den einschläfernden Worten des Lehrers zu folgen, der von hier aus meilenweit entfernt zu sein scheint.

Aus einem unbeschreiblichen Gefühl heraus beuge ich mich vor, um die Worte, die dort überall auf dem Holz verteilt sind, ebenfalls zu betrachten. »Mörder!«, »Fahr zur Hölle!«, »Verpiss dich!« oder auch »Stirb!« steht dort in krakliger Kinderhandschrift geschrieben. Jedes einzelne Wort schmerzt, da ich weiß, dass sie nur an mich gerichtet sind. Schließlich ist dies mein Tisch gewesen.

»Wie konnten sie nur?«, fragt der Tod leise. Seine Stimme bricht beinahe, was mich bei seiner sonst so selbstbewussten Art beunruhigt. Es ist das erste Mal, dass er dieses ziemliche überhebliche und besserwisserische Etwas mir gegenüber ablegt.

Ich lasse nur ein Seufzen verlauten. »Die Nachricht von Finns Tod hat sich wie ein Lauffeuer in der Stadt verbreitet. Plötzlich wusste jeder davon, obwohl sich zuvor niemals jemand um uns geschert hat. Somit wussten sie auch, wer dafür verantwortlich war. Allerdings haben all diese Gerüchte mal wieder vollkommen die Wahrheit verdreht. So dachten viele, dass ich mit einem Stein auf Finn eingeschlagen und somit die Kopfwunde verursacht hatte. Das kam daher, dass die Polizei das vorerst ebenfalls vermutet hatte, aber dann eingesehen hat, dass der Fall vom Baum daran schuld war und nicht ich.

Die Menschen um mich herum haben mir jedoch niemals die Chance gegeben, ihnen zu erklären, was wirklich passiert ist. Stattdessen haben die Putzkräfte der Schule es irgendwann aufgegeben, meinen Tisch zu reinigen, weil der ständig mit neuen Beleidigungen beschmiert war.«

Schließlich reißt mich die Schulglocke aus meinen Erzählungen. Der Unterricht endet. Sofort stürmen alle Kinder hinaus, um ihre wohlverdiente Pause genießen zu können. Mein kleines Ich jedoch bleibt sitzen. Es wartet, bis seine Mitschüler alle gegangen sind und noch etwas länger, um sich wirklich sicher sein zu können, dass die auch wirklich weg sind. Erst dann erhebt der Junge sich so leise wie nur möglich und schleicht beinahe geisterhaft und möglichst unauffällig aus dem Klassenzimmer.

Ich weiß genau, wo die Kopie von mir nun hin will. Früher habe ich mich wegen der Übergriffe meiner Mitschüler in den Pausen immer in den Toiletten oder dem Hausmeisterbereich herumgetrieben, um ihnen bestmöglich aus dem Weg gehen zu können. Denn diese fünfzehn Minuten zwischen den Unterrichtsstunden waren immer die gefährlichsten des ganzen Schultages. Im Klassenraum haben sich die anderen nicht getraut, mir etwas anzutun, was vermutlich an der Anwesenheit des Lehrers gelegen hat.

Auch jetzt schleicht sich mein Vergangenheits-Ich zum stillen Örtchen, in der Hoffnung, niemandem unterwegs begegnen zu müssen und einfach nur ungestört seine Pause verbringen zu können. Jedoch wird diese Hoffnung sofort zunichte gemacht, als eine Gruppe von Jungen ebenfalls den Vorraum der Toilette betritt, ehe ‚ich' mich in eine der geschlossenen Kabinen verziehen kann.

»Wolltest du dich etwa wieder verstecken?«, lacht der eine von ihnen hämisch.

»N-nein! Ich muss nur mal«, antwortet Klein-Calin schnell und möglichst selbstsicher. Jedoch lacht die Gruppe nur hämisch, ehe ihr Anführer wieder das Wort erhebt.

»Tja, Pech gehabt. Abschaum wie du darf nicht auf unser Klo gehen. Du darfst dir höchstens in die Hose pissen, damit alle sehen, wie widerlich du bist.«

Mein jüngeres Ebenbild starrt ihn und seine Anhänger einfach nur stumm an. Eine Antwort würde sie schließlich nur noch wütender machen.

Jedoch scheint auch ‚mein' Schweigen keine gute Alternative zu sein. »Was glotzt du uns denn so dumm an, Missgeburt?«, kläfft der eine. »Widerlicher Mörder«, knurrt ein anderer. »Warum nur hat die Polizei so etwas Widerliches wie dich einfach gehen lassen? Du verdienst es, im Knast zu verrotten.« Die Meute kommt meinem kleinen Abbild und mir immer näher. Ich kann förmlich die Angst greifen, die mich damals hat erzittern lassen.

»Bring dich doch einfach um. Dich will eh keiner mehr. Alle hassen dich«, wird noch einmal nachgetreten.

Die drei Jungen ballen die Fäuste. »Am Ende will er uns jetzt auch umbringen. Weil wir ja so gemein zu ihm sind«, lacht der Anführer, ehe dieser wieder vollkommen ernst wird. »Aber soweit werden wir es gar nicht erst kommen lassen.«

Mit diesen Worten stürzt sich die Meute hungriger Wölfe auf das schutzlose Reh mit dem gebrochenen Bein, das sich nicht im Geringsten gegen sie wehren kann.

Die Schläge und Tritte schmerzen mich, als würden sie mich direkt und nicht nur mein Abbild treffen. Ich erinnere mich, dass ich in diesem Moment einfach nur die Augen geschlossen und auf den Tod gewartet habe. Alles kam mir so sinnlos vor. Da kamen mir diese Kinder mit ihrem unerklärlichen Hass auf eine Tat, die sie nicht betraf, gerade recht. Doch an diesem Tag hatte ich leider nur das Bewusstsein verloren, nicht mein Leben.

»Ist dies das erste Mal gewesen, dass du so von ihnen gedemütigt wurdest?«, fragt der Tod wieder vollkommen gefasst.

Ich schüttle freudlos lachend mit dem Kopf. »Nein, bei Weitem nicht. Sie haben es immer wieder getan. Zwei Jahre lang jeden Tag, ohne auch nur eine Unterbrechung.

Immer wieder haben sie mich verprügelt oder mit regelrechten Flüchen belegt, als wäre ich der Schandfleck in ihrer aller Leben. Die Lehrer oder meine Eltern haben in dieser Zeit nie etwas unternommen, damit diese Schikane aufhört. Sie müssten eigentlich die Wunden gesehen haben, die ich irgendwann nicht einmal mehr versteckt habe, weil es mir zu lästig wurde. Aber sie sind nie eingeschritten. Sie waren wohl zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Zumindest meine Eltern. Diese ersten zwei Jahre nach Finnlays Tod waren auch die Zeit, in der es Zuhause wirklich unerträglich wurde. Mein Vater hatte zwar schon immer ziemlich viel getrunken, doch das häufte sich sogar noch damals. Trotzdem war er seltener gewaltbereit als meine unterbelichteten Mitschüler. Die vergaßen sogar irgendwann fast, was ich ihrer Meinung nach getan hatte, aber aus Gewohnheit schikanierten sie mich weiter.«

Wieder ersticken mich die Tränen, die sich ihren Weg nach oben bahnen, aber von mir gewaltsam zurückgedrängt werden.

Wieder spüre ich diesen mitleidigen Blick des Lebens auf mir, ohne sie überhaupt sehen zu können. »Und was ist am Ende dieser zwei Jahre passiert, dass das alles endlich aufgehört hat?« Ich wende meinen Blick dem Boden zu.

»Die übliche Gruppe, von deren Mitgliedern ich die Namen jetzt nicht mehr weiß, hat einmal nach der Schule versucht, mich im Fluss zu ertränken. Dann haben sie mich bis nach Hause verfolgt, als ich vor ihnen geflüchtet bin, und meine Eltern und mich die ganze Nacht hindurch terrorisiert. Mitunter haben sie Fensterscheiben eingeschlagen, das Wort ‚Mörder' überall hin gesprüht oder gegen die Haustür getreten. Erst dann hat sich endlich was getan.«

»Und was genau?«, fragt das Leben gespannt weiter. Ein wenig muss ich über ihre kindliche Neugier schmunzeln.

»Meine Mutter hat sich endlich von meinem Vater getrennt, Anzeige gegen meine Mitschüler erstattet und hat ihre letzten Ersparnisse ausgegeben, um mit mir nach England ziehen zu können.«

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