Gleiches Recht für alle
Mit der rechten Hand wackelnd, tritt Vanja einen Schritt zurück und sieht zu Mirabella hinunter, die nun auf dem Boden sitzt und geschockt zu ihr hoch sieht. „Ich habe dir einige Warnungen gegeben. Aber sieh es so, Mirabella!" Wieder setzt sich ein Lächeln auf ihre Lippen. „Glückwunsch, du bist die erste Person in meinem Leben die ich wirklich geschlagen habe!" Dann sieht sie auf ihre Hände. „Auch wenn es ein wenig weh tut... ich hab mich noch nie so GUT gefühlt! Komische Gefühlslage, das muss ich zugeben. Ich fühle mich gut weil ich anderen weh getan habe... ist das normal?" Dabei dreht sie den Kopf, wobei Kati, Inara und Maxim geschockt davon sind dass DIE Vanja jemanden geschlagen hat. Und das nicht nur einfach so, sondern auch noch so heftig dass sie auf den Hintern gefallen ist! Dennis hingegen verschränkt die Arme und zuckt mit den Schultern. „Wenn sich die Frustration so aufstaut dass sie irgendwann körperlich raus muss, dann ja. Das fühlt sich gut an. Komm her, ich bin stolz auf dich." Dabei legt er ihr einen Arm um die Schultern und hält ihr eine Serviette hin, um das Blut von ihrer Nase ein wenig weg zu wischen. „VANJA! Bist du von allen guten Geistern verlassen?! Seit wann kannst du jemanden einfach so schlagen?" Bhan, der mit den anderen zum Tumult gelaufen ist, stoppt neben ihr und bemerkt ihre Nase und die nun leicht anschwellende linke Seite ihres Kopfes. „Was ist bitte passiert?!" Solideo hilft seiner Hüterin auf, wobei Dennis entgeistert brummt. „In Ruhe lassen wollte Mirabelle sie nicht, das ist passiert. Die war wieder an unserem Tisch, Vany hat gewarnt und ein Friedensangebot abgegeben und dann hat sie Vany geschlagen. Und... gleiches Recht für alle, Bhan. Ganz ehrlich. Aber mit was für einer Kraft- Das traut man ihr gar nicht zu!" Sie lehnt sich leicht an den Deutschen und schmunzelt, auch wenn sie sich schlecht fühlen sollte. „Danke..."
Der Eisdrache legt sich eine Hand auf das Gesicht, wobei Solideo seufzend zu Mirabella sieht, die seinem Blick nur ausweicht. „Jetzt hast du nicht nur verbal auf die Schnauze bekommen, hoffentlich ist dir das eine Lehre.", brummt der Italiener und schiebt sie aus dem Speisesaal raus, wobei Kati sich das Lachen nicht mehr verkneifen kann. Was für ein glorreicher Beginn des letzten Tages! Bis jetzt gab es keine Probleme oder Streitereien, zumindest von denen jemand offiziell wusste, und am letzten Tag passiert das ausgerechnet mit der eigentlich friedliebendsten Person die man finden kann. „Willst du noch in Ruhe zu Ende essen, oder soll ich dich kurz..." Bhan deutet an ihr hoch und wieder runter. „Auffrischen." Mit einem Lächeln nickt sie. „Das wäre wunderbar, wenn du das machen könntest. Das Nasenbluten will nämlich nicht aufhören." Inara, die sich vor Vanja stellt, verzieht auch leicht das Gesicht. „Die Bitch hat dir die Nase gebrochen... Guck mal an wie schief das ist!" Leicht irritiert sieht Vanja zu der Mongolin. „Sollten- Sollten gebrochene Nasen nicht ein wenig mehr weh tun?" Kati schnaubt leise und klopft ihr auf die Schulter. „Wir Frauen haben schon immer eine höhere Schmerztoleranz gehabt, und dann noch n kleiner Schock dazu und das tut schon gar nicht mehr so weh. Jetzt. Aber geh mit Bhan mit und komm wieder, deine Pancakes werden kalt und wir müssen dann die restlichen Kandidaten anhören!"
Somit nimmt Bhan die Hüterin mit und die anderen vier setzen sich wieder an ihren Platz, die Gespräche um sie herum fangen langsam aber sicher wieder an. „Können wir darüber reden...", fängt Maxim an und lehnt sich nach vorn. „Dass ich nie ihren rechten Haken abhaben will? Meine Fresse- Der hat Mirabella kurzzeitig ausgeknockt und ihr wisst wie standhaft die Bitch eigentlich ist!" Inara hebt ihre Tasse hoch und nickt. „Man sollte nie eine friedliebende Person aus ihrem Frieden rausstoßen. Einfach, weil es einen Grund gibt wieso diese Person sich zu diesem Frieden durchgekämpft hat- Und glaub mir wenn ich dir sage, dass du diesen Grund meistens nicht rausfinden, oder herausFORDERN solltest." Stimmt, niemand weiß wieso Vanja eine Person ist die den Frieden so sehr bewahren möchte. Sie sind alle irgendwie davon ausgegangen dass es von Anfang an so war und vielleicht die Erziehung noch etwas reingespuckt hatte, aber nun steht auch die Möglichkeit einer anderen Lösung im Raum. „Meint ihr da könnte wirklich mehr dahinterstecken?", murmelt Kati und will nicht gleich Hals über Kopf in etwas reinspringen was eventuell sonst einfach keinen Sinn macht. Maxim hingegen mustert sie nachdenklich. „Du hast doch gestern selbst gehört was sie über ihre Eltern gesagt hat was ihr Gehör angeht. Meinst du sowas macht man einfach umsonst? Sowas ist doch schon fast ein Überlebensmechanismus!" Dennis verdreht die Augen, die streuen Gerüchte wo keine sind. „Kommt mal wieder runter, fragt sie lieber ob sie ein Trauma von ihren Eltern hat, bevor ihr euch in was reinkatapultiert das sich nach reiner Verschwörungstheorie anhört." Kati zieht eine Augenbraue hoch. „Ja klar, weil man auch einfach so über Traumata redet- Sag mal wie desillusioniert bist du eigentlich was das angeht?"
Nein, Vanja hatte kein Trauma! Mit der Frage wurde sie nämlich gleich konfrontiert als sie wieder zurückkam, alles wieder am eigentlichen Platz und vor allem kein Nasenbluten mehr. Sie ist sich sehr unsicher darüber wie man darauf gekommen ist dass sie ein Trauma von ihren Eltern haben sollte und vor allem diese Selbstverständlichkeit, mit denen sie diesen ‚Fakt' ausgesprochen haben. „Seid ihr euch sicher dass es EUCH gut geht? Immerhin... wer auf die Idee kommt, muss doch selbst irgendwie mit dem Thema aneinandergeraten sein, oder? Ich meine..." Vanja legt den Kopf schief. „Man sollte nicht so etwas behaupten wenn man nichts über das Thema weiß, oder?" Dennis sagt schon gar nichts mehr, sondern spürt die Arme um ihn herum schon bevor sie eigentlich zu Ende gesprochen hat. „Bei dir weiß ich es. Und genau deswegen bring ich dich mal zu meinen Eltern, okay?" Der Deutsche nickt leicht. „Ich weiß. Das wiederholst du immer und immer wieder." Inara schnaubt amüsiert. „Lass das Alucard nicht sehen, der würde vielleicht sogar eifersüchtig werden, dass du dich so gut mit Dennis verstehst!" Jekaterina zuckt gelassen mit den Schultern. „Ich meine... wenn da nichts ist, dann kann sie doch machen was sie will, oder nicht?" Maxim schmunzelt, sieht aber kurz zu Vanja, die seinen Blick schon fast kalt erwidert. Uff, was ist denn mit ihr passiert? „Konzentriert ihr euch auf eure Sachen und... eure Traumata. Ich helfe gern, aber ich brauche keine brodelnde Gerüchteküche!" Die Mongolin sieht mit hochgezogenen Augenbrauen auf ihre Früchte runter, na sie weiß ja nicht ob dieses ‚keine brodelnde Gerüchteküche' nicht schon lange im Gang ist. Wenn auch nicht was Alucard angeht.
Die letzten eineinhalb Stunden hören sie sich noch die letzten Kandidaten an, bevor sie bis um eins noch genug Zeit haben um sich Gedanken über die perfekten Kandidaten zu machen. Aber was machen sie? Genau. Erkunden weiterhin das Schloss. Kein dunkler Gang wird allein gelassen, solange er begehbar ist und sie nicht die Netze der Spinnen zerstören würden, keine unverschlossene Tür bleibt ungeöffnet und sie schaffen es sogar Fjodor aus dem Weg zu gehen, um sich vielleicht weitere Schlösser zu sparen. Denn sie finden so einiges. Verlassene Räume mit einem offensichtlichen Mechanismus der aber anscheinend einen Drachen erfordert oder sie finden den Auslöser dafür einfach nicht, weitere Keller mit irgendwelchen Tanks in ihnen die schon fast aussehen als würde man an Blytch experimentieren, oder Gänge die in eine komplett andere Abteilung des Schlosses führen und einen riesigen unterirdischen Pool. So viele Geheimnisse, so wenig Zeit! Aber eines wissen sie auf jeden Fall- Sie können jederzeit hierher zurückkommen und dann werden sie es auch mit ihren Drachen erkunden. Einfach um mögliche Geheimnisse aufzudecken, die nur durch Drachenhand enthüllt werden können. Es macht Spaß an nichts anderes als den nächsten Raum zu denken und seinen Kopf einzuschalten, anstatt das Handy zu nutzen. Das nutzen sie eigentlich nur um Licht zu haben, sollte es in den Gängen oder Räumen zu dunkel sein um als Mensch etwas zu sehen. Oder um Fotos zu machen damit sie später Beweise haben.
„Ich hoffe euch ist bewusst, dass wir... wenn wir hier raus sind... eigentlich nur auf Englisch kommunizieren können, oder?", gibt Maxim irgendwann von sich und die Gruppe bleibt stehen, mustert ihn. „Huh?" Inara kann dem Gedankensprung nicht ganz folgen, wobei der Russe nur nickt. „Wir sprechen hier die gleiche Sprache, klar. Aber wenn wir draußen sind, sprechen Kati und ich wieder russisch, du mongolisch... ist das seine eigene Sprache? Glaub schon. Und Dennis spricht, wenn überhaupt, deutsch. Wir müssen uns irgendwie unterhalten können, irgendjemand der kein Englisch kann?" Die fünf sehen sich alle gegenseitig an, wobei Maxim vor allem Vanja ansieht. „Wie siehts bei dir aus?" Selbst Vanja sieht ihn ein wenig perplex an, bevor Kati ihrem Cousin von hinten eine drüberzieht. „Die kommt aus London, du Intelligenzallergiker!" Stimmt, das hat Maxim dann eventuell kurzzeitig vergessen. Sich den Hinterkopf reibend richtet er sich wieder auf. „Kannst du aufhören mich dafür zu schlagen? Wäre echt cool, danke...", murmelt der Russe leise, während Dennis sich den Nasenrücken reibt. Kinder. Alles Kinder! Aber seine Freunde und er will sie gegen nichts eintauschen. „Leute... ich hätte noch ne dümmere Frage..." Damit legt Vanja den Kopf schief und hebt eine Hand an ihr Kinn. „Jeder Drache kommt ja zum Schloss, die meisten können fliegen. Wie Malvina, Bhan und wahrscheinlich auch Anfisa und Fjodor. Ohne Flügel muss der Drache laufen... aber wie sieht das mit den Wasserdrachen aus? Müssen die- Müssen die den ganzen Weg zu Fuß durch das Niemandsland durch?" Jekaterina öffnet den Mund, schließt ihn aber wieder. Scheiße... wie kommt ein Wasserdrache her? Norvid ist ja einer, also müssen sie irgendwie hierher kommen. Aber wie. „Lass den Kumpel von Noyan fragen! Hab nur den Namen vergessen.", brummt Dennis und zuckt mit den Schultern, auch ihm fällt sonst kein Weg ein wie das wirklich anderweitig ablaufen würde.
Norvid erreichen sie vor den richtigen Wahlen leider nicht mehr, also müssen sie es in der Stunde schaffen, in welcher sie Stimmzettel ausgewertet werden. Am Anfang bekommt jeder seinen Stimmzettel ausgehändigt und man muss, wie bei einer normalen politischen Wahl, in eine kleine Wahlkabine um dort seine Kreuze zu setzen. Dementsprechend dauert das bei fast 300 Leuten auch gute zwei Stunden, wobei sich jeder sehr gediegen verhält und eine angespannte Stille über diesem Wahlraum liegt. Noyan findet diese Methode der Wahl um einiges entspannter, vor allem weil man niemanden dafür in die Verantwortung ziehen kann wen man wählt. Die Menschen haben dann doch hin und wieder ein gutes Ding erfunden... und wenn es nur das Wahlsystem ist. War das letzte Mal vor 86 Jahren nicht so angenehm. Jeder der hier anwesenden Hüter war irgendwie froh von dem Krieg weggezogen worden zu sein und es war eine der ersten Ausnahmen, dass man sich hier länger aufhalten kann als eigentlich notwendig. Die Gruppe versucht so gleichzeitig wie möglich zu wählen, wobei sie dadurch fast an den Schluss gedrängt werden und doch ist es eigentlich relativ egal. Jeder weiß wo man seine Kreuze setzen wird und niemand hat mehr so wirklich Zweifel daran. Nicht einmal getuschelt wird in diesem Raum, es herrscht absolute Stille und man nickt nur, sobald man seinen zusammengefalteten Wahlzettel in der Wahlurne abgibt. Niemand sitzt dort! Aber vielleicht wünscht man sich Glück, man ist abergläubisch- Wer weiß.
Als letztes kommt Kati aus dem Raum und geht am Rest der Schlange vorbei die noch anstehen, bevor die Gruppe sich dann doch noch aufmacht um Norvid zu suchen! Die Neugierde muss gestillt werden. Eine Stunde haben sie noch Zeit, dann wird das Wahlergebnis verkündet und bis dahin wollen sie den Wasserdrachen noch befragen! Das ist eine schon fast persönliche Mission- Ist ja nicht so als ob ihnen das die anderen auch verraten könnten. Vor allem Noyan, als guter Freund von ihm. Es braucht ein wenig bis sie ihn finden können, aber sie müssen noch kurz warten bis er mit seiner Hüterin fertig ist. Irgendetwas hatten sie noch zu besprechen und erst dann widmet er sich ihnen. „Was gibt's so dringendes? Die Wahlergebnisse werden bald bekannt gegeben, solltet ihr nicht vor Aufregung zittern oder so?" Vanja lehnt sich lächelnd nach vorn. „Wir haben eine Frage. Eine dumme für dich! Aber uns geht sie nicht mehr aus dem Kopf!" Norvid hebt seinen Kopf und streicht sich über den Bart, na das kann nur lustig werden, wenn sie meinen dass es für ihn eine dumme Frage wäre. „Schießt los, ich entkomme euch und dieser Frage wahrscheinlich eh nicht." Kati verschränkt die Arme auf dem Rücken und räuspert sich. „Du bist ein Wasserdrache, stimmts?" Zustimmendes, aber skeptisches Nicken. „Jeder andere kommt irgendwie hierher, entweder durch fliegen oder sie laufen- wie auch immer! Sie kommen aber in der Drachengestalt hierher. Wie- Wie ist das bei Wasserdrachen? Müsst ihr da durch das ganze Niemandsland zu Fuß gehen? In der menschlichen Gestalt? Es gibt hier weit und breit kein Wasser das ihr nutzen könntet!" Norvid blinzelt ein paar Mal, er hat mit vielem gerechnet! Aber nicht mit so etwas. „Es gibt hier unten eine Schleuse, die unterirdisch mit dem Ort verbunden ist in welchem wir Wasserdrachen auftauchen. Wir schwimmen durch diesen Tunnel und tauchen direkt im Schloss auf." Das war... antiklimatischer als gedacht, wobei Maxim schnippt und nickt. „Ja klar! Wisst ihr noch den Pool den wir gefunden haben? Der mit diesem riesigen Loch an der einen Seite und wo wir uns gefragt haben wozu der ist?" Ach jetzt macht das Sinn, sie haben sich schon gewundert wieso es hier einen Pool gibt und wieso da ein komisches Loch ist.
„Ja, das ist unser Landesteg. Kein Pool. Bitte geht da nicht schwimmen...", murmelt Norvid und runzelt dann die Stirn. „Moment... der Raum ist abgeschlossen, wie seid ihr da reingekommen? Den Schlüssel hat nur das Personal!" Die Gruppe sieht sich ein wenig geschockt an, wobei dann Maxim breit lächelnd die ersten schon wegschiebt. „Betriebsgeheimnis. Aber danke für die Aufklärung, Norvid!" Mit einem unsicheren Lachen bringt er die anderen dazu sich auch zu verziehen und somit hinterlassen sie einen leicht perplex dreinblickenden Wasserdrachen der sich die Frage stellt was die Gruppe eigentlich sonst noch alles entdeckt hat, wenn sie schon ein Schloss knacken konnten ohne dass es ein anderer eigentlich gemerkt hat. Jekterina sieht ein wenig genervt zu Maxim, nachdem sie um die Ecke sind. „Musstest du das unbedingt ausplappern?!", zischt sie leise und würde ihn dafür am liebsten umbringen. Dennis musste das Schloss knacken um reinzukommen, natürlich ist das eine dumme Idee irgendjemanden zu sagen dass man das gemacht hat! Inara schüttelt aber nur den Kopf. „Keine Sorge, Norvid ist, soweit ich das von Noyan verstanden habe, ein korrekter Drache. Der wird uns nicht verpfeifen. Aber wir sollten in Zukunft auf unsere Worte aufpassen, ja? Ich glaube das wäre besser!" Darauf kann man sich definitiv einigen. Dennis sieht auf sein Handy und seufzt. „Wir sollten uns losmachen, wir haben noch 15 Minuten bis es vier ist und dann geht die Verkündung von dem Wahlergebnis los." „SCHON?!" Mit einem Mal ist Jekaterina aufgeregter als ein Kind an Weihnachten. Süß.
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