Einfaches Spiel
Am nächsten Morgen weckt der Wecker Vanja auf und müde setzt sie sich auf. Die ersten Sonnenstrahlen scheinen durch das Fenster und kitzeln ein wenig an der Nasenspitze, man kann den Verkehr von hier hören und nur langsam steht sie auf. Der Tee war wirklich gut in der Nacht und der Schlaf danach war umso besser. Sich streckend geht sie zum Fenster und öffnet es, um die noch etwas kühlere Morgenluft reinzulassen und damit ein Luftaustausch garantiert ist. Gähnend tapst sie in die Küche und lässt schaltet die Kaffeemaschine ein, bevor sie sich daran macht ein paar der Pflanzen zu gießen. Es ist wieder ein wunderschöner Morgen und ein neuer Tag bedeutet neues Glück! Sie hat heute Spätschicht, was wiederum bedeutet dass sie versuchen wird so vielen Bäckereikunden wie möglich ein Lächeln auf das Gesicht zu zaubern und wenn möglich, den Tag zu versüßen. Die welligen Haare packt sie einfach in einen Zopf und betrachtet sich kurz im Spiegel, bevor sie zufrieden lächelnd nickt. „Wunderbar!" Vanja zieht sich noch schnell um und schüttet den Kaffee dann in einen Becher für unterwegs, sie liebt es vor der Arbeit erst einmal durch den Park zu wandern, man entdeckt doch immer wieder irgendetwas neues. Und wenn es nur neue Hunde sind die dazugekommen sind, es ist ein schöner Start in den Tag. Mit einem leisen Summen überprüft sie noch einmal ob sie alles hat und geht aus der Wohnung, schließt hinter sich die Tür und hat dabei schon wieder komplett vergessen die Fenster zuzumachen. Na was für ein Glück dass diese sich gerade schließen. Bei der Arbeit angekommen zieht sie sich ihre Arbeitsklamotten an und stellt sich hinter die Theke um ihre ersten Kunden des Tages mit einem breiten Lächeln willkommen zu heißen.
Genau den gegenteiligen Gesichtsausdruck besitzt Integra, nachdem Alucard ihr alles erklärt hatte und auch, wie er am besten herausfinden könnte wie man das Ding an die Oberfläche lockt. „Ich hoffe du bist dir der Gefahr bewusst in die du die Umgebung steckst wenn du es dort durchführen willst." Die Lady hat der stummen Bitte, es hier im Anwesen durchführen zu dürfen, nicht zugestimmt und somit muss Alucard auf den eigentlichen Plan zurückweichen den er mit Baskerville angeschnitten hatte. „Ich bin mir sicher wir brauchen uns keine Sorgen zu machen, das wird schon kein Problem geben!" Diese kleine, verlassene Lagerhalle die Hellsing öfters für gewisse Experimente nutzt, ist weit genug von der Zivilisation entfernt und nur Flora und Fauna würden in ‚Gefahr' geraten. Die Lady reibt sich den Nasenrücken und lässt die Hand seufzend wieder sinken, bevor sie ihren Blick über die Landschaft vor dem Anwesen schweifen lässt. „Hoffentlich hast du Recht, Alucard. Du bist vielleicht ein Arschloch, aber du bist mein Arschloch und ich will nicht dass dir etwas größeres zustößt, auch wenn du es dann verdient hast." Alucards Mundwinkel gehen hoch, seit sie wirklich mit Seras in einer Beziehung ist, ist die Lady hin und wieder verdammt nett und die fürsorgliche Seite kommt heraus. „Keine Sorge, Lady Integra. Als Euer Diener werde ich es Euch nicht zumuten ohne mich zu existieren." Auch wenn sie die Augen verdreht, man sieht die Sorge in ihnen trotzdem und Alucard sollte das Thema wechseln. „Wollt Ihr das eigentlich an Iskariot weitergeben? Immerhin steht der Friedensvertrag von uns nicht nur um Frieden einzuhalten, sondern auch um außergewöhnliche Aktivitäten weiterzugeben." Na das weiß die Lady auch!
Brummend nickt sie und zieht an der Zigarre. „Ich wollte nur noch deine Einschätzung abwarten, ich werde mich gleich dransetzen." Wobei sie sich echt noch überlegen sollte WIE sie das rüberbringt. Sie kann nicht sagen dass es eine direkte Gefahr ist- Angegriffen wurde eigentlich niemand und selbst als Alucard bei dieser Frau war, schien es sich zurückzuhalten. Aber es ist trotzdem etwas dass man weitergeben sollte um sich später nicht aufgrund von möglicher Unterschlagung erklären zu müssen. Schwierig, der ganze Mist. „Ich will dass du sie erst die nächsten Tage über beobachtest, schau ob sich das Wesen irgendwie bemerkbar macht oder sonst irgendwie auffällig wird. Wir brauchen eine Ersteinschätzung bevor du wirklich mit deiner... unkonventionellen Methode rangehst." Ugh, will sie das wirklich nach hinten versetzen? Es wäre der effektivste Weg! Denn Fragen? Das ist eine Möglichkeit die man durchgegangen ist und für nicht hilfreich empfunden hat. Es gibt eine 50/50 Chance dass sie ja sagt und wenn sie nicht weiß mit was sie es hier zu tun hat, dann ist das Gejammer im Nachhinein viel zu groß. Außerdem fällt Alucard doch gern mit der Tür ins Haus, ohne sich um irgendwelche Manieren zu scheren. Zumindest wenn es um Informationen geht. „Ich sehe deinen genervten Blick und JA, es muss sein. Ich will diese Voreinschätzung, damit wir einen Grundwert haben. Außerdem will ich wissen ob sie sich dessen vielleicht bewusst ist oder nicht, wir können damit herausfinden ob sie sich ihrer Umgebung bewusst ist und dich aufspüren kann und wir sehen, ob sich das Wesen direkt in ein paar Angelegenheiten einmischt oder nicht."
Und genau deswegen sitzt Alucard schlussendlich auf einer Parkbank vor der Bäckerei und lässt sie eigentlich nicht aus den Augen. Währenddessen bedient Vanja ihre Kundinnen und Kunden stets mit einem Lächeln und mit allem Respekt und aller Höflichkeit die sie besitzt. Sie hilft bei der Auswahl verschiedener Gebäckstücke, ist zuvorkommend was Probleme angeht und lässt sich nicht einmal den Tag vermiesen. Zwischendurch putzt sie immer wieder ihren Bereich wenn etwas flaute herrscht, oder unterhält sich mit den Kolleginnen und Kollegen die sich bei ihr befinden. „Hast du den Kerl da draußen eigentlich bemerkt?", flüstert eine ihrer Kolleginnen ihr zu und sieht dann auf die Kasse, um es nicht zu auffällig wirken zu lassen wenn Vanja nach draußen sieht. „Meinst du den Mann in Rot? Auf der Parkbank?" Ein Nicken ihrer Kollegin bestätigt diesen Fakt. „Der schaut schon seit Stunden hier rein... kennst du ihn?" Vanja legt leicht den Kopf schief, denkt nach. So einen Mann würde man doch nicht so schnell vergessen. Nicht mit so einem kantigen Gesicht und diesem starrenden Blick. „Hm... vielleicht hat er Hunger und Durst?" Die graublauen Augen gehen zur Kasse und schnell tippt sie etwas ein, bevor sie ein wenig Geld hervorkramt und es in die Kasse legt. Unter den etwas skeptisch dreinblickenden Augen ihrer Kollegin macht sie einen Kaffee, packt eine belegte Semmel in eine Tüte und holt noch eine Flasche Wasser aus dem kleinen Kühlschrank, bevor sie noch eine der kleinen Milch- und Zuckerpackungen mitsamt einem hölzernen Stäbchen zum umrühren mitbringt. „Ich bin gleich wieder da!" Ihre Kollegin will sie aufhalten, doch das kleine Glöckchen an der Tür klingelt schon als Vanja aus dem Laden geht und sich schnell über die Straße zu dem kleinen Park begibt, bei welchem der Mann sitzt.
„Sir?" Alucard mustert die Frau komplett, die er eigentlich beobachten sollte. Weiß sie also doch was er ist? Will sie mit ihm allein reden? „Entschuldigen Sie meine ruppige Art, aber Sie haben die gesamte Zeit in die Bäckerei gesehen und Sie sitzen schon seit Stunden hier- Das ist für Sie!" Damit hält sie ihm die Flasche Wasser, einen warmen Becher Kaffee und eine Tüte mit der belegten Semmel drin hin. „Sie müssen sich keine Sorgen machen, es ist bezahlt!" Der Urvampir kneift leicht die Augen zusammen, kann aber keine böse Absicht erkennen. Auch in ihrem Kopf ist nichts bösartiges zu vermelden, sie denkt höchstens dass er obdachlos ist. „Danke...", murmelt er und nimmt die Sachen entgegen. Die Semmel muss nicht sein, aber bei dem Rest sagt er nicht nein. Vanja richtet sich mit ihrem breiten Lächeln wieder auf und nickt ihm zu. „Wenn es Abends kalt werden sollte... ich bin bis halb 10 hier. Kommen Sie einfach rein oder klopfen Sie!" Die hält ihn wirklich für obdachlos. „Ich kann Sie zwar nicht lange beherbergen, aber ein wenig aufwärmen können Sie sich jederzeit." Alucard schiebt sich die Brille hoch und nickt erneut. „Danke, Miss...?" Ihr unschuldiges Lächeln wird breiter. „Vanja! Nennen Sie mich einfach Vanja." Vanja... So ein Name ist auch nicht gerade sehr häufig. „Woher stammt der Name?" Leicht unsicher lacht sie und legt sich eine Hand auf den Hinterkopf. „Wissen Sie... ich glaube meine Mutter hatte damals einfach nur ein paar Buchstaben zusammenmixen wollen und das ist dabei rausgekommen." Der Urvampir beobachtet sie ganz genau, eine kleine Unterhaltung wird schon nicht schaden. „Und Sie dachten nie diesen Namen zu googlen?" Langsam lässt sie die Hand sinken, zuckt nur leicht mit den Schultern. „Was sollte es mir bringen, Sir? Warum sollte ich mir Gedanken um etwas machen das keinen Sinn hat es herauszufinden?"
Irgendwie muss Alucard ihr da recht geben, so eine Einstellung ist durchaus bei manchen Dingen wirklich gesund. „Vanja... nehmen Sie es mir nicht übel, aber es klingt schon fast als wäre dämonische Kraft am Werk." Ein wenig irritiert legt sie den Kopf schief, dämonische Kraft? Naja, jeder soll an das glauben an das er glauben möchte. „Normalerweise höre ich eher das Gegenteil, Sir. Dass es schon fast etwas engelsgleiches hätte! Aber dämonisch... das klingt aufregend." Alucard ist sich jetzt eigentlich schon sicher dass sie keine Ahnung hat was sich um sie herum befindet und dass sie wohl in den Klauen eines Wesens gefangen ist, von dem immer noch niemand eine Ahnung hat was es ist. „Aber tut mir leid dass ich unser Gespräch unterbrechen muss, ich muss leider weiterarbeiten. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag, Sir!" Das Lächeln und die schon fast liebevolle und fürsorgliche Ausstrahlung hat sie nicht ein einziges Mal verlassen UND sie ist zu ihm gekommen- naives Menschlein. Er beobachtet sie weiterhin, auch als sie reingeht und die andere Verkäuferin ein wenig besorgt wirkt. Die beiden unterhalten sich, Vanja scheint die Kollegin beruhigen zu wollen und nach ein bisschen hin und her kehren die beiden wieder zu ihrer eigentlichen Arbeit zurück. Bis zum Feierabend passiert wirklich nichts. Kein Eingreifen des Wesens, nichts was darauf hindeuten würde dass es überhaupt existiert... nur ein sehr unheimliches Gefühl dass er selbst beobachtet wird, er weiß aber nicht wo er das hinstecken soll.
Und so geht das die nächsten Tage weiter. Alucard setzt sich an seinen alten Platz, ungefähr bei der Hälfte ihrer Schicht kommt Vanja nach draußen zu ihm und bringt ihm etwas zu essen und zu trinken, wobei er es wenigstens zahlt und sie unterhalten sich ein bisschen, bis sie wieder weiter muss. Nur ein einziges Mal hatte er etwas auffälliges erlebt, eine herunterfallende Zange, die für die Backwaren gedacht sind, wurde kurz vor Vanjas Hinterkopf aufgehalten und fiel einfach auf den Boden ohne sie zu treffen. Aber sonst? Nichts. Rein gar nichts. Er selbst hatte sich schlussendlich als Vlad vorgestellt, lügen tut er ja nicht und ihre gute Laune steckte ihn irgendwann an. Das letzte Mal fing er damit an zu schmunzeln als er sah dass sie zu ihm kam, wie einen Hund den man trainiert hatte bekam er Lust auf den eigentlich schal schmeckenden Kaffee und die Minuten, in denen er nicht allein war und von anderen angestarrt wurde. Andere hätten ihn ignoriert oder einfach nur nicht auf ihn geachtet weil es unangenehm ist, jedoch findet Alucard in ihrem Kopf mehr die Einstellung, dass es nichts schlechtes geben kann und dass jeder eine Chance verdient. Es tut ihm schon fast leid mit dem, was er heute Abend mit ihr vorhat. Aber die Lady hatte klare Richtlinien gegeben und heute Abend wird es durchgezogen. „Und Ihr Kaffee, Vlad!" Vanja bleibt vor Alucard stehen und hält ihm den Becher hin, wobei er ihn nimmt und ihr auch noch das Wasser und die Tüte mit der belegten Semmel abnimmt. „Danke, Vanja." Damit gibt er ihr das Geld und lässt sie neben sich setzen. „Sie sehen müde aus, haben Sie nicht gut geschlafen?", fragt der Urvampir und trinkt den ersten Schluck des Kaffees, wobei die Menschenfrau tief durchatmet und seufzt. „Wissen Sie... manchmal frage ich mich ob ich einen Unterschied mache. Ich meine- Ich versuche immer freundlich und nett zu sein, aber bringt das bei allen Menschen überhaupt etwas?"
Die roten Augen mustern sie aus dem Augenwinkel, bevor er sie mit dem Ellenbogen leicht anstupst. „Natürlich macht das einen Unterschied. Immerhin reden wir, zwei wildfremde Personen, schon fast vertraut miteinander. Und wäre das möglich gewesen wenn Sie nicht freundlich und nett sein wollten?" Er sieht, wie ihre Wangen ein wenig dunkler werden und die Sommersprossen damit ein klein wenig verschwinden. „Ach was... das ist doch kein Problem! Hab ich gern gemacht." Der Schwarzhaarige zieht nur kurz die Augenbrauen hoch und lässt den Becher sinken. „Sie gehen also immer mit Essen und Getränken aus dem Laden wenn jemand hier stundenlang sitzt?" Abwehrend hebt Vanja die Hände, grinst entschuldigend. „I-Ich dachte zuerst dass Sie- Also Sie wären- Es..." Tief atmet sie durch und beruhigt sich. „Tut mir leid wenn das jetzt gemein rüberkommt, Vlad. Aber ich dachte zuerst dass Sie ein obdachloser wären. Und viele können nichts dafür wie sie in diese Situation gelandet sind, verstehen Sie? Und wenn man in so einer Situation ist... dann versucht man doch immer zu helfen, oder nicht?" Ein Wunder dass sie in dieser Welt überlebt ohne komplett Hops genommen zu werden. „Ich könnte auch jemand mit bösen Absichten sein um Sie dann später in irgendeine Gasse zu ziehen, schon einmal darüber nachgedacht?" Im nächsten Moment fängt Vanja an zu kichern und winkt ab. „Dann würden Sie mir Ihren Plan erst gar nicht offenlegen! Wie dumm wäre das bitte?" Sehr gutgläubig, dieses Weib. „Oder falsche Sicherheit, Vanja." Kurz denkt sie nach, sieht dann aber mit einem zufriedenen Lächeln nach vorn zur Bäckerei und nickt. „Das kann auch gut sein, Vlad."
Immer noch skeptisch beobachtet er sie, wie kann man nur weiterhin so naiv bleiben? Er ist urplötzlich aufgetaucht und dennoch scheint es sie nicht zu stören dass er jeden Tag einfach auftaucht und sich auch nur von ihr bedienen lässt oder sich nur mit ihr unterhält. Hat sie in ihrem Leben noch nie etwas böses erlebt um diesen natürlichen Schutzmechanismus aufzubauen? „Ihr Name klingt russisch, kommen Sie aus Russland?" Neugierig dreht sie den Kopf zu ihm, bekommt aber nur ein Kopfschütteln. „Rumänien." Ihre Augen weiten sich. „Sie können rumänisch?" Skeptisches Nicken, wobei ihr Grinsen breiter wird. „Können Sie mir ein wenig rumänisch beibringen? Ich habe rumänische Nachbarn und ich kann mich nicht wirklich mit ihnen verständigen, einzelne Wörter bekomme ich von Google noch hin, aber jedes Mal den Übersetzer nutzen ist auch doof." Man kann sie leichter mitlocken als er dachte, dass ist doch der Wahnsinn. Brummend denkt er nach, bevor er ihren Blick erwidert. „Wissen Sie... haben Sie nach der Arbeit was vor?" Vanja schüttelt nur den Kopf, die Wäsche kann sie auch morgen noch machen. „Feierabend haben Sie heute wieder um halb 10, nicht wahr? Ich hole Sie mit dem Wagen ab und dann werden wir sehen was wir alles mit der Sprache anstellen können." Normalerweise würde er so ein Angebot nie unterbreiten, einfach weil es nicht noch unheimlicher klingen kann als so! Aber ihn wundert es nicht einmal mehr dass sie zustimmt und sich sogar darauf freut. Vanja ist die blauäugigste Person die er finden kann und für sein Vorhaben ist das durchaus von Vorteil.
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