Sechzehn
Ich, 01:15 Uhr
Wow
Coby, 01:16 Uhr
Wow was?
Ich, 01:17 Uhr
Nach allem was passiert ist, dachte ich, du würdest wenigstens auf Wiedersehen sagen ...
Coby, 01:17 Uhr
Lol. Warum sollte ich?
Ich, 01:18 Uhr
fuck u
Coby Arschloch Hastings war in Fahrt und ich hätte ihn am liebsten erwürgt. Ich verbrachte den gesamten Abend mit meiner Familie auf dieser Army Base. Wir lachten, hatten Spaß und selbstverständlich ließ auch Familie Hastings nicht lang auf sich warten. Conny, Richard, Chris und ein leerer Platz.
Auf meine Frage hin, wo denn Jessy steckte, steckte mir Conny, dass sie zurück nach Arkansas gereist war.
Dämlicher Vollidiot Coby. Nach allem was passiert war, hätte ich mir zumindest ein kurzes „Bis dann" oder „Mach's gut" gewünscht aber nein, gar nichts, nada, niente. Er packte einfach seine Sachen, griff das Händchen seiner ach so perfekten Verlobten und ließ mich allein zurück.
„Arschloch!", schimpfte in meiner Muttersprache und vergrub mein Gesicht in dem stinkenden Kopfkissen. Das Klingeln meines Telefons wollte ich eigentlich ignorieren, doch ich hob ab, ohne nachzusehen, wer mich da anrief.
„Hey Miller, ich glaube, du hast da was falsch verstanden", begrüßte er mich mit müder Stimme. Sofort seufzte ich lauthals durch. Hätte ich doch lieber mal nachgesehen, obwohl ich ja innerlich wusste, wer mich da anrief.
„Ach ja, dann klär mich mal auf, Blödmann", zickte ich und wartete nur zu gern auf seine faule Ausrede.
„Nach der Aktion im Fluss hab ich Jessy nach Hause geschickt. Es ist jetzt nur noch ihr Zuhause, C. Ich hatte nur keinen Bock heute auf diese Veranstaltung."
Ok diese Ausrede war nicht faul. Im Gegenteil sie klang so saftig süß, dass ich ihr ein Biosiegel verpasst hätte.
„Du bist also noch in Newton?", hakte ich sicherheitshalber nach. „Jap. Nur zehn Minuten von dir entfernt, Prinzessin."
Und da war es, das Gefühl welches Coby Hastings in mir auslöste. Mein Bauch fühlte sich an, als würde dort drin ein brasilianischer Karneval stattfinden, meine Hände zitterten und mein Mund wurde so trocken, dass ich ganz dringend seinen Anblick brauchte, damit ich wieder sabbern konnte. Armselig? Vielleicht ein wenig aber Coby drapierte sich gerade auf einem Silbertablett und auch wenn ich mir noch nicht sicher war, ob ich bereit war, ihn zu kosten, wollte ich ihn mir doch zumindest in den Kühlschrank stellen.
„Ok, also holst du mich ab und wir schlafen am See?", präsentierte ich mein Verlangen schneller, als ich nachdenken konnte und entlockte Coby damit einen kurzen Lacher. „Ähm klar, ich...also zehn Minuten waren vielleicht hoch gepokert, gib mir zwanzig. Ich muss mich noch anziehen", stammelte er.
Ich verzichtete darauf, ihm zu sagen, dass er sich eigentlich nicht anziehen brauchte und legte auf, bevor ich ins Badezimmer stürmte und mich noch einmal frisch machte.
Ich packte mir einen Rucksack mit den wichtigsten Utensilien zusammen und stürmte aus dem Haus. Meiner bereits schlafender Familie hinterließ ich einen kurzen Zettel auf dem Tresen der Küche.
Leise stahl ich mich aus meinem Elternhaus und konnte mir das breite Grinsen nicht verkneifen, als ich Cobys schwarzen Truck in unserer Einfahrt sah.
Ich versuchte so cool wie möglich zu bleiben und stieg lässig auf dem Beifahrersitz ein. Verdammter Mist, ich hatte dieses Gefühl so sehr vermisst.
Lässig lehnte er im Fahrersitz und legte seinen Kopf in den Nacken. Ich liebte den Anblick seines makellosen Halses und sein kurzes Lachen veredelte das Gemälde von einem Gesicht so wunderschön, dass ich es kaum erwarten konnte, ihn wieder zu küssen.
Wie erwartet, gab es in Cobys Nähe keine Angst oder unwohle Gedanken. Ich fühlte mich so sicher, dass ich mich auch nackt hätte hinsetzen können, mehr als ein beschämtes Lachen wäre von seiner Seite nicht gekommen.
Dieser Kerl war mittlerweile so muskulös, dass ich eigentlich ganz weit entfernt von seiner Liga war. In seinen kurzen, grauen Shorts und dem eng anliegendem schwarzen T-Shirt war er so schön anzuschauen, dass ich nichts anderes mehr tun wollte, als den Rest meines Lebens in seinem Truck zu sitze und jeden Zentimeter seiner Schönheit mit einer Makroaufnahme einzufangen.
„Alles gut, Miller?", beanspruchte er meine Gedanken für sich und belohnte mich mit seinen wunderschönen Lachfalten. Etwas beschämt davon, dass er mich auf frischer Tat beim Schmachten ertappt hatte, vergrub ich mein Gesicht in der Lehne des Sitzes und kicherte kurz in mich hinein. „Klar. War nur geblendet...Wie viel wiegst du jetzt, Coby?", wollte ich wissen und brachte ihn damit sofort zum Lachen. „Wow...Cara Miller, flirten liegt dir nicht besonders, oder? Fast zweihundertfünfzig Pfund, warum?"
Der Klang seiner puren Freude ließ mich schmunzeln, doch dass dieser Kerl aus knapp einhundertfünfzehn Kilo purer Muskelmasse bestand, machte mir recht deutlich, dass er Bundesliga und ich Kreisklasse spielte. Dennoch ganz offensichtlich war er in meiner Nähe nervös. Warum sonst hätte er so aufgeregt mit dem Bein gezappelt oder den Schaltknüppel fast schon ängstlich zerdrückt?
„Nur so...fahren wir jetzt oder wollen wir doch hier bleiben?", murmelte ich und sofort erwiderte er meinen indirekt ausgesprochenen Wunsch und startete den Motor.
Die Fahrt zum See dauerte keine fünfzehn Minuten. Logisch um diese Uhrzeit gab es keinen Verkehr mehr im ländlichen Tennessee. Behutsam steuerte Coby seinen schwarzen Liebling über den unebenen Waldboden, bis wir unseren Platz erreicht hatten.
Es war so unfassbar friedlich hier, dass ich niemals wieder gehen wollte. Der sternenklare Himmel spiegelte sich wirr im seichten Wasser des See's. Es fühlte sich fast so an, als wären wir das fehlende Puzzleteil für dieses idyllische Plätzchen Erde.
„Also?", fing Coby an und zog damit meine Blicke auf sich, „Was ist an dem Abend passiert?"
Mr Perfect schien keine großartige Muse für langweiligen Smalltalk zu haben und kam direkt zum Punkt. Ich verdrehte kurz meine Augen und winkelte meine Beine an, um meine Arme beschützend herumzulegen, bevor ich meinen Kopf auf den Knien ablegte.
„Versprichst du mir, nicht auszurasten?" Coby nickte kurz und legte seine Stirn ungeduldig in Falten. „Und du darfst mich nicht anders sehen, ok?" - „Könnte ich nie...", murrte er dunkel, bevor ich einen letzten tiefen Atemzug nahm und die Bombe platzen ließ.
„Ich wurde vergewaltigt."
Cobys Gesichtszüge entglitten, bevor er ein schmerzerfülltes Seufzen ausstieß. Ich beobachtete, wie er seine Hand regelrecht in sein Bein bohrte, vermutlich damit er nicht anfing zu schreien. Geistesgegenwärtig legte ich meine Hand auf seine und blickte in seine unfassbar dunklen Augen, welche mich anstarrten, als wäre ich eine zerbrochene Porzellanpuppe.
„Hastings, atmen nicht vergessen", flüsterte ich und versuchte, den Griff seiner Hand zu lockern, damit ich er keine blauen Flecke von seiner eigenen Schockreaktion davontrug. Vorsichtig erwiderte er meinen Versuch und strich ganz sanft über meine Finger.
„Wer?" Sein tiefer Tonfall passte in keiner Art und Weise zur Berührung seiner Finger. „Keine Ahnung. Die Polizei sucht nach ihm", erwiderte ich. „Wie?", knurrte er wieder und erhielt ein ungläubiges Schnaufen meinerseits. „Willst du im Ernst wissen, wie es passiert ist? Du kannst dir den Polizeibericht durchlesen...", murmelte ich, während er mich immer noch anstarrte, als wäre ich kaputt.
„Coby, ich bin nicht mehr siebzehn, ich gehe jetzt anders mit solchen Dingen um."
Das laute Schnalzen seiner Zunge ignorierte ich gekonnt. Ich wollte mich nicht provozieren lassen, vermutlich war er gerade in Gedanken dabei, meinen Peiniger zu quälen. „Du hast keine Ahnung, Cara. Ich habe so viel Scheiße durchgemacht, aber das...verdammt, du hast so viel verdient, du solltest so nicht behandelt werden. Es tut mir so leid", platzte es fassungslos aus ihm heraus und der dunkle Blick seiner rehbraunen Edelsteine verwandelte sich in ein mitfühlendes, fast schon liebendes Beäugen. „Es braucht dir nicht leid tun...Du kannst nichts dafür, du..." - „Ich! Ja genau das ist verschissene Problem! Natürlich bin ich schuld. Ich hätte bei dir sein sollen, dich beschützen, stattdessen habe ich sieben Monate mit jemanden verschwendet, der dich ersetzen sollte. Verdammt, Cara du hast so viel verdient", unterbrach er mich verzweifelt.
In seinen Worten lag so viel, dass er sagen wollte aber allem Anschein nach nicht konnte, doch ich kannte ihn. Ich wusste, welche Bedeutung seine Worte hatten und damit rührte er mich zu Tränen. Er liebte mich noch immer. Nach all der Zeit hatte er immer noch Gefühle für mich, welche über sexuelle Anziehung weit hinaus gingen.
Immer wieder betonte er, wie viel ich verdient hätte und ich wäre jede Wette eingegangen, dass er sich wünschte, er könnte derjenige sein. „Dann zeig mir doch, was ich deiner Meinung nach verdient habe.", murmelte ich schüchtern und sofort zog er sanft an meiner Hand als Zeichen, dass ich mich auf seinen Schoß setzen sollte.
Nur zu gern gab ich nach und fand mich im nächsten Moment in den Armen meines Pluspols wieder. Seine starken Armen lagen beschützen um meinen Hals und meinem Rücken, während die meinen Halt um seinen starken Schultern suchten.
Er drückte mich so fest an sich, dass ich keine Chance hatte, ihn anzusehen. Stattdessen vergrub ich mein Gesicht in seiner Halsbeuge und genoss den Geruch seines Parfums, die leichte Gänsehaut, welche mein Atem auf seiner Haut hinterließ und seine schützende Berührung.
Hier, an unserem Ort, in seinem Armen konnte mir niemals etwas zustoßen.
Wortlos vergrub Coby sein Gesicht ebenfalls in meiner Halsbeuge. Den tiefen Atemzug den er nahm, schmeichelte mir. Offensichtlich ging es ihm mit meinem Geruch ähnlich wie mir mit dem seinem.
Zärtlich legte er seine Hand auf meinen Hinterkopf und erst jetzt hörte ich sein leises Schluchzen. Meines ließ nicht lang auf sich warten.
Das letzte Mal als wir uns annäherten, schleuderten wir so heftig zusammen, dass wir den Rückschlag nicht überlebt hatten, doch diesmal taten wir das nicht. Wir rannten nicht mehr. Wir waren zu ernüchtert über das, was das Leben uns brachte, dass wir die rosarote Brille schon längst abgelegt hatten.
Ich sah Coby Hastings in all seinen dunklen, geheimnisvollen und teilweise hässlichen Farben, so wie er auch mich sah. Wir waren nicht perfekt. Zumindest nicht laut dem Vogue Magazin. Wir waren so gebrochen und verkorkst, dass es nur diese eine Option gab.
Er und ich waren ein wir.
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