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Sechsundzwanzig

"Sehr geehrte Damen und Herren, dies ist eine Sicherheitsanweisung. Bitte lassen Sie Ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt stehen. Sollten Ihnen herrenlose Gepäckstücke auffällig erscheinen, bitten wir Sie, sich unverzüglich an das Flughafenpersonal zu wenden, vielen Dank!"

Es war meine Muttersprache. Kein Zweifel. Dennoch musste ich zugeben, dass drei Jahre Englisch seine Spuren hinterlassen hatten. Mein Kopf dachte in der Muttersprache meines Vaters, meine Ohren hörten die Muttersprache meiner Mutter und mein komplettes System war absolut hinüber. Die Umgewöhnung würde wohl noch ein paar Tage dauern.

Ich stiefelte durch den Sicherheitsbereich und suchte nach dem richtigen Kofferband, als mein Telefon vibrierte.

Mila, 05:04 Uhr
Heeeey Gnomi! Wir warten direkt am Ausgang auf dich!

Ich, 05:04 Uhr
Ok :) Ich freue mich so auf euch!!!!!!!!

In diesem Moment wurde mir erst so richtig bewusst, wo ich mich eigentlich befand und anstatt mir den Arsch abzufreuen, passierte etwas ganz anderes. Meine Augen füllten sich mit Tränen, meine Hände fingen unweigerlich an zu schwitzen und mein Körper zitterte. Ich war zurück. Ich war zurück in Deutschland und in der Ankunftshalle würde nicht meine Mutter auf mich warten. Sie hatte mich immer abgeholt. Sie hatte es geliebt. Ich hatte sie geliebt, doch diesmal wäre sie nicht da, denn ihre gottverdammte Asche lag in einem Friedwald in Erfurt. Zum ersten Mal seit drei Jahren wurde mir tatsächlich bewusst, was passiert war.

Meine Mom war tot.

Dass mir die erste Erkenntnis meiner Aufarbeitungsphase so heftig ins Gesicht schlug, hatte ich nicht erwartet. Ich setzte mich auf eine der Bänke und starrte fassungslos auf das Gepäckband. Dr Mai hatte mir damals diese Atemtechnik beigebracht, also führte ich sie aus, um mich ein Stück weit zu beruhigen und dennoch blieb ich sitzen. Ich beobachtete, wie die anderen Passagiere ihre Koffer vom Band zogen und schnurstracks aus dem Sicherheitsbereich flüchteten. Sie sahen glücklich aus. Manche auch genervt, aber der Großteil sah glücklich aus.

Ich hätte auch glücklich sein sollen. Ich hätte mich freuen sollen, Mila und Sarah endlich wieder in die Arme nehmen zu können, doch irgendetwas hemmte mich. Ich wollte diesen Sicherheitsbereich noch nicht verlassen. Wenn ich ihn verlassen hätte, wäre ich in der puren Realität angekommen und ich hatte Angst vor dem, was passieren würde, wenn ich das Spiegelbild meiner Mutter sehen würde, wie sie freudestrahlend auf mich zukam, während ich mich innerlich verbrennen wollte.

Das waren Gedanken, welche ich Mila noch nicht anvertrauen konnte. Zu euphorisch war sie gewesen, mich wiederzusehen. Ich hätte Hasel gern angerufen, doch sie hätte mich nur zum Lachen gebracht und das wollte ich nicht. Eigentlich wollte ich, diese Gedanken lediglich kurz abladen. Eine richtige Reaktion hätte sich mein Gegenüber ersparen können, also entschied ich mich dazu, meine Emotionen bei jemanden abzuladen, dessen Antwort eh Stunden oder Tage gebraucht hätte.

Ich, 05:18 Uhr
Hi Coby...bin gerade in Deutschland gelandet und fühle mich so verdammt unwohl, dass ich mich am liebsten ins nächste Flugzeug nach Hause setzen würd. Es ist so verrückt, denn das hier ist mein Zuhause...nun ja ... es war mein Zuhause. Ich habe Angst und habe sogar Schwierigkeiten meine eigene Muttersprache zu verstehen. Verstörend ... Ich habe Schiss meiner Tante ins Gesicht zu schauen, denn sie sah meiner Mom schon immer verflucht ähnlich und ich denke, das ist das Hauptproblem: Ich habe Schiss tatsächlich zu begreifen, dass sie tot ist. Ich wusste es, mein Körper wusste es, doch ich selbst habe es offensichtlich nie so richtig realisieren wollen..wie auch immer... Ich erwarte keine Antwort und will kein emotionales Gesülze. Es fühlt sich einfach richtig an, dir meine Gedanken zu schreiben und irgendwie verschafft es mir den Mut, meine Ladies da draußen zu begrüßen. Ich liebe dich, Hastings und ich bin unendlich froh, dass du niemals versuchen würdest mich zu ändern. Ich schicke dir Küsse, Umarmungen, Blowjobs und alles was du dir wünschst. <3

Ich atmete tief durch, steckte mein Handy zurück in meine Tasche und versuchte, mich zu konzentrieren. Das hier war genau das, was ich wollte und dennoch wäre ich am liebsten weggerannt.

Ich entschied mich für die andere Richtung und hastete zum Gepäckband, schnappte mir meine zwei großen Koffer und rannte regelrecht in die Ankunftshalle. Ich wollte diese mistigen Gefühle da lassen, wo sie herkamen - im Sicherheitsbereich. Ich hatte es verdient, glücklich zu sein, meine Familie glücklich zu sehen und mein gottverdammten Lieblings-Rotschopf endlich wieder in meine Arme zu nehmen.

"Cara!", schrie besagte Schönheit, als sie mich entdeckte und sofort ließ ich meine Koffer an Ort und Stelle fallen und rannte in ihre Arme. Ich krallte mich um ihren Hals, atmete ihren Duft nach Veilchen und Leben ein und brach in ihren Armen vor Erleichterung zusammen. "Ich habe dich so vermisst...", schluchzte Mila in meinen Hals, während ich viel zu sehr damit beschäftigt war, mir die Seele aus dem Leib zu heulen. Niemals hätte ich in diesem Moment etwas sagen können. Meine Lunge schrie vor Erleichterung, mein Körper vibrierte vor Freunde und die erste Tonne Ballast fiel von meinen Schultern, während meine Tränen durch das wilde, rote Haar meiner Seelenverwandten tanzten und ich meine Finger in ihren orangefarbenen Pullover krallte.

Wir hockten eine gute halbe Minute auf dem kalten Boden der wohligen Gewissheit wieder zusammen zu sein, bevor sich eine Hand ganz zärtlich auf meine Schulter legte. Sofort wurde mir bewusst, wem diese Hand gehörte. Ich atmete tief durch und schluckte die Angst vor ihrem Äußeren einfach runter. Entschlossen löste ich die Umarmung mit Mila und stand auf. Noch während ich mich rumdrehte, schlug ich jeden dämlichen Gedanken zunichte. Sie war meine Tante und nicht meine Mutter.

Ihre wunderschönen grün-braunen Augen zitterten unter dem riesigen Schwall an Tränen. Ihre Haut bestand aus purem Porzellan und ihr Lächeln gab mir nun doch ein Stückchen Nostalgie zurück. "Hi, Süße", stotterte sie und hatte Mühe, dabei die Stimme zu halten. "Hi, Sarah", erwiderte ich, doch meine Stimme brach und sofort war ihr Hals der nächste, an welchen ich mich voller Inbrunst klammerte. "Es tut mir so leid", schluchzten wir beide immer wieder und heulten eine gefühlte Ewigkeit in den Armen des anderen.

Sie sah nicht aus wie meine Mom. Sie sah aus, wie ihre Schwester, wie meine Tante und erst in diesem Moment verstand ich, dass mein Anblick für meine Tante mindestens genauso hart sein musste, wie der ihre für mich. Jeder sagte mir ständig, dass ich meiner Mom so ähnlich sah. Wie musste es sich also für meine Sarah anfühlen, das Mini-Me ihrer toten Schwester, dem einzigen Halt, den sie in ihrem Leben hatte, wiederzusehen?

Meine Mutter war das einzige Fragment Familie, was meiner Tante geblieben war und das Leben entriss ihr dieses unendlich wichtige Teilstück genauso gnadenlos, wie es mir die Mutter entrissen hatte.

Mit siebzehn Jahren ist man zu egoistisch um zu sehen, dass Erwachsene auch fühlen und Angst haben, doch wenn man durch so viel Scheiß gehen musste wie ich, dann begriff man bereits mit zarten zwanzig Jahren, dass auch Erwachsene ein Anrecht auf Tränen, auf Wut und auf Angst haben. Sie waren eben auch nur Menschen und nachdem mein Vater mich zu sich in die USA geholt hatte, entriss er meiner Sarah auch noch mich. Das letzte Stück Familie, welches sie in diesem Augenblick so fest an sch drückte, dass ich nur erahnen konnte, wie sehr sie mich vermisst hatte.

Es war halb sechs am Morgen und wir heulten so lange, dass wir den Flughafen erst gegen neun Uhr verlassen hatten. Mit meinem Rotschopf an der linken und meiner Tante an der rechten Hand wagte ich mich zurück ins kühle Deutschland und hier erwartete mich das pure Leben in all seinen wunderschönen Farben. Ich atmete den kühlen, rauen Duft des deutschen Wetters ein und grinste mich halbtot.

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