Kapitel 57
Jap, das war weniger gut. Ich habe gerade meinen einzigen Verbündeten in die Wüste geschickt. Ein Lachen entkam ihm. „Du hast gerade die beste Anspielung verpasst, die ich in diesem Buch gebracht habe."
Sein Dämon griff ihn an. Verdammt. Er war zu langsam und Lucifer packte seinen Arm. Mit einem Ruck riss er ihn nach hinten und er sprang aus dem Gelenk. Sunny schrie. Der Dämon umschlang ihn und bevor er sich versah, war er in einem Würgegriff.
Das hast du verkackt, Sun. Er war anscheinend nicht dafür gemacht, der Wächter von einem göttlichen Dings zu werden. Dass Jo weggebröselt war, hatte ihm das Genick gebrochen. „Wieso hast du mir einen Verbündeten gegeben, wenn du ihn mir nimmst, sobald ich es schnalle?", krächzte Sunny, wehrte sich gegen den Griff. Seine Beine strampelten.
Sein Freund schaute ihn fassungslos an, dann traf ihn Lucifer und er taumelte zurück. „Du bist nicht echt, stimmt's?"
„Ich hab's mir anders überlegt, vo dings. Ich möchte einen Verbündeten!", presste Sunny hervor. Die Seitenränder seines Sichtfelds begannen zu verschwimmen. Unglaublich, dass ich von meinem Dämon abgemurkst werde, auch wenn es nicht der echte ist.
„Gibst du schon auf, Zwerg?", erklang eine tiefe Stimme.
Sunny hielt inne. Nicht die Wahrheit. Plötzlich löste sich der Griff und er hörte ein Zischen. Sunny hustete und versuchte zu Atem zu kommen. Er spürte, wie jemand seinen Arm nahm und mit einem Ruck wurde dieser eingerenkt. Ein überraschter Schrei entkam Sunny und er keuchte, seine Hand auf die Schulter gepresst. Er schaute nach oben, schaute in ein Gesicht, das er trotz der Schatten erkennen konnte.
Zwei hellblaue Augen in einem Gesicht, das von hellblonden Haaren umgeben war. Zwei Narben zogen sich über dieses, eine von der linken Schläfe bis zum Kinn und die andere über das rechte Auge, welches etwas trüber aussah. In diesen Augen stand der Blick eines Teufels, der ein Feuer in Sunny entzündete, das er lange nicht mehr gespürt hatte.
„Hallo, alter Sack", begrüßte Sunny ihn mit einem Grinsen.
Die Augen schienen sich in ihn zu bohren. Dann kniete sein Meister sich vor ihn, riss das Oberteil, welches Sunny zuvor ausgezogen hatte, in Streifen und band dessen Wunden ab, die erneut bluteten. „Du bist also immer noch leichtsinnig und wahnsinnig", erklang die Stimme von Cole.
Grinsend ließ sich Sunny aufhelfen. Sie drehten sich zu dem Dämon um, der sich aufrappelte. Eine lange Wunde zog sich über Lucifers Oberarm. „Wer ist das?", fragte er Sunny.
„Darf ich vorstellen, mein Mann. Lucifer", sagte Sunny stolz.
Cole schaute seinen Schützling an. „Das meinst du nicht wörtlich, oder?", erwiderte dieser.
„Er ist hammer, nicht wahr?"
Sunnys Meister kniff die Augen zusammen, sah die goldenen Augen und den Namen, der auf der Brust des Dämons stand. „Du bist-"
„The Devil's Queen, yes, dear Master", sagte Sunny mit einem Zwinkern. Darauf schüttelte Cole nur den Kopf.
Ich wusste, dass dieser Idiot zu Großem bestimmt ist, aber diese Dimension hatte nicht einmal ich im Blick. „Gut, Zwerg. Wie sollen wir den Teufel besiegen?"
Sunny schaute zu seinem Gefährten. „Indem wir den unwahrscheinlichsten Fall annehmen, denn dann wird unsere Trefferquote bombastisch. Wir sind immerhin das Traumduo."
Als Cole den Satz hörte, den er so oft zu seinem Schützling und auch seinen Freunden gesagt hatte, wurde er etwas wehmütig. „Dann zeig mir, was du kannst", sagte er und warf Sunny ein Messer zu.
Gemeinsam rannten sie auf Lucifer zu, Sunny von links, Cole von rechts. Beide wussten, was der andere tat, denn sie kannten sich, ihre Körper wussten, was sie zu tun hatten. Cole blockte den Angriff von Lucifer und Sunny griff dessen Flanke an. Als der Dämon Sunny abwehrte, schaltete Cole um und trat diesem den Fuß weg, erwischte ihn mit seiner Machete.
Lucifer wich zurück und griff Cole an. Sunny blockte dessen Krallen und Cole tauchte durch, um den Dämon umzurammen, sodass sein Schüler nachsetzen konnte. Lucifer erlitt immer mehr Treffer und Verletzungen, Risse liefen über dessen Körper. Lange konnte er nicht mehr durchhalten, das wussten die beiden Reaper. Es ist wie in alten Zeiten.
„Bereit, ihm den Gnadenstoß zu versetzen, Zwerg?", fragte Cole Sunny. Dieser nickte.
Cole griff an, lockte den Dämon, sodass dieser ihn zu fassen kam. Im selben Augenblick sprang Sunny von hinten auf seinen Gefährten und versenkte das Messer in dessen Rücken. Die Figur zitterte, dann löste sie sich auf. Zurück blieb nur er und sein Meister.
Erschöpft setzten sie sich auf den Boden. Cole setzte sich neben ihn und klopfte ihm auf den Rücken.
„Du hast dich also mit dem Teufel verbunden? Wie kam das?"
„Naja, es ist dies und das geschehen. Nach deinem Tod bin ich der gefährlichste Reaper der Menschenwelt geworden. Er hat mich in die Hölle entführt, damit ich etwas für ihn erledige und es führte eins zum anderen. Wie sich herausstellte, war ich seine Nemesis."
Cole hörte schweigend zu. Er ist unglaublich. Zu sehen, wie sein Schützling zu einem Mann herangereift war, ließ Stolz in seiner Brust schwellen. Es tut mir leid, dass ich dich zurückgelassen habe. „Bist du nun glücklich, Zwerg?"
Sunny drehte den Kopf, legte seine Wange auf seine angezogenen Knie und schaute seinen Meister an. In seinen Augen stand tiefe Liebe. „Ja. Ich habe mein Zuhause gefunden und bin glücklich."
Diese Worte zu hören, ließ ein Gefühl von Frieden in Cole aufkommen. Dann ist ja gut.
„Bist du echt oder Einbildung?", fragte Sunny.
Überraschung zeichnete sich auf dem Gesicht seines Meisters ab. „Ist das von Belang? Damals, als ich dich gefunden habe, habe ich gleichzeitig einen Grund gefunden, weiterzumachen. Du warst unsere Zukunft, da war ich mir sicher. Du bist zu einem Mann herangewachsen, von dem ich stolz behaupten kann, dessen Meister gewesen zu sein, Sunshine."
Tränen traten in Sunnys Augen. Diese Worte zu hören, bedeuteten ihm so viel. In dieser Nacht hatte Cole ihn gerettet, hatte ihm ein Leben geschenkt. Ohne ihn wäre er nie Reaper geworden, wäre niemals Lucifer oder Jo begegnet. Das Schicksal hatte an diesem Tag entschlossen, dass er leben sollte und hatte ihm seinen Meister geschickt. Er hatte es ihm nie leicht gemacht, doch Cole hatte ihm immer das gegeben, was er gebraucht hatte – kein Mitleid, sondern den Arschtritt zu leben. „Ich danke dir für alles", schluchzte er.
Eine Hand legte sich an Sunnys Kopf und er wurde an eine warme Brust gezogen. „Ich danke dir. Schreib die Zukunft – ich werde dir dabei immer über die Schulter schauen, Zwerg."
„Das werde ich, alter Sack", sagte dieser grinsend, dann spürte er, wie die Berührung zerfiel und sich sein Meister auflöste.
Es dauerte etwas, dann raffte sich Sunny auf und straffte die Schultern. „Hast du die Show genossen?"
„Nicht schlecht. Du hast dich besser geschlagen als gedacht", erklang eine kindliche Stimme.
Die Luft begann zu flimmern und vor Sunny erschien ein Felsen, auf dem ein Junge saß. Hätte er schätzen müssen, hätte er auf elf oder zwölf Jahre gesetzt. Dieser trug eine kurze Hose, die rechte Seite schwarz, die linke weiß, und ein Oberteil, bei dem es umgekehrt war. Er hatte helle Haut und taubengraue Haare. Sein linkes Augen war vollkommen schwarz mit einer weißen Iris, das rechte weiß mit einer schwarzen Iris aber auch weißen Pupille.
Ist es seltsam, dass ich es gruselig finde, dass er die ganze Zeit wie ein Voyeur zugesehen hat, wie ich geschnetzelt wurde? Er hatte gewusst, dass jemand dort war, denn er hatte ihn gerochen. Der Junge roch nach Mondschein bei Mitternacht. Eine seltsame Umschreibung, doch seine Sinne sagten ihm das.
„Du bist also..."
„Vô hạn", sagte der kleine Junge.
Aha. Die mächtige göttliche Waffe ist also ein kleiner Junge. „Netter Versuch, darauf falle ich nicht herein", sagte Sunny.
„Du bist schlau, lässt dich von meinem Äußeren nicht täuschen. Willst du wissen, was ich bin?", fragte der Junge.
Sunny schüttelte den Kopf. „Ne, lass mal. Kein Bedürfnis." Überraschung zeigte sich auf dem Gesicht des Jungen. „Lass uns zum Punkt kommen." Unfassbar, dass dieser Satz aus meinem Mund kommt. „Hab' ich bestanden?"
Vô hạn schaute Sunny an. „Natürlich. Sonst wärst du tot. Bist du sicher, dass du nicht wissen willst, was ich bin?"
Sunny winkte ab. „Passt schon. Gut, was kommt auf mich zu? Ich bin ein sehr schlechter Babysitter. Zudem habe ich als Königin der Hölle echt viel zu tun. Sicher, dass niemand anders das besser kann?" Noch eine Aufgabe aufs Auge gedrückt zu bekommen, war nichts, worauf Sunny scharf war.
Der Junge lächelte. „Keine Sorge, es ist nicht wirklich viel Aufwand. Ich brauche keine Nahrung oder irgendetwas. Wähle eine sicheren Ort für mich aus und-"
„Moment, Auszeit. Ich werde dich sicherlich nicht irgendwo wegsperren und dich dort alleine lassen." Das Gesicht des Jungen veränderte sich. Sunny lief auf ihn zu, legte seine Hände auf dessen Schultern. „Du warst sicher sehr einsam die letzten Jahrzehnte", sagte er nun mit weicherer Stimme.
Eine Träne rollte über die Wange des Jungen. Die Umarmung, ließ ihn erzittern und er krallte sich in Sunnys Rücken. „K-Kann... kann ich bei dir bleiben?", fragte dieser mit zitternder Stimme.
Langsam löste sich Sunny von diesem, wischte die Tränen weg. „Klaro, wir haben viel Platz." Er konnte es in dem Gesicht des Jungen sehen, dieser Junge brauchte ein Zuhause – jemanden, der ihn liebte. „Aber bevor du mitkannst, brauchen wir einen Namen für dich."
„N-Namen?", stotterte der Junge.
„Klar. Vô hạn ist doch nicht dein richtiger Name, sondern eine Beschreibung." Der Junge nickte, denn es stimmte. Es war kein Name. Er sah, wie Sunny vor ihm überlegte, dann erhellte sich dessen Gesicht.
„Ich hab's. Dein Name ist Lev. Das bedeutet so viel wie Herz."
Nun konnte sich der Kleine nicht mehr halten. „Ist es in Ordnung? Kann ich diesen Namen haben?"
„Schon geschehen. Also, Lev, lass uns zurückgehen", sagte Sunny und nahm dessen Hand, dann hielt er jedoch inne. „Kurze Frage, leite ich jetzt das Ende der Welt ein? Nur so aus Interesse."
Lev begann zu lachen. „Vermutlich nicht, immerhin stehen wir beide hier."
Erleichtert atmete Sunny aus. Puh, Glück gehabt. „Nur so aus Neugier, was hätte ich tun müssen, um durch deine Prüfung zu fallen?"
Lev schaute ihn an. „Jophiel nicht zu entlarven oder erneut zu rufen, dass er dir hilft. Du wärst gestorben."
Ah. Sorry, Jo... aber er ist ja auch gerade erst wieder erwacht, war davor ein recht untrainierter Mensch und wir konnten keine Magie benutzen. Das würde er ihm besser nicht sagen.
„Sicher, dass du nicht wissen willst, was ich bin?", fragte Lev erneut.
„Menschenskinder, Lev. Lass uns einfach nach Hause gehen. Und ach ja, kein Wort, dass du vo dings bist." Das würde niemand erfahren.
Die Umgebung verschwamm und beide traten aus der Membran. Jo, der an der Wand gelehnt saß, schaute auf. „Hölle, Sun! Ich habe mir Sorgen gemacht!" Er war aufgesprungen und zog Sunny in seine Arme.
Die Membran hatte ihn einfach nicht durchgelassen und Sunny war verschwunden. Mit jeder Minute, die vergangen war, hatte er mehr und mehr Angst um seinen Freund gehabt und die Hoffnung war immer mehr geschwunden.
Als Sunny ihm auf die Schulter klopfte, ließ er langsam los. Dann wanderte sein Blick nach links und er schaute in zwei verschiedenfarbige Augen. „Und wer ist das?", fragte Jo.
Sunny zog Lev etwas nach vorne. „Das ist Lev. Er wird ab jetzt bei uns leben."
Wer ist dieser Junge? Wieso schleppt Sunny einen wildfremden Jungen mit sich und bestimmt, dass er bei uns lebt? Unsicher schaute der Junge ihn an. Ist das... nein. „Wo ist vô hạn?", fragte Jo seinen besten Freund.
Sunny kratzte sich am Hinterkopf. „An einem sicheren Ort. Keine Sorge." Mehr sagte er nicht.
Erneut blickte Jo zu dem Jungen, dann schüttelte er den Kopf. Es machte keinen Sinn mit Sunny zu diskutieren, damit sollte sich Lucifer herumschlagen. „Lass' uns heimgehen."
„Guter Punkt, wie kommen wir zurück? Der Durchgang ist überschwemmt, das wird nichts", sagte Sunny nachdenklich.
„Nutzt ein Portal, das sollte kein Problem sein", sagte Lev.
Sunny schlug sich mit der Faust auf die Handfläche. „Klar. Dann macht euch bereit, es ist schon etwas her." Er legte die Handflächen zusammen. Eine Hand umschlang seine.
„Ruf doch einfach ein Höllentor", sagte Jo.
Sunny schüttelte den Kopf. „Ne, das ist weniger spektakulär. Bereit, unseren Gefährten den Schreck ihres Lebens einzujagen?"
Jo konnte nur den Kopf schütteln.
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Sunny hat gewonnen und hatte ein emotionales Wiedersehen mit seinem Meister.
Wie fühlt ihr euch mit dem Ausgang?
Wer bzw. was könnte Lev sein?
Wie wird Lucifer auf das neue Familienmitglied reagieren?
Eure Mausegöttin
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