Kapitel 51
Es dauerte einige Herzschläge, bis Lucifer sich zurückzog. Er schaute auf seinen Gefährten, der vor ihm lag. Die Gier in seinem Innern war etwas abgeflacht, doch Sunnys sinnlicher Geschmack brannte immer noch auf seiner Zunge. Ich werde niemals genug von dir bekommen.
Ungelenk versuchte sich Sunny aufzurichten, doch es war ihm kaum möglich. Er kippte nach rechts und ein Arm umschlang ihn, zog ihn nach hinten an eine warme Brust. Er kuschelte sich in Lucifers Halsbeuge und atmete seinen männlichen Geruch ein. Gott, ich hab' den schärfsten Gefährten. „Werde ich jeden Morgen so geweckt?", sagte er mit kratziger Stimme.
Warme Arme umschlangen ihn und er spürte einen sanften Kuss auf seinem Scheitel. „Wie lange habe ich dieses Mal geschlafen?" Die Erinnerung war ab einem gewissen Punkt verschwommen und es fühlte sich an, als habe er Watte im Kopf. Die goldenen Fäden und die Erzengel waren das Letzte, woran er sich erinnerte. Dann war da Schmerz, entsetzlicher Schmerz.
Eine beunruhigende Stille trat ein. „Als wir dich erreichten, hatten dich die Stimmen und die goldenen Fäden bereits in ihrer Gefangenschaft. Das letzte Artefakt verband sich mit dir und es... veränderte dich. Kaley hat dich bereits untersucht und ist zu dem Schluss gekommen, dass du deine endgültige Form erreicht hast."
„Aha. Also keine weiteren Upgrades?", fragte Sunny lachend.
Überrascht schaute Lucifer zu seinem Liebsten. Wie ist er in der Lage, in dieser Situation einen Spaß zu machen?
„Du hast mir aber immer noch nicht geantwortet. Lucifer, wie lange habe ich geschlafen und bist du sicher, dass ich nicht noch ein Paar schmucke Hörner bekomme?" Solche wie Sathanas hat, wären mehr als schick.
Lucifer schüttelte einfach nur den Kopf. „Du hast nur einen Tag geschlafen und nein, du wirst voraussichtlich keine weitere Wandlung durchmachen", erwiderte der gefallene Engel.
Schade... „Hast du mich deshalb im Schlaf überfallen?" Dann hielt er inne. „Hast du das auch vorher gemacht?" Fragende Augen blickten Lucifer an.
Was denkt er... „Nein, Sunshine. Ich habe dich nicht im Schlaf... überfallen. Der Schlaf, in den du die letzten Male gefallen warst, unterscheidet sich essenziell vom letzten. Es war, als würde die Zeit still stehen. Dieses Mal hast du dich mehr als einmal mit mir verbunden und deine Magie an mich abgegeben und die meine genommen." Lucifer hatte mehrfach spontane Entladungen empfangen und kurz vor Sunnys Erwachen hatte er ihn mit seinem Duft und seiner Bewegung in den Wahnsinn getrieben.
Sunny schaute nach rechts und links, betrachtete die Flügel. „Gut, nun zu der großen Preisfrage, was bin ich jetzt?" Er hatte ja bald jede Rasse einmal abgehakt.
Nun wurde es kompliziert. Er konnte es in Lucifers Gesicht sehen. „Lass uns vorne beginnen..."
Sunny blinzelte dreimal. Häh? „Also verstehe ich das richtig. Meine Mutter war der Erzengel Zadkiel, der mit einem göttlichen Etwas aus dem Himmel abgedampft ist und irgendwie zu einem unsterblichen Mensch wurde. Dann hat sie meinen Vater getroffen und ich war das Resultat. Also ein Mensch mit DNA-Zusatz Engel. Wieso wurde diese Option nie in Betracht gezogen?" Wenn er sich erinnerte, waren nur Dämon oder Geist im Raum gestanden.
Lucifer wurde ernst. „Weil es so etwas nie gab. Engel und Menschen können sich nicht paaren. Du bist meines Wissens der erste menschliche Nachkomme eines Engels und sehr wahrscheinlich ist der Grund, warum Abaddon dich wandeln konnte, dass er ehemaliges Engelsblut in sich trug. Mit deiner Wandlung warst du bereit, den Platz deiner Mutter einzunehmen."
„Also bin ich ein Engel?", fragte Sunny. Das nenn ich mal eine Entwicklung. Vom Mensch übern Dämon zum Engel.
Sein Gefährte schüttelte den Kopf. „Nein, Sunshine. Du bist ein Mischling. Engel, Dämon und Mensch. Alles und nichts zugleich."
Sunny begann zu lachen. „Was zur Hölle? Und was bedeutet das für mich?"
Dafür würde Lucifer bei den Grundlagen beginnen. „Wenn ein Dämon in die Menschenwelt übergeht, welche zwischen unserer und der himmlischen Sphäre liegt, muss er einen Preis dafür zahlen, da er dort kein Aufenthaltsrecht hat. Diesen bezahlt ein Dämon beim Durchschreiten eines Höllentors. Beim Rückweg tut er dies nicht-"
„Weil die Hölle seine Heimat ist. Also zahlen Engel diesen Preis ebenfalls, wenn sie in die Menschwelt reisen." So weit konnte Sunny ihm folgen, auch wenn er nicht verstand, warum sein Dämon ihm das erzählte. Eines drängte ihm sich jedoch auf. „Dann muss der Preis für den Übergang von der Menschenwelt in den Himmel für Dämonen unbeschreiblich hoch sein. Mit anderen Worten-"
„Sie können ihn nicht zahlen. Das ist der Grund, weshalb Dämonen nicht in den Himmel, Engel aber auch nicht in die Hölle können. Ein Krieg würde unweigerlich in der Menschenwelt stattfinden. Nur Erzengel oder Höllenfürsten können diesen Preis zahlen, doch dann sind sie so schwach, dass sie der Armee der fremden Sphäre nichts entgegensetzen können. Dieses Gesetz gilt seit meinem Fall", beendete Lucifer die Erklärung.
Sunny nickte verstehend. „Aber wie bist du dann in den Himmel gelangt?" Er konnte es in den Augen seines Gefährten sehen, die Antwort würde ihm nicht gefallen.
„Ein Engel hat mich in den Himmel gebracht."
„Wer?", kam es über Sunnys Lippen. Welcher Engel würde den Teufel mit nach oben nehmen?
„Jo."
Es dauerte einige Momente, bis Sunny begriff, was Lucifer gerade gesagt hatte. „Jo. Jo wie in mein bester Freund Jo?" Jo... ist ein Engel? Als ob.
„Jo ist ein Engel", fuhr Lucifer fort. „Ich öffnete ein Portal aus der Hölle zur Menschenwelt und Jo das von dort in den Himmel."
Sunny klappte der Mund auf. Das war viel zu verdauen und Sunny wusste, dass er ein sehr ausführliches Gespräch mit seinem Freund führen würde. „Aber wenn das alles stimmt, wie konnte ich dann einfach von der Hölle in die Menschenwelt oder umgekehrt reisen?" Er erinnerte sich nicht, irgendeinen Preis gezahlt zu haben. Darüber hatte er sich jedoch auch nie Gedanken gemacht, immerhin hatte ihn Rosi einfach dorthin gebracht, wo er wollte.
„Weil du ein Aufenthaltsrecht in jeder Sphäre besitzt. Das ist auch der Grund, wieso du ein Höllentor in die Menschenwelt öffnen konntest und auch eines aus dem Himmel in die Hölle. Sunshine, du zahlst keinen Preis, denn du bist überall willkommen", sagte Lucifer und Sunny spürte, dass noch etwas unausgesprochen war. Etwas Bedeutsames, elementar Wichtiges. Fragenzeichen leuchteten überall im Raum auf.
„Soare, du kannst zwischen jeder Sphäre reisen, denn du besitzt ein Aufenthaltsrecht in allen drei Sphären. Deine Seele ist im Himmel, der Menschenwelt und auch der Hölle beheimatet", schloss Lucifer ab.
Ein Lachen entkam Sunnys Mund. „Also bin ich der Allround-Beamer? Ich kann überall hin und kann auch Leute mitnehmen? Wir könnten also zusammen einen Abstecher in den Himmel machen und den Erzengeln einen Besuch abstatten? Einfach so?"
Lucifers Blick verdunkelte sich. Er nickte. „Ja. Und das ist der Grund, weshalb du nicht existieren darfst. Du bist ein Schlüssel in jede Sphäre, widersprichst den göttlichen Gesetzen. Der einzige Grund, weshalb du noch nicht getötet wurdest, ist, dass du die Königin der Hölle bist und meinen Tod zur Folge hättest."
Nun war Sunny nicht mehr zu lachen. Sein Leben hing also davon ab, wie lang Lucifer noch auf dem Thron der Hölle saß? Was, wenn ihn jemand ersetzte?
„Vorerst ist dein Leben dadurch in Sicherheit, doch zu etwas anderem-"
„Stopp. Timeout. Auszeit", sagte Sunny und sein Gefährte hielt inne. „Das ist doch ein Scherz, oder? Das hat sich doch einfach jemand ausgedacht und dachte, komm, schreiben wir doch etwas völlig Irrsinniges. Nehmen wir einen Reaper der keine Eltern hat. Dem basteln wir einen Erzengel als Mutter, schicken einen gefallenen wahnsinnigen Engel/Dämon, der an ihm rumbastelt und in einen Dämon oder auch nicht verwandelt und schwupps machen wir eine Promenadenmischung, die es so eigentlich nicht gibt, aber hupps, bei dem hat's halt geklappt. Damit er noch ein bisschen mehr Sendezeit bekommt, machen wir ihn einfach zum Gefährten von Lucifer und nebenbei lassen wir ihn noch etwas Artefaktsucher spielen." Mit jedem Wort redete sich Sunny mehr in Rage, dann hielt er inne. „Moment. Was hat es dann mit dem Artefakt oder was auch immer auf sich?" Noch mehr schlechte Nachrichten und Sunny würde nicht mehr aus dem Bett aufstehen.
Leider sah er, dass sein herzallerliebster Gefährte ausholte und wusste, ich hätte Knabberzeug bestellen sollen. „Zadkiel - deine Mutter - war die Wächterin von vô hạn. Sie ist mit diesem göttlichen Artefakt während meines Falls und dem großen Krieg aus dem Himmel geflohen und hat daraufhin die Artefakte geschaffen. Wir wissen nun, dass es ihr Blut ist, das den Weg zu vô hạn weist, und du der Einzige bist, der es finden kann. Wir vermuten, dass vô hạn anstrebt, dass die Position des Wächters wieder besetzt wird, denn jedes mächtige Artefakt möchte gefunden werden, so sind die Gesetze der Natur.
Es hat Jahrtausende gewartet, dass jemand diese Position einnehmen kann, doch Zadkiel hatte dies an eine Bedingung geknüpft, die nur du erfüllen kannst, denn du bist der letzte Nachfahre ihres Blutes. Durch die Wandlung zum Dämon hast du eine Hülle erhalten, die fähig war, die Wächterposition anzunehmen. Wir vermuten, dass du deshalb begonnen hast, die Artefakte zu finden, die dein Erbe erweckt haben. Nun bist du in der Position, deine dir bestimmte Stelle einzunehmen - als Wächter von vô hạn."
Sunny atmete aus. Klasse. Also kann ich als Drittberuf nach Reaper und Königin der Hölle, Wächter einer unbekannten göttlichen Waffe angeben. Danke Mum. In diesem Moment kam ihm jedoch ein Gedanke. Moment. „Lucifer, also bin ich auch der Einzige, der die Engel zu dieser Waffe oder was auch immer es ist, führen kann?"
Sein Gefährte nickte und ein breites Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Mit freudiger Stimme sagte er: „Hervorragend, dann werden sie mich wohl nicht abmurksen können. Wenn ich sterbe, ist dieses Dingsbums für immer verloren." Der Dämon nickte erneut. Puh, vorzeitiger Tod wieder erfolgreich abgewendet. Vielleicht sollte ich ein Buch schreiben. Die neun Leben des charmantesten Reapers auf Erden/der Hölle/des Himmels.
„Im Moment bist du sicher und es wird auch keine Entführung stattfinden, denn sollten die Erzengel erneut einen Angriff auf dich verüben, erkläre ich dem Himmel den Krieg und das riskieren sie nicht. Du bist die Königin der Hölle und damit unantastbar für sie", schloss Lucifer ab. Nun hatte er seinen Gefährten auf den neusten Stand gebracht.
Seufzend schloss Sunny die Augen. Wer hat so viel Phantasie... In diesem Moment sah er ein Bild vor sich.
Langsam richtete er sich auf uns sah die Wüste, den roten Sand. Er saß nicht auf dem Boden, sondern lag auf einem Felsen. Dann drehte er sich und schaute in weiße Augen. Die Pupille und Iris waren ein trübes Gebilde, nicht zu unterscheiden. Diese Augen befanden sich in einem Gesicht mit schneeweißer Haut, welches von grauen Haaren umrahmt war. Die Lippen waren ebenso weiß, wie die Haut. Die Frau sah jugendlich und zugleich auch sehr alt aus.
„Wer bist du?", fragte er leise.
Ein sanftes Lachen erklang. „Wir haben viele Namen. Du hast sie doch bereits alle aufgezählt, Copil binecuvântat."
Ah. Mit den Ladies muss ich wohl noch ein Gespräch führen. Ich wette, sie lachen sich gerade den Arsch darüber ab. Vielleicht war es auch nur ein abgefahrener Traum und er würde bald aufwachen. Nah, diesen scharfen Dämon geb' ich nicht her. Was macht dieses bisschen Geflügel auf dem Rücken noch für einen Unterschied? Er würde sich deswegen nicht ändern.
„Gut. Ich würde vorschlagen, du hilfst mir die Dinger auf dem Rücken wegzumachen, dann nehmen wir ein entspannendes Bad", sagte Sunny trocken, denn sein Grips hatte genug. Sein Dämon lächelte und drückte Sunnys Schultern beide simultan nach hinten. Mit einem Schnappen zogen sich die Flügel seines Gefährten zurück und dieser fluchte mehrfach. „Bah. Das fühlt sich ja wirklich eklig an."
Mögliche Vergleiche werden aus Respekt vor den Flügeln und aus Jugendschutzgründen nicht genannt und sind der Phantasie des Lesers oder der Leserin überlassen.
Lucifer erhob sich und nahm seine Promenadenmischung mit sich. Er würde Sunny später fragen, was das Wort bedeutete.
Das Bad tat gut und Sunny konnte sich wenigstens etwas sortieren. Das war sehr viel Info. Hätte man das nicht etwas verteilen können? Überhaupt nicht benutzerfreundlich.
„Michael wird nicht begeistert sein."
Lucifer schaute fragend seinen Gefährten an. Dieser Satz war einfach aus dem Nichts gekommen. Kein Kontext.
„Na wenn ich im Himmel aufkreuze, wird Michael nicht begeistert sein, mich zu sehen", sagte Sunny.
Der Dämon verstand immer noch nicht, was Sunshine sagen wollte.
„Das letzte Mal habe ich ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen. War minder begeistert", erklärte sein Gefährte.
Wie bitte? Lucifer konnte nur seinen Liebsten anstarren.
„Was?", fragte Sunny, als Lucifer ihn nur fragend anschaute. „Er war ein Arschloch dir gegenüber und als ich ihn gesehen habe, hatte ich gewisse Bedürfnisse, denen ich nachgekommen bin."
Er hat Michael ins Gesicht geschlagen. „Wie hat er reagiert?"
Sunny lachte. „Keine Ahnung. Ich wurde von Gabriel gegen eine Wand gebrezelt. Aber es hat sich gelohnt."
Lucifer atmete langsam aus und legte seine Stirn auf Sunnys Schulter. Er ist wahnsinnig. Die Götter haben einen Wahnsinnigen zur Königin der Hölle und Wächter von vô hạn gemacht. Und dieser Wahnsinnige kann ungehindert in jede Sphäre spazieren. Ein Wahnsinniger, der keine Angst vor dem Teufel, Höllenfürsten oder Erzengeln hatte - vielleicht nicht einmal den Göttern. Ein Lächeln breitete sich auf den Lippen des Königs der Hölle aus. Aber er ist mein Wahnsinniger.
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Sunny hat seine endgültige Form erreicht.
Was haltet ihr davon?
Wie wird sich nun die Suche nach vô hạn gestalten?
Wie wird das Gespräch mit Jo ablaufen?
Eure Mausegöttin
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