Kapitel 28
Lucifer und Kaley waren über Sunny gebeugt. Er hatte die Augen offen und seine Mundwinkel hatten sich verzogen, doch er reagierte nicht. „Soare", sagte er, streichelte die Wange seines Gefährten. Ein Kribbeln lief darüber. Plötzlich wurde er von einer Hand umschlungen und nach vorne gerissen. Zwei scharfe Zähne schlugen sich in seinen Unterarm.
Kaley erschrak und Lucifer zuckte. Ein kurzer Schmerz schoss durch seinen Unterarm, dann spürte er das Saugen, doch es war seltsam. Nach wenigen Schlücken begann sich eine Hitze über seinen Unterarm in seinen Körper auszubreiten. Er sank auf die Knie. Magie rauschte in seinen Körper, seine Flügel schossen hervor und er begann zu leuchten. „Sunshine, stop", keuchte er.
Plötzlich blinzelte Sunny und zog sich zurück. Sein Unterarm fiel aufs Bett. „Was?", sagte dieser.
Alle starrten zu dem Dämon mit den blutigen Lippen, dieser setzte sich auf, kratzte sich am Kopf.
Als Sunny seinen Gefährten anschaute, dann den Unterarm, war er verwirrt. „Wer hat dich denn gebissen?", fragte dieser belustigt. Die Wunde blutete nicht, begann sich langsam zu schließen und verschwand. „Und warum bist du ins Beleuchtungsgewerbe eingestiegen?"
Kaley schaute auf den Unterarm von Lucifer, an dem nur noch glatte Haut zu sehen war. Keine Anzeichen, dass Sunny ihm diesen gerade halb aufgerissen hatte.
„Leute. Bitte sagt was, denn sonst wird das ein unangenehme-Stille-Moment", sagte Sunny.
Lucifer richtete sich auf, zog die Flügel ein. Wortlos zog er Sunshine an sich und dieser erwiderte verwirrt die Umarmung. „Ok, jetzt ist es offiziell komisch."
Langsam zog sich der gefallene Engel zurück, schaute ihn ernst an. „Sunshine, wie fühlst du dich?"
„Wie soll ich mich fühlen? Ich hatte kurzzeitig einen Mordshunger, wahr aber wohl Einbildung. Ansonsten alles in Butter." Über seine Komaauszeit schwieg er, da er es sich vielleicht auch eingebildet hatte.
Kaley setzte sich zu ihm. „Sunny, du hast für eine Woche geschlafen und das mit dem Biss gerade warst du."
Sunny lachte. „Also Ersteres ok, aber Zweiteres? Ich bin doch kein Vampir oder wechsle ich zur Abwechslung mal wieder die Spezies?" Er schaute nach unten, erstarrte. Auf der Decke waren Blutstropfen. Langsam fuhr er mit den Fingern zu seinen Lippen, fuhr darüber und sah die roten Spuren. Oh... vielleicht werde ich jetzt wie Merihem ein Charakter in einem Manga mit Vampiren. Eine Zweitkarriere ist nie schlecht. Plan B. Vielleicht wäre es auch im medizinischen Bereich nützlich. Kann ich dann noch in die Sonne?
Eine Berührung an der Wange ließ ihn aufschauen. „Soare, bitte konzentriere dich."
„Aber ich bin gerade dabei, meine Zweitkarriere zu planen."
Eligos seufzte und schüttelte nur den Kopf. Kaley war verwirrt, doch fuhr fort: „Sunshine, bitte hör genau zu. Du hattest Kontakt mit dem zweiten Artefakt und hast dessen Mana absorbiert. Das hat deinen Körper überhitzt und die Integration hat eine Woche gedauert."
Integration? So wie Salz in den Teig untermischen, bis es gut untergerührt wurde?
„Nach deiner Blutuntersuchung haben wir etwas festgestellt. Bist du bereit?"
Hölle, das klingt, als würde sie mir sagen, dass ich Krebs habe und in zwei Wochen sterbe. „Sterbe ich in zwei Wochen?"
Verwirrung trat auf Kaleys Gesicht und sie schaute Lucifer an. „Nein. Zumindest denken wir das nicht."
Sunny lachte. „Du denkst es nicht? Dir ist schon klar, wenn ich hops gehe, geht dieser scharfe Dämon da drüben auch hops. Ist nicht gerade gut für die Hölle und das Gleichgewicht. Eventuell solltest du hier von sicherem Wissen sprechen, meine Süße." Es lag keine Bitterkeit darin, er beschrieb nur Tatsachen. „Außerdem kann ich jetzt noch nicht sterben, nicht solange wir es noch nicht in Jos Büro getrieben haben."
Das ist nicht sein Ernst, oder? Kaley wusste nicht, was sie antworten sollte.
„Soare, hör ihr einfach zu, in Ordnung?", sagte Lucifer.
„Gut, nochmal. Du hattest Kontakt mit dem Artefakt und hast einen Hinweis auf das nächste ausgesprochen", begann die Dämonin.
Sunny schlug sich mit der Faust auf die Handfläche. „Ich bin also doch ein Orakel. Jetzt muss ich über meine Drittkarriere nachdenken. Vielleicht könnte ich in einem anderen Roman-" Ein Schlag gegen den Hinterkopf unterbrach ihn. Dieses Mal war es Eligos.
„Hölle Sunny. Halt jetzt den Rand und lass sie ausreden."
Ist das Schlagen der Königin nicht verboten? Er schaute zu seinem Dämon. Dessen Blick sagte jedoch nur: Bitte hör einfach zu. Na gut.
„Es gibt zwei Eigenschaften von Artefakten. Es gibt die Eigenschaft, dass ein Artefakt nur von bestimmten Personen mit bestimmten Merkmalen genutzt werden kann. Die andere ist, dass es nur von bestimmten Personen mit bestimmten Merkmalen gefunden werden kann. Beim Ersteren sprechen wir von einer selektiven Eigenschaft, bei der zweiten einer spezifischen Eigenschaft. Es kann auch beides zutreffen."
Wer jetzt in Biologie nicht aufgepasst hat, schade, denn endlich könntet ihr von eurer Schulbildung etwas anwenden.
„Wie dem auch sei, die Artefakte sind sowohl selektiv als auch spezifisch. Das Problem ist jedoch, wir wissen nicht, nach welchen Kriterien. Nach eingehender Untersuchung von Lucifer ist beides extrem hoch. In anderen Worten: Momentan bist du der Einzige, der diese Artefakte finden und offensichtlich auch nutzen kann. Nach einiger Nachforschung habe ich eine Entdeckung gemacht."
Nun wurde es spannend. Kaley stand auf und nahm etwas von Sunnys Blut, welches sie in einer Schale aufbewahrte. Sie ließ einige Tropfen auf den Tisch in etwa dreißig Zentimeter Entfernung zu den Artefakten tropfen. Sunny schaute zu diesem, dann klappte ihm der Mund auf. Er konnte sehen, was jeder sah. Das Blut wanderte zu den Artefakten, hinterließ eine Spur.
„Die Antwort liegt in deinem Blut. Das ist auch der Grund, warum das Artefakt zu dir gekommen ist. Sunny, du bist eine sogenannte Koordinate. Jemand hat dich zu dieser gemacht, damit du die Artefakte findest."
„Koordinate?", fragte Sunny verwirrt. Meint sie den Spaß, der in Geographie gelehrt wurde?
Kaley holte etwas aus. „Stell es dir wie ein Kompass vor, der immer auf sein Ziel zeigt. Du kannst diesem folgen, bis du am Ziel bist. Koordinaten sind meistens Gegenstände, die mit einem Lokalisationszauber belegt sind. Die Koordinate wird aber erst aktiv, wenn diese aktiviert wird, und dieser Zauber löst sich, sobald dieser Gegenstand am Ziel ist."
Ich bin also ein lebendiger Kompass? Das Bild von ihm, wie sein Gesicht auf der Kompassnadel klebte und hin und herschwenkte, erschien vor seinem Auge. Eher ein Navi. Nun war das Bild, wie sein grinsendes Gesicht am Standort eines Artefakts blinkte. Ich wette, das würde sich gut verkaufen.
Er löste sich von dem Gedanken und schaute zu der Dämonin. „Gut, dann hätte ich zwei Fragen. Wie zur Hölle wird ein lebendiges Wesen zu einer, wie hieß es, Koordinate und was hat das aktiviert? Zweitens oder eher drittens, wie kann ich das ausknipsen?" Er hatte keine Lust darauf, immer wieder goldene Fäden zu sehen und Stimmen aus dem Jenseits zu hören. Falsche Serie, wir sind nicht bei Ghost Whisperer. Andererseits würde er gerne Mal mit Jennifer Love Hewitt auf Geisterjagd gehen.
Kaley wartete, bis Sunny wieder anwesend war. „Das Erste kann ich dir nicht beantworten. Ich vermute, dass der Besitzer oder Erschaffer der Artefakte, dich zu einer Koordinate gemacht hat, weil er die selektive Eigenschaft an eine Bedingung geknüpft hat, die dein Blut erfüllt. Einfach gesprochen, nur du und direkte Blutsverwandte können sie finden. Dafür muss derjenige aber dein Blut gehabt haben. Das zweite ist ebenfalls nicht zu beantworten. Es könnte eine Beschwörungsformel sein, aber auch ein Ereignis. An sich alles, je nachdem wie der Erschaffer es definiert hat. Zum dritten, sehr wahrscheinlich gar nicht. Die Koordinate soll die Artefakte finden, das ist ihre Aufgabe. Solange wir also nicht wissen, was sie aktiviert hat, können wir sie auch nicht deaktivieren."
Sunny begann zu lachen. „Also alles in allem, wir wissen gar nichts, außer dass ich ein Trüffelschwein für irgendwelche Artefakte bin, die mir den Kreislauf zusammenbrutzeln und wenn ich sie nicht suche, von goldenen Fäden und Stimmen verfolgt werde." Das fasste es leider zusammen.
„Gut, andere Frage. Was ist der Zweck der Artefakte? Ich meine, sie müssen ja für einen Grund erschaffen worden sein."
In diesem Bereich konnte Lucifer Aufschluss geben. „Wir denken, dass sie Schlüssel sind. Ein Artefakt leitet dich zum nächsten, somit sind es nun mindestens drei. Nachdem du ihre Magie absorbiert hast, wurden sie zu Gegenständen ohne jegliches Mana."
„Also führen sie uns zu einem Ziel, sehe ich das richtig? Warum werde ich dann jedes Mal mit Magie vollgepumpt?", fragte Sunny. In seinem Kopf begann es zu arbeiten. Moment. Es war wie ein kleines Puzzle, das er Schritt für Schritt zusammensetzte.
Die drei Dämonen schauten nachdenklich zu Sunny. „Es könnte sein, dass du diese speicherst und damit vielleicht eine Tür öffnest. Oder du brauchst sie, sollte das Ziel ein Gegenstand sein, um diesen nutzen zu können", stellte Kaley in den Raum. Es war nicht normal, dass eine solche Magie freiwurde.
Lucifer setzte dort an. „Es handelt sich um himmlische Artefakte. Es könnte also etwas aus dem Himmel sein, was versteckt wurde."
Sie diskutieren weiter. Als ein Pfiff erklang, stellten sie diese ein und schauten zu dem Reaper. „Auszeit. Wir sind nicht in einer Talk-Show. Habt ihr vielleicht mal daran gedacht, dass derjenige, der mich in eine Koordinate verwandelt hat, Abaddon gewesen sein könnte, und dass das, zu dem ich offensichtlich führe, etwas ist, was vielleicht nicht gefunden werden sollte? Keine Ahnung – eine Waffe, mit der man die Weltherrschaft erlangen könnte? Schlagwort, bösartige Besetzter-Schlampe."
Eligos und Lucifer wussten sofort, worauf Sunny anspielte. Es könnte ein Artefakt sein, welches Kālō zurückholen könnte oder dem Himmel schaden, immerhin waren Abaddon und Kālō auf dessen Vernichtung aus gewesen. Da sie nicht wussten, seit wann Sunny eine Koordinate war, mussten sie das in Betracht ziehen, vor allem da er durch Abaddons Blut gewandelt worden war.
„Es ist unerheblich, was es ist. Wir werden uns auf die Suche danach begeben müssen", sagte Lucifer. Er würde nicht zulassen, dass Sunny erneut den Wahnvorstellungen verfiel.
Sunny lehnte sich zurück. Das kann doch nicht wahr sein. Ich habe bereits ein Weltuntergangsszenario hinter mir. Das muss doch reichen. Kann denn nicht jemand anderes dieses Mal den Kopf hinhalten?
Autorin: „Nein, es ist viel zu lustig, dich und Lucifer schwimmen zu sehen. ;D"
Gut, es war einen Versuch wert. Dann musste er das durchziehen. „Dann machen wir uns also auf die Suche nach den Artefakten. Nur so nebenbei, wo ist eigentlich Jo?" Er schaute Eligos an.
„Er ist gerade in Warschau, die Gilde hat ihn dorthin beordert und es scheint etwas länger zu dauern", antwortete Eligos. Man konnte sehen, dass er Jo vermisste. Dass die beiden sich noch nicht verbunden hatten, wunderte Sunny ebenfalls. Wieso zögerte er, denn er war Eligos' Nemesis. Erschöpft lehnte er sich zurück.
Eligos wollte schon gehen, da hob Kaley noch die Hand. „Es muss nicht der Dämon gewesen sein, der Sunny gewandelt hat. Es könnte auch mit seiner Familie zu tun haben. Sunny, wer sind deine Eltern?"
Autsch. Die Dämonin trifft wirklich jeden schmerzhaften Punkt. „Ich weiß nicht, wer meine Eltern sind. Ich bin einfach bei einem Waisenhaus abgegeben worden. Niemand weiß, wer der Mann war und es gibt keine Aufzeichnungen über mich. Nur, dass ich eine Decke mit dem Namen Sunshine hatte." Er hatte alles getan, um etwas über seine leiblichen Eltern herauszufinden, doch alles verlief im Nichts. Sunny war einfach aufgetaucht und später adoptiert worden. Der Rest war bekannt.
Das war natürlich nicht gut.
„Vielleicht eine Sache", sagte Sunny und hatte die Aufmerksamkeit aller. „Zwischen meinem Auftauchen und der Adoption lagen nur zwei Monate. Im Nachhinein könnte das eventuell kein Zufall gewesen sein." Sie wussten, was Sunny damit meinte. „Das heißt, wenn es wirklich in der Familie liegt und nicht von Abasackgesicht kreiert wurde, könnte ich der Letzte sein, außer ich habe noch Geschwister."
Tief im Innern wusste er, dass seine Eltern sehr wahrscheinlich nicht mehr am Leben waren. Warum hätte irgendein Fremder ihn abgeben sollen, wenn sie einfach den offiziellen Weg hätten gehen können?
Lucifer schloss ihn in die Arme. „Kaley, ich würde dich bitten, nach einer Möglichkeit zu suchen, dass eine weitere Absorption Sunnys Körper nicht so sehr belastet. Wir wissen nicht, was es mit ihm macht und wie lange er diese Belastung aushält." Die Mengen an Mana hinterließen Spuren. Wenn Sunnys Körper sein Limit überschritt, könnte er ihn verlieren.
Die Dämonin nickte und machte sich auf den Weg, ließ die beiden zurück. Eligos tat es ihr gleich.
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Artefakte und eine Koordinate.
Was könnte denn am Ende der Suche stehen? Was soll Sunny finden?
Wo könnte sich das nächste Artefakt befinden?
Eure Mausegöttin
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