Kapitel 23
Am nächsten Morgen machte ein strahlender Reaper die Zimmertür auf, als Petya klopfte. Kein Dämon zu sehen, doch die Zeichen, die an seinem Hals nach unten wanderten, waren mehr als eindeutig. Er trug nur ein langes T-Shirt mit einer Boxershorts. Die Haare standen in alle Richtungen, als er sich umdrehte.
„Bin fast fertig", sagte Sunny und zog sich mit dem Rücken zu Petya das Oberteil aus. Auf dem Rücken waren ebenfalls zahlreiche Zeichen zu sehen. Er schien eine... lebendige Nacht gehabt zu haben. Kurz darauf hatte dieser seine Trainingskleidung an, welche aus einem schwarzgrauen, enganliegenden, ärmellosen Oberteil und einer schwarzen Hose bestand. Zum Schluss wanderte die charakteristische Maske auf dessen Nase. „Gut, bin für alle Schandtaten bereit."
Die hast du bereits hinter dir. An seinem Hals waren immer noch zwei rote Flecken zu sehen. Zudem fiel ihm der goldene Ring an seinem Ringfinger auf.
Sie liefen in das erste Lehrgebäude, direkt in die Übungshalle. „Wir sind gerade dabei, die Schüler im letzten Jahr zu schleifen. Heute werden wir die Kampffähigkeiten, die sie unter Andrzej trainiert haben, testen. Du als erfahrener Kämpfer bist ideal dafür geeignet", sagte Petya und Sunny nickte.
Als sich die Tür öffnete und sie eintraten, hörte das Getuschel auf. Es waren vierzehn junge Frauen und Männer in dem großen Trainingsraum versammelt, welcher mit Matten ausgelegt war. Schränke mit Trainingswaffen, Ausrüstung wie Pratzen und Schutzkleidung, sowie Dummies waren im hinteren Teil des Raumes drapiert, wo auch einige Bänke waren.
Kosma, der sich an den Rand gestellt hatte, schaute überrascht zu ihrem Ausbilder und dem Gast. Der Neuankömmling von gestern. In dem Trainingsaufzug konnte man sehen, dass er mehr als durchtrainiert war. Er hatte lange straffe Muskeln und kein Gramm Fett. Seine Haltung war völlig anders als die gestern.
„Versammelt euch", wies ihr Ausbilder sie an. Andrzej – ihr eigentliche Kampftrainer – war verletzt und Petya war eingesprungen. Wer der Fremde war, wussten sie jedoch nicht. Allerdings sah Kosma Wiktors dunkle Blicke.
„Ich habe einen Freund mitgebracht, der uns aushilft, bis Andrzej wiederkommt. Er ist einer der besten Reaper und ein Fachmann auf dem Gebiet."
Ein Schnaufen entkam Wiktor.
Sunny schaute zu diesem, dann lachte er. „Da bist du ja wieder, kleiner Angeber. Wie geht's deiner Hand?", fragte dieser mit belustigter Stimme. Jeder wusste, dass er sich über Wiktor lustig machte.
„Ist er wirklich so gut?", fragte Wiktor seinen Ausbilder.
„Wir haben zwei Jahre zusammengearbeitet und er ist momentan in Amerika im Einsatz. Stell dich vor", sagte Petya, ignorierte den Kommentar. Bitte Sunny, ignorier...
„Mein Name ist Sunny. Freut mich", sagte dieser. Glück gehabt. „Und ja, ich bin so gut. Schön, dass du sicher gehen wolltest, dass deine Ausbildung auch in den richtigen Händen liegt."
Oh nein. Petya wusste, wo das hin verlief. Sunny war ein Meister im Provozieren. „Wie dem auch sei, wir beginnen damit, eure aktuellen Kampffertigkeiten einzustufen", erklärte Petya.
Sunny klatschte in die Hände. „Gut, dann stellt euch auf. Einer nach dem anderen, greift mich an. Keine Zurückhaltung notwendig."
Petya nickte nur und setzte sich an den Rand auf eine Bank.
Sollte unser Ausbilder nicht etwas besorgt sein?, fragte sich Kosma. Er wusste, dass Wiktor alles hineinlegen würde und schmutzige Tricks anwenden würde. Vor ihm waren drei andere dran und Kosma musste erstaunt feststellen, dass keiner, aber auch keiner, den Reaper traf. Was zum Teufel? Wusste dieser, welcher Angriff kam?
Milyena war die Erste, die ihn zu fassen bekam, doch im nächsten Moment lag sie auf dem Rücken. „Nicht schlecht, doch du hast gezögert. Fester Stand und handeln, ohne nachzudenken", sagte Sunny.
Dann war Wiktor dran. Man konnte tatsächlich spüren, wie dieser sich zum Sprung bereit machte.
Sunny schaute unbeeindruckt zu dem Depp, der sich für eine große Nummer hielt. Wenn er so angreift, wie gestern, dann wird das schnell zu Ende sein. Der junge Mann machte sich bereit, während Sunny lässig stand, auf den Angriff wartete.
Er musste zugeben, dass er schnell war. Mit flinken Bewegungen schlug er die Fauststöße beiseite, wich den Tritten aus, die ordentlich Wumms hatten. Bei einem Rogue bis Stufe 2 würde er gut durchkommen. Doch leider hatte dieser eine Schwäche, die bald deutlich wurde. Sunny packte die Faust, die er nicht schnell genug zurückzog, schlug auf dessen Ellenbogen und nahm ihn in einen Armstreckhebel, sodass dieser flach auf dem Bauch landete. „Gute Technik, aber du nutzt zu viel Kraft, machst unnötige Bewegungen und zu viel auf einmal. Dadurch ermüdest du zu schnell und wirst langsamer. Wenn mehr als zwei Rogues kommen, wirst du ein Problem haben."
Petya war beeindruckt über die sachliche Rückmeldung, die Sunny von sich gab. Sein Freund nahm das Ganze ernst und er stimmte mit jeder Anmerkung überein.
Wut staute sich in Wiktor auf, als er auf die Beine kam. Er hatte keinen Treffer gelandet. Dieser Zwerg hatte ihn mit einer einfachen Bewegung auf den Boden gezwungen, hatte ihn erneut erniedrigt.
Kosma wollte gerade vortreten, als er etwas sah, womit keiner gerechnet hatte. Wiktor drehte sich um. Schlug mit der Faust nach dem ausländischen Reaper, als dieser mit dem Rücken zu ihm stand. Es verlief wie in Zeitlupe. Dieser riss seinen Körper zur Seite, sodass er am Arm gestreift wurde, rollte sich ab. Wie hat er das gesehen?
In diesem Moment überkam Sunny eine Wut und jeder konnte es spüren. Blitzschnell schoss Sunny nach vorne, schlug dem Anwärter auf den Solarplexus, sodass dieser keuchte und sich nach vorne beugte. Mit eine Ruck führte er einen Hüftwurf durch, sodass dieser mit dem Rücken auf dem Boden aufschlug und die Luft aus seiner Lunge gepresst wurde.
Wiktor keuchte, dann spürte er, wie sich ein Unterarm um seine Kehle schlang und zudrückte. Mit einem Mal war ihm die Luftzufuhr abgeschnitten, er konnte kaum atmen. Er klopfte ab, doch es hörte nicht auf. „Wieso soll ich mich an eine Regel halten, wenn du es nicht tust?", erklang eine kalte Stimme. Panik stieg in Wiktor auf, dann löste sich der Druck mit einem Mal und er lag keuchend am Boden.
Hustend schaute er nach oben in eiskalte Augen. „Glaub mir, ich bin hunderten wie dir begegnet, doch lass dir eines gesagt sein. Wenn du so etwas noch einmal abziehst, werde ich dafür sorgen, dass dein Arsch in hohem Bogen über das Tor fliegt, denn ein Kameradenschwein, das die eigenen Leute angreift, braucht die Gilde nicht. Ich bin nicht dein Feind und glaube mir, das willst du auch nicht. Das nächste Mal wird dir Petya nicht den Arsch retten. Haben wir uns verstanden?"
Das war's, er wendete den Blick ab und beachtete ihn nicht weiter. Petya stand hinter Sunny, seine Hand lag an dessen Rücken. Wortlos drehte sich dieser und setzte sich wieder. Kein Wort, um Sunshines Aktion zu verurteilen.
„Das hier ist keine Spaßveranstaltung. Ich verschwende nicht meine Zeit damit, Idioten zu belehren, wenn Rogues hier unschuldige Leben abschlachten", sagte Sunny mit kaltem Gesicht. Dann schaute er zu Kosma und winkte ihn herbei. Wiktor hatte sich an den Rand gesetzt.
„Denk nicht einmal daran, dich über ihn zu beschweren. Du hast es selbst zu verantworten, wenn du dich mit dem Grim Reaper anlegst. Dabei hat er nicht einmal ernst gemacht", sagte sein Ausbilder, ohne ihn anzuschauen. Dem Grim Reaper. Wiktors Blick wanderte wieder zu dem grauhaarigen Amerikaner. Das sollte der Grim Reaper sein? Der beste Reaper, den es je gegeben hatte? Er hatte unzählige Geschichten über ihn gehört.
Sunny gab jedem Anweisungen, woraufhin die Anwärter daran arbeiteten. „Haben Sie ebenfalls ein so strenges Training durchlaufen?", fragte Kosma Sunny, als sein Partner Pause machte.
Sunny lachte leise. „Du meinst das von vorher? Das war ein liebes Streicheln. Mein Meister wäre nicht so nett gewesen", erwiderte dieser. Kosma schaute ihn nur schweigend an. Nett?
Nach einer Korrektur lief der Reaper zu dem Idioten, der hoffentlich seine Lektion gelernt hatte. „Geh nicht ins Hohlkreuz. Mach einen leichten Schritt zur Seite, dann bleibst du im stabilen Stand."
Wiktor biss die Zähne zusammen, befolgte den Rat jedoch. Es funktioniert? Er war schneller aus dem Angriff und stand stabil. Überrascht schaute er dem Grauhaarigen nach, der schon beim nächsten Paar war.
Als die Anwärter eine Pause machten, stellte sich Sunny in die Mitte, ließ die Arme kreisen. „Willst du eigentlich noch eine Revanche, Petchen?", fragte dieser und machte eine elegante Verbeugung.
„Ich reiß' dir den Arsch auf, Sonnenschein", erwiderte Petya lachend und die Schüler schauten nur überrascht zu diesem, denn das Grinsen irritierte ihn. Sunny warf ihm einen Kuss zu.
„Sorry, Pet, an diesen Arsch darf nur einer." Allgemeine Verwirrung herrschte, doch als ihr Ausbilder sich dem Amerikaner gegenüberstellte, schauten alle gebannt zu.
Sunny klatschte in die Hände. „Mal schauen, ob du etwas dazugelernt hast, alter Mann."
Petya lächelte nur, nahm Kampfposition ein. „Der übliche Einsatz?" Sunny nickte nur, doch im nächsten Moment schoss Petya nach vorne.
Sunshine wich einem angetäuschten Fauststoß aus und wehrte den versteckten Angriff auf seine Rippen ab. Sofort setzte sein Freund einen Kick hinterher, doch elegant wie eh und je sprang Sunny nach hinten, um sofort nach vorne zu stürzen. Sein Haken wurde abgelenkt und er wurde am Handgelenk gepackt. Sofort drehte sich Sunny und sein Ellenbogen rauschte auf das Gesicht seines Freundes zu.
Petya musste nach hinten springen, sodass der Ellenbogen an ihm vorbeirauschte. Leider musste er auch Sunny loslassen, sodass dieser ihn mit einem Tritt in den Bauch erwischte. Er fing die Wucht ab, indem er in eine Rückwärtsrolle überging. Sein Freund schnalzte und winkte ihn herbei.
Die Schüler konnten es nicht fassen. Der Amerikaner war ein Monster und ihr Ausbilder ebenfalls. Doch das Monster war stärker, nutzte den einen Fehler, den ihr Ausbilder machte. Bei einer Bewegung riss die Maske und flog fort. Für einen Moment waren alle gebannt, denn sie hatten nicht mit Sunshines Gesicht gerechnet. Kosmas Herz schlug einen Moment schneller. Er ist... schön. Er hatte nie einen Mann als schön bezeichnet, doch dieser war es.
Als Petya in einem Klammergriff von Sunnys Beinen war, klopfte er ab. Er war nicht dumm, er wusste, wenn er verloren hatte. Sunshine löste diesen und half ihm auf. „Du bist verdammt gut geworden, Pet. Hat Spaß gemacht", sagte dieser mit einem Lächeln, das bei einigen Herzklopfen verursachte.
„Und du bist nach wie vor ein Monster. Wer hat dich trainiert?", fragte Petya.
„Der Teufel persönlich", erwiderte sein Freund und zwinkerte. Petya lachte nur und klopfte ihm auf die Schulter. Dann drehte sich Sunny zu den Anwärtern. „Genug Pause gemacht, weiter geht's."
„Ausbilder Petya, wie alt ist unser Gasttrainer?", fragte Kosma neugierig.
Dieser überlegte. „Ich glaube fünfundzwanzig."
Alle starrten zu ihrem Ausbilder. Wie bitte? Währenddessen hatte Sunny seine Maske geknotet und wieder aufgesetzt. Das ist ein Scherz.
„Sind Sie vergeben?", fragte Alicja mit einem verführerischen Lächeln.
Überrascht schaute Sunny die junge Frau an. „Jap. Glücklich verheiratet mit dem schärfsten Mann, der je erschaffen wurde", gab dieser zurück und lief weiter. Mit offenem Mund schaute sie ihrem Trainer nach.
Am Abend stießen Petya und Sunny an. Sein Freund spendierte ihm eine Portion Fasolka po bretonsku - ein Eintopf mit weißen Bohnen, Würstchen und Speck. Damit löste er seinen Schulden von dem Kampf ein.
„Sun, du solltest keinen Besuch auf deinem Zimmer haben. Wenn jemand es herausfindet, könntest du Ärger bekommen", schnitt Petya das unangenehme Thema an.
Sunny schaute auf, in den Augen stand jedoch Schalk. „Ist da jemand eifersüchtig? Für was habe ich einen scharfen Gefährten, wenn er mir keine gute Zeit beschert?"
Wie kann er so etwas sagen, ohne rot zu werden?
„Dann sollte er sich etwas zurückhalten und seine Zeichen an Orten platzieren, an denen du sie verstecken kannst. Die Gerüchte, die bereits im Umlauf sind, kann man nicht mehr ändern", sagte Petya und trank einen Schluck.
Sunny schlürfte in Ruhe seine Suppe, dann schaute er seinen Freund ernst an. „Pet. Ich werde meinen Mann nicht verstecken. Mir ist völlig egal, was andere denken." Kein Versteckspiel. „Außerdem werden wir morgen Sightseeing gehen."
Petya seufzte. Sunny warf einen Blick auf die Uhr. „Ich muss los. Er wartet auf mich. Bis morgen Mittag." Er schaute seinem Freund nach. Er versteckt weder, dass er mit einem Dämon zusammen ist, noch dass es ein Mann ist.
Gut gelaunt betrat Sunny kurz darauf sein Zimmer. Der Geruch von Sauerkirschen begrüßte ihn und er sah seinen Gefährten auf dem Bett liegen. Lucifer schaute ihn an, glühende Augen. Sunny legte den Kopf schief, dann begann er sich zu entkleiden. Ohne Kleidung stieg er ins Bett setzte sich direkt auf seinen Dämon.
„Ist das meine Begrüßung, Soare?", erklang dessen rauchige Stimme.
Ein verspieltes Lächeln trat auf Sunnys Lippen. „Wir wissen beide, wie es endet. Warum dann Zeit verschwenden?" Warme Arme umschlangen ihn und der Dämon drehte sie, begrub Sunny unter sich.
„Bist du etwas erwachsen geworden?"
„Nicht in tausend Jahren, Sternchen", erwiderte Sunny.
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Eine lehrreiche Stunde ist zu Ende.
Was haltet ihr von Sunnys Reaktion auf Wiktor?
Wie wird das Sightseeing ablaufen?
Welche Überraschungen hat Sunny für die Anwärter noch in petto?
Eure Mausegöttin
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