Kapitel 18
Sunny schnürte noch einmal das feste Schuhwerk, welches Jo ihm aus seiner Wohnung mitgebracht hatte. Mit schwarzer Funktionskleidung und seiner Maske bewaffnet, war er bereit. Er zeigte einen Daumen hoch zu seinem besten Freund, der nur den Kopf schüttelte. Dann brachen sie auf. Sie reisten vor die Höhle und passierten die Wache am Eingang.
„Wahnsinn. Das ist wie im Film. Ich wette, einer von uns löst irgendeinen geheimen Mechanismus aus, sodass sich eine Falltür öffnet oder sich der Eingang verschließt und man gefangen ist. Nur mithilfe eines scharfen Verstandes können wir dann wieder entkommen", sagte Sunny mit strahlenden Augen.
Ist er vollständig dem Wahnsinn erlegen? Lucifer schaute zu Jo und dieser schüttelte ebenfalls den Kopf.
Gemeinsam wurden sie von einem Dämon durch die Gänge geführt und dieser erklärte ihnen das Tunnelsystem. Sunny hörte nicht zu, sondern lief ziellos links und rechts. „Wo ist die riesige Kammer mit den vielen Stalaktiten?", fragte er aus dem Nichts.
Der Dämon, der sie umherführte, schaute ihn fragend an. „So etwas gibt es hier nicht, Amantă."
Sunny lachte nur. „Natürlich gibt es das." Mehr sagte er nicht. Nachdem er sich satt gesehen hatte, blieben sie stehen, während der Dämon sie verließ.
„Wir haben alles durchgeschaut. Es scheint keine Kammer zu geben", sagte Eligos. Sunny hatte sich also geirrt.
Der Reaper rieb mit dem Schuh über den Boden und zerteilte den Sand, dann ging er in die Knie und begann etwas in den Sand zu zeichnen. Als sie neben Sunny traten, musste Jo ein Lachen unterdrücken. Es war ein Herz mit Lucifers und Sunnys Namen. „So fertig." Er stand auf. „Wollen wir nun auf Schatzsuche gehen?"
„Soare, wir haben alles angeschaut und ich habe keine besondere Resonanz empfangen", sagte Lucifer. Er hatte mit seiner Magie die Wände abgetastet, doch ihm war nichts aufgefallen.
Sein Gefährte legte den Kopf schief, zog ihn zu sich und drückte ihn einen Kuss auf die Lippen. Daraufhin spürte er das vertraute Kribbeln. „Nana, Kirschtörtchen. Wir verderben diesem Reaper nicht dem Spaß." Dann leckte Sunny noch einmal über die heißen Lippen des Dämons.
„Nehmt euch ein Zimmer", sagte Jo.
Sunny ließ die Schulter kreisen und zog die Maske nach unten, dann atmete er tief ein. Er schloss die Augen und streckte seine Hand nach vorne. Alle drei schauten zu Sunny, warteten ab. Hab ihn. Ein goldener Faden wickelte sich um seine Hand.
Pfeifend lief er einfach zurück, wie eine betrunkene Hummel. Es machte den Anschein, als wüsste Sunny nicht, wo er hinlief, weil er immer wieder die Richtung änderte. Sie gingen weiter, bis er in einer Sackgasse landete.
„Sunshine", begann Lucifer, doch Sunny hob die Hand und bedeutete ihm, ruhig zu sein.
Hört er etwas, was wir nicht hören? Jo, war sich unsicher.
„Hört ihr das?", fragte Sunny und sie schüttelten den Kopf. Ein Grinsen trat auf sein Gesicht. „Das ist der Klang eines glorreichen Auftritts des charmantesten Reapers der Hölle." Dann schlug er die Hände zusammen. „Time to brutzel."
Sunnys Faust begann sich mit Blitzen zu überziehen. „Sesam öffne dich, hex hex." Dann schlug er diese einfach neben sich in die Wand. Die Wand begann zu erzittern und das Gestein flog in alle Richtungen. Alle standen vor dem Loch, das Sunny produziert hatte. Und jetzt? Es war ein Loch in der Wand.
Sunny legte den Kopf schief. „Dann hab' ich wohl nicht getroffen. So ein Scheiß aber auch, der ganze Auftritt am Arsch."
Jo trat nach vorne. „Sunny, lass uns-"
Erneut flog die leuchtende Hand gegen die Wand und diese erzitterte. Dieses Mal geschah jedoch etwas Seltsames. Zahlreiche Risse wanderten über die Wand, dann begannen ganze Teile einfach abzufallen und eine Vertiefung kam zum Vorschein. Leicht schüttelte Sunny die Hand aus. „Wieso nicht gleich so?"
Eligos und Lucifer starrten auf die Vertiefung, die wie ein Torbogen aussah. Die Fläche von diesem war glatt und zahlreiche Muster waren darauf eingemeißelt. Mittig war ein magischer Zirkel eingraviert. Wie konnten sie das übersehen haben? Sie hätten den Hohlraum spüren müssen, doch das hatten sie nicht. Nun war die Frage: wie hatte Sunny diesen gefunden? Der Reaper war aber momentan damit beschäftigt, sich den Staub abzuklopfen.
„Wollt ihr es öffnen oder soll ich?", fragte er nebenbei.
Eligos trat nach vorne und legte eine Hand an den Zirkel, zumindest versuchte er es. Seltsam. „Ich kann ihn nicht berühren." Seine Hand schwebte wenige Millimeter vor der Wand, doch eine Barriere hielt ihn davon ab, Kontakt aufzunehmen. Neben ihn trat Lucifer, doch das Ergebnis war dasselbe. Auch Jo konnte sie nicht berühren.
„Wirklich? Ihr seid ein Haufen Eier. Wofür habe ich euch eigentlich mitgenommen, wenn ich die ganze Arbeit machen muss?" Er trat nach vorne und legte seine Hand an den Zirkel. Als das kalte Gestein auf seine Haut traf, spürte er eine Resonanz, die durch seinen Körper wanderte. Es war, als würde ihm die Magie aus dem Körper gesaugt werden.
Der Zirkel begann zu leuchten, dann drehte sich das Gebilde unter seiner Hand, bis es einrastete. Die Wände zogen sich zu den Seiten zurück und gaben den Durchgang frei.
Sunny blieb stehen, sagte nichts, dann zitterte er leicht. Lucifer trat zu seinem Gefährten und legte die Hand an ihn. „Ist alles in Ordnung, Soare?"
„I-Ich... ich glaube ich heule gleich. Das ist so verdammt cool. Das ist besser als jedes Rätsel in Tomb Raider und ich fühle mich gerade, als würde ich Indiana Jones den Mittelfinger zeigen. Dieser epische Moment ist einfach... zu... du weißt, was ich meine. Hoffentlich kommen irgendwelche versteckte Fallen, das wäre einfach nur der Hammer." In dem Gesicht des Reapers stand bodenlose Begeisterung.
Drei absolut verständnislose Gesichter schauten zu ihm. Zwei, weil sie nicht verstanden, wovon er redete, das dritte, weil er nur einen Gedanken hatte: Bitte lass es keine versteckten Fallen geben, nur damit Sunny glücklich ist. Ich will lebend nach Hause.
„Ich werde vorgehen", sagte Eligos. Sunny würde sich wahrscheinlich vor lauter Freude einfach von irgendwelchen Fallen aufspießen lassen. Lucifer nickte nur. Er nahm seinen Gefährten zwischen sich und Eligos, um ihn zur Sicherheit zu sich ziehen zu können.
Alles klar, mein Leben ist also egal. Danke Dämon, ich werde dich daran erinnern, wenn du das nächste Mal mit Hundeaugen neben mir liegst, dachte Jo und folgte den Dreien.
Eligos' Augen wanderten aufmerksam in alle Richtungen, während sie eine große Höhle betraten, von der zahlreiche Stalaktiten von der Decke hingen und Edelsteine in den Wänden glitzerten. Von einigen Stalaktiten tropfte Wasser nach unten. Das muss die Höhle sein, von der Sunny gesprochen hat.
„Ähm, Eligos."
„Was, Sunshine?"
Uh.. der Vorname. Wieso ist Elisa so angepisst? „Du läufst in die falsche Richtung, wir müssen nach links. Nein, das andere links." Eligos nickte nur und bog ab. Wenn sich Sunny nicht irrte, liefen sie gerade den Weg rückwärts, den er im Traum gegangen war. Die Wand, vor der er gehalten hatte, war der Durchgang gewesen. Nun stellte sich die Frage, was war hinter ihm gewesen? So ein Schwachsinn, wieso träume ich von dem Rückweg?
Eligos blieb vor einer großen Einbuchtung stehen und die anderen taten es ihm gleich. Dort war eine große quaderförmige Säule zu sehen, welche auf Brusthöhe endete. In diese waren ebenfalls zahlreiche Muster eingemeißelt und auf deren Spitze thronte ein faustgroßer Saphir.
„Ich stelle mal wilde Vermutungen an, aber ich glaube wir sind am Ziel", sagte Sunny und begann an seinen Haaren zu spielen. Menno, noch keine Fallen.
Eligos nickte und streckte die Hand nach dem Edelstein aus, welcher ihr Ziel war.
„Das würde ich nicht tun, Elisa", sagte Sunny und sofort hielt Eligos inne. Er schaute zu Sunny.
„Was wird geschehen, wenn ich ihn an mich nehme?", fragte er. Was hatte Sunny in dem Traum gesehen?
„Keine Ahnung. Ich würde mal tippen, dass die Höhle dramatisch zusammenstürzt und uns begräbt. Vielleicht schießen auch Speere hervor oder wir werden in Mäuse verwandelt. Es gibt unzählige Dinge, die passieren könnten – kommt auf den an, der das Teil entworfen hat."
Lucifer schaute seinen Gefährten an. „Rätst du gerade einfach?"
Sunny lächelte. „Natürlich, was sonst?"
Daraufhin schüttelte der Dämon den Kopf. „Honey, ich würde das Steinchen da wirklich lassen", sagte Sunny erneut.
„Sunshine, wir brauchen ihn", erwiderte Lucifer. Sie hatten keine Wahl, sie mussten ihn mitnehmen und untersuchen.
„Warum, willst du dir eine neue Halskette basteln?", fragte Sunny mit einem fragenden Blick.
Jo schaltete sich ein. „Sun, wenn wir den nächsten Hinweis wollen, müssen wir ihn mitnehmen. Moment. Sunny, bitte führe das mit der Halskette aus." Er konnte den Gedankenprozess in Sunnys Kopf nicht verstehen, doch dieser Satz war nicht aus Spaß aus seinem Mund gekommen.
Sunny legte den Kopf schief und zeigte auf die Säule, doch etwas tiefer, nicht auf den Saphir. „Der Gegenstand, den wir suchen, ist nicht dieser Klunker, sondern die Scheibe da unten. Das da oben ist nur Deko, wenn auch schöne Deko. Man kann sicherlich viel damit machen, wenn man lustig ist."
Nun verstanden sie. Lucifer trat an die Säule, ging auf die Knie. Vor ihnen war eine Scheibe in die Säule gemeißelt, die er zunächst für eine Verzierung gehalten hatte. Nun, da er genauer hinschaute, konnte er sehen, dass sie nur eingesetzt war. Er drückte in den Kreis in der Mitte, woraufhin diese sich mit einem Klacken löste und er hielt eine ringförmige Scheibe mit einem kreisförmigen Loch in der Mitte in der Hand. Daraufhin wickelte er sie in ein Stück Stoff und schob sie in eine Tasche.
„Können wir den Klunker nehmen und schauen, ob was passiert?", fragte Sunny.
Die drei schauten ihn an. „Wir gehen", sagte Lucifer.
„Ach komm schon, Comoară. Nur mal schauen", fragte Sunny und machte große Augen. Lucifer ignorierte das, schloss seine Hand um den Unterarm seines Gefährten und zog ihn mit sich, bevor er Unsinn anstellen konnte.
Enttäuscht verließ Sunny die Kammer. Keine Fallen, keine Löcher im Boden, keine einstürzenden Decken. Ich bin im falschen Roman gelandet.
Gemeinsam traten sie im Beschwörungszimmer aus dem Zirkel.
„Gut, wie machen wir's? Fass ich das Ding an und zieh meine Orakelshow ab oder geht ihr erst aus dem Raum?", fragte Sunny mit verschränkten Armen.
Lucifer schaute zu seinem Liebsten. „Du wirst keinen Kontakt damit haben, bis wir es untersucht haben."
Buh. Er ist ein solcher Spielverderber. Das gefiel ihm nicht, doch er wusste, dass Lucifer nicht mit sich reden ließ. Ich schleich mich einfach wie das letzte Mal rein. Vielleicht sollte er sich eine Ablenkung einfallen lassen, falls Lucifer ihn nicht aus den Augen ließ. Das ist es. Er schlug mit der Faust auf seine Handfläche und Jo zuckte vor Schreck zusammen.
Jo konnte an dem Blick in Sunnys Gesicht erkennen, dass dieser gerade eine Idee hatte, auf die er sicherlich keine Lust hatte. Unauffällig schnappte er sich seinen Dämon und verließ das Zimmer, bevor Sunny aus seiner Gedankenwelt zurückkam.
Als Sunny sich drehte, um Jo von seiner Idee zu berichten, sah er, dass dieser weg war. Wann ist er gegangen? Dann schnapp ich ihn mir morgen. Ein böses Lächeln lag auf seinen Lippen. Jetzt ein Schläfchen auf die getane Arbeit.
Am Abend lag Sunny an Lucifers Brust. Wie kann jemand so bequem sein? Er rieb sein Gesicht an der warmen Haut und atmete dessen Duft ein. „Wieso hältst du mich von dem Artefakt fern?"
„Solange wir dessen Ursprung und Zweck nicht kennen, ist es zu gefährlich. Wir wissen nicht, was es mit deinem Körper macht." Vor allem, dass nur Sunny imstande war, diese zu finden, machte ihm Sorgen. Was hatte Sunny, was er oder Jo nicht hatten? Als er einen Blick auf den nackten Rücken seines Gefährten war, sah er, dass das Mal noch etwas gewachsen war.
Sein Liebster schien das Ganze als Spiel zu sehen – als Abenteuer – doch das war es nicht. Sie wussten nicht, was mit Sunshine passierte, was mit seinem Körper geschah und welchem Zweck die Artefakte dienten. Dass die Engel ihre Finger im Spiel hatten, beunruhigte ihn – vor allem, da er von diesen noch nie gehört hatte.
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Das zweite Artefakt wurde gefunden.
Wird Sunny wirklich unauffällig dieses suchen?
Was wollte er mit Jo machen?
Eure Mausegöttin
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