Kapitel 1
Ein Lächeln trat auf Lucifers Gesicht. Er betrachtete den jungen Mann, der es sich auf seiner Brust gemütlich gemacht hatte. Das Licht schien auf das aschgraue Haar seines Gefährten, sodass die Strähnen in unterschiedlichen Grautönen leuchteten. Aus diesem stand ein spitzes Ohr hervor, welches seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Mit den Fingern fuhr er über die weiche Wange nach oben, in Richtung der Ohrmuschel.
„Wenn du mich ärgerst, beiß ich dich", hörte er ein müdes Murmeln. Das Kribbeln auf seiner Brust nahm zu, als sein kleiner Teufel ihm weiter Magie entzog. Er nährte sich von ihm, denn die Wandlung, die er durchschritt, war langwierig und kräftezehrend. Jede Zelle in Sunshines Körper durchschritt die Wandlung von Mensch zu Dämon. Ein Wesen, das die Spezies wechselte. So etwas hatte es noch nie gegeben.
Der Prozess würde laut Kaley noch mindestens ein Jahr dauern. In dieser Zeit musste Sunny nahe bei ihm sein, denn er lieferte ihm die Energie, die dazu nötig war. Sollte er zu lange von ihm getrennt sein, würde sein Körper in einen schlafähnlichen Zustand fallen, wie eine Raupe, die sich verpuppte, um zu einem Schmetterling zu werden.
Lucifer war im Himmel geflogen, hatte als Erzengel für Gott gekämpft. Dann war er gefallen, verurteilt von Abaddon, dem von Kālō korrumpierten Engel, der alles getan hatte, damit diese aus ihrem Gefängnis entkam. Abaddon hatte an Menschen, welche ein dämonisches Elternteil und damit eine tote DNA-Sequenz besaßen, Experimente durchgeführt. An Kindern. Alle waren gestorben, nur eines hatte überlebt. Um zu überleben, hatte der Körper dieses Kindes das Dämonenblut angenommen und die DNA-Sequenz aktiviert. Es hatte begonnen die Spezies zu wechseln. In diesem Prozess hatte es aufgrund weiterer Experimente Fähigkeiten entwickelt, welche sogar die vieler Dämonen übertrafen.
Dieses Kind war jedoch nach einem Jahrzehnt gestorben, so zumindest die Aufzeichnungen. Abaddon war am Boden zerstört gewesen, denn die einzige Chance, ein Gefäß für Kālō zu erschaffen, war dahin. Nur war es ein Fehler. Das Kind war nicht gestorben, ein Reaper hatte es gerettet und ausgebildet. Es wurde zum besten Reaper, den es je gegeben hatte – erhielt den Namen Grim Reaper. Der Name drang bis in die letzten Ecken der Hölle, wurde mit Ehrfurcht geflüstert.
Der Grim Reaper war in die Hölle gekommen und hatte das getan, was niemand hätte ahnen können. Er hatte Lucifer unterworfen und das mit nichts weiter als den Worten, die er niemals zu hören geglaubt hatte.
„Du hast Angst, weil ich es sehe. Weil ich tief hinter deine Mauern dringe, alle deine Geheimnisse und Makel sehe, die du zu verbergen versuchst. Weil ich dir die nackte, ungeschönte Wahrheit aufzeige und die absolute Schwachstelle von dir bin. Weil ich jeden deiner Fehler kenne und dich so sehe, wie du bist. Doch am schlimmsten ist, dass ich der Einzige bin, der bereit ist, für dich zu sterben – einfach nur, weil du bist, wer du bist und das macht dir Angst."
Die Hand fuhr zu den Lippen seines Dämons. „Doch weißt du was, es ist mir egal. Es ist mir egal, ob tausende Dämonen mich jagen, eine Göttin mich als Gefäß will oder die Gilde mich sezieren wird. All das ist unwichtig, denn egal wer versucht, mich von dir fernzuhalten, er wird scheitern. Ich werde immer wieder in dein Leben treten und es über den Haufen werfen. Ich werde immer wieder in deine Arme zurückkehren, denn das ist meine Aufgabe als deine Nemesis."
Mit einem Lächeln fuhr Lucifer durch die aschgrauen Haare. Seine Nemesis hatte ihn in jeglicher Hinsicht unterworfen. Er hatte Sunny sein Herz, seinen Körper und seine Seele geschenkt, doch im Gegenzug hatte er so viel mehr erhalten.
Jeden Morgen neben dir aufzuwachen, ist das schönste Geschenk, welches das Schicksal mir hat machen können. Und er würde ihn nicht mehr gehen lassen. Sunny war seine Nemesis, sein Gefährte, seine Königin und nun würde die Hölle es erfahren. Die Hölle hatte eine Königin erhalten und eines war sicher, Sunny würde sie verändern. Ich kann es kaum erwarten.
Ein Knurren erklang. Der Kopf drehte sich und die Augen flatterten. Vollständig schwarze Augen mit einer silbernen Iris blickten in die goldenen Augen von Lucifer. „Du kannst es nicht lassen, oder?" Sunnys Ohren waren empfindlich und sein Dämon hatte nichts Besseres zu tun, als ihn am Morgen zu ärgern.
„Nein, denn du bist so bezaubernd, dass ich niemals die Finger von dir lassen können werde, Soare", erwiderte er mit einer tiefen Stimme, die mehr als nur eine heiße Nacht versprach.
„Das war verdammt schnulzig. Hast du zu viel Rosamunde Pilcher geschaut?", murmelte der Reaper. Dann machte er lustige Bewegungen, die der gefallene Engel neugierig mitansah.
„Was machst du da?"
Sunny zog die Knie etwas an, krallte sich mit den Händen in die Bettdecke, um sich etwas nach oben zu ziehen. Zu anstrengend. Millimeter für Millimeter robbte er nach oben, bis er endlich am Kinn seines Gefährten angekommen war. Das war genügend Sport für heute Morgen.
Fragend schaute Lucifer zu seinem Liebsten. Dieser hob mit einem letzten Anstrengungslaut den Kopf und ließ ihn nach vorne kippen, sodass seine Lippen auf die von Lucifer landeten. Die Berührung war sanft und sinnlich. Sanft begann er an diesen Lippen zu knabbern, fuhr mit seiner Zunge über sie. Lucifer ließ ihn ein, begrüßte ihn. Mit langsamen und liebevollen Berührungen, streichelte Sunny die Zunge seines Gefährten, der dies erwiderte.
Lucifers Herz schlug etwas schneller und ein warmes Gefühl breitete sich in seiner Brust aus. Liebe. Dieser Begriff war für ihn fremd gewesen, doch nun konnte er es spüren. Es waren kleine Gesten wie diese, die diesen Begriff fassbar machten.
Als sich Sunny von ihm löste und mit einem verschlafenen Lächeln anlächelte, wurde das Gefühl stärker. „Ich muss nun aufstehen", sagte der Dämon, doch Sunny ignorierte das und machte es sich wieder auf seiner Brust gemütlich. „Sunshine, ich meine es ernst. Ich bin der König der Hölle, ich kann nicht bis mittags im Bett liegen."
Ein Murren war eine Antwort. „Doch kannst du. Befehl der Königin."
Ein Lächeln trat auf Lucifers Gesicht – etwas, das er erst seit seiner Begegnung mit Sunny regelmäßig tat. Er schloss die Arme um den Mann auf sich, dann drehte er sie, sodass seine Nemesis unter ihm lag. Sein Blick wanderte von dessen feinen Gesichtszügen über den Hals zu dessen Brust. Auf dieser stand direkt über dem Herzen sein Name – ihr Bindungsmal. Mit den Augen fuhr er Sunnys Stammesmale nach, die sich über dessen Oberarme und Bauch zogen. Es war, als wäre er für ihn geschaffen worden. Dieser Verführung hätte er nicht in tausend Jahren widerstehen können.
Sunny war müde und blinzelte. Zu früh. Doch er hatte noch Hunger, also griff er in die obsidianschwarzen Haare seines Gefährten und zog ihn an seine Lippen. Seine Magiesaugfähigkeit setzte ein und dieses Mal nahm er keine kleine Menge auf, denn das Brennen in seinem Bauch verkündete, dass seine Batterien dringend aufgeladen werden mussten.
„Wenn du mich verführst, werde ich mich nicht zurückhalten, Soare", grollte Lucifer, als sich sein Reaper von ihm löste. Ein versautes Grinsen erschien auf Sunnys Gesicht und der Dämon wusste, dass sein Gefährte nicht mehr bei ihm war.
Oh ja, Dirty Housewifes Teil 3 wird einschlagen wie eine Bombe. Vielleicht sollte ich wirklich den Trick mit der Schürze und nichts drunter ausprobieren. Mich würde brennend Lucifers Reaktion interessieren. Weitere Pläne wurden geschmiedet. Ein Schnipsen holte ihn aus den Gedanken. Lucifer drückte ihm einen Kuss auf die Lippen und sagte: „Ich steh nun auf. Du hast noch eine Stunde, dann müsst ihr los."
Seufzend nickte Sunny und beobachtete, wie sein Dämon aus dem Bett stieg. Gott hat sich wirklich bei ihm ausgetobt. Wie kann es sein, dass er nicht einmal hässliche Füße hat? Ich meine, Männer haben immer hässliche Füße. Aber er? Neeeein, nichts da. Brav im Tonunterricht geformt. Habe ich eigentlich hässliche Füße? Er zog die Decke nach hinten und schaute zu diesen.
„Was machst du da?", fragte Lucifer belustigt, als er ein Oberteil anzog.
„Ich schau nach, ob ich hässliche Füße habe. Was denkst du?"
Lucifer schaute zu seinem Gefährten. Wirklich? Er beugte sich vor und biss in den großen Zeh, sodass Sunny zuckte. „Sie sind so bezaubernd wie der Rest von dir, Soare."
„Bah. Mach dich vom Acker du Perverser." Vielleicht sollte er sich das mit dem Zug nochmal überlegen. Seine Augen folgten dem gefallenen Engel, der den Raum verließ. „Eine Stunde. Zu wenig." Also drehte er sich noch einmal um und schlief ein.
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Eligos hatte an die Tür geklopft, doch wie zu erwarten, hatte sich niemand gemeldet. Oh Mann. Er wollte nicht hinein, denn es konnte nur schiefgehen, immerhin ging es um Sunny. Wer hätte gedacht, dass ein Mensch die Hölle einmal über den Haufen werfen würde? Doch er war nicht der einzige Mensch, der seine Welt erobert hatte. Rote Haare und grüne Augen kamen ihm in den Sinn. Weiche Haut und ein sinnlicher Geruch. Sein Herzschlag beschleunigte sich für einen Moment. Reiß dich zusammen. Er wollte nicht an ihn denken. Es war besser so.
Seine Hand legte sich an die Klinke und er öffnete die Tür. War zu erwarten. Ein grauer Schopf Haare schaute unter einer Bettdecke hervor. „Sunny, aufstehen. Wir wollen bald los", sagte er und lief zum Bett.
„Urlaub." Mehr hörte er nicht.
Eligos seufzte. „Eine Königin macht keinen Urlaub. Wir müssen heute die Garderobe für deinen Auftritt anfertigen lassen."
„Keine Lust", murmelte der Reaper.
Der Dämon verschränkte die Arme. „Wenn du nicht aufstehst, werde ich dafür sorgen, dass du eine Zeit lang nicht mehr in die Menschenwelt darfst. Das wird sich dann wohl negativ auf deinen Spielstand auswirken."
Sofort saß Sunny aufrecht im Bett. „Das wagst du nicht." Die Haare standen in alle Richtungen, doch der Ausdruck in dessen Augen war gruselig. Was auch immer du mir da an die Hand gegeben hast, Jo, es ist Gold wert. Er hatte keine Ahnung, was er gesagt hatte.
Beleidigt ließ sich Sunny nach vorne fallen und krabbelte zum Rand des Bettes. Ein Fuß wanderte über die Kante, dann drehte er sich umständlich um neunzig Grad, sodass der andere folgte. Muss Lucifer jeden Morgen dieses Theater mitansehen? Eligos musste zugeben, dass es Unterhaltungswert hatte. Wieso steht er nicht einfach normal auf? Wieso stellte er sich diese Frage überhaupt? Sunny war nicht normal. Punkt.
Irgendwie hatte Sunny es geschafft, aufzustehen. Dann zog er sich ein schwarzes Oberteil und die passende Hose an. „Gut, Eli, aber vorher gehen wir zum Friseur und Tätowierer", sagte Sunny und gähnte. Nach der Teilwandlung hatte er alle Tattoos verloren, da die Farbe aus seiner Haut getreten und verdampft war. Tattooentfernung auf Dämonenart. Die Narbe, die er von dem Stempel erhalten hatte, war nur noch blass erkennbar. Schade, immerhin hat er mir den halben Arm abgerissen. Ok, nicht melodramatisch werden, Sun.
Er hört mir nicht zu. Sunny war schon wieder fort. „Gut, dann lass uns gehen."
Sunny nickte nur und zog seine Maske auf. Zwar hatte er dank des Magieaustausches seinen Geruchssinn besser im Griff, doch er war es gewohnt und er nahm nach wie vor alle Gerüche von Dämonen wahr. Lässig lief er mit den Händen in der Hosentasche der rechten Hand des Königs der Hölle aka seinem Ehemann hinterher. Der goldene Ring an seinem Ringfinger war der unwiderrufliche Beweis dafür. Naja fast. Bisher waren sie nur verlobt, also die Hochzeit stand noch aus. Diese würde jedoch warten müssen, bis die Hölle sich an ihre neue Königin gewöhnt hatte. Schade, Steuersparen muss warten.
„Alles klärchen, Elisa, lass uns den Sunmaker aufhübschen."
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Ein gewöhnlicher Morgen in der Hölle beginnt.
Wie wird die Shoppingtour mit Eligos wohl ablaufen?
Was ist mit Auftritt gemeint?
Eure Mausegöttin
Anmerkung: Ich habe Ayin zu Kālō umbenannt.
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