
Kapitel 52
Sunny und Iriya traten gemeinsam aus dem Zirkel und der Trubel begrüßte ihn. Unzählige Stände, an denen Waren feilgeboten wurden, Verkäufer, die ihre Waren anpriesen und Künstler, die ihr Können zur Schau stellten.
Vor ihnen war ein Stand mit getöpferten Sachen, die mit Liebe handbemalt waren. Daneben gab es Gewürze, die herrlich dufteten. Ich werde noch einmal herkommen und dann jeden einzelnen anschauen, das schwor er sich. Doch nun hatte er ein anderes Ziel, von dem Iriya zu seinem Leidwesen nichts wusste. Langsam atmete er tief ein und vor seinen Augen leuchteten zahlreiche Fäden. Faden für Faden ging er sie durch, bis einer aus der Masse hervortrat. Ich wusste es.
„Was wollt ihr besorgen?", fragte Iriya, schaute zu Lucifers Gefährten.
„Ein Armband, weißt du, wo es Schmuck gibt?"
Der Dämon nickte und lief etwas vor Sunny, der diesem folgte. „Bleibt direkt hinter mir." Sie liefen durch die Massen, wobei Sunny Körperkontakt vermied. Iriya ging durch die Stände, bis er bei einem Schmuckverkäufer ankam. Er drehte sich um und sagte: „Hier ist-" Wo war Sunny? Panisch drehte er sich hin und her. Eiskalt lief es ihm den Rücken herunter – die Königin war verschwunden.
Sunny folgte währenddessen dem Faden und entschuldigte sich schon das hundertste Mal stumm bei Iriya. Ich werde mich beeilen. Die Spur führte ihn zu einer Dämonenbar, welche sich in einem Haus mit Holzbalken in den Wänden befand. Was mich wohl erwartet? Er war noch nie drinnen gewesen. Langsam drückte er gegen die Tür und sie öffnete sich nach innen.
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Sie saß an der Theke, nahm den Kelch und kostete. Der süß-scharfe Geschmack brannte auf ihrer Zunge und sie stieß einen genießerischen Laut aus. Diesen gab es nur hier und sie würde immer wiederkommen, denn das Rezept war ein Familiengeheimnis und in den letzten fünfhundert Jahren war sie gescheitert, es den Besitzern aus den Rippen zu leiern.
In der Ecke saßen drei Dämonen, die auf ihren Instrumenten musizierten und eine angenehme Atmosphäre schufen. Hier kamen zahlreiche Dämonen nach der Arbeit, um den Abend ausklingen zu lassen oder sich ausgiebig zu unterhalten. Da sie keine Lust auf Gesellschaft hatte, saß sie an einem Seitenplatz der großen Holzbar, die durch den ganzen Raum verlief. Drei Dämonen standen hinter dieser und mischten die Getränke für die Gäste, die an diese kamen, um sich zu setzen oder sie einfach nur abzuholen. Zahlreiche Tischgruppen waren in dem großen Raum und der Ebene darüber.
„Willst du noch einen?", fragte Klam, der Besitzer. Er war das Urgestein, der diese Bar leitete und liebte.
Sie lächelte nur und nickte, schob ihren Kelch nach vorne.
„Du hast wirklich einen guten Durst, mein Freund", erwiderte Klam.
Sie erwiderte nichts, denn ein längeres Gespräch würde sie stören. Einfach ungestört hier sitzen, mit niemandem reden, das war der Plan.
Das Verrücken des Stuhls neben ihr, welcher ein kratzendes Geräusch auf dem Boden machte, ärgerte sie – auch, dass sich jemand direkt neben sie setzte. Ich möchte hier in Ruhe meinen Drink genießen.
„Ich nehme dasselbe wie er", erklang die Stimme neben ihr und zeigte auf den Kelch, der vor ihr stand.
Sie erstarrte, sagte nichts. Sekunden vergingen. Langsam drehte sie das Gesicht, schaute zu ihrer linken Seite. Ein junger Mann mit aschgrauen Haaren und sturmgrauen Augen saß in einem Umhang gehüllt neben ihr. Langsam hob er den ihm zugeschobenen Kelch hoch und prostete ihr zu. Dann setzte er diesen an die Lippen und trank.
„Wow, nicht übel." Eine kurze Pause erfolgte. „Du hast doch nicht geglaubt, dass ich darauf hereinfalle, oder?", sagte der junge Mann neben ihr.
„Was meinst du?", erwiderte sie.
Ihr Nebensitzer nippte erneut am Kelch. „Bist du aus Spaß von Möpsen zu Schwänzen gewechselt, oder willst du nicht auffallen, indem du dich als Mann ausgibst? Wobei ich zugeben muss, dass dein Aussehen jetzt besser als deine Schlampengestalt ist."
Jedes Wort saß. Wie? Wie hat er mich erkennen können?
Sunny drehte sich zu dem Mann neben sich, welcher etwas größer als er war, dunkelblaue Haare und dunkle Haut hatte. Die Augen waren schwarz und er würde ihn als Mensch auf etwa Mitte dreißig schätzen. Leider gab es ein Detail, das keine Wandlung der Welt ändern konnte, und das war der Geruch nach vergorenen Rosenblättern. Einmal pink, immer pink. Und natürlich der pinke Faden, der zu diesem führte. Hab dich.
„Was willst du?", fragte Lilith.
Nachdenklich fuhr Sunny über den Rand des Kelchs. „Hmmm. Was könnte dieser kleine Mensch hier wollen? Ach, ich weiß, eine kleine nette Unterhaltung mit der Dämonin führen, die mich an die Gilde in Warschau verkauft hat. Gordon Kensey war wirklich ein schlauer Schachzug, hat aber leider nicht geklappt."
Liliths Finger schlossen sich fester um den Kelch. „Selbst wenn das der Fall gewesen wäre, was spielt das für eine Rolle?" Sie hatte ein ungutes Gefühl.
Ein ernster Blick bildete sich auf Sunnys Gesicht. „Du hast es damals gesehen, nicht wahr? Die Femme Fatale der Hölle, die Inkarnation von Begierde und Lust. Du hast in Lucifers Augen seine größte Begierde gesehen. Einen anderen Grund hättest du nicht haben können, meine Gestalt anzunehmen. Du wusstest, dass er dir dann nicht wehtun würde."
Bisher hatte Sunny ins Schwarze getroffen, doch sie schwieg.
„Willst du wissen, wieso nicht?", fragte er die Dämonin in Männergestalt.
„Warum?" Sie spielte einfach mit. Wer wusste, vielleicht erhielt sie Informationen, die ihr nützlich sein konnten.
Sunny schnalzte mir der Zunge. „Weil er mich vögeln wollte. Ach nein, nicht ganz... warte, was war das noch?"
Langsam wurde Lilith wütend. Der Reaper spielte mit ihr, doch sie wusste nicht, was sein Ziel war. Dass Lucifer sich mit dem Menschen vereinigen wollte, hatte sie in seinem Kopf gesehen. „Hör zu, was ich getan habe, ist eine Bagatelle. Selbst wenn du ein Liebchen von Lucifer bist - sollte das überhaupt noch der Fall sein - dann würde er deswegen keinen Zwist mit mir beginnen, nicht wegen eines einfachen Menschen."
Das Gesicht des Reapers verzog sich zu einem Lächeln. „Das stimmt. Du hast in jedem Punkt recht."
Zufriedenheit machte sich in Lilith breit, sie war nach wie vor unantastbar. Stumm beobachtete sie, wie der Reaper begann seine Strähne um seinen Finger zu zwirbeln. Was stimmt hier nicht?
„Du bist noch nicht drauf gekommen?", fragte er mit überraschtem Gesicht.
„Worauf?", fragte sie scharf. Dieses Theater ging ihr auf die Nerven.
Sunny legte beide Hände um den Kelch, trank daraus. „Nehmen wir das, was du gesagt hast, als eine Gleichung, die zu deinen Gunsten ausgeht. Jetzt ändern wir nur ein kleines Detail – etwas, was in deiner Beschreibung nicht gestimmt hat. Ich gebe dir einen Tipp, es ist das Wort Liebchen."
In Liliths Kopf begann es zu arbeiten. Nicht Liebchen. Was will er damit sagen? Welches Wort könnte man stattdessen nehmen? Was weiß ich, was die Menschen dafür benutzen.
„Ich gebe dir noch einen Hinweis. Es beginnt mit einem großen G."
Mit einem G? Die Worte schwebten vor ihrem Gesicht. Nein. Auf ihrem Gesicht breitete sich etwas aus, welches der Außenstehende als Entsetzen bezeichnen konnte.
Sunny schaute zu Lilith. Sie hat es. „Siehst du nun das Ergebnis der Gleichung? Natürlich würde Lucifer keine Zwist mit dir beginnen, wenn du ein menschliches Liebchen ärgerst – nennen wir es einfach so. Aber das braucht er auch nicht, denn ich sitze hier und nicht er und ein Wort reicht, um dir das Leben zur Hölle zu machen." Sunshines Augen begannen zu glühen und in seinem Gesicht war keine Freude mehr. „Ich denke, dir ist nun bewusst, neben wem du sitzt, Lilith."
Nein. Das ist nicht möglich. Die Hand des Reapers legte sich an ihre Wange und in diesem Moment sah sie es. Sie sah, wie eine Silhouette hinter dem Reaper erschien, die eines gefallenen Engels mit goldenen Augen und Flügeln in derselben Farben mit einer grauen Schattierung. Diese stieß eine stumme Warnung aus: Berühre meinen Gefährten nicht, oder du wirst die Konsequenzen tragen.
Vor Schreck zuckte sie zurück und wäre fast vom Stuhl gefallen.
„Tut mir leid, aber die Position, nach der du dich gesehnt hast, ist nun leider besetzt."
Ich muss fort. Bevor sie jedoch aufspringen konnte, packte sie der Reaper am Arm. „Sitzen bleiben, oder du wirst bis zu meinem letzten Atemzug die Hölle nicht mehr betreten können und glaube mir, dieser ist nun sehr weit in die Ferne gerückt."
Sunshine verstand keinen Spaß mehr.
„Was willst du?", fragte sie und biss sich auf die Lippe.
„Was ich möchte? Du hast deine Königin verraten, sie beinahe ermorden lassen und Lucifers Erzfeind Informationen geliefert. Was wohl auf Hochverrat in der Hölle steht? Und glaube mir, ich werde nicht zulassen, dass du mit meinem Gefährten einen Deal aushandelst. Die Frage ist, was bist du bereit zu tun, damit du deine lächerliche Scharade weiterabziehen kannst?"
Lilith starrte den Menschen vor sich an, doch die Aura, die sie spürte, war anders. Was bist du?
„Gut, wie ich sehe, hast du es verstanden. Dann wollen wir. Ich fordere nur einen kleinen Gefallen."
Die Dämonin schwieg und hörte zu.
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Iriya lief hektisch über den Markt. Es waren nun fast zwanzig Minuten vergangen. Er hatte keine Wahl, er musste seinem König Bescheid geben. Wie soll ich das meinem Fürsten beibringen? Das würde den Tod für ihn bedeuten. Sein Herz schlug schnell und er stieß ein Gebet zu den Göttern. Langsam lief er abseits und zeichnete einen magischen Zirkel in die Luft.
Bevor er diesen betreten konnte, legte sich eine Hand an seine Schulter. „Willst du ohne mich nachhause gehen?", erklang eine belustigte Stimme
Er wirbelte herum und schaute in das Gesicht von Lucifers Gefährten. Dieser schaute ihn fragend an. „Den Göttern sei Dank", sagte Iriya und ging fast in die Knie.
„Alles in Ordnung? Ich meine, es freut mich, dass du dich freust, mich zu sehen, auch wenn wir gerade einmal für ein paar Minuten getrennt waren. Das muss wohl an meinem Charme liegen. Wobei Jo immer sagte, dass ich so etwas nicht habe. Ich bin sicher, dass er lügt, denn-", doch Sunny wurde unterbrochen. Der Dämon zog ihn in den Zirkel und im nächsten Moment waren sie im Anwesen von Lucifer.
„Nie wieder. Frage mich nie wieder, ob ich dich irgendwo hinbringe." Wütend lief der Dämon davon und ließ ihn stehen.
„Verzeih' mir", sagte Sunny mit schuldbewusstem Gesicht, dann ging er in ihr Schlafzimmer, um sich umzuziehen. Stumm zog er das Oberteil aus und lief in den Waschraum. Bedächtig legte er seine Hand an den Spiegel, schaute in die Augen des Reapers, der auf diesem abgebildet wurde. „Du kannst das." Der Weg lag klar vor ihm. Ich will an seiner Seite sein. Nun gab es kein Zurück mehr.
Mit der Faust schlug er gegen die Wand, der Schmerz wallte auf. „Reiß' dich zusammen", schrie er. „Vergiss niemals die Worte – die Wahl, die du getroffen hast. Dein Leben ist nur ein Bonus." Seit diesem Tag war jede Stunde, die er geatmet, die er gelebt hatte, ein Verlängerung des Spiels gewesen. Nun war er im Elfmeterschießen und entweder er gewann oder nicht.
Nein, es war anders. Er hatte nun etwas zu verlieren. Es war nun nicht mehr sein Leben. Für Zweifel ist es zu spät, Idiot. „Wenn du an seiner Seite stehen willst, ihn beschützen willst, musst du zeigen, dass du stark genug dafür bist", sprach er zu sich selbst.
Seit dem schicksalhaften Tag hatte er sich geschworen, das zu tun, was er wollte. Kein Zögern. „Es wird Zeit, dass der Sunmaker zeigt, was in ihm steckt. Ich werde es dir zeigen, Meister."
Er wusch sich und ging zu Lucifer. An diesem Abend ließ er seinen Dämon nicht los.
Lucifer war verwundert, dass Sunny so still war, doch hinterfragte es nicht. Sein Gefährte lag die ganze Nacht an seiner Brust. Immer wieder spürte er das Kribbeln. Er verbindet sich sehr häufig mit mir. Er würde es morgen ansprechen.
Am nächsten Tag nahm Sunny brav an seinen Stunden Teil. Gegen Mittag machte er eine Pause und zog sich in sein Zimmer zurück. Jo war etwas besorgt. Seit Kaleys Diagnose ist er geknickt. Vielleicht sollte er mit Lucifer sprechen, doch er wollte sich auch nicht in deren Beziehung einmischen.
Sunny lag auf dem Bett und schaute an die Decke. Es klopfte und ein silberhaariger Dämon schaute herein. „Darf ich eintreten, Amantă?"
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Ein geheimes Gespräch mit Lilith.
Was könnte der kleine Gefallen sein?
Was hat Sunny vor?
Eure Mausegöttin
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