Schwarze Blüte
„Ich verstehe es nicht.", fing Kurogiri an zu erklären: „Warum haben wir dem Burschen nicht einfach eine Spezialität von One for All geben lassen und ihn dann trainiert, damit er All Might schnellstmöglich ausschaltet? Wieso dieser riesige Umweg?".
Er stand hinter der Theke und lehnte sich lässig an diese, sah Tomura nur aus den Augenwinkeln an. Dieser saß auf einer der Barhocker und starrte gelangweilt an die Wand.
„Weil er jetzt noch nicht bereit dafür gewesen wäre!", antwortet Tomura ohne ihn anzusehen.
Kurogiri verstand es nicht. Eigentlich war ihr Plan so simpel gewesen. All Mights Sohn von der Schurkenliga überzeugen, ihm eine Spezialität geben und ihn damit auf All Might loslassen. Wieso zögerte der andere dann?
„Jetzt hast du den Kleinen mit einer Agentin losgeschickt, um so einen anderen Oberschüler auszuschalten. Was genau soll uns das jetzt bringen?", fing er wieder an und griff nach einem Glas, was unordentlich herumstand, um es wegzuräumen.
Als er es in den kleinen Schrank stellte konnte er ein Seufzen in seinem Rücken vernehmen.
„Stell dich doch nicht so dumm an! Würden wir ihn jetzt zu irgendwas zwingen, würden wir ihn damit kaputt machen! Dann wäre er völlig nutzlos. Dabei ist das eine so gute Chance! So nah werden wir wahrscheinlich nie wieder an All Might herankommen. Wir müssen ihn erst mal ein wenig Blut schmecken lassen! Er braucht es nur einmal zu tun, dann wird es immer wieder wollen.", erklärte Tomura gefährlich ruhig, mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
Als sich Kurogiri ihm wieder zugewandt hatte, verschränkte er seine Arme vor der Brust: „Deine Methoden sind sehr fragwürdig. Der Junge könnte auffallen. Er könnte All Might auffallen!".
„Der hasst seinen Sohn genauso wie Shunichi ihn! Er wird denken, dass er weggelaufen ist und niemals nach ihm suchen!"
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Es war bereits dabei zu dämmern, als sie unter der Brücke warteten.
Shunichi saß im warmen Sand. Sein Blick galt dem jungen Mädchen, welches sich einige Meter weiter am Wasser stand und gelangweilt ein paar Steine warf. Tomura hatte sie ihm zugeteilt, damit sie sich um die ,groben Sachen' kümmern konnte.
Sie hieß anscheinend Saki und ihre Spezialität musste irgendwas mit Geschwindigkeit zu tun haben. Mehr wusste er nicht von ihr.
Saki hatte schwarze, mittellange Haare, welche sie zu einem geflochtenen Zopf trug und ebenso pechschwarze Augen. Sie war recht klein und von der Statur her ziemlich zerbrechlich, sodass ihr weites T-Shirt im Abendwind flatterte. Über dieses trug sie eine enge Lederjacke, die ihr bis zur Taille reichte und eine bequeme Hose, welche von einem breiten Gürtel gehalten wurde, an welchem allerlei undeutbare Sachen befestigt waren.
Nachdem er sich letzte Nacht in Hosu mit Tomura getroffen und sich dessen Angriff angesehen hatte, waren sie durch ein Art Portal gegangen, welches Kurogiri erschaffen hatte und standen dann direkt vor einer kleinen Herberge. Tomura wusste da bereits, dass er aus seinem ehemaligen Zuhause ausgezogen und sozusagen obdachlos war. Der Ältere schien den Betreiber der Herberge zu kennen und bestach diesen, sodass er dort solange wohnen und leben konnte, wie nötig. Zudem hatte er von dem Betreiber ein paar frische Kleider bekommen, welche er ebenfalls nutzen konnte.
Am nächsten Tag hatte ihm der Ältere dann erklärt, dass sein ,Training' noch am selben Tag beginnen sollte. Er hatte ihm gesagt, dass aller Anfang schwierig sei und er erst den richtigen Anlauf bräuchte. Das weitere Vorgehen überließ er ihm und dem Mädchen, so seine Worte.
Anscheinend hatte sie seinen Blick gespürt, denn sie drehte sich abrupt zu ihm um und meinte: „Was guckst du denn so?".
Sofort wandte er sich ab und schaute nach unten, griff einmal in den weichen Sand, ließ ihn über seine Finger gleiten.
Sie befanden sich am Strand und warteten gerade darauf, dass ihr Ziel kommen würde. Zum Glück hatte Shunichi einmal mit anhören können, dass Tsuyoshi am späten Nachmittag gerne am Strand spazieren ging. Am liebsten genau dort, wo sie sich gerade befanden.
Shunichi war so in Gedanken vertieft, dass er gar nicht bemerkte, wie sich Saki vor ihn gestellte hatte und ihr fragend beobachtete.
„Worüber denkst du nach?", fragte sie ruhig. Ihre Stimme war sehr hoch und dennoch hatte sie einen vertrauten Klang. Shunichi hatte nicht vor ihr zu antworten. Sie sollte einfach ihre Arbeit erledigen und ihn schön in Ruhe lassen. Er war froh, dass er zumindest den Hinweg nicht mit ihr hatte verbringen müssen. Sie hatten sich an der Brücke getroffen und schon da bekam er so nervige Fragen gestellt. Saki hatte seinen Namen, sein Alter, sein ganzes Leben wissen wollen. Shunichi war es ein Rätsel, warum ihre Spezialität nichts mit Schnattern zu tun hatte.
„Jetzt antworte mir endlich!", forderte Saki lauter, stützte ihre Fäuste in die Hüften und verzog schmollend die Lippen. Doch er reagierte nicht, sah sie auch nicht an. Die Kleine würde schon nachgeben, wenn sie merkte, dass es nichts brachte – da hatte er sich wirklich zu früh gefreut.
„Dann sag mir doch zumindest deinen Namen! Wir sind doch jetzt Partner, da muss ich wissen, wie ich dich ansprechen soll!", quengelte sie. Als wieder keine Antwort kam, ließ sie sich achtlos auf die Knie fallen und kniete nun auch im staubigen Sand. Selbstbewusst hielt sie ihre Schultern gerichtet und mit einem breiten Grinsen im Gesicht verkündigte sie: „Ich werde dich so lange nerven, bis du mich nicht mehr ignorierst. Denn wenn ich eines nicht leiden kann, dann das!".
Shunichi rollte mit seinen Augen und wandte seinen Blick noch weiter ab, um ihr damit zu signalisieren, dass sie es gerne versuchen konnte. Er hatte allerdings nicht damit gerechnet, dass Saki immer bekam, was sie wollte.
„Sag – sag – sag – sag – sag – sag -...", wiederholte sie immer wieder das eine Wort. Shunichi keuchte entgeistert aus, als er das bockige Verhalten mitbekam. Was war das denn? Wie konnte man sich in dem Alter benehmen? Tatsächlich wandte er sich Saki zu, aber nur um zu fragen: „Wie alt bist du eigentlich?". War ihr das nicht peinlich? Warum zum Teufel hatte Tomura ihm nur dieses Mädchen zugeteilt?
Saki hörte auf damit, das Wort wie ein Wasserfall vor sich her zu plappern, dennoch öffnete sie erneut den Mund: „Ich bin fünfzehn. Sag – sag –...". Saki hatte seine Frage tatsächlich wörtlich genommen. War sie so naiv? „Das war rhetorisch gemeint.", erklärte Shunichi. „Sag – sag – ich weiß – sag – sag...", erwiderte Saki darauf und grinste ihn freundlich an. Sie war wohl eher frech.
„Na gut, na gut.", fing er nach einiger Zeit an, als es ihm dann reichte: „Ich heiße Shunichi.".
Sofort verstummte sie und hatte ein triumphierendes Lächeln auf den Lippen, als sie meinte: „Siehst du, war doch gar nicht so schlimm!". Wieder rollte Shunichi mit den Augen. „Und was hat dir diese Erfahrung jetzt gebracht?", fragte er frei hinaus. Er war erstmal nur froh, dass dieses fiepende Geräusch aus seinem Ohr verschwand.
„Weißt du, mit dem Namen einer Person verbinden wir auch alle Emotionen, die wir für sie hegen. Ob gute oder schlechte, irgendwann wird ein Name zu einem Charakter. Der Name ist etwas Besonderes. Und weißt du was, Shunichi?", fing sie an und betonte seinen Namen: „Besondere Sachen soll man schützen.". Vorsichtig hob sie ihre Hand und so zart, als könnte sie ihn zerbrechen, stupste sie ihn mit ihrem Zeigefinder an die Stelle, an der sie beide sein Herz vermuteten.
Völlig irritiert rieb er sich über die berührt Stelle, welche angefangen hatte, merkwürdig zu kribbeln. Ihre schwarzen Seelenspiegel hatten so sehr zu glitzern angefangen, jedoch schloss sie diese, als sie wieder ein glückliches Lächeln aufsetzte. Saki war komisch und anders, komisch anders. Das wusste er jetzt schon. Allerding gefiel ihm etwas ganz und gar nicht an ihr.
Plötzlich ertönte ein leises Pfeifen auf seiner linken Seite. Sie drehten sich beide gleichzeitig in die Richtung des Geräusches und sein Herz fing an schnell zu schlagen, als er erkannte, wer dort fröhlich schlendernd auf ihn zu kam. Sofort stand er auf und klopfte sich den Sand aus der Kleidung. Saki tat es ihm gleich, doch bevor er los ging, ließ er es sich nicht nehmen sich an Saki zu wenden: „Du erinnerst mich an jemanden. Dieser Jemand lächelt immer genau so blöd wie du!". Damit ließ er sie stehen und ging vor. Jedoch kam sie ihm kurzerhand hinterhergerannt, schien diesmal völlig ernst und konzentriert zu sein. Doch sie schien nicht gekränkt oder eingeschnappt zu sein. Entweder sie verdrängte es, oder es interessierte sie gar nicht. Es wunderte ihn schon ein bisschen, aber es konnte ihm egal sein und er richtete seine Gedanken ebenfalls auf ihr Ziel.
„Ist er das?", fragte sie ruhig. Shunichi nickte. „Hat er eine Spezialität?", fragte sie erneut. Das hatte er und zwar eine starke. Shunichi hatte dies schon oft genug einsehen müssen. Unweigerlich glitt sein Blick über die schmale Gestalt von Saki und er erinnerte sich wieder daran, dass ihre Spezialität etwas mit Geschwindigkeit zu tun hatte. Ihm kamen sehr große Zweifel. Das zarte Geschöpf neben ihm sollte tatsächlich die Kraft besitzen, mit reiner Schnelligkeit gegen massiven Stein anzukommen? Er schluckte schwer. Jetzt müsste er wohl mit ansehen, wie sie fertig gemacht wurde.
Dennoch war er ihr eine Antwort schuldig: „Ja, Erdverschmelzung. Damit kann er den Boden unter sich verformen.". „Gut.", erwiderte Saki und achtete wieder vollkommen auf Tsuyoshi, welcher aufgehört hatte vor sich hin zu trällern und sie beide anscheinend nun zu bemerken schien.
Etwas verwundert, kam Tsuyoshi ein paar weitere Schritte auf sie zu, bis er nahe genug war, um mit ihnen sprechen zu können.
„Yagi-kun? Dich hätt' ich hier wirklich nicht erwartet!", begann er und sofort vernahm Shunichi den spöttischen Ton, welcher seine Hände zu Fäuste werden ließ. „Was machst du hier? Gerade weil du doch die letzten Tage geschwänzt hast! Ach übrigens, der Direktor will dich höchstpersönlich sehen. Du weißt doch wie er ist, du wirst sicherlich von der Schule fliegen!", lachte er gehässig.
Doch auch auf Shunichis Lippen schlich sich ein bitteres Lächeln. So etwas Irrelevantes interessierte ihn nun wirklich nicht.
„Ich bin hier um dich zu besiegen.", stellte er kalt fest. Anscheinend etwas zu kalt. Denn nicht nur Saki warf ihm einen unauffälligen Blick zu, auch Tsuyoshi schien ein überrascht von seiner veränderten Art.
Langsam zog dieser sich seinen Rucksack vom Rücken und stellte ihn nach unten, krempelte sich seine Ärmel ein wenig nach oben. „Eins muss ich dir ja lassen. Ganz blöd scheinst du nicht zu sein. Immerhin forderst du mich hier, am Strand zu einem Kampf heraus und Sand ist zwar auch Stein, aber niemals so stabil wie ein massiver Brocken.", fing er überheblich an zu erzählen. „Leider scheinst du nicht zu Ende gedacht zu haben, denn ich bin stark genug, um die ganzen, feinen Sandkörner zu einem Felsen zusammenschmelzen zu lassen!", erklärte er und hatte ein siegreiches Lächeln auf den Lippen, als er auf Saki zu deutete: „Und wen hast du da mitgebracht? Soll sie heute etwa für dich kämpfen? Du lässt echt Mädchen für dich kämpfen? Wie armselig!". Er hielt sich den Bauch, als er lauthals zu lachen anfing. Doch weder Shunichi noch Saki rührten sich. Unbeeindruckt schauten sie dem Treiben des Anderen zu.
Als er sich wieder beruhigt hatte, meinte er an Saki gerichtet: „Aber keine Angst, ich tu dir schon nicht weh, Süße". Kurz musterte er sie von oben nach unten und zwinkerte ihr zu: „Du siehst echt niedlich aus. Lass uns mal nen' Eis essen gehen, oder so.".
Keine Ahnung was das war, aber es fühlte sich sehr unangenehm an. Saki war für ihn hier und nicht, damit sich Tsuyoshi an sie ranmachen konnte. Damit war er mal wieder zu weit gegangen. „Ich vertrau auf dich. Mach ihn fertig.", flüsterte er kaum vernehmbar zu Saki, welche verstehend nickte. Innerlich hätte er sich für seine Dummheit eine klatschen können. Hatte er tatsächlich gerade da Wort ,Vertrauen' genutzt. Er durfte sich nicht mehr so von irgendetwas aus dem Konzept bringen lassen. Dabei kam nur Blödsinn heraus, genau wie jetzt.
Doch lange konnte er nicht mehr vor sich hinträumen, denn kaum hatte er einmal ausgeatmet, war Saki aus seinem Blickfeld verschwunden.
„Wo ist sie hin?", sprach Tsuyoshi auch seine Gedanken unsicher aus.
„Ich bin hier.", ertönte ihre Stimme von der Brücke.
Saki ------
Geschlecht: weiblich
Alter: 15
Spezialität: Überschall
Elegant sprang sie von dieser hinunter, um mit irgendeinem Ding auf Tsuyoshi zu zielen. Dieser konnte allerdings schnell genug reagieren und erschuf eine Wand aus Stein, welche einen Treffer verhinderte. Aber diese war so schwach, dass sie kurz darauf in ihre Einzelteile zersprang. Zwischen dem aufgewühlten Staub und den Bröckeln, konnte er Tsuyoshis geschocktes Gesicht sehen. Dieser hatte nicht damit gerechnet, so einfach ausgespielt zu werden. Kurz darauf verschwand sie wieder.
„Was war das denn!?", rief Tsuyoshi und sah sich suchend um, fand Saki aber nicht. Erst eine kleine Kugel, welche vor seinen Füßen landete, ließ ihn erschrocken keuchen. Keine Sekunde später erklang ein aufplopendes Geräusch und dichter Nebel trat aus der Kugel. „Eine Rauchbombe!?", hörte er wieder Tsuyoshi und nach wenigen Augenblicken war auch Shunichis Sichtfeld vollkommen bedeckt. Er hustete stark. Alles um ihn herum war mit diesem Zeug bedeckt. Shunichi hoffte, dass Saki nicht den falschen erwischte.
Erst, als sich der Nebel langsam lichtete betrachtete er ungläubig das Bild, das sich ihm bot. Tsuyoshi und auch Saki standen an einem Stützpfosten, doch Tsuyoshi schien... daran gefesselt. Dieser war starrte ebenso ungläubig wie er selber zu Saki, welche sich den Staub von den Händen klatschte und auf Shunichi zukam. Als sie bei ihm angekommen war, umspielte ein sanftes Lächeln ihr Lippen: „Ok, meine Arbeit ist ja getan. Dann werde ich dich erstmal alleine lassen. Ich warte da hinten auf dich.". Sie deutete auf eine Bank, die ein ganzes Stück entfernt war.
Shunichi war zu nichts mehr fähig, als brav zu nicken und ihr einen Moment nachzusehen, bis er sich wieder Tsuyoshi zuwandte, welcher sich anscheinend auch in einer Art Schockstarre befand. Eine halbe Ewigkeit starrten sich beide gegenseitig an, unfähig sich zu rühren, bis Shunichi die Stille durchbrach und erst leise und dann immer lauter zu lachen begann. „Ich hab dich besiegt. Ich hab – ich hab dich wirklich besiegt. Ich hab gewonnen!", sagte er und ein schiefes Lächeln legte sich auf seine Lippen.
Tsuyoshi, welcher nun auch wieder rühren konnte, meinte abwertend: „Das warst nicht du, sondern diese Göre!".
Shunichi hörte gar nicht richtig hin. Er konnte es immer noch nicht fassen. Tsuyoshi hatte verloren und konnte nichts daran ändern. Wie von selbst bewegte er sich aus dessen Rucksack zu, zu dem er sich hockte und anfing darin zu kramen. „Was soll das? Lass meine Sachen in Ruhe und mach mich hier los!", rief ihm Tsuyoshi zu und ruckelte an dem Strick, welcher fest um seine Handgelenke gebunden war. Zudem waren seine Hände in Stoff verpackt, damit er seine Spezialität nicht einsetzen konnte.
Er dachte nicht mal daran, auf seine Worte zu hören und nach einiger Zeit des Suchens fand er den Gegenstand seiner Begierde. Shunichi stellte sich wieder aufrecht hin und drehte das Messer, mit welchem Tsuyoshi ihm die Haare abgeschnitten hatte in den Händen.
„Äh – ähm ich glaub nicht das du das brauchst...", meinte dieser etwas unsicher.
Nachdem das erledigt war, setzte er sich wieder in Bewegung, diesmal ging er allerding auf Tsuyoshi zu, gefährlich langsam. Er sah ihn gar nicht an, nein, gleich würde er ihm noch genug in die Augen sehen können. Es war komisch, wie benebelt seine Sicht war und sich seine Gedanken nicht richtig ordnen ließen.
Shunichi blieb dich vor ihm stehen. „Hier, jetzt mach schon.", sagte Tsuyoshi mit einer beklemmenden Ruhe und deutete auf die Stricke. Nun erhob Shunichi seinen Blick und lächelte seinen Gegenüber fast schon schelmisch an. Ganz langsam, so als wollte er wirklich sichergehen, dass der Ältere es sah, schüttelte er den Kopf. Dabei hatte er dessen Augen unnachgiebig fixiert. So entging ihm auch nicht der leicht nervöse Schimmer in dieses und auch nicht das schwere Schlucken.
„Was soll das Yagi-kun?", fragte Tsuyoshi, jedoch klang seine Stimme ganz anders als sonst. Ganz leise, fast schon heiser. Das gefiel ihm, ja das gefiel ihm sogar sehr! Aber so war das doch viel zu langweilig.
„Ich will spielen.", antwortete Shunichi völlig emotionslos und legte den Kopf ein wenig zur Seite, wie ein neugieriges Kind, dass wartete einige ganz neue Eindrücke zu sammeln.
„Aber ich nicht!", erwiderte Tsuyoshi wieder etwas selbstbewusster: „Jetzt lass die Spinnereien und mach mich los, Yagi-kun!".
Was zum Teufel war denn in den gefahren? So langsam hatte er die Faxen dicke. Das Irrespiel hier sollte endlich sein verdammtes Ende haben! Doch als Shunichi das Messer vorschnellen ließ und nur wenige Millimeter vor seiner Kehle halt machte, wäre ihm fast das Herz in die Hose gerutscht. Jetzt konnte er die Angst in seinen Augen nicht mehr verbergen und ein erschöpftes Keuchen entfloh ihm. War sein Gegenüber etwa durchgedreht!? Klar, er hatte diesen auch schon mal mit genau dem gleichen Messer bedroht, aber das hier ging eindeutig zu weit, gerade als er ihm das an den Kopf brüllen wollte, erklang die kalte, schneidende Stimme Shunichi's: „Ich erinnere dich bestimmt kein weiteres Mal daran, dass du mich so nicht nennen sollst.". Sie war ganz ruhig und dennoch so unfassbar drohend und als er direkt in die blauen, wie leergefegten Augen erkannte er den verrückten Schimmer, der sich über diese gelegt hatte. Ihm wurde bewusst, dass dies hier keine einfache Prügelei mehr war. Seinem Gegenüber ging es nicht mehr um den Sieg, ihm ging es um Vergeltung.
Öfters hatte er schon von Jugendlichen gehört, welche so weit gegangen waren, ihre Mitschüler umzubringen um sich für das Mobben zu rächen. Ja, er hatte Shunichi immer fertig gemacht, aber würde er so weit gehen? Die perfekte Chance wäre es zumindest.
„O – Ok... Shunichi, tut mir leid. Ich hab jetzt nicht nachgedacht, war blöd von mir.", fing er vorsichtig an und hoffte den anderen nicht weiter zu reizen. Von diesem ging eine zerreißende Spannung aus und in dem Moment hatte er wirklich Angst. Vor dem Jungen vor sich, welcher anscheinend nicht mehr Herr seiner Sinne war. „Du hast nie nachgedacht.", kam die Erwiderung von Shunichi, welche ihn abermals schlucken ließ. „Nein – tut mir echt leid. Aber mach mich hier bitte los jetzt, ja?", versuchte er es ganz ruhig.
Doch er zuckte erschrocken zusammen, als sein Gegenüber wieder in schallendem Gelächter ausbrach. Nachdem er sich wieder beruhigt hatte kam es von diesem kalt wie vorher: „Und damit denkst du ist alles geklärt?". Shunichis Grinsen wurde noch ein Stück breiter: „Neeein – bestimmt nicht. Ich will Blut.".
Bei dem letzten Wort riss er geschockt seine Augen aus. Sein Blut schien in seinen Adern zu gefrieren und ein leichtes Zittern erfasste seinen Körper. Klar, er hatte Shunichi einiges angetan. Er wäre auch mehr als bereit es zuzugeben und sich dafür tausend Mal zu entschuldigen. Er hatte ihn einfach nur beleidigt, ihn bloßgestellt und ihn auch öfters verprügelt, aber so etwas? Niemals wäre er so weit gegangen dem Anderen ernsthaften Schaden zuzufügen. Allerding wollte Shunichi es tun. Er wollte ihn dafür bestrafen? Aber doch nicht auf diese Weise! Würde er wirklich –
Allerding überwand Shunichi den Abstand zwischen dem Messer und seinem Hals schnell und er konnte deutlich die stechende Spitze des kalten Metalls fühlen. Er würde – und er war bereits dabei! Er musste irgendetwas tun! Verdammt, was nur!?
„Alter, mach jetzt nichts Unüberlegtes!", meinte er panisch, bewegte sich dabei aber nicht, um sich nicht ausversehen selbst zu verletzten. Das war nicht so einfach, denn nun konnte er das ängstliche Zittern nicht mehr unterdrücken. Tsuyoshi wusste gar nicht, ob seine Worte Shunichi überhaupt erreichten. Fest hatte dieser ihn im Blick und schien alles an seinem erbärmlichen Aussehen zu genießen.
„Es tut mir leid. Es tut mir wirklich leid, Shunichi! Ich hätte das alles nicht tun dürfen, das war schlimm von mir. Ja, ich bin ein schlimmer Mensch. Aber du bist das nicht!", versuchte Tsuyoshi es erneut, allerding wurde seine Hoffnung im Keim erstickt, als dessen wahnsinniges Grinsen noch viel breiter wurde: „Oh doch, das bin ich.". Hecktisch versuchte er sich von dem festen Strick zu befreien, doch dieser wollte sich nicht lösen und so wartete er ruhig ab.
Eigentlich wollte er erleichtert ausatmen, als Shunichi das Messer von seiner Kehle nahm, doch dieser legte es nicht weg, oder ließ von ihm ab. Zerreißend langsam hob er dieses nach oben in die Luft und als Tsuyoshi erkannte, wohin er zielte, stiegen ihn Tränen in die Augen.
Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, in der Shunichi das Messer so hielt, direkt auf seine Brust gerichtet, und ihm dabei zusah, wie die glasigen Perlen über sein bereits nasses Gesicht liefen. Den Blick hatte er bereits abgewandt. Vor Furcht konnte er seinem Gegenüber weder in die Augen sehen, noch konnte er die glänzende Waffe in dessen Händen anblicken. Als er merkte allerdings bemerkte, wie sich sein Gegenüber weiter vor ihm aufbaute und langsam zum Schlag ausholte, durchströmte vollkommende Angst seine Knochen. Panisch schaute er hoch, direkt in das kalte, blaue Eis. „Bitte nicht... bitte tu das nicht! Ich flehe dich an!".
Es war, als wäre sein gesamtes Leben an ihm vorbeigezogen, als sein Gegenüber nicht auf sein Flehen einging und sich das Messer auf einmal in Bewegung setzte und mit tobender Geschwindigkeit direkt auf sein Herz zuraste.
Er konnte nichts anderes mehr außer schreien.
Vorschau:
Izuku: „Oha, da ist echt einiges in dem Kapitel passiert! Da hab selbst ich Gänsehaut bekommen!"
Katsuki: „Du hast doch immer Gänsehaut du Angsthase!!!" *böse funkel*
Izuku: „Bei uns ist das oben irgendwie immer umgekehrt, hm?"
Katsuki: „Was soll'n das jetze heißen!!!???" *noch böser funkel*
Izuku: „Dass du nicht immer schreien musst, damit ich dich verstehe!" *verlegen schau*
Izuku: „Das nächste Kapitel – Weiße Blüte PLUS ULTRA!"
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