
Teil 8
Hawke saß gerade an seinem Schreibtisch und besah sich die Regelungen für ein alljährliches Fest, als Sinna plötzlich hineingeschlichen kam, obwohl sie eigentlich schon lange hätte losgehen müssen zu ihrer ersten Stunde.
>>Solltest du nicht im Unterricht sein Sinna?<< fragte er und drehte sich in seinem Stuhl zu ihr.
>>Darüber wollte ich mit dir reden. Ich...<<
sie sah etwas unentschlossen umher, so als würde sie nach Worten suchen und da Hawke sah, wie verloren sie aussah, versuchte er es ihr leichter zu machen.
>>Ist es wegen gestern?<< fragte er also als kleinen Anstoß.
>>Ja und nein<< fiel ihre Antwort, bevor sie sich auf seinem Bett niederließ, welches fast das gesamte Zimmer einnahm.
Sanft strich sie über die Seidenbettwäsche und besah sich sein Zimmer, als würde sie erst jetzt realisieren, dass es seines wahr.
>>Sinna<< holte er sie zurück zur Realität und wartete auf eine Erklärung ihrerseits.
Es dauerte noch einige geschlagene Sekunden, bevor sie sich endlich gesammelt hatte.
>>Ich will nicht jetzt in den Unterricht. Ich will noch nicht am Geschehen hier beteiligt sein.
Hawke ich war vier Jahre dort und weiß doch im Grunde nicht einmal, wie so etwas abläuft. Ich dachte gestern, dass es mir leicht fallen würde, aber unabhängig von der Attacke...ich habe mich nicht bereit gefühlt. Davor war ich auch nur in einem Heim und da es so abgelegen war, habe ich nichts von dieser Welt gesehen. Ich fühle mich verloren, allein schon, wenn ich aus diesem Fenster blicke. Denn das ist mehr, als dass mir in den letzten Jahren gewährt wurde.<<
Frustriert hielt sie inne und schien auf Protest von seiner Seite aus zu rechnen, doch die würde nicht kommen.
Hawke würde nämlich von keinem Menschen erwarten unter solchen Umständen direkt in das Alltagsgeschehen zu wechseln.
Vor allem nicht von ihr.
Im Grunde schien er ihr jetzt schon so ausgeliefert zu sein, dass er vermutlich alles machen würde, damit es ihr besser ging.
Gruselig wenn man bedachte, dass er vor ihr nur flüchtige Beziehungen hatte, die ihm kaum unter die Haut gingen.
>>In Ordnung<< sagte er also, woraufhin ihre Schultern vor Erleichterung nach unten sackten. Die ganze Anspannung schien mit einem mal von ihr abzufallen, bevor sie sich auf sein Bett warf.
>>Danke.<<
>>Nicht zu früh danken. Geh dich anziehen, heute ist mein freier Tag und dein erster Privatunterricht.<<
Noch immer erleichtert sprang sie auf und flitzte an ihm vorbei in ihr Zimmer.
>>Trotzdem danke<< rief sie ihm noch zu, bevor die Tür zugestoßen wurde.
Ja. Diese Frau war sein Untergang.
~~~
Er hatte ihr angesehen, dass sie den Teich mochte, weshalb er sie dorthin geführt hatte.
Noch immer motiviert, wartete sie auf seine Anweisungen und schaute ihm dabei zu, wie er die Decke auf der Wiese neben dem Teich ausbreitete und verschiedene Steine auf den Boden legte.
>>Setz dich<< forderte er sie auf, woraufhin sie tat, was er verlangte.
Im Schneidersitz saß sie nun vor Hawke und sah ihm dabei zu, wie er die Steine durch seine Hände gleiten ließ.
Ihr Blick huschte dabei immer wieder nach oben, blieb an seinem locker sitzenden schwarzen T-shirt hängen und dann an seinem Ohrring auf dem rechten Ohr.
>>Ist das ein Onyx?<< fragte sie.
>>Da an deinem Ohrring.<< ergänzte sie, woraufhin er ihr antwortete, ohne den Blick von den Steinen abzuwenden.
>>Ja. Er hat vielerlei Wirkungen und im Grunde trage ich ihn, um mein Denkvermögen zu steigern. Manchmal ist es nämlich schwer durchzublicken, wenn so viele Aurenstrahlen auf einmal im Raum sind.<<
>>Wie ist das?<< bohrte sie weiter, woraufhin er kurz die Steine sinken ließ und hochschaute. An ihr vorbei, wie um nach einer Erinnerung zu greifen, die weit entfernt war.
>>Es ist, wie das Licht von Scheinwerfern in der Nacht. Nur Bund und wenn es viele sind, dann haben sie auch eine Wirkung auf mich, wenn ich mich nicht schütze.<< er hielt kurz inne, bevor er sich wieder den Steinen widmete.
>>Manchmal, wenn zu viele düstere Auren um mich sind, falle ich selber hinein. Das Positive verlässt mich, als hätte es nie existiert und gerade an so einem Ort, an dem jeder dieser Menschen mit seiner Gabe zu kämpfen hat, bin ich manchmal umgeben von negativer Energie.<<
Kurz holte er tief Luft und wirkte, als würde er über etwas nachdenken, dass ihm missfiel. Sie gab ihm Zeit und griff nun selbst gedankenverloren nach einem violetten Stein, bevor seine Stimme die Stille durchbrach.
>>Ich muss dir etwas beichten Sinna.<< setzte er an und schaute ihr nun endlich in die Augen.
>>Bei Menschen sehe ich einen Aurenschein. Bei uns mit einer Gabe, sehe ich zwei. Je nachdem wie intensiv diese Gabe ausgeprägt ist, so intensiv leuchtet auch das zweite Licht. Bei dir aber ist etwas anders.<< er schien nach Worten zu ringen, während Sinna plötzlich zu warm wurde.
>>Bei dir sehe ich drei.<<
Sinna schwieg, viel zu lange und sah nur mit großen Augen zum See.
>>Sinna.<< versuchte Hawke sie zu einer Reaktion zu zwingen, woraufhin sie nur mit dem Kopf schüttelte.
>>Weißt du warum?<< flüsterte sie fragend, doch er schüttelte mit dem Kopf.
>>Ich weiß es. Ich glaube ich wusste es die ganze Zeit meines Daseins, aber das. Das ist der endgültige Beweis und der verdammte Grund, warum ich hätte gestern sterben sollen.<<
Er sah ihr die Hysterie an und versuchte nach ihr zu greifen, sie zu beruhigen.
>>Sinna bitte, es ist bestimmt nichts schlimmes. Du bist so wie wir..<<
>>Nein<< unterbrach sie ihn grob und entzog sich ihm.
>>Du verschließt deine Augen, seit dem du mich gesehen hast Hawke. Du hast doch keine Ahnung was in mir vor geht und wer ich bin.<<
>>Du..<< sie rang nach Luft und strich sich hektisch durch ihr zerzaustes Haar.
>>Du weißt nicht wie es ist sie zu hören, zu sehen und gegen sie anzukämpfen. Zu wissen, dass die Hölle existiert mit all ihren Grausamkeiten und tödlichen Facetten und dennoch nichts dagegen tun zu können. Ich habe auch Geister gesehen. Seelen von verstorbenen, aber diese Dinger haben keine Seele. Ich weiß es, denn kein Mensch wird zu so einer Kreatur. Sie...so schwachsinnig es für dich auch klingen mag, für mich sind es Dämonen, Monster oder Ungeheuer. Sie sind so abscheulich und..<<
Er schwieg, als sie ihren Kopf in den Nacken legte, um hinauf zum Himmel zu sehen bei dem Versuch die Tränen zu verhindern, die drohten ihr die Sicht zu versperren.
Schließlich gab sie es auf, schaute wieder geradeaus und lies die Tränen ihre Wangen hinab rinnen, wie Regentropfen an einer Scheibe.
Während sie in die Leere starrend wieder zu sprechen begann, verfolgte er sie mit seinen Blicken und sog das Licht ihrer Seele auf, um sich selbst daran zu hindern zu ihr zu gehen und ihre Tränen mit seinen Fingerkuppen aufzufangen.
>>Sie reden mit mir Hawke. Egal wie sehr ich auch versuche sie zu ignorieren.
Sie reden und reden.
Und wenn sie nicht reden, stehen sie nur da. Alleine, aber manchmal auch in Gruppen.
Sie starren und warten, bis ich reagiere und wenn ich es nicht tue...manche von ihnen sind nicht so gnädig.
Wenn ich schweige, stehen sie so nah bei mir, dass ich schwören könnte ihren nicht existierenden Atem auf meiner Haut zu spüren und dann...dann beginnen sie zu brüllen.
Ich halte mir jedes mal die Ohren zu bei dem Versuch diese grässlichen Geräusche aus ihren Mündern nicht hören zu müssen, doch jedes mal aufs Neue bringt es nichts.<<
Schluchzend stockte sie, um Luft zu holen und verkrampfte ihre Hände so weit ineinander, dass ihre Finger begannen weiß hervorzutreten.
>>Sie sind in meinem Kopf Hawke.<< flüsterte sie.
>>Sie sagen ich soll die Tür öffnen. Ich weiß nicht, was sie damit meinen, aber ich weiß, dass mein Blut bei dem Gedanken gefriert, wenn sie bekommen sollten, was sie verlangen.<<
>>Sinna...<< setzte er an und hockte sich vor sie auf den Boden. Nahm ihre Hände in seine, um sie aus dieser Düsternis zu befreien.
Doch Sinna zog ihre Hände weg und schüttelte ihren Körper, ehe sie ihre Arme um ihren Leib schlang.
>>Trotzdem habe ich versucht diese Tür zu öffnen Hawke.
Ich war bereit alles zu opfern. Alles, wenn es bedeutete frei von ihnen zu sein.<<
Tief in seine Augen blickend sprach sie eine Wahrheit aus, die er selbst nicht mehr leugnen konnte.
>>Sie hat gesagt ich würde Chaos über diese Welt bringen. Was wenn es genau das ist. Kannst du das leugnen? Kannst du mit Sicherheit sagen, dass zwischen diesen drei Aurenstrahlen, der Visionen und meiner Qualen kein Zusammenhang besteht? Kannst du das wirklich leugnen Hawke?<<
Er schwieg.
Das schien für Sinna Antwort genug zu sein, um aufzustehen und zu verschwinden, doch Hawke griff nach ihr und zog sie einfach wieder zu sich.
>>Vergiss es. Egal was du gerade vor hast. Vergiss es.<<
>>Du musst mich zurücklassen Hawke. Lass mich zurück in die Anstalt.<< bad sie mit gequält brüchiger Stimme.
Doch einen Teufel würde er tun.
>>Nein<<
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