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Einundzwanzig

Wie paralysiert starrte ich auf meine Arme. Ich musste mich ablenken, also zählte ich.

Ich begann mit dem rechten Arm.

Eins, zwei dünne Narben. Durch meine helle Haut stach das Weiß nicht so hervor.

Drei, vier. Beide etwas dicker, noch etwas rötlich. Das brachte mein Teint dafür umso besser zur Geltung.

Jetzt der linke Arm. Ich begann von der Armbeuge abwärts. Eins, zwei drei, vier, fünf, sechs Dünne. Ich war Rechtshänderin. Mit rechts war es immer leichter gegangen. Dann sieben und acht am Handgelenk, ganz dicht beieinander, dick und wulstig und noch immer rot. Ich hasste sieben und acht.

Meine Gedanken verstummten trotz des Zählens nicht. Stattdessen kreisten sie unablässig um meinen Abgang. Jetzt wusste er es. Das lieferte ihm die Erklärung für all seine Fragen über mein rätselhaftes Verhalten. Vom einen Moment auf den anderen steckte ich endgültig in dieser Schublade. Ich war nicht länger ein Mensch, sondern eine Verrückte, eine Kranke, eine Gestörte.

Warum hat man sie überhaupt wieder auf die Welt losgelassen?, würde er sich fragen. Los, sperrt sie wieder ein. Ihr seht doch, wie labil sie ist. Nicht mal mit Menschen kann sie normal sprechen.

Ich wollte ihn nie wieder sehen. Nie, nie wieder. Das versuchte ich mir jedenfalls einzureden. Wenn ich allerdings ganz still war und in mich hineinhorchte, dann spürte ich dort, auf Höhe meines Herzens ein zaghaftes Ziehen. So sehr ich mich auch vor dem Moment der Konfrontation fürchtete, insgeheim war mein größter Wunsch, mich jemandem anzuvertrauen. Ich wünschte mir, dass mir einmal jemand zuhörte und nicht nur mit den Ohren verstand. Ich wünschte mir, dass nur einmal niemand meine Worte hinterfragte oder gar in Frage stellte. Nur einmal wollte ich mit jemandem in meinem Alter sprechen. Nur einmal. Nur einmal gefunden werden, ohne zu schreien. Einmal gefunden werden, ohne dass jemand einen Aufstand machte und sämtliche im Telefonbuch vermerkten Ärzte kontaktierte. Nur einmal weinen, ohne das Gefühl zu haben, es sei eine Bestrafung, dass ich danach Medikamente nehmen musste.

Nur einmal.

Die Beine dicht an den Körper gezogen, den Rücken an die Wand der Umkleide gepresst, versuchte ich alles in mir zu ersticken. Den Schmerz. Die Panik. Das Zittern. Die Einsamkeit.

Die ganze Zeit hatte ich geglaubt, geheilt zu sein. Noch labil, aber geheilt. Selbst nach meinem ersten Tag im Café war es schneller aufwärts gegangen als üblich. Meine soziale Angst hatte ich sogar ein wenig abgebaut und auch Helen war schließlich der Meinung, dass das Eis etwas aufgebrochen war. Doch jetzt, wo sich die Ereignisse überschlugen und ich kaum Zeit hatte, Luft zu holen zwischen all den Katastrophen, musste ich feststellen, dass ich noch immer kaputt war. Ich war ein psychisches Wrack. Vielleicht hatte man das Wasser heraus geschöpft, aber das Leck hatte niemand repariert. Und nun sickerte immer mehr Wasser hinein und nichts und niemand wusste es zu stopfen.

Weil da niemand ist, schoss es mir durch den Kopf. Es stimmte. Ich brauchte keinen Psychologen mehr, um zu erkennen, was mir fehlte. Meine eigenen Gedanken zeigten es mir unmissverständlich. Was ich brauchte, war kein Neuanfang. Auch keine Ablenkung. Ich benötigte Menschen, in deren Anwesenheit ich mich nicht einsam fühlte. Jemand, der mir zur Seite stand und nicht krampfhaft versuchte, gegen meine Krankheit anzukämpfen, als wäre sie eine Seuche oder ein Parasit. Natürlich könnte mich das nicht gänzlich heilen, aber ich spürte ganz tief in mir, dass es mir dazu verhelfen konnte, einen weiteren großen Schritt zu machen. Das erste Mal in meinem Leben wusste ich, was es bedeutete, wenn Leute davon sprachen, dass ihr Herz ihnen etwas sagte. Meines schrie laut nach einem offenem Ohr. Nach einer Ich-lass-dich-nicht-mehr-los-Umarmung. Die Sache hatte nur einen Haken: Es gab niemanden, der dafür in Frage kam.

Endlich löste sich eine Träne aus meinem rechten Auge. Ich hatte fast schon darauf gewartet und darauf hingefiebert, endlich den Ballast loszuwerden; Druck abzulassen.

Als hätte ich damit den Spielbeginn angepfiffen, spürte ich ganz leicht ein Pulsieren unter meiner Haut. Damit schwand auch meine letzte Hoffnung darauf, dass meine Magie nachgelassen haben oder gänzlich verschwunden sein könnte. Verzweifelt vergrub ich den Kopf in den Händen. Doch nicht jetzt! Warum ausgerechnet jetzt? Nicht jetzt. Einen Ausbruch von überschüssiger Energie konnte ich nun wirklich nicht gebrauchen.

Wie immer wanderte der Druck von Ort zu Ort, bis zu meinen Fingerspitzen. Erst als ein ersticktes Schluchzen meiner Kehle entrannt, entwich die Energie langsam. Mit jeder Träne, jedem Schluchzer entließ mein Körper etwas des Drucks.

Immer wieder erklangen Schritte oder Stimmen um mich herum. Um meine Laute zu dämpfen, ballte ich die Hand zur Faust und steckte sie mir in dem Mund. Zusätzlich biss ich auf meine Finger, doch ich traf nur auf Knochen, harte empfindliche Knöchel, und so ließ ich es bald wieder sein.

Von irgendwoher näherten sich schmatzende Schritte. Noch einmal überprüfte ich, ob ich abgeschlossen hatte.

Ich weinte noch ein bisschen, bevor ich mich von der harten Bank erhob und mir die tränennassen Haarsträhnen aus dem Gesicht strich. Ich warf nur einen flüchtigen Blick in den Spiegel. Nur eine Sekunde zu lang und es konnte passieren, dass ich bei meinem Anblick schon wieder in Tränen ausbrach. Dabei bestand mein Plan jetzt einzig und allein daraus, zu verschwinden. Vermissen tat mich ja ganz offensichtlich ohnehin keiner. Oder wie sonst sollte ich mir erklären, dass es niemand für nötig hielt, nach mir zu suchen? In meiner Lieblingsserie wäre jetzt mindestens eine Person durch die Gänge gelaufen und hätte meinen Namen gerufen.

Tja, leider lief die Realität nicht immer so.

Als die Rötung um meine Augen etwas verblasst war, fühlte ich mich wieder einigermaßen gewappnet für die Außenwelt. Vorsichtig öffnete ich die Tür und spähte hinaus in den Gang.

Ich erlitt fast einen Herzinfarkt. Im Flur stand Duncan und schien nach etwas oder jemandem Ausschau zu halten. Gerade rieb er sich in einer ratlosen Geste den Nacken.

Bevor ich wieder in der Umkleide verschwinden konnte, hatte er mich entdeckt.

Einen Wimpernschlag lang starrten wir uns wortlos an. Ich wusste nicht, ob ich hinaus, auf ihn zu gehen oder mich wieder in der Umkleide verbarrikadieren sollte. Unentschlossen blieb ich in der Tür stehen.

»Hier bist du«, stellte Duncan fest und ließ die Hand sinken. Er klang nicht vorwurfsvoll, aber irgendetwas Negatives sprach aus seinem Tonfall, auch wenn es vielleicht nicht direkt mir galt. Wobei ich mich auch gut irren konnte.

Er suchte meinen Blick und ich rechnete es ihm hoch an, dass er bisher noch kein einziges Mal meine Arme angestarrt hatte. »Jules...« Die Wort blieben in der Luft hängen. Er machte keine weiteren Anstalten, etwas zu sagen, blieb jedoch an Ort und Stelle stehen und schaute mich weiter an.

Ich blieb noch einen kurzen Moment lang regungslos stehen, dann nahm ich mich zusammen und deutete mit dem Daumen hinter mich, in Richtung der Schließfächer. »Tut mir leid, dass du das sehen musstest. Ich gehe dann besser«, sagte ich flach und drehte mich um.

»Jules, warte.«

Ungeachtet seiner Bitte lief ich los. Ich konnte das nicht; diese unangenehme Stille, das hilflose Starren. Wir wussten beide nicht, was wir mit dem jeweils anderen anfangen sollten. Es war also besser, wenn ich schleunigst von hier verschwand. Damit ersparte ich uns beiden weitere Minuten des befangenen Schweigens.

Duncans Schritte hinter mir platschten auf den feuchten Fliesen. Obwohl ich nicht wollte, dass er mir folgte, fühlte ich mich ein klein wenig besser. Ein klein wenig mehr beachtet. Ein klein wenig mehr, als bedeutete ich jemandem etwas. Aber das war wahrscheinlich nur Einbildung.

An den Schließfächern angekommen blieb ich stehen und versuchte mit zitternden Fingern das Armband mit dem Schlüssel von meinem Handgelenk zu entfernen. Aus den Augenwinkeln sah ich Duncan näherkommen. Ich fluchte, doch je hektischer meine Bewegungen wurden, desto öfter entglitt das Gummi meinen schweißnassen Fingern.

Duncan kam neben mir zum Stehen, schien jedoch darauf bedacht, etwas Abstand zwischen uns zu wahren. Ich war ihm mehr als dankbar dafür. Andernfalls hätte er mir jede Luft zum Atmen geraubt.

»Soll ich dir helfen?«, bot er an. Seine Stimme krächzte ein bisschen wie die einer Krähe.

»Nein.« Ich wollte ein »Danke« hinterher schieben, aber ich brachte keinen Ton mehr heraus.

Als sich endlich der Verschluss öffnete, fiel mir das Armband aus den zittrigen Händen. Ich wollte mich bücken, um es aufzuheben, aber Duncan kam mir zuvor. Schweigend schloss er meinen Spind auf und ließ den Schlüssel im Schloss stecken. Wieder hätte ich mich bedanken sollen, doch mein Mund war wie ausgetrocknet. Die Zunge klebte mir am Gaumen und machte mir das Sprechen unmöglich. Um wenigstens irgendetwas zu tun, zog ich unbeholfen meine Tasche heraus und schulterte sie, wobei sie mir zweimal fast herunterfiel.

Ich drehte mich zu einer der Umkleiden um, verharrte allerdings für einige Sekunden in dieser Position. Duncan schien meine stumme Botschaft zu verstehen.

»Du kannst nicht gehen«, durchbrach er die Stille.

Endlich fand ich meine Sprache wieder. »Natürlich kann ich«, fauchte ich. Jetzt traten mir wieder Tränen in die Augen. Hinter meinen unteren Lidern zogen bereits die ersten Soldaten in die Schlacht um ihre Freiheit.

»Und wie kommst du nach Hause?«

Verdammt. Ich biss mir auf die Unterlippe. Das bedeutete wohl oder übel, dass ich Helen und Jason Rede und Antwort würde stehen müssen, wenn ich mit ihnen zurück nach Gloamwood fahren wollte. »Sorry.« Ich fuhr mit den Fingernägeln über den rauen Stoff des Tragegurts meiner Tasche. »Ich geh mich trotzdem umziehen und dann warte ich draußen.«

»Ich warte mit dir.«

»Nein. Ich bin kein kleines Kind. Ich kann alleine warten«, sagte ich bestimmt.

»Warum darf ich nicht trotzdem mit dir warten?«

»Warum willst du unbedingt mit mir warten?«

Duncan sah mich weiter an, aber er antworte nicht. Dann – ob unbewusst oder bewusst, um mir ein Zeichen zu geben – wanderten seine Augen nun doch zu meinen Unterarmen.

Ich seufzte schwer. »Ich werde mich nicht vor ein Auto werfen, sobald ich dort draußen alleine bin. Und ich werde auch kein Messer aus meiner Tasche ziehen und mir die Hauptschlagader durchschneiden oder mir irgendetwas anderes antun.« Duncan erwiderte meinen Blick ohne jede Gefühlsregung. Außer Schock vielleicht. Ja, definitiv Schock. Er war nicht überzeugt. Ganz und gar nicht. Das sah ich ihm an. »Diese Narben sind alt. Sie sind nicht von vor ein paar Tagen oder Wochen, sondern Monate alt. Und soll ich dir mal was sagen?«

Er hob erwartungsvoll die Augenbrauen.

»Ich hatte in den letzten zwei Wochen genug Gründe, mir etwas anzutun. Und soll ich dir noch etwas sagen?« Diesmal wartete ich seine Antwort nicht ab. »Ich habe es nicht getan.«

Seine Miene blieb unergründlich. Die einzige Bewegung, die ich an ihm erkennen konnte, war ein Schlucken, bei dem sich sein Kehlkopf ungewöhnlich langsam bewegte. Nicht, dass ich jemals genau darauf geachtet hätte. »Darf ich trotzdem mit dir warten?«

Ich haderte mit mir. Was, wenn er Fragen stellen würde? Über meine Narben, meine Vergangenheit. Die ganze Zeit hatte ich tief in mir den Wunsch verspürt, mich jemandem anzuvertrauen, aber jetzt, wo es tatsächlich dazu kommen könnte, wurde mir ganz anders.

Nur ... war es nicht irgendwie auch einfach ... nett, dass Duncan freiwillig mit mir warten wollte? Und wie wollte ich mich weniger einsam fühlen, wenn ich alle Versuche meiner Mitmenschen, nett zu sein, sofort unterband?

»Na gut.« Es fühlte sich falsch an zu verneinen, und es hieß schließlich, dass man auf sein Herz hören sollte. Ob das stimmte, konnte ich ja jetzt herausfinden.

»Gut.« Duncans Tonfall klang optimistisch. War das seine Methode zur Problembewältigung? Einfach tun, als sei alles super? Bestimmt effektiv. »Dann ziehe ich mich auch an und hole vorher dein Handtuch aus dem Bistro.«

»Danke«, brachte ich das erste Mal an diesem Abend heraus. Es war kaum mehr als ein Flüstern.

Duncan lächelte mit zusammengepressten Lippen.

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