Kapitel 92
Fassungslosigkeit windet sich seine Wege in mein Innerstes und für einen Augenblick scheint es das Einzige zu sein, das in diesen vier Wänden existiert. Mein Mund steht mittlerweile natürlich so weit offen, als würde ich gleich ein ganzes Ei mit einem großen Happs verschlingen wollen, aber ich bin zu geflasht, um auch nur einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden. Obwohl sich mein Kopf gerade anfühlt wie ein leerer, ungefüllter Hohlraum, wird mein System nämlich dennoch von der Tatsache dominiert, dass ich nie im Leben erwartet hätte, dass Daimon so weit gehen würde.
Mir war zwar bewusst, dass unser kleiner Meinungskampf nicht einfach wird, doch ich hatte mich eigentlich schon als Siegerin eingeplant. Immerhin halte ich hier die Karten in der Hand und sollte deshalb auch die Macht haben, Daimon vor dieser Dummheit zu bewahren. Ohne meine besonderen Fähigkeiten würde dieser Plan schließlich überhaupt nicht funktionieren und deshalb hatte ich felsenfest vor, das zu meinem Vorteil zu nutzen und standhaft zu bleiben.
Doch mit dieser Wunschsache ändert sich plötzlich alles und ich hasse mein Herz dafür, dass es mich dazu verleitet nachzugeben. Na schön, vielleicht ist es ein wenig unfair allein dem pochenden Ding in meiner Brust die Schuld an dem bevorstehenden Chaos zu geben. Immerhin spielen mein Ehrgefühl und die Tatsache, dass ich mir doch noch einen letzten Rest Hoffnung bewahrt habe auch noch eine große Rolle. Denn egal wie notwendig es ist mein Feuer für die Massentötung der Koslower einzusetzen, allein beim Gedanken daran sträubt sich trotzdem alles in mir und ich kann nur hoffen, dass ich diese Mission erfüllen könnte, wenn ich erst einmal Auge um Auge mit ihr im Ring stehe.
Erst jetzt fällt mir auf, dass ich nicht mal eine anständige Überlegung dazu angestellt habe, Daimons Wunsch doch noch abzulehnen. Und obwohl das teilweise aus selbstsüchtigen Gründen geschah, ist mein Widerwille gegen einen derartigen Vertrauensbruch doch die stärkere Partei. Meiner Meinung nach habe ich nämlich, als ich den Spielregeln in dieser Bar zustimmte, auch das Versprechen gegeben, ihm seinen Gewinn am Ende auch zuzugestehen.
Ich kann also nicht einfach ,,Nein" sagen, ohne mir dabei vorzukommen als würde ich unser gemeinsames Band in Stücke sägen. Denn das was ich trotz all meiner Vorbehalte und Ängste am meisten an unserer Beziehung schätze ist die Tatsache, dass ich mich bei ihm fallen lassen kann, obwohl mir meine zynischen Stimmen davon abraten. Ich vertraue ihm auf einem Level, das nur wenige Menschen zuvor bei mir erreicht haben und ich weiß, dass es ihm ebenso geht. Denn er hat nicht nur sein Leben mehrmals in meine Hände gelegt, sondern mir auch sein allergrößtes Geheimnis zusammen mit seiner schlimmsten Schmerzensquelle wie ein Geschenk überreicht. Und ich habe es ihm gleich getan.
Jetzt also ein unterschwelliges Versprechen zu brechen, kommt mir vor als würde ich das Fundament unserer Verbindung zertrümmern und dabei zusehen wie es in sich zusammenfällt. Also muss ich mich wohl einmal in meinem Leben damit abgeben nicht der Logik zu folgen, sondern tatsächlich auf den bescheuerten ,,Hör auf dein Herz"-Allzweckratschlag zu hören. Ich kann nur hoffen, dass das kein Schuss ins Bein wird, denn um ehrlich zu sein habe ich jetzt schon eine Höllenangst davor Daimon in irgendeiner Art zu verwunden. Noch bin ich nicht sicher für welche Methode ich mich entscheiden soll, aber vielleicht wäre es sowieso besser, wenn ich erstmal die angespannte Statue vor mir von ihrem Leid erlöse.
>>Nur damit du es weißt, tief im Inneren nehme ich dir diesen gemeinen Trick krumm<<, erwidere ich mit knirschenden Zähnen, obwohl er es eigentlich nicht verdient hat, noch länger auf die Folter gespannt zu werden. Immerhin hat er sich nichts mehr zu Schulden kommen lassen als für seine Meinung einzustehen und dabei ganz legal seinen Gewinn einzusetzen. Aber da er mir trotzdem in meine Pläne funkt und mich damit mehr als überrascht hat, kann ich mir diese kleine Gemeinheit einfach nicht verkneifen. Er kann wirklich von Glück reden, dass der Plan nicht ganz hoffnungslos ist und was die Erfolgschancen angeht gerade mal einen Minisprung hinter dem anderen liegt. Ansonsten wäre ich vielleicht dazu gezwungen, ihn mit irgendwelchen tückischen Mitteln zu einer Annullierung des Wunsches zu verführen. Und auch wenn diese Methode jetzt ebenfalls nicht ganz flach fällt, werde ich mit einem kurzen Appell an seine Vernunft vorliebnehmen.
>>Aber ich werde mein Versprechen dennoch nicht brechen, obwohl ich immer noch kein Freund von der Idee bin dir eine Verletzung zuzufügen und dich damit in Gefahr zu bringen. Ich meine, es ernst... Hast du dir das auch wirklich gut überlegt? Bist du dir der Sache bewusst, dass ich dich vielleicht aus Versehen töten könnte? Ich bin es nämlich und deshalb gebe dir jetzt eine letzte Chance deinen Wunsch zurückzuziehen<< Herausfordernd schaue ich ihm in die Augen und er erwidert den Blick mit derselben Standhaftigkeit, die wohl auch in meinen Iriden funkelt.
>>Ich werde jetzt keinen Rückzieher machen, Flämmchen. Wir werden das zusammen durchziehen – genauso wie bei jedem Angriff zuvor<<, stellt er klar, während eine seiner Hände zu meiner Schulter wandert und sie im richtigen Moment einmal kurz drückt. Man sollte meinen, dass diese Geste nichts weiter wäre als eine distanzierte Art Verbundenheit auszudrücken, aber tatsächlich kann ich dabei fast spüren wie das Band zwischen uns rhythmisch pulsiert.
Okay, das klingt vielleicht etwas schräg, aber es täuscht trotzdem nicht über die Tatsache hinweg, dass ich ihn am liebsten auf der Stelle geküsst hätte. Aber wie heißt es so schön: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Und in diesem Fall muss ich immer noch die beste Möglichkeit unserer Koslower-Anlock-Methode herauspicken, damit wir unseren Plan so schnell wie möglich in die Tat umsetzen können.
Mein Gehirn beginnt sofort wie auf Hochtouren zu rasen und es dauert nicht lange bis ich alle Möglichkeiten, die mein Feuer betreffen ausgeschlossen habe und stattdessen auf eine vielfältige Auswahl an Eisdolchmöglichkeiten blicke. Das Problem ihn einfach irgendwo mit einer Klinge zu verletzen ist nur, dass ich nicht einschätzen kann, wie ernsthaft die Wunde sein muss, damit die Koslower angestürmt kommen, um Daimon zur Hilfe zu eilen. Würden sie ihn extra zu einer Person mit Arztkenntnissen bringen, wenn ich ihm ,,nur" ins Bein steche oder werfen sie mir einfach ein paar Rollen Verbandmull zu und die Sache ist erledigt? Zuzutrauen wäre es ihnen, zumal ich es wahrscheinlich sowieso nicht über mich bringen würde allzu tief zuzustechen. Doch eine lebensgefährliche Bauchwunde, bei der sie ihn einfach medizinisch versorgen lassen müssten, werde ich erst gar nicht in Betracht ziehen, da das Risiko zu hoch ist eine wichtige Arterie oder gar ein Organ zu treffen. Verdammt! Eigentlich ist mir die Chance, dass er auf tragische Weise verblutet bei jeglicher Wunde zu hoch, aber er muss in irgendeiner Art und Weise in Gefahr schweben, damit das funktioniert.
Zuerst dachte ich ja daran einfach ein Feuer in diesem Raum zu entzünden, doch das würde zu der Evakuierung aller führen. Und was im ersten Moment wie ein Riesenerfolg klingt, ist eigentlich ein mittelgroßes Desaster. Denn obwohl das Chaos eine gute Möglichkeit für eine Flucht wäre, kann es ebenso schnell für das Scheitern der Mission sorgen. Zum einen laufe ich nämlich Gefahr einen von uns auszuschalten und zum anderen werden mehr feindliche Soldaten anrücken als für einen medizinischen Notfall. Das heißt ich muss mich durch mehr Koslower kämpfen, was es wiederum noch ein Stückchen schwieriger macht mich bis zum Ausgang durchzuschlagen.
Ihn nur zu bedrohen wird wahrscheinlich auch nicht ausreichen, da die Koslower mir meine Lasst-mich-raus-oder-der-Prinz-stirbt-Show sowie so nicht abkaufen würden. Immerhin stehen die Chancen verdammt gut, dass die Faimongerüchte selbst bis ins Nachtbarland gedrungen sind und meine mittelmäßigen Schauspielkünste werden wohl kaum über die Tatsache hinwegtäuschen, dass ich ihn eigentlich nicht verletzen möchte. Und das wiederum bringt mich dann wieder zu meinem Eisdolch, der wohl die einzige Möglichkeit darstellt, hier irgendwie herauszukommen. Jetzt braucht Daimon nur noch eine Erklärung wie zur Hölle er es geschafft hat, sich in diesen vier Wänden zu verletzten, ansonsten dichten sie ihm vielleicht doch eine Zusammenarbeit mit mir an.
Suchend fährt mein Blick durch den Raum, doch selbstverständlich bleiben meine Augen an keinem einzigen spitzen Gegenstand hängen. Schließlich wollen die Koslower verhindern, dass wir sie bei dem Trip zu unserem tragischen Tod irgendwie verletzen. Gerade als ich die Sache aufgeben möchte, bleibe ich an dem Tablett hängen, das auf der altersschwachen Matratze drapiert wurde und ein Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht auf. Glasflaschen – unverzichtbar, wenn sie sich nicht die Mühe machen wollen jedem von uns einzeln einzuschenken und zudem das einzige Material in dem Getränke heute noch verpackt werden. Die Plastikindustrie ist schon vor langer Zeit ausgestorben und ich glaube diese Tatsache wusste ich noch nie in meinem Leben so sehr zu schätzen wie heute.
Man könnte jetzt natürlich behaupten, dass das eine verdammt nachlässige Aktion von den Koslowern ist, weil sich jeder Trottel daraus eine halbwegs vernünftige Waffe basteln kann. Aber selbst mit dem aktuellen Geräuschpegel wird das Geräusch von zerbrechendem Glas die Wachen wohl ordentlich aufscheuchen und auch wenn es irgendwie untergehen sollte... Die feindlichen Soldaten haben sicher genug funktionale Gehirnzellen, um vor dem Betreten des Kerkers durch die kleine Schiebetür zu blicken und den Zustand der zwei Glasflaschen zu überprüfen.
Schnell setze ich all meine Fragmente des Plans zusammen und lege mir zusätzlich einen groben Weg für meine Flucht zurecht. Währenddessen beobachtet mich Daimon einfach schweigend und wartet darauf, dass ich ihn in meine Ideen einweihe. >>Okay, ich weiß wie wir es anstellen werden<<, flüstere ich ihm dann kurz darauf zu und in seinen Augen flackert ein kurzes Anzeichen von Angst auf. Auch mein Herz hat sich mittlerweile einen schnelleren Klopfrhythmus ausgesucht, doch ich bin entschlossen diese Mission erfolgreich durchzuziehen. Und ein Blick in Daimons Gesicht reicht, um zu erfahren, dass wir in dieser Sache einer Meinung sind.
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>>Mach schon<<, fordert der Prinz mich auf, der abgeschirmt von meinem Körper in einer Ecke des Kerkers hockt. Die anderen unserer vorrübergehenden Mitbewohner werfen uns zwar mittlerweile seltsame Blicke zu, doch bisher hat nicht mal meine nervige Schwester es gewagt in meine Pläne zu funken. Das liegt aber nur daran, dass sie zu beschäftigt damit ist zwei der anderen Erwählten die Ohren voll zu quengeln und den Lautstärkepegel in unserer Zelle immens nach oben zu treiben. Im ernst, warum die Koslower sie noch nicht mit einem Dolch bedroht haben, um ihre hohen Meckertöne zu unterbinden, ist mir schleierhaft.
Schnell schüttle ich meinen Kopf, um die unnötigen Gedanken zu vertreiben, die sich gerade nur allzu gerne bei mir einschleichen, weil ich mich einfach nicht der Tatsache stellen möchte, dass ich Daimon gleich in die Wade stechen werde. Gerade hebe ich meine Hände in die richtige Position, um eine Eiswaffe hervorzurufen, als sich die Finger des Prinzen blitzartig um meine legen. >>Obwohl wenn ich es mir recht überlege, warte noch eine Sekunde...<<, bittet er mich und sein Blick intensiviert sich mit jedem einzelnen Blinzeln, bis ich nur noch wie eine atemlose Statue vor ihm sitzen kann.
>>Ich hoffe du kannst nachvollziehen, dass ich das noch einmal tun muss und hältst mich nicht für einen missionsgefährdenden Trottel<< Bevor ich überhaupt den Sinn seiner Worte richtig in mir aufnehmen kann oder sich die Angst vor einer weiteren Dummheit in mir entfacht, liegt sein Mund auch schon auf meinem. Ein überraschter Ton entflieht meinen Lippen, wird im Zuge des Kusses aber nur als ,,Hmpff" übertragen. Sofort spüre ich Daimons zufriedenes Lächeln, bevor er den sowieso schon stürmischen Kuss noch ein wenig anheizt, so dass ich tatsächlich kurz davor bin in seiner Gegenwart, im wahrsten Sinne des Wortes, zu einer Pfütze zu zerschmelzen.
Mir ist nämlich auf einmal enorm heiß und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass sich meine Feuerkräfte aus Versehen aktiviert haben, doch dann würden wir beiden schon längst in Flammen stehen. Endlich schüttle ich meine Starre ab und erwidere den Kuss, der mich so sehr an unseren ersten kurz nach dem zweiten Angriff erinnert. Denn die Verzweiflung, die dabei mitschwang, ist mir bis heute ins Gedächtnis gebrannt und auch der schmerzliche Gefühlscocktail, der mit dieser Emotion Hand in Hand geht, ist präsenter als je zuvor.
Beinahe krampfhaft klammere ich mich an seine starken Schultern, weil ich Angst habe, dass dies das letzte Mal sein wird. Das letzte Mal, dass er mich mit seinen Lippen fast um den Verstand bringt. Das letzte Mal, dass ich diesen befreienden Geruch nach frischem Regen einatme. Das letzte Mal, dass ich mich vollkommen fallen lasse und keine Angst haben muss an irgendwelchen Felsen zu zerschellen, weil ich weiß, dass er mich auffangen wird. Auch seine Hand streicht unruhig durch meine Haare und obwohl ich weiß, dass es Zeit wird in die Realität und all ihre Probleme zurückzukehren, möchte ich am liebsten für immer in dieser Blase schweben, die nur aus Leidenschaft, Vertrauen und Geborgenheit zu bestehen scheint.
Schließlich lösen wir uns doch schweratmend voneinander und sofort kehrt mein schlechtes Gewissen mit aller Macht zurück. Du hast es vergeigt deinem Team eine wichtige Information, die über Leben und Tod bestimmt, weiterzugeben und jetzt vergeudest du auch noch wertvolle Zeit mit einer Knutschaktion? Was ist bloß los mit dir?, schreien die zynischen Stimmen in meinem Inneren und ich hätte mir am liebsten die Ohren zugehalten. Sofort fokussiere ich mich wieder auf die Mission, doch die Angst Daimon zu verlieren oder doch zu versagen pocht wie ein zweiter Herzschlag in meinem Hinterkopf und treibt mich weiter an.
In diesem Moment bildet sich der Eisdolch wie von selbst in meiner Hand und ich werfe Daimon einen bedeutungsvollen Blick zu, während ich gleichzeitig hoffe, dass niemand anders den Gegenstand im Schutz meines Rückens identifizieren kann. >>Eigentlich sollte ich dich jetzt anmeckern und sagen, dass dieser Kuss eine hirnlose Aktion war, aber wenn ich ehrlich bin, schwirrt mir schon längere Zeit dasselbe im Kopf herum<<, lasse ich ihn wissen, während ich mit meinem Finger über das spitze Ende der Klinge fahre, um zu überprüfen, ob sie für diese Aufgabe gewappnet ist.
Zufrieden nicke ich, während ich immer noch spüre wie Daimon mich mit seinen Blicken durchbohrt. Doch ich weigere mich, ihm noch einmal in die Augen zu sehen und somit vielleicht erneut von dem Braun in einen Bann gezogen zu werden. >>Bereit?<<, wispere ich so leise wie möglich, da ich so langsam immer unruhiger werde. Den Beweis meiner Kräfte in einem winzigen Raum zusammen mit sieben Unwissenden in den Händen zu halten, bringt mich fast um den Verstand. Blöderweise lässt sich dieses Gefühl auch nicht einfach so abschalten, weil es so tief in meinem Inneren verankert ist, dass es wohl Jahre dauern würde, um diese Eigenschaft restlos aus mir herauszukratzen. Zudem ist auch das Ticken einer unsichtbaren Uhr in meinem Kopf wieder präsent und treibt mich zur Eile an. Schließlich kann weder ich noch Daimon genau sagen, wann die Koslower uns für ihre große Show abholen werden und um einen Plan mit einer ganzen Gruppe zu erarbeiten braucht nun mal ebenfalls ein wenig Zeit.
In diesem Moment spüre ich wie Daimon einen Finger unter mein Kinn schiebt und es mit leichtem Druck anhebt, so dass ich ihm kurz darauf in die Augen sehen muss. Das Braun funkelt stürmisch, aber gleichzeitig hat sich ein ernsthafter Zug auf seinem Gesicht niedergelassen und ich kann nicht verhindern, dass mein Herz noch ein wenig lauter pocht. >>Keine Sorge, du kannst gleich deinen sadistischen Machenschaften nachgehen Flämmchen, aber zuerst muss ich noch etwas loswerden...<< Die kurze Sprechpause und der tiefe Atemzug, die darauf folgen, lassen meine Augen augenblicklich ein Stück größer werden. Plötzlich habe ich trotz der kurzen Stille nämlich eine ziemlich genaue Vorstellung davon, was jetzt folgen wird und für einen Augenblick flackert das Gespräch mit Rocelyn in meinem Verstand auf.
>>Fait, ich glaube, ich -<< Schneller als Daimon es wahrscheinlich realisieren kann, liegt meine Hand auf seinem Mund und hindert ihn am weiter sprechen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass nicht mal ich gerade erfassen kann, wie mein Körperteil da so plötzlich hingekommen ist. Nichts desto trotz weiß ich keine Sekunde später, warum dieser Akt bei mir wie ein eigenartiger Reflex einsetzte. Es ist nicht so, dass ich Angst hätte die Worte zu hören, – Gott, nein! Obwohl meine romantischen Gene schon irgendwo im Mutterbauch abgestorben sein müssen, habe ich mich trotzdem danach gesehnt, dass meine tiefste Angst unbegründet ist – aber ich kann ihnen nun mal nicht jetzt lauschen.
Nicht wenn einer von uns beiden heute die Augen schließen könnte und sie nicht wieder aufschlägt. Nicht wenn ich doch noch meinen Plan B ausführen muss und ihn anschließend vielleicht nie wieder sehe. Nicht wenn alles in mir Amok läuft und mir das Ganze noch eine weitere Angst durch meinen Körper rasen lässt. Denn obwohl man verglichen mit der früheren Fait, die sich verbissen dagegen wehrte, bestimmte Gefühle zuzulassen, durchaus Fortschritte bei mir verzeichnen kann, bleibt ein kleiner Rest der Angst, es selber auszusprechen und mein letztes Herzstück für immer aus den Händen zu geben, doch bestehen. >>Sag es mir, wenn wir diese Nacht beide lebend überstehen<<, bitte ich ihn deshalb und für einen Augenblick sieht es so aus, als würde er gleich meine Hand von seinem Mund zerren und weitersprechen. Doch dann nickt er einfach nur, während er mich nachdenklich betrachtet.
>>Und jetzt ziehen wir es bitte endlich durch, ansonsten mache ich vielleicht doch noch einen Rückzieher<<, setze ich noch hinzu und umklammere das kühle Eis in meiner Hand noch ein wenig fester. Dafür ernte ich ein weiteres Nicken und ich bin endlich geistesgegenwärtig genug seinen Mund wieder freizugeben, um kurz darauf auch schon den Dolch zu heben und ihm einen letzten eindringlichen Blick zuzuwerfen, der hoffentlich genau das aussagt, was er mir wahrscheinlich mitteilen wollte.
Sobald er mir mit der gleichen Botschaft in den Augen begegnet und sich schon mal den Mund zuhält, um den kommenden Schmerzenslaut zu dämpfen, spüre ich wie sich alles in mir automatisch verspannt. Noch immer möchte mir meine Moral verständlich machen, dass diese Aktion nur eine gute Idee ist, wenn ich einen Aufenthalt in einer Klapse anstrebe, doch ich schiebe sie so weit wie möglich weg. Denn ich muss es jetzt tun, wenn ich verhindern möchte, dass ich doch noch meinen Plan B einsetzen muss. Also schließe ich für eine kostbare Sekunde die Augen und zeichne die Bewegung in meinem Verstand vor. Schließe alle Gefühle aus, die dabei involviert sind und konzentriere mich einzig und allein auf die Feinmotorik der Handbewegung. Dann schlage ich die Augen wieder auf, während ich gleichzeitig mit der Waffe aushole und den richtigen Punkt fixiere... Und schon saust der Dolch nieder wie ein sichtbar gewordener Paukenschlag.
Mein Herz bleibt fast stehen, als ich spüre wie die scharfe Klinge sich in sein Fleisch gräbt. Ich hoffe, dass ich keinen ungünstigen Winkel erwischt habe, denn obwohl ich im Biologieunterricht stets gut aufgepasst habe, kann mir mein gewonnenes Wissen dabei so gar nicht weiterhelfen. Einzig und allein Dans Kampftraining und seine Tipps, um einen Gegner dort möglichst scherwiegend zu verletzen geben mir eine Richtlinie, was ich möglichst vermeiden sollte.
In diesem Moment höre ich Daimons unterdrückten Schrei, der größtenteils von seiner Hand abgefangen wird und deshalb im Geräuschpegel der anderen untergehen sollte. Trotzdem wird der sich ausbreitende rote Fleck auf seiner blau-weiß karierten Flanellhose nicht lange unentdeckt bleiben und obwohl ich weiß, dass ich das Tatmittel schnellstmöglich verformen sollte, verknotet sich mein Magen bei dem Gedanken daran. Mittlerweile ist Daimon nämlich auffällig blass im Gesicht geworden und man braucht kein Verhaltenswissenschaftler zu sein, um festzustellen, dass der Prinz Schmerzen hat. Und es könnte sein, dass sich diese Empfindung noch verstärken wird, wenn ich beginne, das Eis an meine Vorstellungen anzupassen.
Trotzdem beuge ich mich meinem Schicksal und das Heft des Dolches verwandelt sich langsam aber sicher zu einem unförmigen Konstrukt mit ungeschliffenen Seiten. Dabei versuche ich die Klinge nur oberhalb der Wunde zu verformen, doch ich bin nicht sicher wie erfolgreich ich darin bin. Daimons schmerzverzerrte Miene zuckt jedenfalls nur selten zusammen und als ich kurz seine Hand drücke, weil es jetzt Zeit für mich ist, den anderen Teil des Plans auszuführen, lächelt er mich gequält an.
Sofort schnelle ich in die Höhe, während mein ganzer Körper auf Automatik schaltet. Das was jetzt kommt ist nichts weiter als Routine, die auf Aktion und Reaktion basiert, ohne dass irgendwelche Gefühle mir die Sicht vernebeln. Na ja, mal abgesehen von den gemeinen Stimmen in meinem Verstand, die mir die hässlichsten Dinge an den Kopf werfen, weil ich gerade auf einen meiner engsten Vertrauten eingestochen habe. Doch zum Glück rückt auch das in den Hintergrund, während sich mein Fokus voll und ganz auf die Mission richtet.
Zielstrebig steure ich auf das Bett zu und gerade als ich nach der Glasflasche greife, höre ich plötzlich meinen Namen aus dem Mund einer ausgewachsenen Nervensäge. >>Fait, wie kommt es eigentlich, dass du erst viel später kamst als alle anderen?<<, säuselt Trish und ein kurzer Blick zur Seite lässt mich Wissen, dass sie mich mit ihren eisigen, blauen Augen fixiert hat, >>Wolltest du etwa die große Heldin raushängen lassen und bist dann an deiner Unfähigkeit gescheitert? Wenn ja, mach dir nichts draus, es hätte eh keiner erwartet, dass du eine einfache Rettungsaktion bewerkstelligen könntest. Das wäre ja fast so, als würde man sich dich in hübsch vorstellen<<
Für einen Augenblick verharre ich in einer Schockstarre. Ich meine, was zur Hölle habe ich ihr jetzt schon wieder getan, nachdem sie mir einen Großteil des Castings die kalte Schulter gezeigt hat? Und warum hält sie die Stunden vor dem Untergang von ganz Heavensent verflucht nochmal für einen guten Zeitpunkt, um mich wieder herunter zu machen? Das Schlimmste ist, dass sie mit ihrer Einschätzung nicht einmal so falsch liegt, weshalb mein Schuldgefühlpegel sich prompt dazu entscheidet noch ein Stückchen aufzudrehen.
Obwohl ich darauf nichts erwidere, scheint Trish das nur als Anlass zu sehen, um mit ihren Ausführungen weiterzumachen. >>Und wenn ich dir noch einen Rat geben soll. Hör besser auf, dich an Prinz Daimon heranzuschmeißen, seit eurem Kuss von eben sieht er nämlich so aus, als müsste er sich jeden Moment übergeben<< Obwohl es wohl das letzte ist, was man in so einer Situation machen sollte, zucken meine Augen wie von selbst zu Daimon, der sich in der Ecke so positioniert hat, dass sein verletztes Bein von dem anderen verborgen wird. Doch auch ohne das Blut und die Verletzung sieht er aus, als wäre er nicht ganz bei sich oder würde zumindest an einer schlimmen Erkältung leiden.
Trish sieht mein Sichtwechsel wohl als Erfolg an, denn sie grinst mich überheblich an und auf einmal macht es in meinem Kopf klick. Das alles hier ist nur ein Spiel, um ihr Ego auf zu pushen und ihren Ruf vor ihren kleinen Dreckkriecherinnen zu wahren, weil sie einmal in ihrem Leben nicht bekommt was sie will. Denn obwohl sie immer weitergewählt wurde, schien sie mit keinem der Prinzen besonders eng und jetzt da sie sprichwörtlich am Boden ist, kocht das alles in ihr hoch. Schließlich ist die Tatsache von niederen Soldaten eingesperrt und in einen spärlichen Kerker gesetzt zu werden eine echte Zumutung für das kleine Prinzesschen hier. Und obwohl sie es wohl niemals offen zugeben würde, hat sie genauso viel Angst wie jeder andere im Raum.
Mit diesem Wissen straffen sich meine Schultern wieder und ich wende mich einfach von ihr ab, um stattdessen endlich nach der Wasserflasche zu greifen. >>Früher hätte es mir tief im inneren vielleicht noch einen Stich versetzt solche Worte von dir zu hören, weil du immer der Liebling unserer Eltern warst, aber jetzt trifft du damit nur noch auf Granit. Und jetzt lass mich meinen Job machen<<, erwidere ich mit gerecktem Kinn und starre ihr noch für eine Sekunde unbeugsam in die Augen. Dann hole ich mit dem Arm Schwung und lasse die Glasflasche genau in der Mitte des Raumes zerspringen.
Für einen Augenblick verstummen angesichts des Klirrens alle Geräusche und ich nicke Daimon leicht zu. Der wiederum heult in diesem Moment gequält auf und legt all den Schmerz in seine Stimme, den er vor einer knappen Minute noch zurückhalten musste. Zudem drückt er jetzt noch auf höchstdramatische Weise seine Hand auf seine Wunde und es dauert nicht lange bis sich auch diese rot färbt. Wie von der Tarantel gestochen renne ich zu ihm, wohl weißlich, dass in diesem Moment ein Wächter das Schiebefenster öffnet und einen Blick auf das vorliegende Chaos wirft.
Für diejenigen unter euch, die die einzelnen Fragmente noch nicht zu einem konkreten Plan zusammengesetzt haben, hier die Erklärung in der Kurzfassung: Da die Wachen zum einen nicht ahnen sollen, dass ich eine ernstzunehmende Waffe mit mir führe und es Daimon zum anderen in Gefahr bringen würde, wenn sie ihn mit meiner Flucht in Verbindung setzen, lasse ich die Koslower in dem Glauben eine Glasscherbe hätte ihn erwischt. Und da es verdammt schwer ist mit Absicht einen solchen Unfall zu inszenieren, bin ich mit meiner Eisdolchmethode auf Nummer sicher gegangen. Die Wunde muss nämlich nicht nur tief genug sein, sondern auch bestenfalls entstehen bevor die Soldaten ihr eingebautes Guckloch auch ausnutzen. Ansonsten würden sie nämlich ziemlich schnell bemerken, dass man so viel Unglück gar nicht haben kann.
Also lasse ich mich in diesem Moment neben den Prinzen sinken ohne dabei eine Begegnung mit den Glasscherben auf dem Boden zu machen und tue so als wäre ich eine hysterische Medizinlaie, die kein Blut sehen kann. >>Oh Gott, Oh Gott, Oh Gott<<, murmele ich laut vor mich hin, während ich mich schon daran mache Daimons unteres Hosenbein aufzureißen. Dabei enthüllt sich eine Wunde mitsamt meinem Eiskonstrukt, das nicht nur von weitem, sondern auch von nahem so aussieht, als würde eine Scherbe aus seinem Bein ragen. Eigentlich ist es aber ein umgemodelter Dolch, der nur oberhalb des Eintrittes so aussieht. Indem ich nämlich zunächst eine Waffe mit einer geschliffenen Klinge in ihn hineinstieß minimierte ich den Schmerz und die Tücke der Wunde wenigstens geringfügig – besser fühle ich mich deswegen zwar auch nicht, aber es ist wenigstens ein kleiner Trost.
Während also nicht nur ich, sondern auch der Wachmann die Wunde betrachtet, atme ich immer hektischer. >>Hilfe! Wir brauchen Hilfe!<<, schreie ich und versuche dabei ein gutes Mittelmaß zwischen Hysterie und Sorge zu finden, >>Prinz Daimon hat sich an einer Scherbe verletzt und die Wunde scheint tief zu sein. Oh Gott, hier ist so viel Blut. Was soll ich nur tun? Was soll ich nur tun?<< Mein Blick schweift immerzu von links nach rechts und wieder zurück und ich bin mir sicher, dass ich meine Rolle der panischen Ahnungslosen perfekt spiele.
Und ich weiß, dass ich jetzt zur nächsten Phase des Plans ansetzen muss, doch meine Gedärme verknoten sich bei dem Gedanken daran fast automatisch. Sobald ich diese Aktion nämlich ausgeführt habe, laufen die Sekunden in der das Verbluten immer näher rückt noch ein wenig schneller ab. Soweit wird es erst gar nicht kommen, versichere ich mir selbst und sende dabei noch ein paar Stoßgebete gen Himmel.
Noch immer macht niemand Anstalten sich ebenfalls einzumischen und so umgreife ich die Scheinscherbe mit der linken Hand und ziehe sie mit einem Ruck heraus. Daimon brüllt gequält auf, doch anders als bei mir ist es nicht gespielt. Fast gleichzeitig ruft ein verärgerter Soldat ein ,,Nicht"-Befehl und kurz darauf höre ich auch schon das Geklimper von Schlüsseln. >>Hier ist Thomas auf Posten 07. Ich brauche medizinische Versorgung. Prinz Daimon ist verletzt. Stichwunde in der Wade<<, rattert dieselbe Wache kurz darauf herunter und spricht dabei entweder mit den anderen Soldaten auf dem Gang oder in ein Funkgerät. Schnell werfe ich dem Prinzen einen Blick zu und gönne uns beiden eine letzte Sekunde in unserer Blase aus Hoffnung und Vertrauen. Dann breche ich den Bann und fast zeitgleich ist mein Verstand vollkommen leergefegt und bereit dazu mich durch die bevorstehenden Kämpfe zu lenken.
In diesem Moment höre ich wie sich die Schüssel im Schloss umdrehen und ohne meinen Beinen den direkten Befehl schicken zu müssen, richte ich mich auf und begebe mich mit wenigen Schritten zu einem Bereich neben der Tür. Dabei ignoriert Adrien, der jetzt beinahe genau neben meinen Füßen sitzt, mich fast vollständig, da seine Augen immer noch auf seinem verletzten Bruder liegen und einen Ausdruck des Schocks formen. Doch ich habe keine Zeit für ein paar beruhigende Worte, denn in diesem Moment ertönt das Klicken eines Öffnungsmechanismus und mir bleibt nur der Bruchteil einer Sekunde, um einen meiner Eissäbel in meiner Hand zu formen.
Dann schwingt die Tür auch schon auf und ich springe dem einkehrenden Soldaten in den Weg. Dieser hat nicht einmal die Zeit einen Schritt zurückzugehen, denn in diesem Moment habe ich schon meine Klinge in seinem Brustkorb versenkt und ziehe sie kurz darauf blutgetränkt wieder heraus. So als hätte ich einer Marionette die Fäden abgeschnitten sackt der dunkelhaarige Mann in sich zusammen und gibt den Blick auf einen überraschten Kameraden frei.
Trotz seines kurzfristigen Schocks schafft es der Soldat, zumindest meinen ersten Schlag zu parieren, doch seine Sinne sind anscheinend nicht auf einen Kampf ausgerichtet, denn mein Tritt gegen sein rechtes Knie trifft ihn vollkommen unvorbereitet. Der Mann gerät kurz ins straucheln und lässt seine Deckung dabei weit genug sinken, dass mein nächster Stich auch ihn direkt ins Herz trifft. Mittlerweile rast das Adrenalin wieder durch meine Adern und ich genieße den Zustand meines fokussierten Verstandes und der Ablauf vertrauter Kampfbewegungen.
Während also mein letztes Opfer noch dabei ist seinem Kamerad am Boden Gesellschaft zu leisten, schiebe ich mich schon an ihm vorbei und auf den Gang hinaus. Damit betrete ich großteilig unbekanntes Terrain, denn obwohl ich zuvor einen kurzen Blick aus dem Schiebefenster riskiert habe, ist die Sicht auf den Flur dahinter doch sehr eingeschränkt. Trotzdem bin ich auf die beiden Wachmänner, die die gegenüberliegende Zelle bewachen, bereits gefasst. Leider haben sie den Niedergang ihrer Teammitglieder mitbekommen und so hagelt bereits der erste Treffversuch auf mich ein, kaum dass ich die Schwelle übertreten habe.
Im letzten Moment schaffe ich es auszuweichen und sehe mich dabei gleich mit noch einer Klinge konfrontiert, die meine andere Seite angreift. Für einen Augenblick schient die Welt wie in Zeitlupe abzulaufen und während die Spitze des Schwerts auf mich zurast, weiß ich, dass es für ein Ausweichmanöver bereit zu spät ist. Also lasse ich mich von meinem Instinkt leiten und schütze die Stelle mit meiner Hand, die genau in dem Augenblick von einer dicken Eisschicht überzogen wird, als die Klinge auf mich niederschlägt.
Die Vibration des Treffers bahnt sich einen Weg durch meinen Körper und ich muss einen weiteren Schritt nach hinten machen, um mein Gleichgewicht halten zu können. Immerhin sorgt meine Aktion nicht nur für mein Überleben, sondern auch für eine kurze Unkonzentriertheit des zweiten Angreifers, der beim überraschend harten Aufprall wohl kurz seinen Fokus verloren hat. Diese Lücke muss ich unbedingt nutzen, doch Soldat Nummer eins hat sich keineswegs für ein kurzes Nickerchen entschieden und hegt immer noch den Wunsch mich außer Gefecht zu setzen.
Dafür steuert er einen Punkt an meiner Schulter an – wahrscheinlich um meinen Waffenarm zu schwächen und ehe ich mich versehe, finde ich mich in einer sehr unkonventionellen Kampfposition wieder. Während ich nämlich einen kleinen Schritt nach hinten mache, greift meine nun wieder unvereiste Hand nach dem Türrahmen und hebt dabei das rechte Bein zu einem hohen Kick. Und als wäre das nicht schon Multi Tasking genug, lehne ich mich mit meinem Körper auch noch ein wenig zur Seite, um in der gleichen Sekunde einen umständlichen Hiebversuch auf Soldat Numero zwei zu starten.
Und tatsächlich, durch seine Unaufmerksamkeit dringe ich durch seine Bauchdecke ein und auch der Tritt landet ins Schwarze und lässt den anderen Koslower einen Schritt zurückweichen. Jetzt da Nummer zwei weitaus größere Sorgen hat als meinen Fluchtversuch, sollte ich mich nur noch mit einem Wachmann konfrontiert sehen, doch ich bin sicher, dass bald Verstärkung anrauschen wird. Trotzdem habe ich nicht vor mich geschlagen zu geben oder eine Niederlage überhaupt in Erwägung zu ziehen, denn ich weiß, dass ich es schon irgendwie hier raus schaffen werde.
In diesem Moment erholt sich der Koslower von meinem Tritt und setzt erneut zum Angriff an, doch sein Hieb ist schnell pariert und ich bin gerade dabei eine Lücke in seiner Deckung zu suchen, als plötzlich ein ,,Achtung" durch die Luft schallt. Diesem schenke ich jedoch kaum Beachtung, da das Blut in meinem Ohren bereits so laut rauscht, dass ich nicht einmal ausmachen kann, ob diese Worte von einem Mann oder einer Frau geformt wurden. Stattdessen lege ich einen weiteren Angriff mit meinem Säbel zurecht, doch ich schaffe es nicht mehr diesen auszuführen.
Plötzlich explodiert nämlich ein grässlicher Schmerz in meiner Schädelkappe und zieht dabei bis in die Untiefen meines Gehirns. Für einen Moment bleibt mir die Luft weg und ich habe kaum Zeit nachzudenken, als bereits Schwärze am Rand meines Gesichtsfeldes auftaucht und sich von da aus immer weiter ausbreitet. Kurz durchflutet mich noch Panik, dann zucken meine Gedanken zu der Tatsache, dass nur ein Insasse innerhalb des Kerkers den Angriff ausführen konnte. Doch kaum wird mir mein Sehsinn vollständig genommen, tritt auch schon das laute Chaos in den Hintergrund und lässt mich mit einer ganz entschiedenen Frage zurück: Was ist, wenn ich bis zum Massenmassaker nicht wieder zurück in die Realität gekehrt bin? Bevor das Gefühl der Angst sich mit meiner Schuld mischen kann, hat mich die Dunkelheit bereits mitgerissen und ich kehre zum zweiten Mal an diesem Tag in ein stilles Nichts ein...
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Hey Leute ^^ Wie geht's euch so?
Ich bin ja gerade ein wenig fassungslos, weil das nächste Kapitel vielleicht das letzte ist... Oder auch das vorletzte... Darüber bin ich mir noch nicht ganz im Klaren und gut schätzen konnte ich ja sowieso noch nie...
Ach, und noch eine Frage... Wollt ihr eigentlich, dass ich eine Ankündigung mache, wenn das letzte Kapitel kommt, so dass ihr sozusagen ,,gewarnt" seid?
Tja, man liest sich!
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