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Kapitel 85

>>Ich war blind vor Liebe<<, fährt er fort, während seine Augen es auf magische Weise schaffen durch mich hindurchzusehen, aber gleichzeitig das Gefühl zu hinterlassen, als würde mich sein Blick an der nächstgelegenen Wand festbohren, >>Nicht die Art, an die man bei dieser Redewendung wohl als erstes denken würde, denn es gab niemals eine romantische Anziehungskraft zwischen mir und Elaine. Sie war vielmehr meine kleine Schwester, meine beste Freundin und mein Fels in der Brandung in einem und genau deshalb wollte ich für sie die Sterne vom Himmel holen. Ich wollte ihr Gesicht zum Strahlen bringen und ihr ihren allergrößten Wunsch erfüllen. Und dafür war ich bereit mich gegen den allergrößten Schatz meines Vaters aufzubäumen: sein heißgeliebtes Schichtsystem.

Denn für Elaine war es nun Zeit eine Ausbildung zu beginnen, aber sie wollte nicht ihrer Mutter nacheifern und in einer Küche arbeiten, sondern andere Menschen medizinisch versorgen. Schon am ersten Tag unserer Begegnung schwärmte sie von dem Beruf der Ärztin und als der Schlossarzt schließlich eine Helferin suchte... Da wollte ich alles dafür tun, damit sie diese Chance trotz ihrer Schicht wahrnehmen konnte. Also fälschte ich die nötigen Papiere für sie und natürlich bekam sie den Job, durch ihre immense Begeisterung auch.

Ich erinnere mich noch daran wie sehr ihre Augen an diesem Tag strahlten. Ich hatte sie noch nie so glücklich gesehen und ich war mir sicher, dass ich die richtige Entscheidung gefällt hatte. Aber dann, ein Jahr später ging alles den Bach runter, als sie sich Hals über Kopf in einen Patienten verliebte, der eines Tages im Krankenzimmer vorbeischneite. Ich konnte es einfach nicht glauben, als ich endlich aus hier herausquetschte, wer denn das Objekt ihres Schwärmens sei. Aus all den Menschen, die tagtäglich durchs Schloss wuselten, verguckte sie sich natürlich ausgerechnet in Géza de Bettencourt – den Kerl, den ich seit meiner ersten Begegnung schon wegen seiner schleimigen, arroganten Art am liebsten die Nase gebrochen hätte. Er ist der Sohn eines hochrangigen Beraters und lässt das auch jeden in einem Umkreis von vier Kilometern spüren, wie du sicher schon festgestellt hast. Er war so etwas wie der Arschkriecher Nummero Uno, der keine Gelegenheit ausließ meinem Vater die Schuhe zu küssen.

Wir beide haben uns gehasst und standen im ständigen Konkurrenzkampf, darum wer dem anderen bessere Sprüche um die Ohren hauen kann, ohne dass unsere Eltern dazwischen fahren. Bei dem Gedanken daran, dass er Elaine zu nahe kommt, schrillten bei mir sämtliche Große-Bruder-Schutzinstinkte, aber ich wiegte mich zunächst in Sicherheit. Immerhin ist Géza das Abziehbild eines Snobs und würde nie etwas mit einem Mädchen aus einer niedrigeren Schicht anfangen – jedenfalls hielt ich an diesem Gedanken fest, bis sich die beiden plötzlich Hals über Kopf in eine geheime Beziehung stürzten.

Ich wusste von Anfang an, dass die Sache für Elaine nicht gut enden würde und versuchte mit aller Kraft ihr die Sache auszureden, doch sie war felsenfest davon überzeugt, dass Géza der Richtige für sie sei. Jetzt wollte ich ihm natürlich noch zehnmal lieber meine Faust ins Gesicht donnern, aber ich wusste, dass ich die Freundschaft mit Elaine danach vergessen kann, also hielt ich die Füße still. Nur ab und zu wagte ich mich so weit vor, ein paar Zweifel zu äußern.

Doch anscheinend war das auch schon zu viel, denn sie warf mir regelmäßig vor, Géza keine Chance zu geben und starsinnige Vorbehalte ihm gegenüber zu haben. Wir trafen uns immer seltener, während dieser kleine Parasit jetzt immer öfters im Schloss auftauchte, um sie zu sehen. Normalerweise wohnte er nur Besprechungen bei, um von seinem Vater zu lernen oder hinterließ seine Schleimspur auf Bällen, aber jetzt schien es fast so, als hätte er sein Lager in diesen Gemäuern aufgeschlagen.

Ich änderte die Taktik und versuchte die gemeinsame Zeit mir ihr einfach nur noch dazu zu nutzen Spaß zu haben und das Géza-Thema zu meiden. Aber es war egal, was ich tat oder sagte, Elaine wandte sich immer weiter von mir ab. Es war fast so, als würde es dieser Bastard extra darauf anlegen, mir die einzige Person auszuspannen, mit der ich ein enges Verhältnis pflegte. Und wie ich später erfuhr lag ich mit dieser Vermutung gar nicht mal so falsch.

Jedenfalls, war ich wieder beinahe so einsam wie zuvor, nur mit dem Unterschied, dass ich mich jetzt 24/7 fragte, was ich hätte besser machen können oder ob es Elaine gerade gut geht. Mittlerweile könnte man uns schon fast zerstritten nennen, da sich Géza wohl einen Spaß daraus machte, ihr irgendwelche schlimmen Dinge über mich zu erzählen, die etwa so wahr sind wie die Temperaturen hier wechselhaft. Ich hätte nicht gedacht, dass sie mal einem anderen mehr glauben würde als mir, aber genau darauf schien es hinauszulaufen, denn auf meine Abwehrversuche schüttelte sie nur enttäuscht den Kopf und verschwand wieder.

Ich fantasierte jetzt immer öfters darüber Géza einfach das Gehirn zu zermatschen, aber ich wusste, dass das unsere Freundschaft auch nicht mehr kitten würde. Die Schlägerei mit ihm bekam ich dann aber tatsächlich ein paar Tage später, als er mir auf dem Flur entgegen kam und dabei das breiteste Grinsen zur Schau trug, das ich je bei irgendjemandem gesehen habe. Ich konnte seine Arroganz und sein Triumpfgefühl quasi aus seinem Mund tropfen sehen und instinktiv zog sich alles in mir zusammen. Und dann begann er zu sprechen und die Worte, die seine Lippen verließen... Sie... Er...<<

Daimons Erzählung gerät ins Stocken und ich kann ihm seinen inneren Kampf am Gesicht ablesen. Zum einen möchte er die Worte endlich rauslassen und sich jemandem anvertrauen, aber zum anderen verklebt ihm gerade jede Silbe die Kehle und ihn überwältigt ein Schmerz, der ihn zum Aufgeben drängen will. >>Ich weiß, wie sehr es weh tut<<, flüstere ich ihm zu, als er seinen Satz auch Sekunden danach nicht beendet, >>Ich wollte mein tiefstes Geheimnis schon tausende Male jemandem anvertrauen, allen voran Rocelyn, aber immer wenn ich den Mund öffnete und die ersten Worte formte... Da fraß sich etwas durch meine Brust und es war so schrecklich stark, dass ich mich sofort wieder von der Idee entfernte. Es fühlte sich an, als ob sich alle negativen Gefühle zu einem Klumpen zusammenballten und mich dann von innen zerdrückten. Ich kann dir also gar nicht sagen, wie sehr ich es bewundere, dass du deines nun mit mir teilst und diese Barriere überwindest. Und wenn du jetzt aufhören willst, weil du es nicht mehr länger erträgst, dann ist das okay. Du musst die Worte nicht aus deinen Mund quälen, wenn du noch nicht bereit dafür bist<<

Mein Tonfall ist sanft, doch in dem stillen Raum wirken sie trotzdem wie ein Paukenschlag. Ich weiß nicht, was ich mit dieser kleinen Rede erreichen möchte oder ob ich mich gerade aufführe wie eine gefühlsduselige Idiotin, aber es scheint so als hätte irgendeine Ursubstanz in mir das Reden übernommen, die diese Worte unbedingt aussprechen musste. Neben mir nimmt Daimon gerade einen tiefen, gequälten Atemzug, als würde gerade ein tonnenschweres Gewicht auf seiner Brust lasten und ihm das Luftholen erschweren.

>>Nein... Ich bin zu kurz vorm Ziel, um jetzt noch einen Rückzieher zu machen... Aber ich brauche nochmal deine Hilfe... Kannst du ein Stückchen näher rücken?<< Seine Bitte erwischt mich eiskalt und kommt in etwa dem gleich, was ein normaler Mensch wohl bei einer Dusche mit Eiswasser erlebt. Ein kurzer, unauffälliger Schauer durchläuft mich und mir fehlen nicht zum ersten Mal an diesem Tag ein paar geistreiche Worte. Mittlerweile hat sich die Atmosphäre um uns herum mit einer Intimität aufgeladen, die mich in diesem Moment hart schlucken lässt, denn während ich meine gesamte Konzentration eben noch seiner Erzählung widmete, strandet sie jetzt zu verbotenen Orten ab. Wie etwa dem Gedanken wirklich ein Stückchen vorzurücken und seine nächsten Worte mit meinen Lippen zu ersticken. Oder vielleicht sollte ich lieber eine Spur aus Küssen über seine hart gemeißelte Kieferpartie ziehen, damit er wenigstens weitererzählen kann?

Innerlich schüttle ich den Kopf über mich. Er erzählt mir gerade seine tragische Vergangenheit und ich überlege mir, was ich alles mit meinem Mund anstellen könnte? Bin ich noch ganz bei Trost?, frage ich mich, wobei die Antwort eindeutig auf der Hand liegt und leider nicht positiv für mich ausfällt. >>Warum?<<, hake ich nach, wobei meine Stimme nicht mehr ist als ein zartes Hauchen. Eigentlich entstammen diese Worte aus der immer kleiner werdenden Fraktion aus Mauerbeschützer, aber selbst diese scheinen gerade wackelige Knie zu bekommen. Ich kann mich also wahrscheinlich gleich als hoffnungslos verloren erklären.

>>Weil wir uns jetzt dem Teil nähern, in dem ich die Augen schließen muss, um diese verdammten Steinwände nicht sehen zu müssen. Denn die Erinnerungen nehmen mich jetzt immer mehr ein und mit offenen Augen habe ich das Gefühl alles nochmal zu erleben. Wenn ich mich also nicht mehr auf die unauffälligen, goldenen Sprenkel in diesem satten Braun konzentrieren kann, brauche ich etwas anderes, an dem ich mich festklammern kann... Und... Deshalb würde ich dich gerne berühren <<, erwidert er mit einer rauer Stimme, die keinen Zweifel daran lässt, dass es ihm dabei nicht nur um eine physische Rettungsleine geht.

Auch seine Augen strahlen dieses gewisse Sehnen aus und in diesem Moment frage ich mich, ob ihm aus meinem Braun ein ähnliches Funkeln entgegenleuchtet. Ich kann nicht fassen, dass wir die gleichen Personen sind, die sich vor ein paar Stunden noch lautstark stritten und versuchten den anderen verbal in die Enge zu drängen. Denn in diesem Moment erinnert fast nichts mehr an die schlagfertigen Mauern, die wir beide um uns erbaut haben und gleichzeitig verschwindet auch die selbstbewusste Art miteinander umzugehen auf einen Schlag.

In diesen vier Wänden haben wir uns nämlich weiter geöffnet, als ich es je für möglich gehalten habe. Und obwohl Daimon mir gerade seine gesamte herzzerreißende Hintergrundgeschichte auftischt, während ich bisher nicht mehr von mir preis gegeben habe als ein paar abgrundtief ehrliche Erwiderungen, fühlt sich das für mich bereits wie ein großer Schritt an. Ich weiß nicht, ob ich schon zu weit vorangeschritten bin, um noch in meinen sicheren Hafen zurückzukehren zu können, aber als ich die Arme auf den Betonboden stütze und mich näher zu ihm schiebe, weiß ich, dass ich gerade von der Klippe gesprungen bin.

Vielleicht ist der Nebel in meinem Kopf zu dicht, um so etwas wie Angst zuzulassen, denn in diesem Moment gibt es kein unangenehmes Zippen in meiner Magengegend oder eine Flut aus panischen Gedanken, sondern nur Daimons Atem der jetzt über meine Lippen streicht. >>Nah genug?<<, hauche ich ihm entgegen, wobei sich doch noch ein Stückchen der alten Fait; in einem provokanten Tonfall und einer hochgezogenen Augenbraue äußert.

Ein zustimmender Laut, der noch am ehesten einem verträumten ,,Mhh-Hmm" zugeordnet werden kann, ist die einzige Reaktion, die ich von ihm erhalte, bevor er mit sanften Fingern meine Wange berührt. Kurz darauf streicheln seine Fingerspitzen an meinem Nasenrücken entlang, bevor sie weiterziehen, um meine Lippen zu umrunden. Die sanften Berührungen lassen meine Nervenenden erzittern und auf einmal ist die Realität gleichzeitig hunderte Meilen entfernt und so empfindungsnah wie nie zuvor.

>>Ich traf also im Gang auf Géza<<, fährt er mit rauer Stimme fort, >>Und in den darauffolgenden Minuten lernte ich so einiges über seinen Charakter. Allen voran, dass Bettencourt anscheinend ein schwerwiegendes Komplexproblem hat, wenn es um Aufmerksamkeit und Anerkennung geht. Dass er mit Adrien um die Gunst meines Vaters und des ganzen Rates wetteifern musste, war für ihn schon schlimm genug, aber dass ich mich als Zweitbesetzung für den Thron auch noch ständig einmischte, durchtrennte bei ihm wohl eine Sicherung. Zudem konnte er mich aufs Blut nicht ausstehen und wusste wahrscheinlich, dass ich in dieser Sache ein leichteres Ziel abgebe als mein ruhiger, ausgeglichener Bruder. Wie befürchtet benutze er Elaine also nur für seine hirnrissigen Pläne, aber anders als ich dachte, wollte er mir nicht meine einzige echte Freundin ausspannen... Nein, er wollte ihr meine schmutzigsten Geheimnisse entlocken, um mich kurz danach bei meinem Vater anschwärzen zu können.

Oder jedenfalls erzählte er mir das damals in diesem menschenleeren Flur und noch während er es sagte, überrollte mich bereits eine schreckliche Gewissheit. ,,Was hat sie dir erzählt?" – Das war das einzige, was ich auf seinen Monolog erwiderte und in diesem Moment schien meine ganze zerrüttete Welt von dieser Frage abzuhängen. Ich hörte die Schläge meines wummernden Herzens, meine Hände ballten sich zu Fäusten und dann... Dann sprach er genau die Worte aus, die ich in nie im Leben hören wollte.

,,Ich würde es mir an deiner Stelle ja das nächste Mal dreimal überlegen, bevor ich einer dreckigen Schlampe wie Elaine die Papiere für einen Schichtbetrug fälsche. Ich meine, anders als mich hat sie dich ja nicht mal rangelassen und um es mal in blumigen Worte auszudrücken: Dein Daddy ist gar nicht begeistert darüber, dass du seine Gesetze für ein nutzloses Mädchen umgehst", warf er mir mit einem überheblichen Grinsen an den Kopf und das Blut in meinen Adern gefror in diesem Moment wahrscheinlich zu Eis. Dass ich mich bis heute noch an seinen genauen Wortlaut erinnern kann, ist wohl der beste Beweis dafür, dass sich diese Sätze bis in die Tiefen meines Hirns gebrannt haben.

Jedenfalls donnerte meine Faust keine fünf Sekunden später auf seine dämliche Visage zu. Er hatte nicht mal die Chance auszuweichen – nicht mal ich hatte in diesem Augenblick gewusst, dass ich zuschlagen würde. Aber ich muss sagen, dass das Geräusch das ich damit erzeugt hatte, wohl für immer mein Lieblingsgeräusch bleiben wird. Doch damals hatte ich keine Zeit diesen lang ersehnten Schlag zu genießen, denn während Bettencourt erschrocken zurücktaumelte, wurde mir erst eindeutig bewusst, was er mit seinen kindischen Spielchen angerichtet hatte<<

Die Muskeln in seinem Kiefer spannen sich wieder an und er schließt die Augen, so dass der Ausdruck tiefverwurzelten Schmerzes hinter seinen Lidern verschwindet. Und nicht nur dem Daimon aus einer früheren Zeit verdrehen sich anlässlich einer bösen Vorahnung die Eingeweiden, auch in mir entsteht ein schauriges Flattern, als ich die einzelnen Teile seiner Geschichte langsam zusammensetze. >>Bettencourt hatte mir damit nicht nur eine weitere Bestrafung meines Vaters aufgebrummt, sondern auch Elaine in Gefahr gebracht. Damals wusste ich noch nicht, was genau mit dieser Art von Verbrechern passiert, aber ich kannte meinen Vater gut genug, um sicher zu sein, dass er Elaine nicht verschonen wird – egal wie viel ich bettle oder welche Angebote ich ihm mache.

Also stürmte ich an Géza vorbei auf das Arbeitszimmer zu, während die Panik in Wogen durch meinen Körper pumpte. Ich dachte in diesem Moment, sie würde ins Gefängnis wandern und dort vielleicht von irgendwelchen anderen Insassen zusammengeschlagen werden. Mit ihrer eher zierlichen Gestalt und ihrer sanftmütigen Art wäre sie sicherlich ein leichtes Opfer. Und das wäre dann alles meine Schuld, weil ich derjenige war, der sie auf die illegale Spur brachte<<

Ein humorloses, bitteres Lachen rinnt aus Daimons Kehle und mein Herz zieht sich automatisch schmerzhaft zusammen. Wenn er jetzt wieder die Augen aufschlagen würde, hätte sich der Sturm, den ich schon so oft in ihnen gesehen habe, wohl in einen Tornado der höchsten Stufe verwandelt. Und für einen Moment bin ich für den Halt dankbar, den mir seine vorsichtigen Fingerkuppen liefern, die gerade die Konturen meines Kiefers nachzeichnen.

>>Wie dumm von mir zu glauben, mein Vater würde sie so leicht davonkommen lassen<<, flüstert der Prinz so leise, das ich ihn kaum verstehen kann, >>Ich hätte es besser wissen sollen. Immerhin hat er mir doch von Kindesbeinen an gezeigt was für ein Monster hinter seiner königlichen Fassade lauert, aber in diesem Moment wusste ich noch nichts von den Schrecken, die mich in seinem Büro erwarten würden. Also rannte ich immer weiter, während ich mich an die naive Hoffnung klammerte, er würde sie auf meinen Wunsch hin mit einer Verwarnung davonkommen lassen.

Tief in mir wusste ich zwar, dass das ein absolut lächerlicher Hoffnungsfunke ist, aber es war alles was ich hatte und als ich dann in sein Büro platze... Da war meine eigene ausstehende Strafe nur noch ein weit entfernter Gedanke irgendwo in den hintersten Ecken meines Verstandes. Eigentlich sollte man es ja bedenklich finden, dass mein eigener Vater irgendeinem Kerl, der von dem Geständnis eines Mädchens schwafelt, sofort Glauben schenkt, doch ehrlich gesagt, hat mich das schon damals nicht überrascht.

Wie gesagt, ich war der Querschläger unter meinen Brüdern und obwohl ich mich zu meist weit genug im Griff hatte, um größere Ausschreitungen zu vermeiden, wartete der König in Wahrheit wahrscheinlich nur darauf, von einem rudimentären Fehltritt meinerseits zu hören. Und als ich dann schweratmend in seiner Tür auftauchte, da gab es kein Gebrülle oder eine elterliche Predigt, sondern nur ein Raubtier mit einem entspannten Lächeln auf den Lippen.

Kurz war ich verwirrt, ob sich Bettencourt doch nur einen Spaß erlaubt hatte und zu feige war, es meinem Vater zu erzählen, doch den Gedanken verwarf ich gleich wieder. Géza würde sich nämlich keine Gelegenheit entgehen lassen meinen Namen in den Dreck zu ziehen – erst recht nicht, wenn er gleichzeitig auch noch beim König punkten kann.

In diesem Moment kam mein Vater dann mit gemächlichen Schritten auf mich zu, als ob er der Herr über die Zeit wäre und es nicht nötig hätte sich zur Eile anzutreiben. Dabei hatte ich zu diesem Punkt schon zweimal lautstark gefragt, wo Elaine sei und ich bin mir ziemlich sicher, dass mein schweratmendes Ich mit den panisch aufgerissenen Augen nicht gerade einen geduldigen Eindruck machte. Doch davon ließ sich mein Vater natürlich nicht beirren, stattdessen pirschte er sich langsam an mich ran, als würde er vermuten, ich könnte jeden Moment Reißaus nehmen. Aber das hatte ich sowieso nicht vor, da ich schon zuvor einen Pakt mit mir selbst geschlossen hatte, dass ich alles tun würde, um Elaine zu entlasten. Ich würde die Schuld auf mich nehmen, ihm vorlügen ich hätte sie erpresst, auf jeden Deal eingehen, den er mir gegen ihre Freilassung anbietet. Doch zu allererst musste ich wissen, dass es ihr gut geht.

,,Keine Sorge, ich bringe dich gleich zu ihr", erwiderte er und keine Sekunde später preschte er plötzlich vor, um mir eine Spritze in den Hals zu jagen. Ich hatte keine Chance es zu verhindern. Ich war schlichtweg nicht auf solch einen Angriff vorbereitet und als dann alles um mich herum schwarz wurde, wusste ich, dass es noch übler enden wird als gedacht. Eine ganze Weile später erwachte ich dann in demselben Raum wie aus dem Video der Organisation und das erste... Das erste, was ich sah...<<

Eine einzelne Träne rinnt über seine Wange und wie von selbst schnellt meine rechte Hand hervor, um sie mit einer sanften Bewegung wegzuwischen. Daimons Augen sind immer noch fest verschlossen und auch seine Fingerspitzen liegen nach wie vor auf meiner Haut und ziehen kreisende Bewegungen auf meiner Wange. Die Luft ist erfüllt mit Schmerz und ich kann spüren wie auch meine Augen einen Hauch feuchter werden, weil das Ende der Geschichte mittlerweile in klaren, angsteinflößenden Lettern in meinem Hirn herumschwirrt.

>>Ich sah Elaine, die auf einem Podest mitten in einem Scheiterhaufen an einem Pfosten gefesselt wurde und mich um ihren Knebel herum leise anschrie. Ich wollte sofort zu ihr laufen, doch zwei der besten Leibwachen meines Vaters hatten mich links und rechts mit einem schraubstockartigen Griff gepackt und egal wie sehr ich mich wehrte, sie ließen einfach nicht los. Kurz darauf versuchte ich zu schreien und Elaine zu sagen, dass ich die ganze Sache schon hinbiegen würde, aber selbst das blieb mir verwehrt, da in meinem Mund ebenfalls ein Knebel steckte. Aus meiner Kehle rann nur unverständliches Gemurmel, während mich ihre verzweifelten, hilflosen Blicke durchbohrten. Es kam mir wie ein einziger Albtraum vor und trotz meinem umnebelten Kopf stieg sofort eiskalte Panik in mir hoch.

Dann löste sich der Umriss meines Vaters aus den Schatten, als wäre er so etwas wie ein brillanter Schauspieler in der Rolle des Schurken. Doch so sehr ich mir auch wünschte das wäre nur ein Film fernab von der Realität, wusste ich es besser. Und ich verstand die Situation mit einer Nachdrücklichkeit, die sofort Übelkeit in mir hochsteigen ließ: Elaine wird sterben. Für diese Erkenntnis musste mein Vater noch nicht einmal die Stimme für eine letzte Rede erheben, es reichte einfach das grausige Bild vor meinen Augen und die Stimmung des Todes, die über uns baumelte wie ein Damoklesschwert.

Ich wehrte mich weiterhin – nun noch eine Spur panischer, weil ich noch nicht bereit war, sie einfach im Stich zu lassen. Schließlich musste mein Vater natürlich doch noch seinen Senf dazugeben. Er sagte mir, sie sei eine dreckige Verbrecherin und er wäre im höchsten Maß enttäuscht, dass ich mich mit so etwas abgebe. Doch das schlimmste sei, dass ich mich selbst auf den illegalen Pfad begeben hätte, indem ich ihr bei ihrer Straftat half.

,,Und genau wegen dieser Dummheit wird sie nun sterben" , erklärte er mir nach einer langen, kaltschnäuzigen Predigt über seine Vorstellung von Recht und Ordnung. In diesem Moment lief es mir kalt den Rücken herunter und die Verzweiflung erfasste mich mit so einer Wucht, dass ich fast zwischen den beiden Kerlen zusammengesackt wäre. Aber ich konnte noch nicht aufgeben und versuchte weiterhin den Knebel auszuspucken, um meinem Vater ihren Tod auszureden – doch vergeblich. Er betrachtete uns einfach nur mit einem breiten, sadistischen Grinsen, bevor er seine Männer anwies, mich aus dem Raum zu bringen, damit sie mit der Vollziehung der Strafe beginnen können.

Ich schrie weiterhin, brüllte, spukte, kreischte. Doch durch den hartnäckigen Stoff in meinem Mund klang alles wie ein undeutliches Murmeln, dabei musste ich Elaine noch so viel sagen. Dass es mir leid tut, dass wir uns in letzter Zeit nur noch gestritten haben. Dass sie der einzige Mensch war, der jemals mein vollstes Vertrauen erhalten hat. Dass ich es mir nie verzeihen werde, was sie in den nächsten Minuten wegen meiner naiven Dummheit erleben muss.

Aber diese Worte drangen nie zu ihr durch. Wir konnten uns nur endlos lange in die Augen schauen, während all unsere Gefühlsregungen über unsere Regenbogenhaut flatterten. Sie hatte solche Angst. Es drang ihr durch jede Pore, aber ich war nutzlos. Ein schwächlicher Haufen Fleisch, in den Armen von zwei stämmigen Leibwächtern, der nicht mal in der Lage war, sie mit Worten aus diesem Schlamassel zu manövrieren. Ich konnte auch nicht bei ihr bleiben, während das Feuer sich langsam einen Pfad zu ihren Füßen bahnte, denn egal wie sehr ich meine Fersen gegen den Boden stemmte, die Tür kam immer näher und dann waren wir draußen.

Ich hatte gar nicht gemerkt, dass mir inzwischen die Tränen in Strömen über die Wangen liefen. Ich wusste nur noch, dass sie genauso in ihren Knebel schluchzte, während sie dort oben hilflos auf ihren schmerzvollen Untergang wartete. Mittlerweile hatten mich die Wachen zu dem Verlies direkt neben ihrem geschleift und die Tür mit einem lauten Klicken versperrt. Panisch stemmte ich mich dagegen, doch das einzige, was ich damit erreichte war, dass mein Vater durch das kleine Fenster starrte und mich hämisch angrinste.

,,Ich hatte mich schon gefragt, welche Strafe für solch einen Verrat angemessen wäre, aber wie es aussieht kann ich mir diese Überlegungen nun sparen", spuckte er mir entgegen, während ich schon damit beschäftigt war an diesem blöden Knebel zu zerren, um ihr vielleicht doch noch in letzter Minute mit einem Deal das Leben zu retten. In all dem Chaos hatte ich aber leider nicht bemerkt, dass sich ein Lederriemen um meinen Kopf spannte und den Stofffetzen an Ort und Stelle hielt. Ich fummelte in den nächsten Sekunden also verzweifelt an dem Verschluss herum, doch in meiner Hektik war ich dafür viel zu ungeschickt, außerdem zitterten meine Hände unkontrolliert.

Und dann hörte ich es plötzlich... Elaine... Anders als mir hatten sie ihr den Knebel nämlich entfernt und nun brachen die Schreie, das Schluchzen und die panischen Bitten ungehindert über mich hinein. Ich konnte nichts tun, außer mich mit wackligen Knien an die Tür zu lehnen und zuzuhören wie sie unter Qualen dahinsiecht. Ich weiß bis heute nicht was schlimmer ist, ihre gellenden Schmerzensschreie oder der Moment in dem jegliches Geräusch verstummte und ich tief in meinem Herzen spürte, dass ich meine beste Freundin auf dem Gewissen habe<<

Zum wiederholten Mal kehrt Stille ein und ich weiß einfach nicht, was ich auf seine Erzählung erwidern soll. Es scheint so, als hätte Daimons Schmerz sämtliche tröstende Worte aus meinem Kopf gespült und mich atemlos sitzen gelassen. Und das einzige, wobei ich mir nun sicher bin ist, das meine Wangen mittlerweile genauso feucht sind wie die des Prinzen und ich gerade größte Lust dazu hätte einen ganz bestimmten Psychopathen mit ein paar gekonnten Säbelstichen den Garaus zu machen.

In diesem Moment heben sich seine Lider und seine Augen öffnen sich flatternd, so dass ich die Schuld in seinem Blick mit einer Deutlichkeit spüren kann, die mir den Magen umdreht. Seine Hand liegt immer noch auf meiner Wange, aber sie hat es mittlerweile aufgegeben mich mit sanften Berührungen zu verwöhnen und bevor ich weiß, was ich da überhaupt tue, liegt meine eigene auf seiner und ich drücke sie fest.

Ich hoffe, meine Augen sagen in diesem Augenblick alles aus, was ich mit meinen Stimmbändern gerade nicht formen kann. Alles, was man mit keinen Worten der Welt perfekt ausdrücken kann, weil sie nur durch eine non-verbale Sprache vermittelt werden können. >>Deshalb habe ich mich mit den Koslowern verbündet, denn obwohl ich vor allem mir selbst die Schuld gebe ist mir durchaus bewusst, dass ich sie nicht in Brand gesteckt habe. Jedenfalls klammerte ich mich an diesen Gedanken. Er hat mir durch die ersten Tage geholfen, in denen ich mich in einer Art Schockzustand befand, durch die Wochen danach und alle weiteren Monate... Bis heute schiebe ich die Wut und das Bedürfnis nach Gerechtigkeit vor, um meinen Schuldgefühlen und dem Schmerz zu entfliehen und genau deshalb hat es mich einen Dreck interessiert, wer mir hilft diesen Bastard davon abzubringen weitere auf diese Art und Weise zu töten. Denn als ich erst einmal zu graben anfing, empfingen mich noch Dutzende weitere dieser Opfer und mein einziger Wunsch war es, diese Grausamkeit zu beenden<<

Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal eine Partnerschaft mit den Koslowern nachvollziehen könnte, aber das tue ich. Vielleicht halte ich diese Entscheidung immer noch nicht für besonders klug, aber Gefühle und vor allem Verluste lassen uns oftmals Dinge tun, die jedem rational Denkenden bedenklich vorkommen – und das ist okay, denn genau diese Eigenschaft macht uns zu den fehlerhaften Geschöpfen, die einst Menschen getauft wurden.

>>Du wolltest ihr nur helfen, Daimon<<, dringt es endlich aus meinem Mund, >>Und vielleicht kann man diesen Versuch wirklich als kolossale Dummheit bezeichnen, aber sie macht dich nicht zu einem schlechten Menschen oder gar verantwortlich für ihren Tod. Damals wusstest du eben noch nichts von diesem Teil der Vorgehensweise deines Vaters und ich bin sicher, dass du das Risiko nicht eigegangen wärst, wenn du es gewusst hättest. Zudem hast du Elaine nicht zu dieser Entscheidung gezwungen. Sie hat der Gefahr eigenverantwortlich ins Auge geblickt, weil sie ihren Traum leben wollte und auch wenn uns der König und das Gesetz etwas anderes einzureden versuchen, ist daran nichts falsch. Und ich hoffe, dass diese Information irgendwie, durch die dichte Wolke an Schuldgefühlen und deinem Dickkopf, zu dir durchdringt, denn ich sage es dir nur einmal... Du hast das Herz am richtigen Fleck, Daimon und Elaine würde mir da sicherlich zustimmen<<

Die Worte sprudeln nur so aus mir hervor, als hätten sie sich hinter einer Wand der Sprachlosigkeit aufgestaut, die nun mit einem einzigen Knall in die Brüche geht und alles was dahinter war mit einem Rutsch entlässt. Ich weiß nicht, ob sie angesichts der Grausamkeit seiner Geschichte und dem Schmerz, den Daimon erlitten hat würdig sind, aber sie entsprechen für mich der reinen Wahrheit und ich glaube, dass das im Moment das Wichtigste ist. Dem anderen das Gefühl zu geben, als würde man sich nicht einfach nur verpflichtet fühlen ein paar tröstende Sätze herunterzuleiern, sondern als kämen diese wirklich aus den Tiefen seines Herzens. In diesem Augenblick heben sich seine Mundwinkel zu einem kleinen, traurigen Lächeln und in seinem Blick steckt eine klare Botschaft: Dankbarkeit.

>>Ich denke, es wird Zeit für dich den zweiten Teil des Deals zu erfüllen<<, meint Daimon nach einer kurzen Stillephase und tippt mir mit seinem Zeigefinger neckend auf die Nase. Ich durchschaue natürlich sofort, dass das nur sein Versuch ist die Stimmung aufzulockern und wieder etwas zur Ruhe zu kommen. Aber das ist okay, schließlich verwandeln sich seine kryptischen Persönlichkeitszüge nicht einfach wegen einem Moment des Loslassens in immer währende Offenherzigkeit. Er hat nach wie vor Probleme sich anderen anzuvertrauen und nach diesem Erfolg ist es nur eine natürliche Reaktion, dass er sich gleich wieder in sein Schneckenhaus zurückzieht. Mir würde es nicht anders ergehen.

Doch der Unterschied zwischen uns beiden ist, dass sich Daimon bereits entschieden hat mir seine Geschichte anzuvertrauen und dieses Vorhaben auch erfolgreich gemeistert hat, während ich gerade an einem fundamentalen Scheideweg stehe. Wage ich endlich den Sprung und erzähle ihm die ganze Wahrheit über meine Kräfte oder speise ich ihn mit einer unbedeutenden Ein-Satz-Angabe ab, um den Deal ohne jegliche Risiken zu erfüllen?

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Tja, eigentlich wollte ich das Kapitel ganz anders enden lassen, aber ich habe mal wieder die Menge des Inhalts unterschätzt und musste improvisieren...

Jedenfalls, wie läuft es bei euch eigentlich in der Schule? Schreibt ihr noch Arbeiten? Wann gibt es bei euch die Zeugnisse? Habt ihr gerade Onlineunterricht, teils teils oder ganz normal Schule?

Dann wünsche ich euch noch eine schöne Woche und bis nächstes Mal ^^

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